Protokoll der Sitzung vom 25.03.2020

Die Kassenärztliche Vereinigung schrieb am 5. März Ärzte in Niedersachsen an und bat um deren Unterstützung in Vier-Stunden-Schichten in Testzentren. Diesen besonderen Einsatz wollte man mit Stundenlöhnen von 200 Euro vergüten. Da frage ich mich: Wie erklären wir das den Krankenschwestern und -pflegern, die momentan wirklich Übermenschliches leisten?

Bereits im Jahr 2013 wurde im Bundestag eine Risikoanalyse des Robert Koch-Instituts für ein solches Szenario vorgestellt. Diese liest sich faktisch wie ein Drehbuch für das, was wir gerade erleben. Die Politik hatte sieben lange Jahre Zeit, sich auf eine solche Situation vorzubereiten - passiert ist nichts! Auch darüber wird zu sprechen sein.

Auch das Thema Globalisierung muss neu hinterfragt werden. Wir haben uns abhängig gemacht - und nein, nicht nur im gemeinsamen Gebilde EU. Wir haben uns von Ländern wie China und Indien abhängig gemacht, wir haben Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet und stellen nunmehr fest, dass wir dringend benötigte Medikamente nicht mehr erhalten.

Der Traum von der EU: Wer ihn bis jetzt noch träumt, sollte erwachen! Der erste weltweite Krisenfall - und was macht die EU? Jeder kämpft für sich. Jeder erstellt eigene Regeln. Der Staatenverbund hat bereits im ersten Ernstfall kläglich versagt.

Die Frage ist: Wie soll es weitergehen? - Zuerst benötigt unser Gesundheitswesen dringend jedwede Unterstützung, um mit den Folgen der derzeitigen Entwicklung umzugehen. Viele Mitarbeiter

im Gesundheitsbereich sind bereits jetzt am absoluten Limit angekommen. Hier muss dringend Entlastung geschaffen werden! Notwendiges Material muss bereitgestellt werden! Ein positives Beispiel ist zu nennen: Trigema hat die Produktion gerade auf Atemschutzmasken umgestellt. Gut, wenn man noch Unternehmer im eigenen Land hat!

Alle systemrelevanten Berufsgruppen müssen mit allen möglichen Mitteln unterstützt werden: Sicherheitskräfte, der Einzelhandel, der die Versorgung der Bevölkerung sicherstellt, die Produzenten von Lebensmitteln - und damit natürlich auch unsere Landwirte!

Es kann nicht das Ziel sein, dass in dieser Situation eine Düngemittelverordnung durchgedrückt wird, die im Zweifel zur Folge hat, dass unsere Landwirte mit Ernteausfällen zu kämpfen haben. Die zuverlässige Versorgung unserer Bevölkerung mit Lebensmitteln muss jetzt die allerhöchste Priorität haben. Auch in diesem Bereich spielt die Ernte eine große Rolle.

Aufgrund der Coronakrise fehlen unzählige Erntehelfer aus Osteuropa. Auch hier ist unsere Gesellschaft gefragt. Lassen wir die Landwirte damit jetzt nicht allein! Unzählige gesunde junge Menschen sitzen aufgrund von Schul- und Universitätsschließungen zu Hause. Hier wäre ein Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten, der über Protest hinausgeht, und daran ist nichts Schlimmes; denn, ich glaube, viele von uns haben in ihrer Jugendzeit möglicherweise bei der Ernte mitgeholfen. Jeder, der das mal getan hat, weiß, dass das nicht wehtut.

Das wichtigste Ziel muss es sein, den Zustand des Shutdowns mit Augenmaß, aber so schnell, wie es vertretbar ist, schrittweise zu lockern, um unsere Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Es gibt viel zu tun!

Wir als Opposition sagen Ihnen zu, alle konstruktiven Maßnahmen ohne Einschränkungen mitzutragen. Der Schutz unserer Mitmenschen muss jetzt die höchste Priorität haben, aber wir werden kritisch bleiben. Behalten Sie das rechte Augenmaß, und denken Sie daran, dass unsere Grundrechte das höchste Gut unseres Zusammenlebens und der Demokratie, auf die wir alle zu Recht stolz sind, darstellen.

