Protokoll der Sitzung vom 01.07.2020

Ich finde, dass der Rechtsrahmen, den wir haben, uns Möglichkeiten eröffnet.

(Hermann Grupe [FDP]: Nichts zu tun!)

Wir scheitern aber im Moment nicht allein am Rechtsrahmen. Wir scheitern auch an der Frage der Akzeptanz in der Gesellschaft für diese Maßnahmen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank Ihnen. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Christian Meyer. Die dritte Zusatzfrage. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben das Urteil angesprochen. Vor dem Hintergrund des Urteils des OVG, das der Klage stattgegeben hat, dass weitere Wölfe nicht getötet werden dürfen - das steht hier so, es dürfen nur konkrete Problemwölfe entnommen werden -, frage ich Sie, welche Folgen das für Ihre Planungen hat, nach der Wolfsverordnung ja irgendwelche Wölfe oder ganze Rudel schießen zu lassen. Werden Sie dieses Urteil berücksichtigen? Es ermöglicht Ihnen weiterhin nur das, was beim Rodewalder Rüden eben nicht geklappt hat. Sie dürfen nur einen klar identifizierten Täterwolf, einen Problemwolf, entnehmen, aber nicht irgendwelche Rudel. Das hat das Gericht Ihnen nun einmal klargemacht.

(Zurufe von der SPD)

Wenn Sie dort auch nur teilweise recht bekommen hat, so haben Sie trotzdem illegal gehandelt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Meyer, ich glaube, der Herr Minister wird daraus eine Frage machen und diese auch beantworten. Normalerweise ist hier kein Statement vorgesehen. Bitte, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Meyer, ich mache sogar eine Antwort daraus.

Sie versuchen es schon wieder. Ich frage mich, warum. Was ist das erklärte Ziel dieser Vorstellung? Das Gericht hat bestätigt, dass die Gründe für die Ausnahmegenehmigung bestanden. Es hat begründet erklärt, dass ein Punkt in der Begründung nicht ausreichend war. Wir haben einen zeitlichen Zusammenhang von drei Monaten hergestellt. Das Gericht hat an einer Stelle deutlich gemacht: Dieser zeitliche Zusammenhang ist nicht ausreichend begründet. - Das kann man erklären. Und Sie schüren - das ist einfach unverantwortlich - genau diese öffentliche Debatte, die wir nicht wollen. Sie machen es schon wieder. Immer wieder! Mit jeder Pressemitteilung. Immer wieder! „Ich bin jetzt Opposition. Ich trage keine Verantwortung, und deswegen kann ich skandalisieren.“

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Das ist mein gutes Recht!)

- Ja, das ist Ihr gutes Recht. Da haben Sie recht, aber es hilft nicht weiter. Sie wissen doch selber, dass wir dieses Problem noch viele Jahre vor uns hertragen. Wir brauchen doch vernünftige Lösungen. Deswegen ist es richtig: Das Urteil des Gerichtes ist nicht unerheblich, sondern im Gegenteil.

Jetzt haben Sie mir die Gelegenheit gegeben. Man sollte mir nicht das Mikro überlassen, das ist immer gefährlich. Ich möchte nur auf einige wenige Dinge eingehen.

(Heiterkeit - Jörg Bode [FDP]: Das haben wir schon gemerkt!)

Herr Minister, danke für die Selbsteinschätzung!

Es ist richtig: Das Gericht hat am Ende gesagt: So könnt ihr nicht weitermachen. - Die Frage ist aber doch: Warum? Und was hat das Gericht noch fest

gestellt? - Das ist für unser weiteres Vorgehen doch mindestens genauso interessant.

Das erste ist, dass das Gericht gesagt hat: Die Umstände des vorliegenden Falles rechtfertigen die Prognose, dass die beiden Wölfe bei ungehindertem Geschehensvorgang jeweils in naher Zukunft eine größere Zahl von Schafen aus den Herden reißen und somit erheblichen Eigentumsschaden herbeiführen. - Das ist die erste Botschaft.

