Protokoll der Sitzung vom 13.05.2020

Diese Problematik dürfen wir nicht haben.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: 7,5 Jahre, und Sie kriegen die Probleme nicht in den Griff! Das ist ein Armutszeugnis!)

- Ja. Das haben wir, glaube ich, auch oft diskutiert.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das macht es nicht besser!)

Ich glaube, da unterscheidet sich der Niedersächsische Weg eindeutig von dem, was da steht. Der Niedersächsische Weg hat das Ziel, dass man auf Augenhöhe und partnerschaftlich Lösungen findet, die man dann aber gesetzlich fixiert, sodass die Verlässlichkeit für beide Seiten da ist, nämlich für die Natur und die Arten, damit diese erhalten bleiben, und auch für die andere Seite, für die Partner, im Wesentlichen die Landwirtschaft, und zwar mit Blick auf Verlässlichkeit der Finanzierung. Wir reden darüber, dass öffentliche Leistung für öffentliches Geld erbracht wird. Das finde ich an der Stelle richtig.

Deswegen passt eines nicht - lassen Sie mich das aus der Sicht des Kollegen Christian Meyer sagen: Das kann man nicht machen. Man kann sich nicht hier hinstellen und erklären, dass es toll ist, wenn man miteinander redet, dass es richtig ist, im Dialog Lösungen zu finden, dass das ein kluger Weg ist, und dann die Menschen auffordern, genau das Gegenteil zu machen, nämlich einem Volksbegehren zuzustimmen, das nichts mit Dialog und Augenhöhe zu tun hat. Ich bitte wirklich alle Beteiligten, einmal darüber nachzudenken. Das funktioniert nicht.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Dann muss man es lassen und sagen: Wir lehnen Dialog und Augenhöhe ab; wir wollen nur gesetzlich vorgehen.

Ich glaube, der Weg, der vor uns liegt, ist doch gar nicht falsch, nämlich diesen Dialog und diese Augenhöhe zu nutzen, um das in den nächsten Monaten zu erarbeiten. Denn dahinter stehen Gesetze, die auch umgesetzt werden. Dazu kann dieser Dialog, den wir hier erweitert begonnen haben, beitragen. Aber dann bitte ich alle, sich verlässlich auf einen solchen Weg zu begeben.

Lassen Sie uns hier offen diskutieren. Herr Birkner hat völlig Recht: Wir sollten das auch im Parlament diskutieren und nicht nur die Vergangenheit - das bringt ja auch nichts mehr -, sondern auch die Zukunft in den Blick nehmen - das machen wir ja auch am liebsten. Aber dann sollten auch alle mitdiskutieren und hier sagen, was sie denken, und nicht einen parallelen Weg draußen gehen. Ich denke, das ist auch gegenüber den Partnern, die diesen Weg gehen, nicht fair. Das ist natürlich erlaubt; das ist Demokratie, keine Frage. Wenn wir aber wirklich Augenhöhe wollen, dann müssen wir auch Vertrauen in die Zusammenarbeit haben. Das heißt aber, nicht an zwei Stellen unterschiedlich zu diskutieren und zu argumentieren.

Vielen Dank. Ich freue mich auf die Beratung.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Lies.

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung desinfizieren das Redepult)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen zu dieser ersten Beratung nicht vor.

Wir haben es vorhin gehört: Federführend soll der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sein, mitberatend sowohl der Ausschuss für Haushalt und Finanzen als auch, wie vorhin von Herrn Grupe beantragt, der Umweltausschuss.

Darüber möchte ich gerne abstimmen lassen. Wer dem so folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das so beschlossen.

Meine Damen und Herren, nachdem wir die Beratung der Tagesordnungspunkte 24 und 25 abgeschlossen hatten, hat mich Herr Minister Thümler darauf aufmerksam gemacht, dass bei dem Tagesordnungspunkt 24 - „Für eine neue Gründerzeit in Niedersachsen“ - Antrag der FDP - Drucksache 18/6382 - wohl entgegen dem, was hier beantragt worden ist, die Federführung nicht

beim Wirtschaftsausschuss, sondern beim Wissenschaftsausschuss liegen soll. Er hat mir eben weiterhin mitgeteilt, dass die FDP damit auch einverstanden wäre.

(Christian Grascha [FDP]: Unter der Voraussetzung, dass der Antrag um- gesetzt wird! - Heiterkeit)

- Okay, das ist eine Fußnote, die wir unten anfügen können.

Wenn Sie alle damit einverstanden sind, würde ich - auch wenn das etwas ungewöhnlich ist - darüber abstimmen lassen und das gleich entsprechend korrigieren. - Hierzu sehe ich keinen Widerspruch.

Wer also die Federführung dem Wissenschaftsausschuss übertragen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, bevor es mit Tagesordnungspunkt 27 weitergeht, nehmen wir hier oben kurz einen Wechsel vor.

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung desinfizieren den Platz der Sit- zungsleitung)

(Präsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es geht weiter. Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung: Wirtschaftsauskunfteien zu mehr Transparenz verpflichten - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/6385

Zur Einbringung erteile ich dem Abgeordneten Deniz Kurku von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte!

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, bei der Einbringung dieses Antrages kann man entspannt auf eine nüchtern-technische Definition des Kreditbegriffes an sich verzichten. Wir alle wissen: Es geht um die Form einer Geschäftsbeziehung zwischen Menschen, der Vergabe eines

Kredits, die vor allem auf einem basiert, und zwar auf Vertrauen, wie es das lateinische Wort credere schon sagt.

In einer hoch spezialisierten und technologisch entwickelten Gesellschaft wie der, in der wir uns befinden und alle miteinander vernetzt sind, wird vor allem eines deutlich: dass sich eine Geschäftsbeziehung direkt auf unser Leben auswirkt.

