Danke sehr, Herr Kollege Försterling. - Für die AfD-Fraktion erhält jetzt der Abgeordnete Herr Ahrends das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Bevölkerungs- und Katastrophenschutz sollte nicht erst in einer Zeit der Pandemie und des sich seit jeher wandelnden Klimas unsere volle Aufmerksamkeit und
Unterstützung zuteilwerden. Der Eintritt einer Katastrophe kommt immer plötzlich, und sich erst bei einem sich abzeichnenden Katastrophenfall mit dem Katastrophenschutz zu beschäftigen, ist viel zu spät. Wir müssen stets wachsam und vorbereitet sein. Kennzeichnend für den Katastrophenschutz sind die vielen Akteure, die auf unterschiedlichen Ebenen und in den verschiedensten Organisationsformen unter Führung der Katastrophenschutzbehörden zusammenarbeiten. Feuerwehr und Polizei sind hier von ganz besonderer Bedeutung, die wir bestmöglich ausrüsten müssen, um die Bürger auch im Katastrophenfall schützen zu können. Hierzu bedarf es auch einer finanziell ausreichenden Ausstattung, und das wurde durch meine Vorredner bereits angesprochen.
Deswegen forderte auch die AfD-Fraktion im Änderungsantrag zu dem Haushalt 2020 u. a. 15 Millionen Euro für die Anschaffung eines weiteren Polizeihubschraubers, so wie es auch im Übrigen der Koalitionsvertrag vorsieht, und weitere 5 Millionen Euro für den Erwerb geländegängiger Fahrzeuge zur Wald- und Moorbrandbekämpfung.
Hubschrauber der Landespolizei sind überaus vielfältig einsetzbar. So berichtete die die HAZ am 25. April, dass diese auch Bestandteil eines Plans zur besseren Brandbekämpfung aus der Luft sein können.
Meine Damen und Herren, das wären Investitionen gewesen, die vor dem Hintergrund klimatischer Veränderungen in einem weiträumigen Flächenland wie Niedersachsen Ausdruck eines modernen Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes gewesen wären. Sie merken also, dass Ihr Antrag zur Aktuellen Stunde reichlich spät kommt und Sie längst die richtigen Weichen hätten stellen können.
Wir vergessen auch nicht die zahlreichen Organisationen wie den Arbeiter-Samariter-Bund, das Deutsche Rot, die Johanniter-Unfall-Hilfe - um nur einige beispielhaft zu nennen -, die sich im Bereich des Katastrophenschutzes engagieren und außerordentlich wichtig für eine schnelle Versorgung der Bevölkerung vor Ort sind. Hier lehnten wir jegliche Kürzung im Haushalt 2020 ab. Aber auch damit konnten wir uns nicht gegen die Altfraktionen durchsetzen.
Neben Finanzierungsfragen müssen wir uns auch damit beschäftigen, warum wir so unvorbereitet in eine Krise wie die derzeitige schlittern konnten. In der Überschrift zu Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde ist die Rede von veränderten Bedrohungslagen. Doch setzen sich die Regierungen ausrei
chend damit auseinander, wenn diese bekannt werden? Werden die richtigen Konsequenzen aus Übungen wie LÜKEX, also länder- und ressortübergreifende Krisenmanagementübungen, gezogen, die 2007 übrigens das Szenario einer bundesweiten Grippe-Pandemie zum Gegenstand hatte? Falls nein, warum nicht? - Spätestens seit der erst jetzt einer breiten Öffentlichkeit bekanntgewordenen Bundestagsdrucksache 17/12051
vom 3. Januar 2013 hätte allen Verantwortlichen klar sein müssen, was mittelfristig auf uns zukommen würde. Es hätte keiner großen Anstrengungen bedurft, Schutzausrüstung, Medikamente, Desinfektionsmittel usw. in ausreichendem Maße vorzuhalten.
Teilweise müssen nicht Weichen neu gestellt werden, sondern Regierungen und Abgeordnete lediglich ihrer Arbeit gewissenhaft nachkommen. Das Lesen einer schnöden Drucksache hätte gereicht, um erheblichen Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.
Doch auch wenn die Bedrohungslage konkreter wird und der Gefahrenherd näher rückt, verschließen zu viele auch hier in diesem Haus Augen und Ohren. Die einzige Fraktion, die sich am 30. Januar im Rahmen einer Dringlichen Anfrage an die Landesregierung am Schutz unserer niedersächsischen Bürger vor dem Coronavirus beteiligte, war die AfD-Fraktion. Die Folge dieser unfassbaren Ignoranz - trotz der Gefahrenlage, die schon absehbar war - war verspätetes, unvorbereitetes, unkoordiniertes, teilweise widersprüchliches Handeln. Mit den Folgen hat nun das ganze Land zu kämpfen.
