Protokoll der Sitzung vom 30.06.2020

Das ist so, als wenn Sie die Menschen zu einer Darmspiegelung bewegen wollen und gleichzeitig sagen: Damit sind aber die und die Risiken verbunden. - So wird das nicht funktionieren.

Ich will Ihnen sagen, wir finden diese App toll. Wir haben festgestellt, dass sich all die Risiken, die Sie in Ihrem Antrag beschreiben, bisher nicht realisiert haben. Wir wollen diese App nicht kaputtreden, und daher werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von den GRÜNEN)

Nun komme ich zum Kollegen Birkner. In einem Punkt muss ich ihm tatsächlich recht geben: Über die Corona-Verordnung müssen wir in der Tat sprechen. Die Kollegin Modder hat gesagt, sie sei skeptisch, was Veränderung angehe, während Kollege Birkner inhaltliche Veränderungen gefordert hat.

Herr Birkner, was die inhaltlichen Veränderungen angeht, muss ich Ihnen sagen: Das Problem besteht einfach darin, dass niemand weiß, wie sich die Infektionslage entwickelt. Deswegen ist das schwierig. Der Ministerpräsident hat aber eben in der Regierungserklärung versprochen, dass die Verordnung anwendungsfreundlicher werden wird. Das zumindest fordern auch wir als CDU-Fraktion ein.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das fordern wir doch alle! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Und warum passiert dann nichts?)

Ich weiß mich da auch in wesentlichen Punkten mit der Kollegin Modder einig.

Ich möchte einige Beispiele nennen, wo sie anwendungsfreundlicher werden könnte:

Das Glücksspiel wird in der entsprechenden Verordnung in NRW in acht Zeilen geregelt. Wir machen das in drei Paragrafen mit insgesamt 80 Zeilen.

NRW hat eine universell gültige Abstandsregel, nämlich 1,50 m. Sie zieht sich durch die gesamte Verordnung. Bei uns sind es schon zwei Zahlen, nämlich 2 m und 1,50 m. Und was das Zusammentreffen von Personen angeht, wird es dann ganz wild. In NRW gibt es nur 10 und 100. Bei uns gibt es 4 für Blasmusikunterricht, 5 für die Kinderbetreuung, 10 für allgemeine Zusammenkünfte, 16 für Jugendgruppen, 50 für Hochzeiten und Sport, 250 für Veranstaltungen draußen und 1 000 - mit dem Hinweis darauf, dass es so etwas bis zu dem 31. August nicht gibt.

Meine Damen und Herren, ich weiß, wie schwierig es ist, solche Verordnungen rechtssicher zu gestalten. Ich weiß auch, dass sich viele Menschen zurzeit sehr viel Mühe geben, das vernünftig hinzukriegen. Aber ich will uns Mut machen; denn wir können es ja; unsere Beamten sind gut. Schauen wir uns die Bußgeldverfahren an! NRW regelt das Bußgeldverfahren in 43 Einzeltatbeständen auf insgesamt drei Seiten. Wir machen das in vier Zeilen - und es funktioniert!

In diesem Sinne hoffe auch ich auf eine anwendungsfreundliche Überarbeitung der Corona

Verordnung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Toepffer. - Jetzt spricht für die AfD-Fraktion die Kollegin Dana Guth. Bitte sehr, Frau Guth!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erst einmal ein herzliches Dankeschön an unseren Ministerpräsidenten für die Einbringung des Nachtragshaushalts. - Ach nein, Entschuldigung, es war die Regierungserklärung! Die Regierungserklärung an sich kommt vielleicht noch. Aber gut, schauen wir, wie es weitergeht.

Zu Tagesordnungspunkt 3, einem Antrag der Grünen zur Corona-App, wird - wir haben es eben gehört - Herr Meyer noch sprechen. Ich habe mich schon gewundert, dass dieser Antrag nicht zunächst von den Grünen selbst behandelt wurde, aber gut. Zu dieser App ist nicht viel zu sagen. Grundsätzlich ist die Forderung, dass die Nutzung freiwillig und ohne jeden Zwang sein muss, absolut zu unterstützen. Von daher: Schauen wir mal, was im Ausschuss aus diesem Antrag wird!

Herr Dr. Birkner, vielen Dank für die klaren Worte. Sie haben heute vieles von dem wiederholt, was wir bereits seit Wochen fordern und monieren. Vielen Dank, dass Sie es aufgegriffen haben.

Herr Toepffer, mal wieder pure Empörung am Pult! Fühlen Sie sich bei irgendwas erwischt? Ich kann Ihnen nur eines sagen: Sie stellen zwar auf die Schwächsten in der Gesellschaft ab, aber für diese Schwächsten in der Gesellschaft wird bald kein Geld mehr da sein und es keine medizinische Versorgung mehr geben. Die Schwächsten der Gesellschaft sterben momentan einsam in Altenheimen ohne Kontakt zu ihren Familien - und, und, und. Das sind die Schwächsten der Gesellschaft!

