Protokoll der Sitzung vom 12.05.2020

Gleichzeitig - dies ist meiner Fraktion außerordentlich wichtig - müssen wir uns um eine Freistellung aller Helferinnen und Helfer kümmern. Wer sich für unser Land und den Schutz der Bevölkerung bemüht, darf keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen spüren, sondern muss für das Engagement gefördert werden.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU - Glocke der Präsidentin)

- Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für eine Stärkung unseres Niedersächsischen Katastrophenschutzgesetzes. Wir setzen uns dafür ein, dass das Katastrophenschutzgesetz schnellstmöglich novelliert wird. Wir freuen uns auf interessante Gespräche in den kommenden Wochen und Monaten.

Bleiben Sie alle gesund!

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Herzlichen Dank, Kollege Kauroff.

(Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter der Landtagsverwaltung desinfizieren das Redepult)

Wir kommen dann zu dem Wortbeitrag vom Kollegen Christian Meyer für Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fand es schon sehr mutig, dass die SPD den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz in Niedersachsen thematisiert.

Es bleibt ja richtig - meine Kollegin Julia Hamburg hat dies vorhin angesprochen -, dass wir nicht nur wegen der Pandemie, sondern auch wegen der Klimakatastrophe eine deutlich veränderte Bedrohungslage haben. Wir erleben gerade wahrscheinlich das dritte Dürre- und Hitzejahr in Folge. Die Gefahren durch Wald- und Moorbrände steigen enorm, weswegen ja Grüne und FDP - meine Kollegin Miriam Staudte hat dies hier mehrfach sehr gut eingebracht - schon Anträge für eine Verbesserung des Waldbrand- und Katastrophenschutzes

vorgelegt haben. Die Feuerwehren und alle Expertinnen und Experten loben übrigens die Anträge von Grünen und Liberalen unisono und sagen: Es ist überfällig, dass wir uns hier neu aufstellen und bessere Fahrzeuge und besseres Equipment bekommen. - Aber: Wo bleibt die Umsetzung, außer den vielen Kommissionen, die die Landesregierung da jetzt betreibt?

Schauen wir einmal auf die Fakten: Der Kollege Kauroff hat den Moorbrand im Emsland vor zwei Jahren angesprochen. Damals hat sich Niedersachsens Katastrophenmanagement nun wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Das halbe Land war eingeraucht. Es gab keine Messungen zu der Gesundheitsgefahr durch den Moorbrand. Es wurden Feuerwehrleute - - -

(Zurufe von der CDU - Unruhe - Glo- cke der Präsidentin)

- Ja, Sie wissen genau, dass die Fahrzeuge der Feuerwehr Leer dann weggeschickt worden sind, als sie in dem Rauch standen. Sie haben sich beschwert, dass sie nicht weitermessen durften, obwohl der Grenzwert dort schon überschritten war. Aber er hätte vier Stunden lang überschritten werden müssen. Deshalb hat man die Feuerwehrfahrzeuge von Leer nach einer Stunde weggeschickt. Es ist unerhört, dass Sie jetzt auch noch beweihräuchern, was dort passiert ist!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nicht umsonst haben beide Gewerkschaften dann auch vom Land gefordert, dass mögliche Gesundheitsschäden durch den Moorbrand übernommen werden sollen. Ich bin dankbar, dass die Landesregierung das auch zugesagt hat.

Es fehlte völlig an der Koordinierung bei dieser Großschadenslage. Es fehlte an Ausrüstung. Messfahrzeuge hatten aus anderen Bundesländern kommen müssen, weil Niedersachsen keine hatte. Als die Frage nach Uranmunition, also radioaktiven Stoffen, aufkam, mussten Messfahrzeuge nach Niedersachsen kommen, weil wir sie nicht hatten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Landesregierung hat immer so getan, als sei sie dafür nicht zuständig, als sei das ein exterritorialer Bereich.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch heute gegen die Bundeswehr. Das Justizministerium hat uns bestätigt, dass gegen die Verantwortlichen dort

noch immer wegen fahrlässiger Brandstiftung ermittelt wird.

Es bleibt dreist, dass die Bundeswehr nicht bereit ist, für den Schaden, auch für den enormen Klimaschaden, den das Ganze angerichtet hat - dies wurde uns jetzt im Umweltausschuss berichtet -, aufzukommen.

Doch nicht nur bei der Bundeswehr, auch im Land selber fehlt es angesichts der erhöhten Bedrohungslage an massiven Investitionen in den Katastrophenschutz. Schauen wir einmal auf die Fakten: Zuschüsse des Landes an die im Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisationen.

