der Bekämpfung des Coronavirus sehr. Der wissenschaftliche Fortschritt ist - nicht nur für Niedersachsen - bei der Erforschung des Virus wirtschaftlich, aber auch gesellschaftlich überaus wichtig.
Der Nachweis von Antikörpern, die an das Coronavirus andocken und dieses beim Eindringen in Zellen hindern könnten, wird als großer Durchbruch gewertet. Sogar von einem Medikament, welches bereits in diesem Herbst zur Anwendung bereitstehen könnte, ist die Rede. Theoretisch gesehen, wäre das natürlich wünschenswert.
Aber wo stehen wir in der Forschung eigentlich wirklich? Ist es tatsächlich realistisch, dass ein Medikament noch dieses Jahr für schnellere Genesung eines an Corona Erkrankten sorgen kann? Um dies zu beantworten, möchte ich kurz den klassischen Entwicklungsablauf eines Medikaments bis hin zu seiner Zulassung genauer erläutern. Denn die Zulassung ist es, auf die es am Ende ankommt, verehrte Kollegen.
Man hat durch ein breit angelegtes Screening mehrerer Millionen Moleküle einen sogenannten Hit oder Treffer erzielt. Nun führen die Wissenschaftler chemische Tests und Modifikationen durch. Das ist der erste Schritt, und da befinden sich die Wissenschaftler in Braunschweig ungefähr. Im zweiten Schritt muss ein Wirkstoff in Labor- und Tieruntersuchungen auf seine Wirkung und seine Verträglichkeit getestet werden. Das nennt man dann die präklinische Forschung.
Erst wenn diese Tests und Analysen positiv sind, kann mit sogenannter klinischer Forschung, also einer Studie am Menschen, begonnen werden. Hier wird der Wirkstoff in der ersten Phase an wenigen gesunden Erwachsenen getestet, in der zweiten Phase an wenigen kranken Erwachsenen und in der dritten Phase schließlich an vielen kranken Erwachsenen.
Zusätzlich fallen weitere Schritte wie z. B. die Entwicklung der Darreichungsform des Medikaments an.
Erst wenn diese Schritte getan und die Studien positiv verlaufen sind, kann das Medikament zur Begutachtung bei einer zuständigen Zulassungsbehörde eingereicht werden. Dort werden die Ergebnisse aller Studienphasen genauestens geprüft. Erst bei einem positiven Endergebnis dieser Prüfung kann eine Zulassung für das Medikament erfolgen. Dieses befindet sich dann in der Beobachtungsphase nach der Zulassung.
Je nach Art des Medikaments dauert ein solches Entwicklungs- und Zulassungsverfahren etwa sieben bis fünfzehn Jahre.
Vor diesem Hintergrund stelle ich doch einfach einmal die Frage: Werter Herr Kollege Hillmer, sehr geehrte Damen und Herren, wie sinnvoll kann die Entwicklung eines Medikaments gegen ein sich ständig durch Mutation veränderndes Virus sein? Wenn die Entwicklungsdauer mindestens sieben Jahre beträgt, zeigt uns das Beispiel des Influenzavirus dann nicht, dass es eigentlich kaum möglich ist? - Erstens.
Zweitens: Wie wirkungsvoll kann außerdem ein Medikament sein, welches im Hauruckverfahren mal so eben entwickelt wurde?
Drittens - das ist noch viel wichtiger, werte Kollegen -: Welche Nebenwirkungen hat ein solches Medikament, welches so schnell auf den Markt kommt?
Dass das schiefgehen kann, zeigt uns der wohl größte Arzneimittelskandal in Deutschland, an dem bis heute eine Generation von Menschen leidet.
(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Nicht behandeln, aber alles öffnen! Das ist ja eine sehr clevere Doppelzüngig- keit!)
Herr Bothe, Herr Kollege Hillmer bittet darum, Ihnen eine Frage stellen zu können. Lassen Sie das zu?
Das brauchen wir jetzt hier nicht auszudiskutieren. Ich bitte um Aufmerksamkeit. Nun hat Herr Kollege Bothe das Wort. Bitte!
Werter Kollege, Sie fragen nach Alternativen in diesem Zusammenhang. Die Alternative ist natürlich Forschung. Das habe ich doch gesagt: Es ist zu begrüßen.
Aber Sie können hier nicht von einem großen Durchbruch sprechen - das hat die CDU-Fraktion ja auch groß als Pressemitteilung auf ihre Facebook-Seite gesetzt - und den Menschen Hoffnung machen, auch vielen Menschen, die erkrankt sind.
Nein, es wird in diesem Herbst kein Medikament in diesem Bereich geben, weil die Testphasen über Jahre gehen müssen, um ein Risiko für Patienten auszuschließen.
Ich habe gerade den Contergan-Skandal angesprochen, zu dem es kam, als dies nicht passiert war. Dieser Verantwortung wollen Sie sich dann sicherlich nicht stellen, Herr Kollege.
