Protokoll der Sitzung vom 10.11.2020

Herr Kollege Birkner, zugegeben, es war ein sehr kurzes parlamentarisches Verfahren, aber wir werden heute den gesetzlichen Rahmen zu der im „Niedersächsischen Weg“ gefundenen Vereinbarung hier beschließen - eine Vereinbarung, Herr Kollege Meyer, die auf ein Maximum an Anreizsystemen und ein Mindestmaß an Ordnungsrecht setzt.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Wir be- schließen ein Gesetz!)

Wenn wir die Vereinbarung aus der Perspektive der Beteiligten sehen, so werden sicherlich alle zustimmen, dass es sich um einen guten, wohl austarierten Kompromiss handelt. Insofern wähnen sich sicherlich alle Beteiligten als Gewinner. Als Gewinner wähnen sich - das haben wir auch den Worten des Kollegen Meyer entnommen - die Initiatoren des Volksbegehrens. Gewinner ist ohne Zweifel die Niedersächsische Landesregierung in persona des Umweltministers Olaf Lies und der Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast.

Gewinner sind die landwirtschaftlichen Verbände, das niedersächsische Landvolk, der LsV, aber auch die Ökoverbände. Und die Gewinner sind die Artenvielfalt, die Biodiversität und die offenen Gewässer im Lande Niedersachsen.

Als agrarpolitischer Sprecher meiner Fraktion möchte ich explizit auf die Gruppe der landwirtschaftlichen Verbände eingehen. Für diese war der Schritt, auf Umwelt- und Naturschutzverbände zuzugehen, sich an einen Verhandlungstisch zu setzen und über die Nutzung ihrer Produktionsgrundlage Boden und damit über die Basis ihres wirtschaftlichen Handelns zu verhandeln, sicherlich der größte Schritt. Ich möchte diesen Verbänden und ganz besonders den Verantwortlichen in den Verhandlungsrunden heute ausdrücklich den besonderen Respekt und die Anerkennung der CDULandtagsfraktion hier aus dem Niedersächsischen Landtag aussprechen.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben erkannt, dass die Chance auf gesellschaftliche Anerkennung und sich im Sinne des „Niedersächsischen Weges“ einzulassen, am Ende auch eine Standortfrage für eine dauerhaft wettbewerbsfähige Landwirtschaft hier in Niedersachsen darstellt.

(Vizepräsidentin Meta Janssen-Kucz übernimmt den Vorsitz)

Ich wende mich deshalb heute ausdrücklich an die Landwirtinnen und Landwirte und ihre Familienmitglieder in Niedersachsen: Gehen Sie offensiv und mit einer gehörigen Portion Stolz in die gesellschaftliche Debatte in Ihrer Nachbarschaft, in Ihren Dörfern und gegebenenfalls auch in Ihren Städten, und stehen Sie voller Selbstbewusstsein zu den Vereinbarungen des „Niedersächsischen Weges“! Dieser ist bundesweit einmalig.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das stimmt!)

Eines steht aber außer Frage: Der „Niedersächsische Weg“ bringt nicht per se Artenvielfalt und Biodiversität zurück. Es gibt diesbezüglich auch keine einfachen Antworten. In der Anhörung wurde uns seitens der Wissenschaft erklärt: Eine ökologische Wirtschaftsweise in großflächigen Strukturen, beispielsweise in den neuen Bundesländern, ist nicht automatisch besser als eine kleinstrukturierte, konventionelle Wirtschaftsweise in Niedersachsen.

Um diesen „Niedersächsischen Weg“ dauerhaft zum Erfolg zu führen, bedarf es darüber hinaus intelligenter nationaler Umsetzungsstrategien der zukünftigen GAP-Förderperiode. Die CDU-Landtagsfraktion wird ihren politischen Einfluss und ihre fachliche Expertise über diese Landesregierung mit ihrer Landwirtschaftsministerin Barbara OtteKinast in die AMK hineintragen, damit der „Niedersächsische Weg“ weiter Fahrt aufnimmt - für eine starke und wettbewerbsfähige Landwirtschaft, die es versteht, Ökonomie und Ökologie zum Wohle aller zusammenzuführen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU sowie Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kann sich die Abgeordnete Miriam Staudte langsam auf den Weg machen. - Bitte, Frau Staudte!

Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Man kann wirklich sagen: Landwirtschaft und Naturschutz haben sich in den letzten Monaten aufeinander zubewegt. Es ist schön, dass alle den Erfolg für sich reklamieren; schon das Sprichwort sagt: Der Erfolg hat viele Väter und Mütter.

Ich möchte etwas aufgreifen, was Herr DammannTamke angesprochen hat, nämlich den Dialog vor Ort. Es wurde in den Arbeitsgruppen im Ministerium zwischen Naturschutz und Landwirtschaft sehr viel sachlicher Austausch gepflegt und sehr viel Vertrauen aufgebaut. Ich würde mir wünschen, dass die Aktionsbündnisse für die Umsetzung des Volksbegehrens, die es vor Ort gegeben hat, weiterentwickelt werden zu Aktionsbündnissen, die dazu beitragen, dass der „Niedersächsische Weg“ umgesetzt wird.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir brauchen diese Zusammenarbeit, und wir müssen gemeinsam dieses Vertrauen aufbauen. Denn das alles ist kein Selbstzweck. Es gibt weltweit ein massenhaftes Artensterben, planetare Grenzen sind erreicht, und wir haben dieses Insekten- und Artensterben auch in Niedersachsen.

Ich möchte bitte noch einen Aspekt aus der Anhörung aufgreifen. Dort wurde gesagt, es dürfe nicht nur eine Vereinbarung zwischen Landwirtschaftsministerium und Umweltministerium sein. Alle Ministerien müssten sich verantwortlich fühlen, diesen „Niedersächsischen Weg“ umzusetzen.

Das Kultusministerium muss sich fragen, was es dafür tun kann, dass der Ökolandbau gefördert wird - Stichworte „Mensen“, „Kantinen“ etc. Das MWK kann überlegen, ob vielleicht eine Professur für den Ökolandbau notwendig ist. Mit Blick auf das MW sind die Themen Versiegelung, Straßenbau etc. schon angesprochen worden. Alle können sich in Zukunft profilieren, indem sie dazu beitragen, dass dieser „Niedersächsische Weg“ wirklich umgesetzt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Staudte. - Für die Landesregierung erteile ich nun Frau Ministerin Barbara Otte-Kinast das Wort.

(Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Ich freue mich außerordentlich, heute zur abschließenden Beratung des Gesetzentwurfs zur Umsetzung des „Niedersächsischen Weges“ vor Ihnen zu stehen. Das zeigt: Wir haben mit unserem „Niedersächsischen Weg“ die richtige Richtung eingeschlagen.

Diese Vereinbarung zwischen der Landesregierung, Vertretern der Landwirtschaft und Naturschutzverbänden weist uns den Weg in die Zukunft. Landwirtschaft und Naturschutz sind keine Gegensätze, sondern sie sind natürliche Partner, wenn es darum geht, mehr Natur-, Arten- und Gewässerschutz in die Fläche zu bekommen.

Unser „Niedersächsischer Weg“ bedeutet Fortschritt. Denn Landwirtschaft und Naturschutz haben sich gemeinsam auf den Weg gemacht. Der

Weg hin zu der Vereinbarung war nicht immer einfach; das können Sie mir glauben. Manchmal gab es hitzige Diskussionen, jedoch immer auf Augenhöhe.

Ja, uns allen wurde ganz viel abverlangt - den Verbänden, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unseren Häusern und unseren Kollegen im Kabinett - da schaue ich mal zu unserem Finanzminister Reinhold Hilbers. Und ja, auch Ihnen, liebe Damen und Herren, wurde einiges abverlangt: In kurzer Zeit mussten Sie zwei Gesetzentwürfe abschließend beraten. Deswegen richtet sich mein außerordentlicher Dank für Ihre Bereitschaft zur Mitarbeit an die Mitglieder aller Fraktionen in den Ausschüssen.