Dann sind die Risse bewertet worden. Da ist man in dem Gericht sogar eher auf die 1,20 m eingegangen und hat auch noch betont, dass zwar Risse bei 90 cm da sind, dass aber sozusagen nicht sicher ist, dass ein Zaun von 1,20 m überhaupt helfen könnte. Die Frage des ausreichenden Zaunes ist dort definiert worden: „Das rechtfertigt aus Sicht des Senats die Annahme, dass bei diesen Tieren das Überwinden derartiger Schutzzäune, nämlich 1,20 m, zum erlernten und gefestigten Jagdverhalten gehört.“ Auch das ist die Botschaft.

Wir haben lange diskutiert: „Geht das denn überhaupt, und ist das nicht wichtig für die Zukunft der Arbeit?“, genauso wie die Frage des Erlernens, dass Wölfe Rudeltiere sind, bei denen soziales Verhalten eine große Rolle spielt. Es besteht die Möglichkeit, dass die beiden Elterntiere in ihrem jeweiligen Rudel ihr erlerntes gefestigtes Beuteverhalten an jüngere Tiere weitergeben. Auch das ist die Botschaft des Gerichtes.

Das mag für Sie uninteressant sein, weil es sozusagen einfacher ist, zu sagen: Es hat ja nicht funktioniert. - Für mich ist das aber ganz entscheidend, weil es die Grundlage für weitere Ausnahmegenehmigungen bildet, nämlich aus der Entscheidung des Gerichtes Konsequenzen zu ziehen und natürlich nachzuvollziehen, was wir richtig gemacht haben und wo wir Fehler gemacht haben. Die gestehe ich auch zu. Ich will doch gar nicht sagen, dass das alles richtig war.

Zumutbare Alternativen, die in gleicher Weise wie die Ausnahme vom Tötungsverbot geeignet sind, den drohenden erheblichen Schaden abzuwenden, bestehen hier nicht. Das ist die Botschaft des Gerichtes. Das muss man an der Stelle auch mal sagen.

Man kann ja sagen: Es ist gescheitert. Aber greifen Sie doch, bitte, auch diese Punkte mit auf, und benennen Sie, warum es denn am Ende gescheitert ist. Dafür übernehme ich gern die volle Verantwortung. Das ist dann auch so. Aber die ande

ren Punkte sind ebenfalls wichtig. Ich glaube, diese Punkte sind an der Stelle deutlich beschrieben.

Es geht weiter um die Bewertung: Somit erweist sich nach summarischer Prüfung die Ausnahmegenehmigung zur Tötung beider Wölfe als rechtmäßig, so besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Bescheides, da aufgrund der gehäuften Rissvorfälle im ersten Quartal zur Abwehr erheblichen weiteren Schadens für den Schafhaltungsbetrieb des Beigeladenen schnelles Handeln erforderlich ist.

Auch das bestätigt das Gericht an dieser Stelle. Das halte ich für ganz wichtig bei diesem Punkt.

Klar ist allerdings - das will ich gern deutlich sagen -: Es geht auch um die Frage, ob das, was wir machen, eigentlich gerechtfertigt ist. Es gab eine Verwaltungsgerichtsentscheidung, die sich übrigens nur auf die Frage bezog, ob man überhaupt eine Antragsberechtigung habe. Da hat das Gericht aber gesagt, wenn es sich diesen Fall schon anguckt, kann es auch eine Aussage dazu treffen, wie es das eigentlich findet. Das hat das Gericht hier auch aufgegriffen. Das ist nicht bestätigt. Man hat gesagt: Das ist eine Auslegungsfrage, die sie beim Bundesnaturschutzgesetz sehen. Und was ganz wichtig ist - das ist, glaube ich, entscheidend für die Diskussion -, dass sie auch schreiben:

Der Senat weist in diesem Zusammenhang aber darauf hin, dass gemäß Artikel 103 Abs. 2 Grundgesetz der mögliche Wortsinn des Gesetzes

- alle sagen: „Das steht nicht im Gesetz.“ Aber wir sagen: Doch, das steht in der Begründung, und das hat der Bund uns noch einmal bestätigt. -

nur bei Strafnormen eine absolute Auslegungsgrenze darstellt.

