Danke. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Diverse Forschungseinrichtungen und Hochschulen in Niedersachsen sind mit der Suche nach Therapien, Medikamenten und Impfstoffen
gegen COVID-19 beschäftigt. Wir alle freuen uns, wenn wir in der Zeitung lesen, dass es Fortschritte gibt - jedes Mal ein Hoffnungsschimmer. Wenn wir die Kontaktbeschränkungen, die durch die CoronaInfektionsgefahr bedingt sind, reduzieren wollen, setzen wir alle große Hoffnungen darauf, dass eine Impfung schützt oder die Therapierbarkeit so gut wird, dass die schweren Fälle behandelbar sind, sodass sich die Risikogruppen weniger Sorgen machen müssen.
Es wird geforscht: an Impfstoffen, an der Möglichkeit, vorhandene Medikamente zur Therapie zu nutzen, und an Antikörpertherapien. Besonders - der Kollege Hillmer hat es aufgezählt - die MHH, die Tierärztliche Hochschule und die Leibniz Universität hier in Hannover, das Primatenzentrum in Göttingen und in Braunschweig die DSMZ, das HZI und die TU sind als Orte der Forschung zu nennen.
So sehr uns die Zwischenergebnisse hoffen lassen: Wie sieht es denn aus mit der Förderung von Forschung in Niedersachsen? Nur zwei Beispiele herausgegriffen: Das Primatenzentrum hatte für dieses Jahr immerhin eine 2-prozentige Steigerung der Mittel zu verzeichnen, allerdings bei einer Halbierung der Investitionsmittel. Noch auffälliger ist der Anteil des Landes an der Finanzierung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig - dessen Ergebnisse waren ja der Anlass für diese Aktuelle Stunde -: Er beträgt weniger als 6 %. Und der Zuschuss des Landes für das HZI wurde alleine vom letzten auf dieses Jahr um 20 % gekürzt. So sehr können wir die Beteiligung des Landes also vielleicht doch nicht feiern; hier ist noch deutlich Luft nach oben.
Das Wissenschaftsministerium verkündete kürzlich, dass aus dem Nachtragshaushalt 10 Millionen Euro in die Corona-Forschung fließen. Auch uns freut es natürlich sehr, wenn mehr Geld in die Forschung fließt. Allerdings möchte ich dazu kurz anmerken, dass das nur 0,5 % des gesamten Corona-Topfes sind. Wow!
Wenn man bedenkt - das wurde eben schon mal beschrieben -, welche Bedeutung die Forschung mit Blick auf den Verlauf der Pandemie und eine Rückkehr zur Normalität hat, scheint mir das kein Grund zum Zurücklehnen zu sein; vielmehr scheint ein Handlungsauftrag daraus zu erwachsen.
Doch die Forschung hat Erfolge. Ich picke einmal das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung heraus - nicht nur, weil ich 4 km entfernt davon wohne, sondern insbesondere, weil es aktuell tatsächlich tolle Ergebnisse gibt.
Es gibt mehrere interessante Punkte. Zum grundsätzlich interessanten Thema Antikörpertherapie - am liebsten hätte ich übrigens eine Biostunde Klasse 10 vorbereitet und nicht eine Fünf-MinutenRede; aber jetzt muss ich mit der Redezeit hinkommen -: Neutralisierende Antikörper, in ihrer Wirkung vergleichbar mit dem, was wir in der Schule unter „Passivimpfung“ gelernt haben - wer sich daran nicht erinnern kann und vielleicht die Miniserie „Charité“ geguckt hat: das ist das, woran Professor Behring geforscht hat; Herr Pantazis nickt; da bin ich beruhigt, kein Fehler -, verhindern das Eindringen der Erreger in die menschlichen Zellen. Und wenn Viren nicht in die Zellen eindringen können, hält sich ihre krankheitserregende Wirkung in Grenzen. Von 6 000 künstlich hergestellten Antikörpern wurden 700 festgestellt, die an das Coronavirus binden können. Bisher wurde bei einem festgestellt, dass er effizient neutralisierend ist.
Wirkungsvolle Antikörper können in der Passivimpfung - auch das wurde eben schon geschildert - das Pflegepersonal schützen und vor allem auch schwer Erkrankten helfen, indem sie dem eigenen Immunsystem der Erkrankten Zeit verschaffen. Es wäre besonders für ältere Leute, deren Immunsystem langsamer reagiert als das von Kindern, ein wichtiger Fortschritt, wenn man ihnen die Antikörper schon verabreichen könnte.
Beteiligt an dieser Forschung ist eine Firma namens YUMAB, eine Ausgründung von Biotechnologen der TU Braunschweig. Sie können solche Antikörper quasi im Reagenzglas vermehren. Das ist großtechnisch schon mehrfach durchgeführt worden. Es gibt hierbei also Vernetzungen zwischen einem Forschungsinstitut, einer Hochschule und deren Ausgründung - nebenbei ein schönes Beispiel dafür, warum in den Augen der FDPFraktion in der Unterstützung von Ausgründungen aus Hochschulen ein so großer gesellschaftlicher Wert liegt. Wir werden dazu heute noch einen Antrag einbringen.
Aus diesem Thema ergibt sich für uns aber noch eine Reihe von Fragen und Anregungen: Sind alle Vernetzungen der Akteure ausreichend? Wie se
hen die Vernetzungsformate aus? Ist Zusammenarbeit möglich, und wie wird sie durch das Land unterstützt? Um solche Entdeckungen wie die jetzige am HZI zur Marktreife zu bringen, wird noch eine Menge Geld gebraucht werden. Wie ist die Strategie der Landesregierung in der Unterstützung der Forschung und Entwicklung?
