Protokoll der Sitzung vom 28.02.2018

Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein schwerwiegendes Problem - bundesweit und auch hier in Niedersachsen. Jährlich suchen in den 41 niedersächsischen Frauenhäusern im Durchschnitt

2 200 Frauen mit 2 000 Kindern Schutz, Zuflucht und Unterstützung. Trotz einer seit 2014 leicht rückläufigen Anzahl aufgenommener Frauen lässt sich leider keine grundlegende Tendenz erkennen, dass die Zahl schutzsuchender Frauen und Kinder nennenswert abnimmt.

Meine Damen und Herren, wir haben gerade von der AfD und von den Grünen gehört - mit unterschiedlicher Intonierung -, dass Frauen in den kommunalen Frauenhäusern abgewiesen würden. Ich weise darauf hin: Die Auslastungsquote der Frauenhäuser liegt bei 70 %. Wenn Frauen abgewiesen werden, dann in der Regel deshalb, weil sie die Voraussetzungen nicht erfüllen. Das trifft auf zwei Drittel der abgewiesenen Frauen zu; Frau Kollegin Byl hat die Anzahl der betroffenen Frauen genannt. Die Aufnahmevoraussetzungen sind z. B. nicht erfüllt, wenn männliche Kinder über zwölf Jahre dabei sind oder Drogen- oder Suchtprobleme vorliegen. In der Regel scheitert eine Aufnahme also nicht daran, dass keine Zimmer frei sind.

Es kommt vor, dass betroffene Frauen die Unterbringung im Frauenhaus nicht annehmen. Das kann daran liegen, dass Frauen nach Beratung durch Polizei oder Beratungsstellen nicht im Frauenhaus erscheinen oder sich in multiplen Problemlagen befinden, z.B. Sucht oder Obdachlosigkeit.

In anderen Fällen ist die Aufnahme in einem bestimmten Frauenhaus nicht sinnvoll, nämlich dann, wenn Frauen in dem wohnortnahen Frauenhaus nicht sicher sind und stattdessen in einem weiter entfernten Frauenhaus untergebracht werden müssen oder wenn die Frauen selbst lieber in einem Frauenhaus in einer Stadt als auf dem Land untergebracht werden möchten oder umgekehrt. Es kommt auch vor, dass keine freien Plätze vorhanden sind. In diesen Fällen wird aber in einem anderen Haus ein Platz besorgt.

Meine Damen und Herren, seit 2012 haben wir das Haushaltsmittelvolumen zur Förderung der Frauenunterstützungseinrichtungen von rund 4,1 Millionen Euro im Jahre 2011 um mehr als 42 % auf gut 5,8 Millionen Euro im Jahre 2016 erhöht. Unsere Zuschüsse für Frauenhäuser stiegen dabei insgesamt bereits um 845 000 Euro, also ca. 38 %. Das ist weitaus mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Deshalb wundere ich mich einigermaßen, dass hier Zahlen aus der Zeit der gemeinsamen Regierungsverantwortung genannt werden, aus denen deutlich wird, was wir erreicht haben. Das sollte hier nicht kleingeredet werden, nur weil plötzlich die Rolle eine andere ist.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Volker Meyer [CDU] - Helge Lim- burg [GRÜNE]: Wir reden das nicht klein!)

Dem veränderten Bedarf in der jüngeren Vergangenheit, u. a. durch die Betreuung von Flüchtlingsfrauen, tragen wir seit 2017 durch eine aktualisierte Zuwendungsrichtlinie Rechnung. Wir haben die Förderung der Frauenhäuser dadurch in 2017 nochmals um rund 41 % auf über 4,26 Millionen Euro erhöht und damit die Anzahl der geförderten Belegplätze von 352 auf nunmehr 370 gesteigert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir planen weitere Maßnahmen, um die Frauenhäuser zukünftig noch besser zu unterstützen:

Wir wollen den barrierefreien Ausbau der Frauenhäuser mitfinanzieren; das haben wir bei der Beratung des Nachtragshaushalts angesprochen. Außerdem prüfen wir in diesem Rahmen die Einrichtung einer barrierefreie Website inklusive eines landesweiten Portals, das tagesaktuell den Belegungsstatus sowie weitere wichtige Informationen zum Angebot der einzelnen Frauenhäuser anzeigt.

Wir wollen zusammen mit dem Bund und den andern Bundesländern das bestehende Hilfesystem bedarfsgerecht gestalten und weiterentwickeln. Mit Ratifizierung des Europaratsübereinkommens zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, der sogenannten Istanbul-Konvention, hat sich Deutschland auf allen seinen staatlichen Ebenen hierzu verpflichtet.

Diesem Anspruch werden wir in der Zukunft verstärkt gerecht werden; denn wir alle haben ein gemeinsames Ziel: die auskömmliche und bedarfsgerechte Ausstattung der Frauenhäuser, um den Schutz von Gewalt betroffener Frauen zu gewährleisten. Und Sie sehen, wir sind auf einem sehr guten Weg, unser flächendeckendes und gut funktionierendes Frauenunterstützungssystem gegen Gewalt in Niedersachsen weiter zu verbessern.

