Herr Ministerpräsident, da sind Sie in der Verantwortung, gemeinsam mit dem Bund und mit Europa beherzt zuzupacken, Rahmenbedingungen vorzugeben, diesen Wandel zu gestalten und dafür Geld in die Hand zu nehmen. Denn gerade Niedersachsen wird darauf angewiesen sein, dass wir diesen Wandel gut gestalten, um niemanden zurückzulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Deshalb, Herr Ministerpräsident, möchte ich Sie auffordern, sich in den Haushaltsberatungen vielleicht noch stärker vom Spardiktat der CDU zu befreien und Ihren Ankündigungen Rechnung zu tragen, tatsächlich gegen diese Krise zu investieren, tatsächlich die Investitionsmaßnahmen voranzubringen, die Niedersachsen in dieser Krise dringend braucht, und endlich verlässlich zu sagen, dass Sie langfristig und sicher investieren wollen.
Es ist keine grüne Spinnerei oder nur eine Forderung des DGB, jetzt gegen diese Krise anzuinvestieren. Das sagen auch Wirtschaftsweise. Sehen Sie sich die Analysen zum Bundeskonjunkturprogramm an, das auch nur kurzfristig wirkt! Auch von Ihnen wird gefordert, langfristige, nachhaltige und vor allem verlässliche Investitionen für die nächsten Jahre zu tätigen. Dieses Bekenntnis erwarte ich auch von Ihnen als Ministerpräsident für unser Land Niedersachsen; denn dann wird sich Niedersachsen tatsächlich positiv entwickeln.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es folgt nun für die SPD-Fraktion die Fraktionsvorsitzende, Frau Modder. Bitte, Frau Kollegin!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Zusammen aus der Krise - ein Ausblick auf das zweite Halbjahr 2020“ - so der Titel der heutigen Regierungserklärung. Die Ausführungen unseres Ministerpräsidenten Stephan Weil haben, glaube ich, sehr deutlich gemacht, dass wir noch sehr lange brauchen werden, um die Folgen dieser Pandemie zu bewältigen.
Manchmal ist es ganz gut, wenn man sich noch einmal an den Beginn der Corona-Pandemie erinnert und sich vor Augen führt, warum man zu so harten und drastischen Maßnahmen gegriffen hat - und das alles ohne zeitlichen Vorlauf oder gar irgendwelche Erfahrungen aus ähnlichen Situationen. Sofortmaßnahmen mussten ergriffen werden, die einer Vollbremsung gleichkamen und das gesamte öffentliche Leben, unsere Wirtschaft und auch uns in der Politik kalt erwischt haben. Es gab für diese Situation keine Blaupause; da haben Sie recht, Frau Hamburg.
Allein die Tatsache, dass wir das Geschehen in den anderen Ländern, z. B. in China und Italien, beobachten konnten und wir in Deutschland etwa 14 Tage später von der Pandemie erwischt wurden, trug dazu bei, dass wir durch konsequentes Handeln bislang gut durch diese Pandemie gekommen sind.
Ich will es hier noch einmal ganz deutlich sagen: Im Vordergrund stand und steht, die Infektionsketten zu durchbrechen und die Infektionszahlen möglichst niedrig zu halten, eine Überlastung unseres Gesundheitssystems zu vermeiden und damit wirklich viele Menschenleben erfolgreich zu retten. Das, meine Damen und Herren, sollten wir niemals vergessen. Das ist möglich geworden, weil sich ganz viele Menschen an die Auflagen und Beschränkungen gehalten haben und sie konsequent durchgehalten haben. Dafür sollten wir sehr dankbar sein.
Mit dem niedersächsischen Stufenplan wurde der Weg in eine neue Normalität beschrieben. Wenn wir ehrlich sind, ging es uns bei den einzelnen Stufen nicht schnell und nicht weit genug. Auch ich
selber war da manchmal getrieben. Natürlich waren wir auch getrieben von der Sehnsucht, wieder zu einer Normalität zurückkehren zu können. Aber wir haben auch die Folgen der Pandemie vor Augen, die die Vollbremsung für die Wirtschaft für sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hatte. Wir sehen die Folgen für die Familien, für das gesamte öffentliche Leben, für den Tourismus, für die Kultur, für den Bildungsbereich und für viele weitere Bereiche in unserem Land.