Forschung in Niedersachsen ist erstklassig - die Ausstattung mit finanziellen Mitteln oft nicht - ich habe zu Beginn bereits einige Zahlen genannt -; da sehen wir Handlungsbedarf. Wir alle setzen große Hoffnung in die Forschungsergebnisse, die der Krankheit hoffentlich den Schrecken nehmen und eine Rückkehr zur Normalität erlauben werden. Tun wir mehr dafür!
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Abgeordnete Viehoff das Wort. Bitte, Frau Kollegin!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich gibt es gar nichts daran zu kritisieren, sondern ausschließlich zu begrüßen, dass das MWK die Infektions- und Impfstoffforschung in Niedersachsen fördert. Die 10 Millionen Euro, die hierfür aus dem Nachtragshaushalt zur Verfügung gestellt wurden, sind sicherlich gut angelegt. Die Zuwendung dient - das ist bereits mehrfach erwähnt worden - der Antikörper- und Impfstoffforschung sowie der Verbesserung der Testung, um diese zu beschleunigen.
Aber neben den Schutzmaßnahmen ist es auch notwendig, das Virus immer besser zu verstehen. Auf den ersten Blick vermutet man, dass die Infektions- und Impfstoffforschung von besonderer Bedeutung ist. Aber SARS-CoV-2 und die davon ausgelöste Lungenerkrankung COVID-19 zeigen überdeutlich, dass wir mehr, breiteres und diverseres Verständnis benötigen und dafür Interdisziplinarität in der Forschung notwendig ist.
Die Pandemie, angefangen bei den Symptomen bis hin zu den unterschiedlichsten Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Gruppen, ist divers. Aktuell sind auch die Sozial-, Geistes- und Verhaltenswissenschaften in den Fokus gerückt; denn das Verständnis der Krise und ihrer gesellschaftlichen Folgen muss in interdisziplinär angelegten Forschungsvorhaben bearbeitet werden. Es müssen neben den gesundheitlichen Folgen auch soziale, kulturelle, ethische, psychologische und rechtliche Fragen untersucht werden. Für die Bearbeitung all dieser Fragestellungen braucht es mehr Forschungsmittel.
Ja, wir müssen den Infektionsweg besser verstehen. Aber z. B. ist es auch wichtig, endlich zu verstehen, ob Kinder tatsächlich ein solches Infektionsrisiko darstellen - dazu gibt es unterschiedliche Studien und Forschungsergebnisse - oder wie es sich beispielsweise beim Musikunterricht verhält. Es darf z. B. kein Blockflöteunterricht erteilt werden, weil dieses Instrument zu den Blasinstrumenten gehört. Ja, ich verstehe, dass eine Tuba gewissermaßen kilometerweit Aerosole herauspusten mag, bei einer Blockflöte bezweifle ich das aber.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP - Zuruf: Sie glauben gar nicht, was los ist, wenn ich Blockflöte spiele!)
Diese Diversität muss von der Forschung aufgegriffen werden. Deshalb müssen Forschungsgruppen divers aufgestellt sein und vor allen Dingen die Situation einschätzen, wie es die Ad-hoc-Gruppe der Leopoldina tut.
Ich möchte keine Studien mehr sehen, in denen der Anteil der Teilnehmer mit Namen Jürgen größer ist als der der Frauen. Das Problem, das wir bei dem ersten Antrag zur Aktuellen Stunde diskutiert haben, hätten wir dann auch nicht in diesem Maße.
Auch die Politik vor Ort hat die Relevanz der Corona-Pandemie eigentlich erst dann erkannt, als der Virus bereits hier war. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hingegen haben schon mit dem Auftreten und Bekanntwerden des Virus angefangen, sich mit ihm zu beschäftigen. Sie haben dann schon geforscht, weil sie aus wissenschaftli
Neben den Forschungsgeldern kommt aber auch eine erhebliche Anzahl zusätzlicher Aufgaben wie z. B. Anträge auf Drittmittel hinzu. Vor allem ist es eine große Belastung, wenn auch noch die Versorgung von Patientinnen und Patienten, die an COVID-19 erkrankt sind, dazu kommt. Deshalb brauchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft - in der Krise, aber auch darüber hinaus!
Daher ist es richtig, dass die Mitarbeitenden der MHH beim Besuch von Herrn Spahn noch einmal deutlich gemacht haben, dass es nach Corona keine Minderung der Kosten des Gesundheitswesens durch Sparmaßnahmen geben darf.
Gute Wissenschaft braucht Zeit. Gute Wissenschaft braucht Verlässlichkeit und eine gute finanzielle Ausstattung. Sie braucht aber auch eine Basis. Durch gute Ausbildung wird diese Basis gelegt. Forschungsgelder sind wichtig. Doch fast noch wichtiger sind finanziell gut ausgestattete Hochschulen und Universitäten in Niedersachsen.
Mit einer globalen Minderausgabe, Herr Minister Thümler, wird dies sicher nicht erreicht. Gute Wissenschaft braucht keine Lobhudelei. Sie braucht vielleicht auch keinen Beifall. Sie braucht gute Bezahlung, gute Arbeitsbedingungen und eine Landesregierung, die ihr hilft, und keinen Minister, der hadert.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Selbstverständlich begrüßen wir die neusten Forschungsergebnisse des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig hinsichtlich
der Bekämpfung des Coronavirus sehr. Der wissenschaftliche Fortschritt ist - nicht nur für Niedersachsen - bei der Erforschung des Virus wirtschaftlich, aber auch gesellschaftlich überaus wichtig.