(Glocke der Präsidentin)

Eine abschließende Bemerkung sei mir erlaubt: Ich finde es einigermaßen befremdlich, Frau Kollegin, dass die AfD hier mit ironischen und zynischen Bemerkungen zur #MeToo-Debatte und zur sexuellen Belästigung von Frauen einsteigt, um dann im weiteren Verlauf des Vortrags das zu tun, was immer passiert, nämlich Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen und das Thema für Parolen gegen minderjährige Flüchtlinge zu nut

zen. Meine Damen und Herren, Sie sollten sich schämen!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN und Zustimmung bei der FDP - Zuruf von der AfD: Sie haben nicht zugehört!)

Vielen Dank, Herr Minister Pistorius. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, sodass ich die Besprechung zur Aktuellen Stunde der AfD schließen kann.

Ich eröffne die Besprechung zu

b) Deutsche Fußball Liga - Land Bremen 1 : 1 vor Verlängerung - Wie steht’s in Niedersachsen? - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 18/398

Das Wort hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Schünemann. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Fußball begeistert breite Teile unserer Bevölkerung. Die allermeisten Spiele finden friedlich und mit Empathie statt.

Diese Freude wird durch radikalisierte Fanszenen und brutale Hooligans allerdings erheblich gestört. Es beginnt mit Feuerwerkskörpern und Bengalos. Im Stadion wird 1 000 °C heißes Feuer gezündet. Schauen Sie sich einmal die Verletzungen an, die dadurch verursacht werden können! Ich finde, die Freigabe der Bengalos wäre nicht das richtige Signal. Und es geht weiter mit Straßenschlachten bei der Anfahrt zum Stadion und bei der Abreise.

Hier, meine Damen und Herren, ist die Polizei gefordert. Es müssen Hundertschaften eingesetzt werden. Wenn man nun auf der einen Seite die Milliardenumsätze der Bundesligavereine und auf der anderen Seite die Millionenkosten für die Polizeieinsätze sieht, kann man schon auf den Gedanken kommen, die Bundesliga an diesen Personalkosten zu beteiligen. Der Innensenator des Landes Bremen, Herr Mäurer, ist dieser Versuchung auch erlegen. Aber unabhängig davon, wie der Rechtsstreit ausgeht, ist meine Haltung in dieser Frage völlig klar: Die innere Sicherheit ist Aufgabe des Staates und kann nicht von der Wirtschaftskraft eines Veranstalters abhängig sein.

(Beifall bei der CDU, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Was ist in Niedersachsen nun zu tun? - Wir wissen, dass man auf die radikalisierte Fanszene durchaus zugehen kann, dass man es über Sozialarbeit schaffen kann, sie zu einer friedlichen Fanszene zu entwickeln. Deshalb ist es notwendig, dafür Geld zur Verfügung zu stellen. Bundesweit gibt es 70 Projekte, die finanziert werden. In Niedersachsen sind es fünf.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Und wie viel waren es in Ihrer Regierungs- zeit?)

- Herr Meyer, in meiner Amtszeit ist genau dies mit dem Niedersächsischen Fußballverband initiiert worden. Wir waren die Ersten, die Geld zur Verfügung gestellt haben. Sie haben nicht richtig zugehört, als wir hier regiert haben.

(Beifall bei der CDU)

50 % dieser Projekte werden von der DFL finanziert, 25 % von den Kommunen und 25 % vom Land. Meine Damen und Herren, so klar meine Haltung ist, was die Personalkosten der Polizei angeht, so eindeutig ist sie auch bei diesen sozialen Projekten: Auch diese sozialen Projekte dürfen nicht von der Finanzkraft einer Kommune abhängig sein. Deshalb fordere ich die Liga auf, dass sie diese Kosten der Kommunen übernimmt. Das wäre das richtige Signal zur jetzigen Zeit und in der jetzigen Debatte.

(Beifall bei der CDU)

Wie gesagt, in Niedersachsen gibt es fünf solcher Projekte. Das geht hinunter bis zur dritten Liga. Aber wir haben diese Probleme durchaus auch hinunter bis zur Kreisliga. Deshalb müssen wir darüber reden, wie wir solche Fanprojekte auch in den unteren Ligen mitinitiieren. Der Innenminister hat vor der Wahl zu Recht gesagt, dass wir in Niedersachsen dort mehr leisten müssen. Wir als CDU-Fraktion werden Sie darin unterstützen, dieses Versprechen einzuhalten - weil es notwendig ist: Wir wollen diese Fußballfans auch in der Zukunft noch Fußballfans nennen können.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ein weiteres Problem ist die brutale Hooliganszene. Die hat nun wirklich nichts, aber auch gar nichts mit Fußball zu tun. Die Hooligans müssen erstens aus den Stadien herausgehalten und zweitens über Meldeauflagen von den Fußballstadien ferngehalten werden. Das ist

die Botschaft, die wir an diesem heutigen Tage senden müssen.