Der „Niedersächsische Weg“ bringt den Naturschutz mit den Einkommensinteressen unserer Landwirte unter einen Hut. So werden die Forderungen der Gesellschaft nach mehr Naturschutz erfüllt. So sichern wir aber auch die Zukunftsfähigkeit unserer landwirtschaftlichen Betriebe, damit Niedersachsen auch in Zukunft das Agrarland Nummer eins bleibt.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sollten eines nicht vergessen: Mit dieser abschließenden Beratung stehen wir alle erst am Beginn eines neuen Weges. Der „Niedersächsische Weg“ zeigt uns allen den Weg in die Zukunft, und diesen Weg gilt es jetzt zu gehen, und zwar gemeinsam.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Für die Landesregierung hat sich ebenfalls der Umweltminister Olaf Lies zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Minister Lies!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal herzlichen Dank dafür, dass heute die Abschlussberatung über die Vereinbarung zum „Niedersächsischen Weg“ auf die Tagesordnung gesetzt wurde, aber auch dafür, dass alle Seiten sagen, dass das ein kluger und richtiger Weg ist, den wir weiterhin gemeinsam gehen wollen. Das ist ein wichtiges Signal. Deswegen darf ich mich an der Stelle bei allen bedanken, die daran mitgewirkt haben.

Ich möchte zuallererst die Kolleginnen und Kollegen unserer beiden Häuser nennen, liebe Bärbel.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Umweltministeriums und des Landwirtschaftsministeriums waren wirklich unglaublich kurzfristig und mit einem hohen persönlichen Engagement bereit, Urlaub zu verschieben und bis in die Nacht hinein an Sitzungen teilzunehmen. Das ist großartig und zeigt, was für eine starke Verwaltung wir in unserem Land haben, wie leistungsfähig sie ist und dass wir stolz auf sie sein können.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Dass der Handlungsbedarf groß ist, wussten wir. Schon zu Beginn der Legislaturperiode war uns klar, dass wir im Bereich Umwelt-, Natur- und Artenschutz erhebliche Schritte nach vorne machen müssen.

Es gibt zwei zentrale Themen, die in der Generationenverantwortung vor uns liegen: Das sind die Themen Artenschutz und der Klimaschutz, die wir in Verantwortung für die nachfolgende Generation heute bewältigen und lösen müssen.

Umso wichtiger war es, dass wir bereits im letzten Jahr sehr intensiv mit der Landwirtschaft ins Gespräch gekommen sind. Sie haben uns Beispiele genannt und Vorschläge dazu unterbreitet, was sie sich vorstellen könnten, zu ändern. Ein gutes Signal war es auch, dass wir im letzten Jahr Vorschläge von BUND und NABU dazu erhalten haben, was sich beim Umwelt-, Natur- und Artenschutz nach ihren Vorstellungen notwendigerweise verändern muss.

Das waren gute Gespräche, aber letztlich war es immer so, dass wir sozusagen mit den anderen gesprochen haben. Oft war es eben so, Bärbel, dass im Landwirtschaftsministerium die landwirtschaftlichen Verbände und im Umweltministerium die Umweltverbände waren und das Gespräch miteinander eigentlich viel zu kurz gekommen ist.

Deswegen habe ich mich sehr gefreut, als es uns beiden gelungen ist, am 6. Januar abends in einem gemeinsamen Auftakt mit den Partnern aus den Umweltverbänden, mit Axel Ebeler und Susanne Gerstner vom BUND, mit Holger Buschmann vom NABU, mit Gerhard Schwetje von der Landwirtschaftskammer und Albert Schulte to Brinke vom Landvolk zusammenzusitzen und darüber zu sprechen: Sind wir nicht nur der Meinung, dass sich etwas ändern muss, sondern auch, dass wir das zusammen vielleicht erfolgreicher schaffen können?

