Protokoll der Sitzung vom 01.07.2020

Ich komme zu dem Antrag der Grünen. Der Antrag ist sicherlich gut gedacht gewesen, aber, ehrlich gesagt, nicht gut gemacht. Wir haben den Antrag ausführlich im Ausschuss beraten, wenn auch sehr kurz, und ihn dann abgelehnt. Leider sind in dem Antrag einige systematische Fehler erkennbar. Die dürften eigentlich nicht sein, wenn man sich ein wenig mit der medienpolitischen Thematik auskennt.

Ich möchte nur zwei Punkte aufzählen. Erstens: Im Antrag wird immer noch von „Rundfunkgebühren“ geredet. Richtigerweise ist es ein „Rundfunkbeitrag“. Auch Sie, Herr Meyer, sollten wissen, dass seit Januar 2013 zur Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks keine GEZ-Gebühr mehr, sondern ein Rundfunkbeitrag von momentan 17,50 Euro gezahlt werden muss. Das sollte man wissen, wenn man solch einen Antrag schreibt.

(Zustimmung von Jens Nacke [CDU])

Zweitens fordern die Grünen in ihrem Antrag die Landesregierung in zwei Punkten auf, auf die Bundesebene einzuwirken, um die Systematik und Höhe des Rundfunkbeitrages zu ändern. Da steht man ein bisschen ratlos davor und fragt sich: Wie kommt man darauf? Das ist ja irgendwie erstaunlich; denn die Bundesebene hat mit dem Thema Rundfunkbeiträge überhaupt nichts zu tun. Das machen die Länder. Das ist eine föderale Aufgabe, und es ist auch gut, dass die Länder das so machen. Ich glaube, das sollten sie auch weiterhin machen.

Allein wenn wir diese beiden Punkte herausgreifen, die ich jetzt aufgezeigt habe, zeigt das eklatant, dass der Antrag für uns als Landesparlament völlig unannehmbar ist, da entweder medienpolitisches Unwissen beim Verfassen vorherrschte oder einfach auf die Schnelle das ganze System der föderalen Zuständigkeit für das Thema Rundfunk verändert werden soll. Was auch immer es war - es wäre nicht gut. Deswegen lehnen wir den Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Saipa. - Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Jörg Bode das Wort. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema, das die Grünen mit ihrem Entschließungsantrag angesprochen haben, ist durchaus ein Thema, mit dem wir uns als Landtag wirklich intensiver beschäftigen sollten, damit auch der Medienpolitik auf Landesebene ein höherer Stellenwert beigemessen wird. Das war durchaus der richtige Hinweis. Rundfunkgebühren, Staatsverträge etc. sind landespolitische Themen und nicht bundespolitische Themen. Der Landtag sollte sich intensiver mit diesen Themen beschäftigen und der Landesregierung durchaus Vorstellungen und Vorschläge mit auf den Weg geben.

Bei den Staatsverträgen, die von den Ministerpräsidenten untereinander verhandelt werden, gibt es immer das Problem, dass dabei am Ende ein Ergebnis herauskommt und wir dem meistens nur noch zustimmen oder es ablehnen können. Ablehnen ist dann bei vielen Fragestellungen faktisch tatsächlich nicht möglich. Deshalb wäre es wichtig,

sich als Landtag proaktiv vorher mit solchen Themen auseinanderzusetzen.

Das Ganze bedeutet allerdings nicht, dass wir dem Antrag der Grünen so zustimmen können. Das hat der Kollege Meyer schon gesagt. Die inhaltlichen Lösungsansätze, die die Grünen darin vorgeschlagen haben, gehen aus unserer Sicht gar nicht, und zwar auch aus einem Aspekt, der mit Medienpolitik gar nicht viel zu tun hat. Denn Sie sagen: Wir müssen den Qualitätsjournalismus retten, erhalten, sichern. - Zustimmung, richtig! Sie schlagen dann allerdings eine finanzielle Zuwendung vor und fordern, nicht nur bei den Verlagen anzusetzen, sondern auch bei den Soloselbstständigen, den freischaffenden Journalisten anzusetzen. Da stimmen wir auch noch zu. Das ist ein richtiger Punkt.

Aber dann sagen Sie: Diese Aufwendungen sollen durch einen Corona-Zuschlag bei der Medienabgabe bezahlt werden. - Da stellt sich die Frage: Warum soll bei der einen Gruppe ein Rettungs- oder Hilfspaket vom Steuerzahler beispielsweise über eine Neuverschuldung aufgebracht werden, während für andere Gruppen eine Medienabgabe erhöht werden soll, die von allen und somit unabhängig von sozialer Staffelung oder Ähnlichem gezahlt wird und jeden Einzelnen trifft?