(Beifall bei der CDU)

Diese Straftäter müssen aber auch identifiziert und dingfest gemacht werden, und da können wir in Niedersachsen tatsächlich noch etwas tun. Wir haben hier mittlerweile die intelligente Videoüberwachung, die teilweise auch schon erprobt ist. Mithilfe dieser intelligenten Videoüberwachung könnten wir diese Straftäter identifizieren; denn wenn wir sie identifiziert haben, haben wir auch die Möglichkeit, sie zu verbannen. Deshalb müssen wir diese Technik in den Stadien einsetzen. Das wäre dann Sache der Liga, aber wir als Land müssen die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen. Herr Ministerpräsident, wenn Herr Kretschmann in Baden-Württemberg diese Grundlage bereits im Polizeigesetz geschaffen hat, dann werden wir das hier in Niedersachsen in der Großen Koalition auch hinbekommen. Da bin ich ganz sicher, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir diese Straftäter ausfindig gemacht und identifiziert haben, dann brauchen wir im Fußball auch keine Kollektivstrafen mehr, sondern dann müssen diese Straftäter zur Rechenschaft gezogen werden. Dann, meine Damen und Herren, müssten sie sich über Bußgelder und Ordnungsgelder sozusagen an den Polizeikosten beteiligen. Dafür hätte ich große Sympathie.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Schünemann. - Für die AfD-Fraktion Herr Kollege Ahrends, bitte!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sicherheit ist Ländersache. Aber ist das auch bei Hochrisikospielen so? Hochrisikospiele - das Wort verschleiert ein wenig, worüber wir hier eigentlich sprechen. Denn von den Spielen geht kein Risiko aus. Das Risiko geht von denjenigen aus, die den Fußball als Plattform für ihre Gewaltaggression missbrauchen. Was diese „Fans“ auf die Straße und teilweise auch in die Stadien tragen, hat mit Fußball- oder auch mit Fanleidenschaft wirklich überhaupt nichts zu tun. Ihr Antrieb ist pure Lust an der Gewalt, und sie benutzen die Fußballsportvereine als Deckmantel und als Plattform.

Bei dem als Beispiel angeführten Bundesligaspiel Bremen : Hamburg beliefen sich die Kosten für die Sicherheit auf 425 818 Euro. Ganze 950 Polizisten wurden eingesetzt, um der Gefahrenlage Herr zu werden. Aber ist das ein Einzelfall? - Keinesfalls. Solche Ausnahmespiele finden im ganzen Bundesgebiet regelmäßig statt. Das ist eine enorme Belastung für die eingesetzten Polizisten, die aus benachbarten Bundesländern zu Hilfe geholt werden und so die Überstunden nach oben treiben, und das ist auch eine Riesenbelastung für die Fußballfans und ebenso für die Steuerzahler.

Man muss sich die entsprechenden Kosten beim Bremer Spiel noch einmal vor Augen halten: 425 818 Euro. Meine Damen und Herren, so etwas ist dem Steuerzahler nicht vermittelbar. Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer von der SPD äußerte, dass 80 % der Bevölkerung dafür sind, den Profifußball an solchen Kosten zu beteiligen. Die AfD-Fraktion sieht das ähnlich. Während kleine Sportarten um jeden Euro kämpfen und gegen den allgegenwärtigen Fußballsport keinen leichten Stand haben, erfordert eben jener Fußballsport den millionenschweren Einsatz von Steuergeldern.

Ja, die sogenannten Fans missbrauchen den Fußballsport, da hat der DFB-Präsident recht. Und nein, niemand unterstellt den Vereinen, sie würden ein solches Fanverhalten gutheißen. Aber diese Gewalterscheinungen sind nun mal ein Nebenprodukt der Fußballveranstaltungen, und die Vereine, die von den Zuschauerzahlen und der enormen Aufmerksamkeit finanziell sehr stark profitieren, sollten auch den unschönen Begleiterscheinungen verantwortungsvoll gegenüberstehen.

Daher können wir nicht akzeptieren, dass diejenigen, die am meisten von diesen Fußballspielen profitieren, sich vor den finanziellen Folgen der Spiele drücken wollen. Wer millionenschwere Ablösesummen zahlen kann, der muss auch bereit sein, die Kosten für die Spiele zu übernehmen, die diese Millionen erst möglich machen. Entsprechend begrüßen wir das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, demzufolge die Fußballspiele letztendlich erst aufgrund der Sicherheitsleistungen der Polizei wirtschaftlich erfolgreich sind. Eine richtige und auch für Niedersachsen wegweisende Entscheidung!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die SPDFraktion hat nun Frau Kollegin Kreiser. Frau Kollegin Kreiser hält ihre erste Rede in diesem Hohen Hause. Viel Glück!

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Oberverwaltungsgericht in Bremen hat entschieden, dass die Gebührenforderungen des Landes Bremen gegenüber der DFL rechtens sind. In Niedersachsen hingegen wird unabhängig von dem Urteil an der Position im Koalitionsvertrag festgehalten, und die Kosten der Risikospiele werden nicht auf Vereine übertragen. Die Sicherheit im öffentlichen Raum ist und bleibt in Niedersachsen Sache des Staates.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)