Meine Damen und Herren, Sie wollen Weichen für einen modernen Bevölkerungs- und Katastrophenschutz stellen. Wir hoffen, dass es nicht bei Worthülsen bleibt. Wir als AfD jedenfalls werden weiterhin unserer Arbeit für die Bürger nachgehen und Anträge und Anfragen stellen, die das Wohlergehen unseres Volkes im Blick haben.
Es würde uns freuen, wenn Sie sich nach dieser Aktuellen Stunde nicht mehr auf Kosten der Bürger ausschließlich von Ihrer Blockadehaltung gegenüber der AfD leiten ließen, sondern künftig mit uns zusammen daran arbeiteten, die Bevölkerung Niedersachsens vor Katastrophen bestmöglich zu schützen.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin erst einmal froh, dass unser Kollege Björn Försterling das Wichtigste schon vorneweg festgestellt hat - das möchte auch ich tun -: Der Katastrophenschutz in Niedersachsen ist gut aufgestellt und funktionsfähig. Er wird im Übrigen in der ganz großen Menge von Ehrenamtlichen getragen, die jeden Tag, an jeder Stelle, in den Hilfsorganisationen, in den Feuerwehren ganz hervorragende Arbeit leisten. Dies tun sie auch jetzt im Pandemiefall, und wir alle sind ihnen dafür zu Dank verpflichtet.
Im Übrigen tun das auch die unteren Katastrophenschutzbehörden, die Landkreise und Gemeinden. Sie nehmen ihre Verantwortung sehr verantwortungsvoll wahr. Sie haben auch in den anderen Krisen, die wir schon zu bewältigen hatten - Hochwasserlagen, Waldbrände -, eine ganz hervorragende Arbeit geleistet.
Auch diese Koalition, Herr Meyer, nimmt ihre Verantwortung im Bereich Katastrophenschutz sehr wohl sehr stark wahr - auch finanziell.
Im Übrigen hat das Land - falls Ihnen das nicht aufgefallen ist; oder Sie haben es wohl wissend verschwiegen - die Aufgaben, von denen Sie sprachen, nämlich den Katastrophenschutz bei Unfällen an Atomkraftwerken usw., in den letzten Jahren von den Landkreisen übernommen. Wir haben allein deswegen die Haushaltsmittel im Bereich Katastrophenschutz ganz wesentlich erhöht. Es ist auch eine Mär, dass wir, wie Sie behaupten, im letzten Haushalt die Katastrophenschutzmittel
gekürzt hätten. Es war diese Regierungskoalition zusammen mit der Landesregierung, die den Etat um 3 Millionen Euro erhöht hat, damit ganz wesentliche Investitionen getätigt werden können.
Deswegen ist die grundsätzliche Ausgangslage, dass unser Bevölkerungs- und Katastrophenschutz gut aufgestellt ist. Er wird auch von unserem Finanzminister und unserem Innenminister gut unterhalten und gepflegt.
Aber wir haben gerade ein paar besondere Lagen, deren Auswirkungen wir aktuell spüren, und das ist der Hintergrund dafür, dass die Regierungskoalition diese Aktuelle Stunde beantragt hat. Eine Pandemie ist etwas anderes als die Katastrophenschutzfälle, die wir aus der Vergangenheit kennen. Denn eine Pandemie ist erstens nicht örtlich abgrenzbar, sondern sie betrifft das ganze Land. Zweitens kommt sie schleichend. Man muss sich praktisch schon vorbereitend darauf einstellen, was noch alles kommen könnte.
Gerade bei dieser Pandemie gab es schon die Situation, dass die Katastrophenschutzbehörden auch schon im Vorfeld die Katastrophenschutzorganisationen hätten mobilisieren wollen, ohne den eigentlichen Katastrophenschutzfall auszurufen. Das kann man auch heute schon. Aber es wäre viel besser, wenn man das unter den Regelungen zu Kostendeckungen, die das Katastrophenschutzgesetz bietet, machen könnte. Insofern kann ich mir für die CDU-Fraktion vorstellen, dass wir jetzt ganz zügig im Katastrophenschutzgesetz Änderungen vornehmen, damit wir das für den aktuellen Pandemiefall absichern und damit die Arbeit der Hilfsorganisationen im ganzen Lande ganz wesentlich unterstützen können.