Das ist aus unserer Sicht ein unsoziales Rettungspaket, das hier zulasten Dritter geschnürt wird. Es ist deshalb der völlig falsche Ansatz, wenn man ein Rettungspaket im Medienbereich schnüren will. Das gilt auch im Vergleich zu den CoronaHilfsmaßnahmen, die wir in anderen Bereichen gemacht haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das bedeutet aber auch nicht, dass wir uns mit dem Thema nicht wirklich auseinandersetzen sollten. Herr Kollege Nacke, es wäre, glaube ich, wirklich interessant zu überlegen, wie man das Thema Qualitätsjournalismus, das die Grünen in den Fokus gestellt haben, auch bei der Finanzierung weiter nach vorne stellen kann. Qualitätsjournalismus ist jedenfalls aus unserer Sicht nicht nur das Abdrucken von Pressemitteilungen - sei es von Regierungen, von Fraktionen oder von irgendjemand anderem -, um einzig und allein diese Seite darzustellen. Dazu gehört auch immer die Recherche: Was steckt eigentlich hinter der Botschaft, die da steht? Ist sie korrekt? Was sagen andere dazu?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das ist die geistige Leistung, die Redakteure leisten. Die muss auch honoriert werden, wenn wir

Qualitätsjournalismus und ehrliche politische Debatten beispielsweise aus dem Landtag haben wollen. Dann kann der eine oder andere mal sagen: Der heutige Bericht heute war schön und hat mich überzeugt! - Das darf aber nicht über eines hinwegtäuschen: Wenn immer nur eine Seite dargestellt wird und Zeitungsartikel vielleicht nur noch nach Größenproporz verteilt werden - das wird die CDU oder vielleicht auch die SPD freuen -, dann wird das, was in der Debatte tatsächlich stattgefunden hat, nicht honoriert und nicht dargestellt. Das ist für uns auch kein Qualitätsjournalismus. Die Debatte muss dargestellt werden. Dafür brauchen wir aber auch Redakteure, die dies tatsächlich können und dafür von den Verlagen die Zeit und auch den Platz bekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen also: Mit diesem Thema hätten wir sowohl zu Corona-Zeiten als auch nach Corona-Zeiten sehr viele Ansatzpunkte und Möglichkeiten, darüber nachzudenken, wie man diesen Bereich besser aufstellen kann, damit die vierte Gewalt für die Bevölkerung tatsächlich das tun kann, was sie tun sollte: eine objektive Darstellung und Vermittlung dessen, was passiert, damit sich ein selbstständiger und eigenverantwortlicher Bürger auch politisch besser positionieren kann. Da hat unser System heutzutage Schwächen.

Das hätte ich mir gewünscht, wenn wir die Diskussion angestoßen haben, auch wenn die konkreten Lösungsvorschläge der Grünen hier nicht geeignet gewesen sind. Dass das jetzt nicht stattfindet, ist sehr schade.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Auch Ihnen vielen Dank, Herr Abgeordneter Bode. - Jetzt kann sich der Abgeordnete Clemens Lammerskitten von der CDU-Fraktion auf den Weg machen. Bitte, Herr Lammerskitten!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorredner, Herr Dr. Saipa und Herr Bode, haben schon viele Argumente genannt, warum der Antrag der Grünen sinnvollerweise abgelehnt werden sollte. Dem können wir uns als CDU-Fraktion nur anschließen.

Einige wenige Worte dazu: Herr Meyer, Sie haben eben so getan, als ob die Medienunternehmen kein Geld bekommen würden, obwohl sie als Unternehmen Corona-bedingt wirtschaftliche Einbrüche haben. Wir haben im Ausschuss auch an anderen Stellen immer wieder diskutiert, welche Einbrüche in welcher Höhe geschehen. Auch Medienunternehmen sind Unternehmen. All die Hilfen, die Wirtschaftsunternehmen zur Rettung oder zum Überleben zur Verfügung gestellt werden, bekommen natürlich auch die Medienunternehmen.

Es ist von Ihnen richtig dargestellt worden, Herr Meyer, dass in den letzten Wochen und Monaten Tolles von den Medienunternehmen und vor allen Dingen von den Journalistinnen und Journalisten geleistet wurde. Da sind wir alle froh. Wir können ihnen nur danken, dass sie in den letzten Monaten in der Form Informationen an unsere Bürgerinnen und Bürger weitergegeben haben.

Wir haben im Unterausschuss „Medien“, der sich seit dieser Legislaturperiode befasst - das wurde von meinen beiden Vorrednern schon gesagt -, noch viele Themen in den nächsten Wochen und Monaten zu diskutieren, so auch über die Höhe des zukünftigen Rundfunkbeitrages. Ich will an dieser Stelle schon sagen, dass die CDU-Fraktion sicherlich nicht mit einem Corona-Aufschlag auf den Rundfunkbeitrag einverstanden ist, der in der Diskussion ist oder den die Ministerpräsidenten schon verabschiedet haben.

Das Thema Qualitätsjournalismus, das Herr Bode eben angesprochen hat, ist sicherlich ein wichtiges Thema, das wir in unserem Ausschuss weiter thematisieren müssen. Ich möchte an dieser Stelle auch daran erinnern, dass wir uns im Ausschuss immer wieder Themen wie z. B. die Diskussion mit dem Intendanten des ZDF vornehmen, mit dem wir all diese Fragen, die durch diesen Antrag der Grünen thematisiert wurden, zusammen mit Beteiligten diskutiert haben. Das ist nicht das Ende, sondern ich hoffe, das ist der Anfang weiterer Diskussionen in diesem Sinne. Ich freue mich darauf.