(Beifall bei der AfD)

Sie sollten auch nicht so auf den Grünen herumhacken. Immerhin wollen Sie nächstes Jahr im Bund mit ihnen regieren. Ich glaube, da müssen Sie noch ganz andere Ideen herunterwürgen. Von daher würde ich mich da ein bisschen zurückhalten.

(Beifall bei der AfD)

Aber gut, mal wieder Plenum, mal wieder Regierungserklärung, der mittlerweile altbekannte Dreiklang aus Eigenlob, nett verpacktem „Weiter so!“ und natürlich vielen Danksagungen.

Ich erlaube mir kurz eine zusammenfassende Übersetzung dieser Regierungserklärung: Trotz einer Infektionsquote von 0,01 % der Bevölkerung, die bereits seit Wochen stabil anhält, verkündete der Niedersächsische Ministerpräsident in diesem Plenum gerade Folgendes: Die Einschränkung der Grundrechte wird auf Monate weiterhin fortgeführt.

Die Wirtschaft befindet sich in einer schweren Krise, die sich auch weiter verschärfen wird. Tausende Unternehmen werden pleitegehen. Millionen Menschen werden in Deutschland ihren Job verlieren. - Diese unerhörten Vorgänge werden mit einer Neuverschuldung unfassbaren Ausmaßes verschleiert. Die Rückzahlung soll sich auf die nächs

ten 25 Jahre erstrecken. Da sie aber erst in vier Jahren beginnen soll, sind es 29 Jahre. Wer wird es zurückzahlen? - Ich glaube, es ist an der Zeit, es mal ganz deutlich auszusprechen: Der Steuerzahler wird es zurückzahlen. Das ist kein Geld, das irgendwo wächst. Der Steuerzahler muss dafür geradestehen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Es kommt aber auch dem Steuerzahler zugute!)

Schauen wir kurz zurück! Das Narrativ der Landesregierung, welches nahezu mantraartig immer wieder heruntergebetet wurde, war: Wir müssen um jeden Preis die Überlastung des Gesundheitssystems, insbesondere der Intensivkapazitäten, verhindern. - Eine Überlastung hat es aber nie gegeben, noch nicht einmal eine Auslastung. Zum Glück!

Was ist jedoch die Kehrseite der Medaille? - Durch den langanhaltenden Shutdown haben Kliniken Behandlungen verschoben, durch die erzeugte Panik haben Patienten auf Arztbesuche verzichtet. Wie viele Todesfälle es durch nicht stattgefundene bzw. verzögerte Behandlungen gegeben hat oder noch geben wird, kann erst eine vollumfängliche Aufarbeitung der Vorgänge ermitteln. Im Ergebnis hängt nun auch das Gesundheitswesen am großen Fördertropf. Herzlichen Glückwunsch dazu!

Was sagen Sie den Niedersachsen für die Zukunft voraus? - Sie gehen nunmehr davon aus, dass ein punktuelles Aufflammen von Infektionsherden regional eingedämmt werden muss. Das ist eine super Idee. Das finde ich großartig. Dafür sind wir auch: Man greift nur dort ein, wo es ein Problem gibt. Das rechtfertigt allerdings kaum, dass alle anderen weiterhin unter Ihren Einschränkungen zu leiden haben.

Sie sprachen den Fall Göttingen und die damit verbundenen Schwierigkeiten an - selbst gemachte Schwierigkeiten, Herr Ministerpräsident! Die Zustände in Göttingen sind der Politik seit Jahren bekannt, und man hat immer diskret weggesehen, genau wie bei Tönnies und ähnlichen Sachen. Hochhäuser, in denen viel mehr Menschen hausen - und ich sage bewusst „hausen“, weil von Leben dort überhaupt keine Rede sein kann -, als polizeilich gemeldet sind. Verhältnisse, in denen weder der Rechtsstaat noch die Einhaltung von Regeln, geschweige denn ein Bewusstsein für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, den Sie hier so permanent beschwören, existiert.

Wer hält am Ende den Kopf dafür hin? - Die dieser Tage viel geschmähte Polizei! Ich bin sicher, dass sich am Ende, wenn die Infektionen aus dem Fokus verschwinden, dort alles genauso darstellen wird wie bisher.

Sie versprechen den Menschen eine Perspektive. Ihre neue Verordnung - im Wesentlichen genauso willkürlich wie die bisherigen - soll nun länger Bestand haben. Was heißt das konkret? - Sie zwingen Menschen weiterhin hinter Masken. Sie schränken weiterhin Unternehmen in ihrer Tätigkeit ein, und Sie greifen weiterhin in Versammlungsfreiheit, Veranstaltungen und das soziale Leben der Menschen ein - jetzt vorerst bis zum 31. Oktober 2020.