Ob die neue Verordnung wirklich lesbarer und anwenderfreundlicher wird? Dahinter setze ich mal ein Fragezeichen.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist schon mal etwas! - Christian Grascha [FDP]: Welche Partei stellt die So- zialministerin?)
Meine Damen und Herren, leider müssen wir auch nach mehreren Monaten feststellen: Das Coronavirus ist nicht verschwunden. Es ist ein alltäglicher Begleiter und mitten unter uns. Die Ausbrüche in den letzten Wochen haben uns noch einmal deutlich vor Augen geführt, dass wir bislang ziemlich gut durch die Pandemie gekommen sind, aber eben auch mit regionalen Ausbrüchen zu kämpfen haben, die nach meiner Kenntnis regional auch sehr gut gehandhabt werden. Vor allem machen sie aber auch deutlich, dass wir nach wie vor sehr wachsam sein müssen, dass wir die Abstands- und Hygieneregeln sowie die Mund-Nase-Bedeckung sicherlich noch eine Zeit lang anwenden müssen und dass sie uns noch weiter begleiten werden.
Jetzt geht es darum, die Corona-Krise und ihre Folgen zu bekämpfen und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern. Natürlich werden wir diese enormen Kraftanstrengungen nur gemeinsam schaffen. Der Ministerpräsident hat den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft angesprochen. Darauf dürfen wir, glaube ich, alle stolz sein, und er wird das Fundament unseres Erfolges sein - daran gibt es keinen Zweifel -, wirklich gut aus dieser Krise herauszukommen.
Nach der anfänglich großen Geschlossenheit auch in diesem Haus zeigt sich allerdings jetzt, wo es um die Bekämpfung der Krise und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes geht, wo die Gemeinsamkeit und die Geschlossenheit vielleicht auch bröckeln.
Meine Damen und Herren, nachdem der Bund ein, wie ich finde, sehr beeindruckendes Konjunkturpaket in Höhe von 130 Milliarden Euro auf den Weg
gebracht hat - der Ministerpräsident ist darauf eingegangen -, hat auch die Niedersächsische Landesregierung mit dem Entwurf des zweiten Nachtragshaushalts ein richtiges Kraftpaket mit einem Volumen von immerhin 8,4 Milliarden Euro vorgelegt. Es setzt auf das Bundesprogramm auf und setzt eigene niedersächsische Schwerpunkte,
Ja, es stimmt. Es sind nicht nur Pakete zur Krisenbewältigung, sondern auch Konjunktur- und Zukunftspakete, und das ist auch richtig so. Natürlich wollen wir mit diesen Hilfspaketen die Folgen der Corona-Krise lindern, unsere Wirtschaft stabilisieren, Insolvenzen möglichst abwenden und damit Arbeitslosigkeit verhindern. Der Umfang der Kurzarbeitanmeldungen ist Ihnen allen sicherlich bekannt und löst bei uns große Sorge aus. Aber natürlich geht es bei den Investitions- und Innovationshilfen auch um Hilfen, die nachhaltig und zukunftsfest sein sollten. Dabei geht es auch um Themen, die durch die Krise ja nicht weg sind. Ich nenne nur Themen wie die Digitalisierung oder auch den Klimawandel und den Klimaschutz. Alles andere wäre aus meiner Sicht nicht zukunftsfähig und auch nicht verantwortbar.
Meine Damen und Herren, das Kraftpaket der Niedersächsischen Landesregierung umfasst immerhin 1,9 Milliarden Euro im Bereich der Wirtschaft. Auf die Einzelheiten ist der Ministerpräsident eingegangen. Für uns Sozialdemokraten ist das Rettungspaket für unsere Kommunen mit 1,1 Milliarden Euro sehr wichtig. Ja, Frau Hamburg, es stimmt, es sind in erster Linie Steuerausfälle, die wir kompensieren, zumal hierbei der Bund den Aufschlag gemacht hat.