Wir alle werden uns neu darauf besinnen müssen, was im Leben wirklich wichtig ist. Der gesellschaftliche Zusammenhalt wird ein entscheidender Faktor für die Bewältigung dieser Krise und deren

Folgen sein. Aber schon unsere Großeltern wussten: Aus jedem Schlechten erwächst auch etwas Gutes. - Wir alle müssen gemeinsam daran arbeiten, diese Zeit zu überstehen.

An dieser Stelle möchte ich allen Menschen danken, die in dieser schweren Zeit alles dafür geben, unsere Bevölkerung zu versorgen und zu beschützen. Jede Verkäuferin, jede Krankenschwester, jeder Pfleger, jeder Arzt, jeder Polizist, jeder Landwirt und alle, die momentan unter schwierigsten Bedingungen jeden Tag ihren Beitrag dazu leisten, dass unser Land weiterläuft: sie alle leisten Überdurchschnittliches. - Dafür vielen Dank!

Bitte bleiben Sie alle gesund, und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Guth.

Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Besprechung abgeschlossen.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 4.

Frau Kollegin Modder, habe ich Ihren Redebeitrag dahin gehend richtig verstanden, dass Sie den Antrag nicht nur an den Ältestenrat überweisen wollen, sondern auch an den Rechtsausschuss?

(Johanne Modder [SPD]: Ja!)

Ich habe der Kollegin von meinem Sitzplatz im Plenarsaal aus sehr genau zugehört; deswegen wollte ich es hier gleich anbringen.

(Zuruf von Wiard Siebels [SPD]: Das wollten wir überprüfen!)

- Sehen Sie! Es klappt auch unter diesen Bedingungen, Herr Kollege Siebels.

Meine Damen und Herren, dann machen wir es so! Beantragt wurde die Überweisung des Antrags an den Ältestenrat und zur Mitberatung an den Rechtsausschuss. Wer möchte dem so zustimmen? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 5: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2020 (Nachtragshaushalts- gesetz 2020) - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 18/6095 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen -

Drs. 18/6132 - dazu gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 GO LT: Nachtragshaushalt zum Corona-Krisenmanagement effizient nutzen! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/6134 - dazu gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 GO LT: Entwurf eines 1. Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2020: Bedrohung durch Erkrankung mit Corona-Virus bitter ernst nehmen - Gesundheitswesen massiv unterstützen - Unterstützung von Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Kultur zielgenau, wirkungsvoll und schnell umsetzen - Zusammenhalt und soziale Vorsorge sichern - Grundrechte wahren - Zukunftsinvestitionen planen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/6147

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den folgenden Beschluss zu fassen:

„Die gegenwärtige Corona-Pandemie stellt eine außergewöhnliche Notsituation dar, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt. Zur Deckung der deswegen erforderlichen zusätzlichen Ausgaben darf der Haushalt des Landes daher im Haushaltsjahr 2020 abweichend von Artikel 71 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung in Höhe von 1 000 000 000 Euro durch zusätzliche Einnahmen aus Krediten ausgeglichen werden. Die aufgrund dieses Beschlusses aufgenommenen Kredite sind in einem Zeitraum von zehn Jahren gleichmäßig, beginnend ab dem Haushaltsjahr 2021, zu tilgen.“

Dieser Beschluss bedarf nach Artikel 71 Abs. 4 Satz 2 der Niedersächsischen Verfassung der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages.

Außerdem empfiehlt Ihnen der Ausschuss, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen.

Über die Anträge auf Annahme einer Entschließung nach § 23 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung des Landtages - also einer Entschließung, die der Sache nach zum Nachtragshaushaltsgesetz gehört - beschließt der Landtag nach § 36 unserer Geschäftsordnung nach der Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf.

Meine Damen und Herren, die mündliche Berichterstattung hat der Abgeordnete Stefan Wenzel übernommen. Ihm erteile ich dazu das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege!