Es gibt, das zeigen die Auswirkungen der CoronaKrise in unseren Wahlkreisen, aber auch eine Kehrseite einer solchen Gesellschaft. In dieser Gesellschaft ist die Sache mit dem Vertrauen vielleicht nicht mehr ganz so einfach wie in einer Gesellschaft mit weniger Menschen, in der Motor, Internet oder anderes noch lange nicht erfunden sind - wie zum vermeintlichen Beginn der Kreditvergabe um 3 000 vor Christus in Mesopotamien.

Heute ist vieles anders, und man kann sagen: Auch das Vertrauen hat sich professionalisiert bzw. musste sich professionalisieren. Unternehmen, kleine und mittelständische Betriebe, aber auch große Gesellschaften brauchen Grundlagen zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit ihrer Kunden, ehe sie Waren und Dienstleistungen vergeben. Die Weitergabe wirtschaftsrelevanter Daten über Privatpersonen und Unternehmen an Kundinnen und Kunden erfolgt wiederum durch privatrechtlich geführte Unternehmen wie Wirtschaftsauskunfteien. Viele von uns kennen die SCHUFA, Bürgel, Creditreform, infoscore und viele andere. Sie sind als Kreditwürdigkeitsprüfer Spezialisten. Das hat auch alles seine Berechtigung und soll nicht verteufelt werden.

Klar ist aber auch eins: Die verarbeiteten personenbezogenen Daten und die daraus errechneten Scorewerte sind für die Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer entscheidend. Wir sind der Ansicht, dass dies unter einem höchstmöglichen Maß an Nachvollziehbarkeit und Transparenz geschehen muss, zumal für die Verbraucherinnen und Verbraucher davon eine Menge abhängt. Das ist nichts Abstraktes. Wenn man einen Handyvertrag abschließen, eine Waschmaschine erwerben oder sich als Mieter einer Wohnung bewerben will, ist man davon abhängig, und viele Menschen können sich so etwas nicht auf einen Schlag leisten.

Verbraucherschützer, besonders die Verbraucherzentrale Niedersachsen, fordern schon seit Langem mehr Transparenz - manches ist auch schon passiert. Denn wir alle müssen darauf vertrauen können, dass die über uns erhobenen Daten am Ende korrekt und auf einer Grundlage entstanden

sind, die für alle nachvollziehbar ist, wenn sie von einem möglichen Vertragspartner abgerufen werden. Und wir müssen auch die Möglichkeit haben, da gegenzusteuern.

Dazu sollten auch wir hier in Niedersachsen unser Möglichstes beitragen. Wir möchten, dass bei der bisherigen Regelung im Sinne der Fairness einiges verändert wird, und zwar sollen Auskunfteien künftig dazu verpflichtet werden, den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf Anfrage offenzulegen, welches Konsumverhalten einen negativen oder positiven Einfluss auf ihren ganz persönlichen Scorewert hat, welche wesentlichen Merkmale bei der Berechnung des Scorewertes am Ende eingeflossen sind und wie diese gewichtet wurden. Das ist auch wichtig, um als Verbraucher entgegensteuern zu können. Unzutreffende Daten bzw. falsch berechnete Scorewerte sollen auf Antrag unverzüglich neu berechnet und den Verbraucherinnen und Verbrauchern unaufgefordert und kostenlos übermittelt werden. So lässt sich das von allen einfacher nachvollziehen, und vor allem werden Verbesserungen möglich, wenn man negativ bewertet wird.

Ebenso wichtig ist daher die letzte Forderung in unserem Antrag: Der Scorewert soll ohne Wenn und Aber, unabhängig von gender-, ethno- oder geospezifischen Faktoren berechnet werden.

Aufgrund der Zuständigkeit beantrage ich für die einbringenden Fraktionen eine Mitberatung des Unterausschusses „Verbraucherschutz“. Ich freue mich schon wahnsinnig auf die Beratung im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Es folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Pancescu.

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung desinfizieren das Redepult)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich über die wahnsinnige Freude des Kollegen Kurku.

Jetzt kommen wir ganz kurz zur Tagesordnung zurück. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Blackbox SCHUFA, Creditreform und wie die Wirtschaftsauskunfteien sonst noch heißen bzw. mit

deren Praktiken muss endlich Schluss sein. Seit Jahren mangelt es an Einblick in die Kriterien und Methoden dieser Unternehmen, von deren Beurteilung die Kreditwürdigkeit jeder und jedes Einzelnen abhängt.

Ohne eine gute Beurteilung bekommt man keinen Bankkredit, keine Wohnung, keinen Handyvertrag - es sei denn, man nimmt einen saftigen Risikoaufschlag in Kauf. Wir alle sind von diesen Beurteilungen abhängig und wissen kaum, wie sie zustande kommen und auf welchen Daten sie beruhen.

Ende 2018 recherchierten der Spiegel und der Bayerische Rundfunk zum SCHUFA-Kreditscoring und fanden unsere grüne jahrelange Kritik bestätigt. Die Recherchen lieferten valide Hinweise, dass der sogenannte SCHUFA-Score und vermutlich auch die Scores vergleichbarer Unternehmen offenkundig an schwerwiegenden Mängeln leiden - zum Nachteil der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Dabei wurden in Zusammenarbeit mit der Initiative „OpenSCHUFA“ fehlende oder mangelhafte Datengrundlagen und Kriterien des Scoringverfahrens aufgedeckt, nachdem die SCHUFA im Zusammenspiel mit der Regierung und gnadenlos unterfinanzierten Aufsichtsbehörden unter Berufung auf angebliche Geschäftsgeheimnisse die Unzulänglichkeit der Scores 20 Jahre lang hatte unter den Teppich kehren können.