Es gibt in Deutschland Gesetze, die regeln, wie bei notwendigen Kündigungen verfahren wird, gerade wenn eine größere Zahl von Arbeitsplätzen abgebaut werden muss. Da gibt es das Instrument des Sozialplans, und da gibt es gesetzliche und auch von Gerichten festgelegte Regelungen, wie in solchen Fällen verfahren werden muss. Es ist richtig
und völlig legitim, gemeinsam mit dem Betriebsrat Punktelisten und Verfahrensschritte festzulegen, wer wann wie ausgenommen wird bzw. wie in Vergleichsgruppen gerechnet wird. Da geht es auch um die Frage der Sozialauswahl: Schwerbehinderungen, Handicaps, familiäre Situation etc. - All das sind gängige und praxistaugliche Verfahren, die auch juristisch ausgefochten sind.
Es ist auch okay, wenn ein Betriebsrat gemeinsam mit der Geschäftsführung auf diese Geschichte schaut und gemeinsam mit ihr entscheidet. Das macht das Ganze auch gerichtsfester. Das ist ganz klar.
Für mich ist aber ein Novum, dass Sie ein Gremium einrichten, das Entscheidungen zum Personalabbau fällt und das nicht nur aus dem Betriebsrat und der Geschäftsführung besteht, sondern auch noch aus der IG Metall. Da schwingt für mich die Frage mit: Was macht die IG Metall da? Bedeutet das etwa, dass IG-Metall-Mitglieder beim Personalabbau gegenüber Mitarbeitern, die nicht in der IG Metall sind, bevorrechtigt werden sollen? Das ist der erste Gedanke, der einem dazu kommt.
Frau Modder, Sie schütteln den Kopf. Es ist ja schön, dass Sie in die Verhandlungen und ihre Ergebnisse eingebunden waren und das alles wissen.
Wir haben es heute zum ersten Mal gehört. Da muss man doch einmal diese Frage stellen und auch eine Antwort erwarten können. Wenn die Landesregierung das alles richtig gemacht und es diese Geschichten nicht gibt, ist ja alles in Ordnung.
(Zuruf von Johanne Modder [SPD] - Gegenruf von Christian Grascha [FDP]: Darf man das nicht einmal mehr fragen, oder was? - Glocke der Präsidentin)
Ich will lhnen nur sagen: Die heutige Unterrichtung ist sehr begrüßenswert, auch weil sie zuerst den Landtag erreicht hat, der viel Geld zur Verfügung stellen soll, um die Zukunft der Messe zu gestalten. Aber es gibt noch Fragen, die wir erörtern und klären müssen, auch im Sinne der gestrigen Ankündigung des Kollegen Toepffer.
Nun noch zum Kollegen Toepffer, weil er heute wieder das Messegelände aufgeteilt und teilweise zur Wohnbebauung freigegeben hat:
Die CeBIT ist nicht mehr da. Es ist schade, dass das Geschäftsmodell der CeBIT nicht mehr funktioniert hat. Aber das weltgrößte Messegelände brauchte man auch in der Vergangenheit nicht für die CeBIT, sondern für die Hannover Messe und für die Agritechnica. Da war tatsächlich nicht ein Quadratmeter frei.
Dieses große Gelände ist Fluch und Segen zugleich, weil es nur in einem Teil des Jahres komplett ausgelastet ist, aber die Unterhaltungskosten das ganze Jahr über anfallen. Sie können ja nicht für ein halbes Jahr Wohngebäude errichten und dann für die nächste Messe wieder ein Freigelände haben. Das funktioniert nicht.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir dieses große Messegelände haben und diese großen Messen durchführen können. Denn das ist das Alleinstellungsmerkmal von Hannover. Die großen Weltleitmessen spornen übrigens auch das wirtschaftliche Umfeld an.
Deshalb warne ich davor, gedanklich schon Hallen abzureißen und Wohngebäude zu errichten, wenn es doch gelingen könnte, Agritechnica und Hannover Messe zu alter Stärke zurückzuführen. Das wäre jedenfalls unser Wunsch.