Unter Rot-Grün wurde die Summe immerhin auf fast 2 Millionen Euro im Jahr 2017 verdoppelt. Aber schon 2018, im ersten Haushalt, wurde die Summe - das ist Ihre Wertschätzung für Feuerwehren - wieder gekürzt. 2019 haben Sie dann auf Antrag von uns und weil die kommunalen Spitzenverbände 6 Millionen Euro gefordert haben - die haben eine Pressekonferenz gemacht und gesagt, sie hätten einen Notstand im Katastrophenschutz, schon vor Corona; sie haben gesagt, sie bräuchten das unbedingt -, 3,2 Millionen Euro gegeben.

Aber für 2020 hieß es - ich habe den Innenminister im Ausschuss gefragt -: Nein, an den Parlamentsbeschluss der Erhöhung sind wir nicht gebunden. Wir reduzieren 2020 - das war der Regierungsentwurf - auf 1,7 Millionen Euro bei den Zuschüssen für den Katastrophenschutz des Landes. - Das ist wirklich mau! Das ist tiefstes Niveau! Das ist noch tiefer als unter Rot-Grün!

Wir haben eine überalterte Fahrzeugflotte. Auf vielen Feuerwehrfahrzeugen ist der Fahrer jünger als das Fahrzeug. Deshalb brauchen wir für die Bekämpfung von Wald- und Moorbränden eine bessere Ausstattung, damit man schnell mit kleinen, beweglichen Einheiten dort ist. Frau Staudte, Frau Byl und ich waren vor Ort und haben mit den Feuerwehrleuten geredet. Es geht darum, die Brandherde schnell zu entdecken. Man braucht schnelle mobile Einheiten, um dorthin zu kommen. Wenn man erst einen Hubschrauber braucht, der das löscht, ist es oft zu spät. Hier hakt es beim Katastrophenschutz.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Deshalb fordern wir, wie die kommunalen Spitzenverbände, weiterhin mindestens 6 Millionen Euro für die Ausstattung unserer Feuerwehren und Zuschüsse für die Organisation. Das haben wir im Haushaltsplan für 2020 auch beantragt. Aber wer

hat dies abgelehnt? - CDU und SPD hatten kein Geld dafür, um die Feuerwehren besser auszustatten. Daher ist es sehr mutig, dass Sie dieses Thema in dieser Aktuellen Stunde aufgreifen.

(Glocke der Präsidentin)

Letzter Punkt: Katastrophenschutz um Atomkraftwerke. Auch darüber haben wir wieder eine Debatte. Da ist Niedersachsen Schlusslicht. Nach Fukushima wurde vereinbart, die Evakuierungsradien auszubauen und zusätzliche Fahrzeuge anzuschaffen. Diese Landesregierung ist Schlusslicht und will nächstes Jahr mit der Umsetzung der neuen Evakuierungsradien von Fukushima fertig sein.

Die für die Bevölkerung geforderten Jodtabletten sind immer noch nicht da, sind wohl langsam bestellt. Nordrhein-Westfalen - jetzt lobe ich SchwarzGelb - hat sie schon an jeden Haushalt verteilt. Denn ich denke, im Notfall - ich wohne selber im Evakuierungsradius von Grohnde -, bis ich zu einem Sammelpunkt gehe und mir eine Jodtablette abhole, wird es wohl zu spät sein. Selbst bei solchen Kleinigkeiten hinkt der Katastrophenschutz, der übrigens seit 2018 - das haben wir unter RotGrün beschlossen - nicht mehr Aufgabe der Landkreise, sondern Aufgabe des Landes ist. Deshalb hat der Katastrophenschutzminister, Herr Pistorius, auch eine Verantwortung, uns vor Katastrophen zu schützen. Denn Zwischenlager bleiben bestehen, und die Gefahr durch Flugzeugabstürze auf Atomkraftwerke und Zwischenlager bleibt weiterhin.

(Glocke der Präsidentin)

Letzter Satz. Deswegen: Investieren Sie in den Klimaschutz! Das ist nämlich der beste Katastrophenschutz. Legen Sie endlich ein gutes Klimaschutzgesetz vor, damit wir Waldbrandgefahren und Trockenheit minimieren können! Das wäre wichtig. Schalten Sie die Atomkraftwerke so schnell wie möglich ab! Auch das mindert das Risiko.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Meyer. - Wenn das Redepult wieder freigegeben wird, ist der Kollege Försterling für die FDP-Fraktion an der Reihe.

(Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter der Landtagsverwaltung desinfizieren das Redepult)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ob Großschadenslagen mit einem Massenanfall von verletzten Personen, wofür auch der erweiterte Rettungsdienst nicht ausreichend über Kapazitäten verfügt, ob Hochwassereinsätze, ob Waldbrandeinsätze, ob die schnelle Unterbringung von Tausenden von Flüchtlingen oder jetzt die Unterstützung in der Bewältigung der CoronaPandemie - auf den Katastrophenschutz in Niedersachsen können wir uns verlassen. Von daher gilt aus Sicht der FDP-Fraktion erst einmal allen Helferinnen und Helfern im Katastrophenschutz ein herzliches Dankeschön für ihre ehrenamtliche Tätigkeit.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir brauchen keine großartige Strategiedebatte über die Ausrichtung des Katastrophenschutzes. Ich muss den Kollegen der SPD da korrigieren. Wir haben in Niedersachsen seit dem Jahr 2017 eine neue Einsatzkonzeption für den Katastrophenschutz, die sich wieder einmal auf multifunktionale Einsatzeinheiten beruft und die im Zweifel zu größeren Verbänden - sei es Betreuungsplätze 500 oder Behandlungsplätze 50 - zusammengeschlossen werden können. Das einzige Problem, das vorhanden ist, ist ein im Katastrophenschutz altbekanntes: Es mangelt an der notwendigen finanziellen Unterstützung für die Ausstattung insbesondere an Fahrzeugen und Geräten.

Das ist etwas, was sich in den letzten Jahren permanent wiederholt. Als ich im Jahre 2000 angefangen habe, mich im Katastrophenschutz ehrenamtlich zu engagieren, war der Bereich des Katastrophenschutzes so gegen null gefahren. Der OstWest-Konflikt war beigelegt, die großen Zivilschutzkonzepte wurden auch ad acta gelegt, und die Finanzierung wurde gekürzt.

Das änderte sich dann, zumindest was die Konzeption angeht, nach den Anschlägen auf das World Trade Center im Jahr 2001. Damals hat der Bund mit den Ländern Medical Task Forces und Analysis Task Forces auf den Weg gebracht, lediglich in der Konzeption. Aber heute, 19 Jahre später, sind noch nicht einmal für diese MTFs und ATFs alle Fahrzeuge ausgeliefert bzw. die Einheiten komplett ausgestattet.

Das zeigt auch das Problem, auf das wir hier in Niedersachsen zusteuern oder in dem wir uns schon befinden. Es mangelt nicht an der Einsatzkonzeption, es mangelt an der Fahrzeugausstat

tung. Hier sind die Regierungsfraktionen jetzt in der Verantwortung mehr als in der Vergangenheit, in den Katastrophenschutz zu investieren.

Darüber hinaus ist dringend geboten, dass wir die Katastrophenschutzhelfer mit den Helfen in den freiwilligen Feuerwehren gleichstellen. Wir brauchen neben den Mehrinvestitionen in die Ausstattung auch eine zentrale Fahrzeugbeschaffung durch das Land. In den Konzeptionen sind die Fahrzeuge definiert. Deswegen erschließt es sich nicht, warum jede einzelne Hilfsorganisation auf jeder einzelnen Ebene der Gebietskörperschaft neue Vergabeverfahren für die Beschaffung von fast identischen Fahrzeugen auf den Weg bringen muss. Hier brauchen wir die zentrale Beschaffung. Wir brauchen klare Vorgaben, welche Gebietskörperschaften welche Einsatzeinheiten aufbauen sollen und welche Einsatzeinheiten dann gebietskörperschaftsübergreifend zu Betreuungsplätzen 500 oder zu Behandlungsplätzen 50 zusammengeschlossen werden können. Wir brauchen auch hier die finanzielle Unterstützung durch das Land, um die notwendigen Ergänzungskomponenten für diese größeren Verbände finanzieren zu können, weil ansonsten die Gebietskörperschaften diese Ergänzungskomponenten nicht auf den Weg bringen können.

Wir brauchen keine Konzeption, wir brauchen eine verbesserte Rechtsstellung der Helferinnen und der Helfer, und wir brauchen eine notwendige Steigerung der Investitionen des Landes in den Katastrophenschutz. Helfer im Katastrophenschutz lernen: Wir müssen vor die Lage kommen.

In der Finanzierung ist das Land seit Jahren deutlich hinter der Lage.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Herr Kollege Försterling. - Für die AfD-Fraktion erhält jetzt der Abgeordnete Herr Ahrends das Wort.