Nachdem Sie Frühlingsfeste, Ostern, Schützenfeste usw. haben ausfallen lassen, danach in Sommerurlaub, Ferienfreizeiten und Festivals eingegriffen haben, folgen nun die Oktober- und Erntedankfeste. Danach wird es an die Weihnachtsmärkte gehen. Die Kinderbetreuung bleibt eingeschränkt. Bildung bleibt eingeschränkt, Sportveranstaltungen, Vereinsleben. Wie erklären Sie das den Menschen noch glaubwürdig bei ca. 1 000 infizierten Menschen in Niedersachsen? Und diese Zahl ist seit Wochen konstant.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Weil das Virus noch da ist!)

Und dann kommt er wieder, der viel gepriesene Impfschutz! Ihre Prognose hört sich inzwischen deutlich verhaltener an als noch vor wenigen Wochen. Kurzfristig wird es keinen wirksamen Impfschutz für große Teile der Bevölkerung geben. Das war aber auch jedem halbwegs kritisch denkenden Menschen klar. Ein weiterer Teil der Wahrheit ist eben auch: Vielleicht wird es niemals einen wirksamen Impfstoff geben. Das berichtet auch die „Tagesschau“, jetzt aktuell am 11. Juni 2020: Die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes kann Jahre oder Jahrzehnte dauern. Vielleicht wird niemals einer gefunden.

Wollen Sie den Menschen sagen, dass das immer so weitergeht? - Ich glaube, das können Sie schlecht erklären. Impfstoffe werden seit Jahrzehnten gesucht und manchmal nicht gefunden, wie gegen HIV, Dengue-Fieber, Tuberkulose oder Malaria. Seit Jahrzehnten sorgen diese Erkrankungen für Leid und für Tausende Tote jedes Jahr. Trotzdem ist niemand auf die Idee gekommen, deswegen die gesamte Wirtschaft in Schutt und Asche zu legen.

Flächendeckende Tests, um den Virus irgendwie zu lokalisieren, lehnen Sie natürlich ab. Wir fordern das seit Wochen. Bayern versucht es jetzt. Aber Sie lehnen es weiterhin ab. Dann sagen Sie es bitte allen Menschen ganz klar: Ihre neue Normalität ist nichts Vorübergehendes. Sie installieren hier gerade ein Leben, das niemand will. Sie schaffen damit einen gesellschaftlichen Zündstoff ungeahnten Ausmaßes. Gewalt in Familien, einsame Menschen in Pflegeheimen, Sozialleben, die nicht mehr funktionieren - denken Sie darüber nach, ob das der richtige Weg ist!

Kommen wir zur Wirtschaft! Sie sprechen von einer schweren Wirtschaftskrise mit einem derzeit prognostizierten Rückgang des BIP von 8 %. Die Arbeitslosenquote ist auf 6 % gestiegen. Das sind nackte Zahlen, das hört sich so schön wissenschaftlich an, so schön statistisch. Diese Zahlen sagen aber nichts über die brutale Realität vieler Menschen in diesem Land: zerstörte Existenzen, ein Land, das sich nachhaltig verändert und nicht zum Positiven; Menschen, die Angst um ihre Zukunft haben, um ihre Arbeitsplätze und nicht wissen, wie es weitergehen soll. Aber in Ihrer Regierungserklärung stimmen Sie die Menschen gleich noch auf viele schlechte Nachrichten ein und verteilen gleichzeitig die Beruhigungspille, die Konjunktur ankurbeln zu wollen. Was, bitte, Herr Ministerpräsident, hat die Wirtschaft in Deutschland denn so schwer geschädigt? - Ihre „neue Normalität“ war es!

(Beifall bei der AfD)

Was wäre also das beste Konjunkturprogramm? - Genau, die alte Normalität!

Sie geben jetzt Milliarden Euro Steuerzahlergeld aus, das noch gar nicht erwirtschaftet wurde, um Schäden zu bemänteln, die Sie selbst verursacht haben.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das nennt sich Volkswirtschaft!)

Sie belasten Generationen mit Schulden, um die maximalen Folgen noch ein wenig in die Zukunft zu verlagern. Verhindern werden Sie damit gar nichts. Das ist ein Lottospiel in der Hoffnung auf einen Impfstoff, der vielleicht kommt oder vielleicht auch nicht. Aber Sie ziehen Ihre Agenda durch.

Und natürlich wird neben den Segnungen von Hilfsgeldern und der Möglichkeit, sich günstig zu verschulden, knallhart die rot-grüne Agenda

durchgezogen: Sie brauchen Hilfe? Ist Ihre Firma klimaneutral oder ökologisch wertvoll? Halten Sie

Frauenquoten ein? Sind Sie multikulturell? Sprechen Sie Gender? - Wenn ja, herzlichen Glückwunsch, Sie sind förderwürdig. Wenn nein, dann können Sie auch weg. Ganz einfach.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das ist unterkomplex, was Sie erzählen!)

Das, meine Damen und Herren, ist staatliche Planwirtschaft vom allerfeinsten. Willkommen in der DDR 2.0!

(Zuruf von Jens Nacke [CDU])