Von der Landesregierung liegen nun zwei Wortmeldungen vor. - Nur noch eine; Herr Hilbers verzichtet.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einer Zeit, in der wir über umfangreichen Corona-, transformations- und strukturwandelbedingten Personalabbau in ganz Niedersachsen und ganz Deutschland sprechen, in der wir davon sprechen, dass bei der TUI 4 000 bis 5 000 Arbeitsplätze bedroht sind und möglicherweise abgebaut werden müssen, in der wir von einem Abbau von bis zu 6 000 Stellen in Deutschland bei Premium Aerotec - auch in Niedersachsen - und Airbus sprechen und in der wir ange
sichts der Transformation der deutschen Automobilindustrie von einem Personalabbau dort sprechen, und zwar mit Blick auf den weltgrößten Automobilhersteller VW bis 2030 in einer Größenordnung von über 25 000 Stellen - nur strukturwandelbedingt, allerdings sozialverträglich und nicht betriebsbedingt -, ist auch mit Blick auf ein Juwel der niedersächsischen Wirtschaft, nämlich die Deutsche Messe AG, letztendlich zu konstatieren, dass diese nicht von Corona-Auswirkungen verschont bleiben kann.
Ich will aber deutlich sagen, dass diese Veränderungen innerhalb des Konzerns der Messe AG tatsächlich notwendig sind. Keineswegs wurde Corona als Instrument genutzt, um hier einen Personalabbau voranzubringen. Vielmehr stellen wir jetzt die Messe AG zukunftsfähig auf. Das ist das vernünftige Ziel der Verhandlungen in den zurückliegenden zwei, drei Wochen.
Heute Nacht um 4.03 Uhr habe ich eine SMS von der IG Metall erhalten: Wir sind durch, und wir bedanken uns bei allen Beteiligten herzlich dafür, dass wir vernünftig miteinander umgegangen sind. - Das ist ein gutes Zeichen für die Sozialpartnerschaft in Deutschland, sowohl zwischen dem Vorstand und den Arbeitsnehmervertretern bei der Deutschen Messe AG als auch mit den Anteilseignern, nämlich dem Land und der Stadt Hannover, die ebenfalls aufs Engste in diese Verhandlungen eingebunden waren.
Hier sind alle vier Unterschriften des Vorstandes und der Arbeitnehmerseite. Wir als Anteilseigner haben heute im Laufe des Vormittags ebenfalls diese achtseitige Vereinbarung unterschrieben. Selbstverständlich werden Sie über diese Maßnahmen unterrichtet.
Der Erfolg für den Messestandort Hannover, für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen und für den Wirtschaftsstandort Hannover ist, dass hier eine Vereinbarung getroffen wurde, die bis zum 31. Dezember 2030 gilt und die Deutsche Messe AG für die nächsten zehn Jahre leistungsfähig aufstellt.
Es stand am Ende auf Messers Schneide. Das ist zuzugeben. Es ging am Ende immer um die Frage: Können betriebsbedingte Kündigungen tatsächlich
ausgeschlossen werden oder nicht? - Das war eine Hürde, die natürlich insbesondere die IG-MetallVertreter bewusst nach vorn gestellt haben. Sie haben gesagt: Das können wir so nicht mitmachen.
können, aber es gibt ein Instrument - und darauf hat der Kollege Bode gerade aufmerksam gemacht -, um diese als Ultima Ratio ans Ende einer Kette von Entscheidungen zu stellen. Dazu wurde ein Lenkungsausschuss vereinbart - wie wir ihn auch aus anderen Industrieunternehmen kennen -, in dem die Arbeitsnehmerseite, die Arbeitgeberseite und ebenfalls die Anteilseignerseite vertreten sein werden, um dafür zu sorgen, dass mit den Menschen bei der Messe AG, deren Arbeitsplätze in den nächsten Jahren möglicherweise nicht mehr vonnöten sind, vernünftig umgegangen wird.
Vergessen wir nicht: Die Deutsche Messe AG hatte vor dem Jahr 2020, dem Katastrophenjahr der Corona-Pandemie, einen Umsatz von 346 Millionen Euro. Und für die Wirtschaftskraft für die Region Hannover, auf die die Kollegin Heiligenstadt hingewiesen hat, ist nicht irgendetwas. Das ist eine Umwegrendite für Niedersachsen und insbesondere für die Region Hannover. Das sind direkte Investitionen in einer Größenordnung von etwa 2 Milliarden Euro, und durch die Messeakteure kommen weitere 2,75 Milliarden Euro hinzu. Das ist also Wirtschaftskraft, die durch die Messe AG in den letzten Jahren realisiert wurde. Und an der Messe hängen - neben den 738 Arbeitsplätzen direkt Beschäftigter - rund 15 000 Arbeitsplätze indirekt Beschäftigter in der gesamten Region der Landeshauptstadt Hannover und weit darüber hinaus.