(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ja, muss man auch! - Christian Meyer [GRÜNE]: Wir wollen noch mehr, auch investieren!)
Denn es gibt keine andere Möglichkeit, die öffentliche Daseinsvorsorge zu sichern. Anderenfalls kämen wir zu Kürzungen in ganz anderen Bereichen, die die Gesellschaft wohl wirklich zum Einsturz bringen würde.
Außerdem wollen wir natürlich mit 600 Millionen Euro ein stabiles Gesundheitssystem sichern und weitere 700 Millionen Euro für die Unterstützung weiterer wichtiger gesellschaftlicher Bereiche, aber
auch Vorsorgemittel einplanen. Ich glaube, das müssen wir auch; denn die zweite Welle wird von vielen prognostiziert. Darauf müssen wir richtig vorbereitet sein. Es ist eine wirkliche Kraftanstrengung und ein deutliches Signal in unsere Gesellschaft hinein, dass wir diese Krise gemeinsam bewältigen werden.
Meine Damen und Herren, Sie kennen die einzelnen Maßnahmen; ich will sie hier nicht einzeln aufzählen. Wir werden in den Beratungen, auch hier im Plenum, sicherlich noch lange und ausgiebig darüber diskutieren.
(Dr. Stefan Birkner [FDP] und Christi- an Grascha [FDP]: Wann denn? In den zwei Wochen? Ein Sonder- plenum?)
Interessant fand ich die Reaktionen der Opposition. Bündnis 90/Die Grünen kommen mit einem riesigen bunten Blumenstrauß, betitelt mit: „Klimafreundlich, enkeltauglich und gerecht!“
Ich habe das natürlich erwartet. Das sind Forderungen mit Corona-Bezug, aber auch generelle Forderungen wie z. B. die Anhebung des ALG-IISatzes. Ihren Worten, Frau Hamburg, ist zu entnehmen, dass der zweite Nachtragshaushalt mindestens 10 Milliarden Euro umfassen müsste. Ich will Ihnen nur eines entgegenhalten, und das wissen Sie auch: Das Haushaltsrecht fordert: Notsituation, Corona-bedingt.
Sie wollen das auch, und Sie wollen das natürlich an die Klimaziele von Paris und natürlich auch an die Sozial- und Arbeitsstandards der UN-Nachhaltigkeitskriterien knüpfen. Daran ist nichts auszusetzen. Aber wir brauchen die Hilfen jetzt. Ich glaube, es würde sehr lange dauern, das, was Sie hier fordern, in Förderrichtlinien umzusetzen. Deswegen ist das, glaube ich, nicht sehr realistisch.
Ich kann nur sagen - das hat Frau Hamburg schon richtig vermutet -: Ich bin heilfroh, dass diese rotgeführte Landesregierung diese Verantwortung übernommen hat,
hier sehr verantwortungsvoll durch die Krise führt und in einem intensiven Abwägungsprozess, der sehr schwierig ist, doch Maß und Mitte hält.
Meine Damen und Herren, die Corona-Krise wirkt in manchen Bereichen aber auch wie ein Brennglas und führt uns allen noch einmal deutlich vor Augen, wo eigentlich die Probleme liegen.
Ich spreche hier ausdrücklich die Missstände in der Fleischindustrie an. Meine Fraktion beklagt seit Jahren die katastrophalen Verhältnisse in der Fleischindustrie. Ich kann mich sehr genau erinnern: Als wir hier das erste Mal über diese Missstände gesprochen haben, wurden wir belächelt, und es wurde mit der Bemerkung abgetan, das seien doch nur Einzelfälle.
Ich kann mich auch noch an sogenannte Runde Tische erinnern, damals unter Wirtschaftsminister Olaf Lies, der solche Gespräche auch schon mal abgebrochen hat. Es gab z. B. einen Landwirtschaftsminister Meyer, bei dem ich nicht weiß, ob er an dieser Stelle so erfolgreich war.