(Beifall bei den GRÜNEN - Zwei Mit- arbeiter der Landtagsverwaltung des- infizieren das Redepult)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen empfiehlt Ihnen in der Drucksache 18/6132, in einem ersten Schritt den folgenden Beschluss nach Artikel 71 Abs. 4 der Niedersächsischen Verfassung zu fassen:

„Die gegenwärtige Corona-Pandemie stellt eine außergewöhnliche Notsituation dar, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt. Zur Deckung der deswegen erforderlichen zusätzlichen Ausgaben darf der Haushalt des Landes daher im Haushaltsjahr 2020 abweichend von Artikel 71 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung in Höhe von 1 000 000 000 Euro durch zusätzliche Einnahmen aus Krediten ausgeglichen werden. Die aufgrund dieses Beschlusses aufgenommenen Kredite sind in einem Zeitraum von zehn Jahren gleichmäßig, beginnend ab dem Haushaltsjahr 2021, zu tilgen.“

Der federführende Ausschuss empfiehlt Ihnen ebenfalls in der Drucksache 18/6132, in einem zweiten Schritt den Gesetzentwurf der Landesregierung mit den aus der Anlage zu jener Drucksache ersichtlichen Änderungen anzunehmen.

Mitberatend war der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Dieser hat keine rechtlichen Bedenken gegen die Ihnen vom federführenden Ausschuss empfohlenen Beschlüsse erhoben.

Die Beschlussempfehlungen des federführenden Ausschusses wie auch die Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses kamen jeweils bei Stimmenthaltung des Ausschussmitglieds der

Fraktion der Grünen mit den Stimmen der Ausschussmitglieder aller anderen Fraktionen zustande. Seitens der Fraktion der Grünen wurde das Abstimmungsverhalten jeweils damit begründet, dass noch interner Beratungsbedarf bestehe.

Bei der Beratung des federführenden Ausschusses hat der Landesrechnungshof mündlich Stellung genommen und den Gesetzentwurf der Landesregierung uneingeschränkt befürwortet. Der federführende Ausschuss hat außerdem die kommunalen Spitzenverbände gebeten, bis zur heutigen Plenarsitzung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Diese liegt mittlerweile vor.

Gegenstand des Gesetzentwurfs ist eine Änderung des Haushaltsgesetzes 2020. Darin sollen zusätzliche Ausgaben in Höhe von 1,4 Milliarden Euro zur Bewältigung der Coronakrise veranschlagt werden. 400 Millionen Euro sind für den Erwerb von Schutzausrüstung vorgesehen. 1 Milliarde Euro soll - gegebenenfalls ergänzend zu Fördermitteln des Bundes - für die finanzielle Unterstützung privater Unternehmen ausgegeben werden. Die Mittel sollen zunächst dem Finanzministerium über den Einzelplan 13 zugeordnet werden. Dieses soll die Haushaltsmittel sodann den einzelnen Ressorts auf Antrag zur Bewirtschaftung zuweisen.

Die zusätzlichen Ausgaben sollen in Höhe von 400 Millionen Euro durch eine vorübergehende Entnahme aus einem Sondervermögen gedeckt werden. Diese Mittel sollen dem Sondervermögen aus dem erwarteten Überschuss beim Haushaltsabschluss des Jahres 2019 wieder zugeführt werden.

Der weitere Betrag von 1 Milliarde Euro soll durch Einnahmen aus Krediten getilgt werden. Hierfür soll erstmals von der Möglichkeit des Artikels 71 Abs. 4 der Verfassung Gebrauch gemacht werden. Dieser lässt im Fall von „außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“, eine Abweichung von dem

grundsätzlichen Neuverschuldungsverbot in Artikel 71 Abs. 2 der Verfassung zu. In den Ausschüssen bestand Einvernehmen darüber, dass eine solche Notsituation jetzt gegeben ist. Auch im Übrigen bestand großes Einvernehmen mit den im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen.

Meine Damen und Herren, die empfohlenen Änderungen beruhen lediglich auf der Erwägung, dass Artikel 71 Abs. 4 der Niedersächsischen Verfassung einen gesonderten Beschluss des Landtages vorsieht. Dieser soll vor dem eigentlichen Geset

zesbeschluss gefasst werden und bedürfte hier der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages; das sind hier 92 Abgeordnete.

Ich bitte Sie im Namen des Ausschusses für Haushalt und Finanzen, den Beschlussempfehlungen Ihre Zustimmung zu geben.

Zu dem Entwurf eines Nachtragshaushaltsgesetzes sind zudem zwei Anträge nach § 23 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung eingegangen - der Präsident hatte sie erwähnt -, und zwar von der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/6134 und von der Fraktion der Grünen in der Drucksache 18/6147.

Mein Dank gilt vor allen Dingen auch dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, dem Landesrechnungshof und den Spitzenverbänden der Kommunen für die äußerst kurzfristigen Stellungnahmen.