Dass ich mich damit einmal so sehr beschäftigen würde, hätte ich auch nicht gedacht.

Das ist genau der Punkt. Deswegen ist die Begründung zum Gesetz so entscheidend für die Frage, wie wir damit umgehen.

Dann ist die Kritik gekommen. Die ist ja auch berechtigt. Die nehme ich auf. Wir haben gesagt, wir nehmen drei Monate, weil drei Monate für uns den engen zeitlichen Zusammenhang darstellen. Dazu schreibt das Gericht, dass der räumliche Zusammenhang hinsichtlich der erforderlichen Bestimmung des engen zeitlichen Zusammenhangs nicht näher konkretisiert ist. Okay, das gebe ich zu. -

Aber das ist der Punkt, der übrig geblieben ist, und ich finde, wenn man Kritik übt, gehört es sich auch, zu sagen: Der Minister - meinetwegen der Minister persönlich; kein Problem - hat einen Fehler gemacht, weil er den zeitlichen Zusammenhang nicht näher konkretisiert hat. - Aber zu sagen, das sei die Rote Karte, Entnahmen seien demnach nicht möglich und Ausnahmegenehmigungen seien

falsch, finde ich ein bisschen zu kurz gesprungen und eigentlich schade. Ich dachte, wir wären in dieser Debatte schon ein bisschen weiter.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Abgeordneter Meyer, Sie haben gesehen, wenn man keine präzise Frage stellt, bekommt man eine sehr umfassende Antwort. Ich weise aus diesem Grund noch einmal darauf hin, dass die Fragen zur Sache gehören und kurz, knapp und sachlich sein sollen.

Als Nächstes haben wir eine Zusatzfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz, AfD-Fraktion. Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich versuche das auch einmal.

Herr Umweltminister Lies, wir haben das OVGUrteil jetzt besprochen. Es war auch von Ihnen von sofortiger Vollziehung die Rede. Wie genau werden Sie denn jetzt definieren, was konkret ein zeitlicher und räumlicher Zusammenhang ist? Denn Sie werden konkret werden müssen. Nennen Sie uns, was von Ihnen gerichtsfest festgelegt werden soll!

Danke Ihnen. - Herr Minister Lies antwortet auch Ihnen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den engen räumlichen Zusammenhang haben wir sehr präzise begründet. Der liegt im Umfeld des Risses und ist räumlich sehr genau abgegrenzt.

Die Kritik ist auch nicht, dass die Festlegung auf drei Monate fehlerhaft ist, sondern wir hätten erklären müssen, warum drei Monate in einem zeitlichen Zusammenhang zum Riss die richtige Zeitspanne ist und warum Zeiträume darüber hinaus

möglicherweise andere Schlüsse zulassen. Ich gebe zu, das haben wir nicht begründet bzw. nicht näher ausgeführt. Das ist der Fehler, den wir für die Zukunft korrigieren müssen.

Aber die Kritik bestand nicht bezüglich der Festlegung des zeitlichen Zusammenhangs und schon gar nicht des räumlichen Zusammenhangs, sondern ausschließlich bezüglich der Tatsache, dass wir diese Festlegung von drei Monaten nicht näher erklärt und begründet haben. Das muss man zur Kenntnis nehmen.

Danke Ihnen, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage - für die CDU-Fraktion - stellt der Abgeordnete Jörn Schepelmann. Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vor dem Hintergrund, dass im Landkreis Celle ehrenamtliche Wolfsberater mangels Unterstützung und Wertschätzung sowie völliger Überlastung im wolfreichsten Landkreis Niedersachsens von ihrem Amt zurücktreten und zeitgleich an der Aufgabe interessierte Personen aus nicht nachvollziehbaren Gründen abgelehnt werden, frage ich Sie, ob es nicht sinnvoll wäre, das System der ehrenamtlichen Wolfsberater auf komplett neue Füße zu stellen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank für Ihre Frage. - Bitte, Herr Minister!