So ganz optimistisch waren wir nach diesem Abend nicht. Es war ein gutes Gespräch, wenn

auch relativ unverbindlich. In der Überzeugung, dass es uns gelingen kann, haben wir aus meiner Sicht konsequent und stringent in einem beispiellosen Marathon an Sitzungen, Terminen, Gesprächen und Vorbereitungen mit dem heutigen Beschluss ein echtes Aufbruchssignal für den Umwelt-, Natur- und Artenschutz in Niedersachsen erreicht.

Am 25. Mai haben wir gemeinsam den Vertrag unterzeichnet. Ich weiß, dass damals viele gesagt haben: Na ja, da haben die jetzt ein Stück gefertigt. - Das war aber nicht nur ein Stück Papier, das war die Verlässlichkeit, dass das, was da noch kommen wird, von uns gemeinsam erarbeitet werden soll. Es gab drei Arbeitsgruppen, die an der Erarbeitung der Gesetzentwürfe intensiv mitgewirkt haben. Vertreter aus anderen Umweltverbänden und aus landwirtschaftlichen Verbänden haben ihren Teil dazu beigetragen, dass wir am Ende einen Vorschlag machen konnten. Dann folgte die Einbringung der Gesetzentwürfe im SeptemberPlenum.

Das ist ein großer Schritt. Über die Details und Einzelheiten brauche ich, wie ich glaube, nichts zu sagen; sie sind hier deutlich genannt worden. Das Entscheidende, was diesen „Niedersächsischen Weg“ ausmacht - darauf möchte ich hinweisen -, sind seine zwei Säulen. In einer ersten Säule geht es um ein Mehr an Umwelt-, Natur- und Artenschutz. In einer zweiten Säule geht es darum, im Miteinander auf Augenhöhe gemeinsam an Lösungen zu arbeiten und dafür zu sorgen, dass wir etwas verändern können. Diese beiden tragenden Säulen machen den „Niedersächsischen Weg“ so erfolgreich, wie er aus meiner Sicht ist.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Dass Landwirtschaft und Naturschutz große Schritte aufeinander zugegangen sind, kann man sich vorstellen, auch wenn es nicht immer nach Lösungen ausgesehen haben mag. Es ist aber gemeinsam gelungen, diese Schritte zu gehen und auch Kompromisse zu schließen. Dabei ist es gelungen, den Kompromiss vielleicht nicht als etwas Negatives zu sehen, sondern als das, was er eigentlich ist: eine Lösung, die von allen Seiten mitgetragen werden kann. Damit hat man aus meiner Sicht einen riesigen Baustein für einen echten Gesellschaftsvertrag geschaffen. Dieser Gesellschaftsvertrag wird klar regeln, was Verantwortung in unserer Gesellschaft bedeutet und was wir alle dazu beitragen können, dass sich Umwelt-, Natur- und Artenschutz und Landwirtschaft positiv entwi

ckeln können, und wie Landwirtschaft und Naturschutz dabei die richtigen Signale setzen können.

Aber eines will ich auch an der Stelle sagen: Es ist falsch, den Finger zu erheben und nur auf die Landwirtschaft zu zeigen. Wir alle können etwas tun. Wir sind jetzt auch gefragt. Den Punkt 15 dieses Niedersächsischen Weges müssen wir noch bearbeiten. Er zeigt nämlich, dass wir viel mehr mit ins Boot nehmen müssen, nämlich diejenigen, die auch Kunden sind. Wir müssen den Handel mitnehmen. Wir müssen auch die Verarbeiter und die Vermarkter mit ins Boot nehmen. Wir alle können bei unserem wöchentlichen Lebensmitteleinkauf dafür sorgen und einen Beitrag dazu leisten, indem wir saisonale Produkte kaufen, indem wir regionale Produkte kaufen, indem wir darauf achten, dass das Produkt, das wir kaufen und einen unglaublich hohen Wert hat, weil es von unseren Landwirten in unserem Land hergestellt wird, auch einen anständigen und fairen Preis hat. Lebensmittel dürfen nicht verramscht werden, liebe Kolleginnen und Kollegen!