Insofern war es aller Anstrengungen und Mühe wert, um am Ende hier zu einer vernünftigen Lösung zu kommen. Ich gebe zu, dass die Zielzahl von 525 am Ende ohne Zweifel eine symbolische Zahl war - man wollte über den 500 bleiben -, aber sie war auch eine Kompromisszahl. Wir haben uns intensiv von Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten beraten lassen. Beide Seiten haben sich beraten lassen und haben alles abgewogen: Was ist vertretbar mit Blick auf die kommenden sieben Jahre? - Da sind Fragen zu Kurzarbeit gestellt worden. Da sind auch Zusagen zu Streichungen von übertariflichen Leistungen wie Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld usw. von der Arbeitnehmerseite gegeben worden. Insofern ist das für beide Seiten am Ende auch ein schwieriger Weg gewesen, aber dennoch ein notwendiger.
Wir haben von Anfang an signalisiert: Beide Seiten müssen sich aufeinander zubewegen. Die Situation wie in den vorvergangenen Jahren nach dem Motto „Das Land gibt eine Kapitalspritze, und weiter geht’s!“ lässt sich nicht einfach unmittelbar wiederholen. Wir haben verhandelt, weil das eben nicht einfach so weitergeht, sondern damit wir die Messe AG mit leistungsfähigen Strukturen fit für die Zukunft machen können. Ein Fitnessprogramm für die Deutsche Messe AG haben wir schon vor Corona innerhalb der Deutschen Messe AG intensiv besprochen. Insofern war es ein gutes Signal, dass wir ein Freiwilligenprogramm und Altersteilzeitverträge auf den Weg gebracht haben, dass wir tatsächlich Kündigungen als Ultima Ratio am Ende miteinander vereinbart haben - wohlgemerkt auf längere Sicht -, dass wir mit Bruttoabfindungen gearbeitet haben, eine Arbeitszeitabsenkung mit Blick auf die kommenden Jahre vereinbaren und die Frage einer Eigenkapitalausstattung klären konnten.
Hier geht es nicht um eine unnötige Finanzspritze. Der Finanzminister weiß das. Wir beide haben das mehrfach miteinander besprochen. Es geht nicht darum, zu sagen: Ihr bekommt jetzt Geld, und damit ist das erledigt. - Nein, es geht darum, mit Blick auf die Banken, die der Deutschen Messe AG einen Kredit geben, deutlich zu machen, dass sie auch bankable ist - das ist ein Wort, das in den letzten Verhandlungen mit der Deutschen Messe AG und innerhalb der Verhandlungsgruppe eine besondere Rolle gespielt hat -, sodass sie auch finanziell vernünftig aufgestellt ist. Dazu bedarf es einer notwendigen finanziellen Ausstattung, auf die wir - Stadt und Land - uns in geringem Umfang verständigt haben.
Und hier muss ich einmal sagen - das will ich zum Schluss gern tun -: Was sich bei allen wirtschaftspolitischen Differenzen - die entsprechende Unterrichtung im Ausschuss wird ja noch stattfinden, Herr Wenzel - hier in diesem Fall gezeigt hat, war - das muss ich lobend hervorheben, das darf ich auch einfach mal - eine wirklich sehr gute Zusammenarbeit mit der Stadt Hannover, mit dem neuen Oberbürgermeister und dessen zuständigem Dezernenten, Herrn von der Ohe. Man kann an der Stadt Hannover ja kritisieren, was man will, aber ich darf feststellen, dass wir in den letzten Wochen Seite an Seite aufs Engste gut abgestimmt in dieser Frage ausdrücklich exzellent, vertrauensvoll und kooperativ zusammengearbeitet haben. Ich fand es ein starkes Signal, dass man die von uns erhobene Forderung, dass alles, was wir verhan
deln, unter uns bleibt, bis es veröffentlichungsreif ist - dies war von Anfang an unsere Maßgabe -, erfüllt wurde. Es hat funktioniert.
Insofern ist das heutige Verhandlungsergebnis gut für den Standort Hannover, aber auch gut für Niedersachsen und damit auch für das Messegeschäft in der Welt.
Nach § 78 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung ist die Besprechung erneut zu eröffnen, wenn dies von zehn Mitgliedern des Hohen Hauses gewünscht wird. Ich schaue in den Saal. - Dies ist nicht gewünscht. Dann darf ich im Namen des Hohen Hauses nochmals für die Unterrichtung danken und beende die Besprechung.
Tagesordnungspunkt 25: Fragestunde: EEG 2021: Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 18/7827
Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als bekannt voraus. Ich weise wie üblich besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind, und erinnere daran, dass es sich bei dem Recht, Zusatzfragen zu stellen, um ein Fraktionsrecht handelt.
Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.