Wir als CDU-Fraktion werden den Antrag aus den besagten Gründen ablehnen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Lammerskitten. - Der Kollege Meyer hat eine Kurzintervention angemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Lammerskitten, es ist schon verwunderlich, wenn Sie meinen, Medienunternehmen könnten unter diese Schutzschirme schlüpfen. Das ist zumindest für freischaffende Journalisten nicht logisch.

Dann wundert mich eines - aber das zeigt, wie wenig Sie sich mit den Rettungspaketen der Landesregierung auseinandergesetzt haben -: Ich lese in der Pressemitteilung der Staatskanzlei zum anstehenden Nachtrag von 1 Million Euro Soforthilfe für die Medienbranche. Wenn das im anderen Topf schon drin wäre und die das hätten machen können, wäre es schon verwunderlich.

Vielleicht kann die Staatskanzlei oder der Finanzminister einmal erklären, warum Sie da jetzt 1 Million Euro haben, an wen dieses Geld gehen soll und warum die Hilfe für selbstständige kleine Unternehmen nur auf die Film- und Medienbranche beschränkt ist. Was ist mit Zeitungsverlagen?

Es hätte viele Gründe gegeben, sich damit zu beschäftigen. Ich stelle nur fest: Die freischaffenden Journalisten, die Soloselbstständigen und auch die Unternehmen, die dafür Equipment liefern, sind bei Ihnen auf sich selbst gestellt. Es ist interessant, dass die Regierung Ihnen widerspricht und 1 Million Euro für die Medienbranche bereitstellt, ohne dass ein Redner der großen Parteien das benennt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Meyer. - Herr Lammerskitten antwortet Ihnen, ebenfalls 90 Sekunden nach § 77. Bitte!

Herr Meyer, vielen Dank für dieses Beispiel, das Sie gerade genannt haben. Daran können Sie sehen, wie gut das Gesamtsystem durchdacht ist und wie gut es administriert wird.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Wir haben eine weitere Wortmeldung aus der AfD-Fraktion vorliegen, Herr Abgeordneter Christopher Emden. Bitte, Herr Emden!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag der Grünen ist nicht nur richtiggehend schlecht. Er zeigt auch, dass die Grünen eigentlich nichts weiter sind als ein verlängerter Lobby-Arm im Parlament. Ob das jetzt Windindustrie ist oder eben beispielsweise die Medien sind. Ansonsten kann man sich gar nicht erklären, warum ein solcher Antrag, der auch noch handwerklich - das wurde ja dankenswerterweise schon von meinen Vorrednern aufgegriffen - so etwas von saumäßig unterirdisch ist, hier präsentiert wird.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Wie bitte?)

Überlegen Sie sich Ihre Wortwahl sehr genau. „Saumäßig unterirdisch“ - doppelt, dreifach - ist so nicht zu akzeptieren.

(Zuruf von Miriam Staudte [GRÜNE])

Das mache ich. Okay gut, dann gehe ich jetzt nur noch auf die Sache ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie gesagt, es ist genauso erstaunlich, das Fehlverständnis in diesem Antrag wiederzufinden, auf der Bundesebene irgendetwas zu machen, wie der Umstand, dass es in diesem Antrag immer noch „Rundfunkgebühr“ heißt. Darüber habe ich mich das letzte Mal schon ausgelassen.

Was mich aber noch viel mehr irritiert, meine sehr verehrten Damen und Herren: Es wird jetzt eine Anhebung des Rundfunkbeitrags - wie es heutzutage richtigerweise heißt - auf 18,36 Euro geben. Die Grünen wollen noch mehr, und das ist in Zeiten von Corona, in Zeiten von wirtschaftlichen Existenzängsten unzähliger Menschen, blanker Hohn.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Grünen meinen, Qualitätsjournalismus stärken zu wollen. Es ist aber nicht unbedingt stärkend, wenn die Presse, die Medienanstalten insgesamt, am staatlichen Tropf hängen. Dann wird man nämlich ganz besonders darum bemüht sein, willfährig und eben gerade nicht objektiv und unabhängig zu berichten, sondern das zu machen, was denjenigen gefällt, die am Geldhahn sitzen, damit das Geld auch weiter sprudelt. Das heißt, der letzte Rest der eventuell noch an medialer und journalistischer Unabhängigkeit in diesem Land zu sehen ist, wird dann

auch noch eingestellt werden. Soviel ist klar. Allein deshalb ist das schon grundverkehrt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann sprechen die Grünen davon, Fake News bekämpfen zu wollen. Ich habe aber das Gefühl, für die Grünen ist alles Fake News, was nicht in ihr Weltbild passt. Egal, was es ist, sobald es nicht passt, wird es zu Fake News degradiert.