Deshalb muss es einfach heißen: Gut Ding muss Weile haben. Wir müssen dieses Medikament, sollte es auf den Markt kommen, sollte es alle Testphasen durchziehen und auch dies alles positiv beschieden werden, in die Testung geben, und hier darf es auch keine verkürzten Testphasen bis zur Zulassung geben. Wir fordern, dass alle Tests durchgesetzt werden, bevor ein Medikament auf den Markt kommt, so dringend das Anliegen auch ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt selten Zeiten, in denen Wissenschaft und Forschung eine so große Aufmerksam
keit genießen, wie es derzeit der Fall ist. Selten ist ihr unmittelbarer Nutzen für uns alle so mit Händen zu greifen wie jetzt.
Zweifellos hat sich den Anlass dazu niemand gewünscht. Gleichwohl zeigt sich, wie wichtig Investitionen in Forschung sind. Im Falle der CoronaPandemie zahlen sie sich in dem Überleben von Menschen und der Verhinderung von Krankheit aus.
Aber ohne wirksame Impfstoffe oder Medikamente gibt es zurzeit nur ein wirksames Mittel im Kampf gegen COVID-19, nämlich das Einhalten von Abstands- und Hygieneregeln und die Einschränkung sozialer Kontakte. Gerade Letzteres fällt schwer und verursacht soziale und wirtschaftliche Kollateralschäden, über die wir hier schon ausführlich gesprochen haben.
Die Forschenden arbeiten mit Hochdruck. Niedersachsen hat in der Grundlagenforschung und bei den Infrastrukturen eine führende Rolle. In den Bereichen Infektionsforschung, Epidemiologie und Virologie sind wir mit vielen Einrichtungen sehr gut aufgestellt, die einschlägig forschen und unermüdlicher wertvolle Beiträge zur Bekämpfung des Coronavirus liefern. Mein Dank gilt an dieser Stelle allen, die sich an dieser für uns so wichtigen Forschungsleistung beteiligen.
Die Entwicklung leistungsfähiger diagnostischer Tests, von Behandlungsmöglichkeiten und Impfstoffen fördert das Land mit vielen Millionen Euro. Nun ist auch ein Bundesprogramm aufgelegt worden, von dem sicherlich auch Niedersachsen profitieren wird.
Meine Damen und Herren, die Forschung zum COVID-19-Virus konzentriert sich vor allem auf die Entwicklung eines Impfstoffes und die Antikörperforschung. Während mit einem Impfstoff frühestens 2021 zu rechnen ist, liefert die Antikörperforschung wesentlich frühere, schnellere Ergebnisse.
Meine Kollegin Annette Schütze berichtete neulich von einem Besuch bei der Firma Yumab, die - das haben hier auch verschiedene Vorrednerinnen ausgeführt - gemeinsam mit der TU Braunschweig und dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung einen Antikörper aus menschlichem Blut entwickelt, der schon Ende 2020 zur Verfügung stehen könnte.
Dieser Forschungsansatz ist nicht nur international akzeptiert, sondern verspricht auch die Entwicklung einer schnellen und Erfolg versprechenden Therapie für Corona-Kranke. Ergebnisse wie die
se, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Yumab in Braunschweig in so kurzer Zeit erzielt haben, sind sehr vielversprechend und machen uns Hoffnung.
In Braunschweig aber liefert vor allem auch das HZI, das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, weitreichende Forschungsergebnisse. Das Projekt SORMAS wurde schon von Herrn Hillmer und den Vorrednerinnen erwähnt. Im Rahmen seiner Forschungsstrategie und mit seinen Kooperationen bündelt das HZI seine Ressourcen für Projekte zur Eindämmung der Infektionskrankheit.
Wissenschaft lebt vom Austausch. Der passiert natürlich auch in unserem Bundesland. Erst gestern hat die Hannoversche Allgemeine Zeitung unter der Überschrift „Hannovers Virusjäger“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vorgestellt, die in vorwiegend hannoverschen Forschungseinrichtungen nach Wirkstoffen und Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus forschen.
Illustriert ist der Artikel mit einem Puzzle. Es versinnbildlicht das Ergebnis der von ganz unterschiedlichen Instituten aus unterschiedlichen Disziplinen stammenden Forschungsarbeiten. Viele kleine Puzzleteile ergeben ein Gesamtbild mit dem Ziel, Infektionsforschung voranzubringen und den todbringenden Virus zu bekämpfen.
Ich nenne hier beispielhaft das HZI, das enge personelle und institutionelle Verbindungen nach Hannover unterhält, die TiHo Hannover, das Fraunhofer-Institut, das Zentrum für Individualisierte Infektionsmedizin, das „Twincore, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung“, die Medizinische Hochschule Hannover und das Exzellenzcluster RESIST, das Forschende von MHH, HZI, Twincore und TiHo verbindet - und es gibt noch eine ganze Reihe mehr.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich aber nun auch einen Blick auf die gesellschaftlichen Implikationen der Corona-Krise richten! Die
so die Ergebnisse einer Umfrage im Rahmen des Wissenschaftsbarometers von April 2020. 90 % halten die Expertise der Wissenschaft für wichtig und wünschen sich auch eine Beratung der Politik. Der Rat der Wissenschaft ist gerade jetzt so sehr geschätzt wie kaum zuvor.