Ein weiterer Punkt ist: Dieses Charakteristikum ist natürlich nicht nur einer Pandemie zu eigen, sondern es gibt auch andere denkbare Katastrophenfälle, die dieses Charakteristikum haben. Der Risikobericht der Bundesregierung beschreibt jedes Jahr wieder mögliche Katastrophenfälle. Darin sind genannt: Dürrekatastrophen - Herr Meyer, völlig richtig -, Sturmflutkatastrophen, aber auch großflächige Terrorlagen und großflächige Waldbrandlagen, auf die wir uns einstellen und auf die wir reagieren müssen. Schon im Risikobericht 2013 wurde im Übrigen eine Pandemielage beschrieben. Insofern sollten wir das sehr ernst nehmen.
Dabei stellt sich schon die Frage, ob es nicht einer zusätzlichen, zentraleren Koordinierung - so will ich es einmal nennen - bedarf. Nichtsdestotrotz
sehen wir als CDU-Fraktion, dass sich das aktuell aufgestellte Modell sehr bewährt hat. Das heißt, dass die Polizeidirektionen in Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen auch größere, landkreisübergreifende Lagen führen. In der Vergangenheit hat sich dieses Modell bewährt. Insofern sind wir sehr dafür, diese dezentralen Strukturen zu stärken. Aber wir können gerne über eine koordinierende, zentrale Funktion sprechen.
Genauso geht es um den Ausbau bestimmter Fähigkeiten, die wir vielleicht brauchen, um zentrale Lagen zu beherrschen. Ich nenne als Beispiel einen Cyberangriff auf die Stromnetze dieses Landes. Das ist u. a. ein denkbares Szenario, und es wäre wichtig, hierfür zusätzliche Fähigkeiten aufzubauen, um auf diese Lagen reagieren zu können.
Das gilt auch für das Thema Waldbrand und insbesondere die Frage der Ausstattung der Feuerwehren. Zum Beispiel sind Spezialfahrzeuge wie Unimogs wichtig, die auch in Mooren fahren können, um dort Feuer zu bekämpfen. Deswegen teilen wir als CDU-Fraktion ganz wesentlich die Idee, zu einer gebündelten, zentralen Fahrzeugbeschaffung auf Landesebene zu kommen.
Alles in allem würde ich mich freuen, wenn wir zügig in eine grundsätzliche Reform des niedersächsischen Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes eintreten würden - verbunden mit einer Reform des Niedersächsischen Katastrophenschutzgesetzes. Das alles muss von einer Überprüfung der finanziellen Ressourcen begleitet werden, damit am Ende ein schlüssiges und stimmiges Konzept herauskommt, mit dem wir den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz in Niedersachsen ganz wesentlich weiterentwickeln können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als Gesellschaft und in diesem Haus als politisch Verantwortliche befinden uns mitten in einer wahrscheinlich beispiellosen Krise. Ministerpräsident Stephan Weil hat die Lage heute in der Regierungserklärung wiederholt eindringlich beschrieben.
Die aktuelle Situation veranschaulicht noch einmal unmissverständlich, welchen Risiken und Gefahren wir als stark vernetzte Gesellschaft ausgesetzt sind und auch in Zukunft ausgesetzt sein werden. Pandemien sind dabei nur eine Gefahr von vielen. Das Gleiche gilt für die immer spürbareren Folgen des Klimawandels. Auch müssen wir für weitere und neuartige terroristische Bedrohungslagen, sich täglich verändernde Cyberangriffe oder längere Stromausfälle gewappnet sein. Im Vergleich zu früheren Lagen wirken sich Katastrophen wie diese zunehmend auf immer mehr Bereiche von Gesellschaft und Wirtschaft aus, und das gleichzeitig. Die notwendigen Maßnahmen müssen deshalb eng miteinander verknüpft werden. Das gilt vor allem mit Blick auf den Schutz kritischer Infrastrukturen.
Gleichzeitig lassen sich Ursachen und verstärkende Faktoren nicht, wie noch vor wenigen Jahrzehnten, bestimmten einzelnen Fallkonstellationen und Rechtskreisen eindeutig zuordnen. Es gibt keinen Zweifel: Ein starker, ein zukunftsfähiger, vor allem aber auch ein vorausschauend aufgestellter Katastrophen- und Bevölkerungsschutz ist mehr denn je unverzichtbar.
Die gute und - ich sage ausdrücklich - erfolgreiche Bewältigung der Krisen in den vergangenen Jahren bis hin zur aktuellen Lage kommt nicht von ungefähr. Insofern habe ich kein Verständnis dafür, wie hier in Bausch und Bogen verurteilt wird, dass irgendetwas im Katastrophen- und Bevölkerungsschutz nicht gut gelaufen ist. Ich empfehle den Blick in andere Länder, Staaten und Regionen der Welt, um die Vergleichsmaßstäbe möglicherweise wieder richtig zu rücken.