Protokoll der Sitzung vom 10.12.2020

An dieser Stelle sei noch einmal deutlich gesagt: Auch Wechselunterricht ist eine Möglichkeit, Schulen offen zu halten. Er kann auch eine Chance sein, wenngleich man diese nicht leichtfertig nutzen muss.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ich gebe Ihnen auch vollkommen recht: Es ist richtig, die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester zu nutzen. Wir wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert - wie Sie so schon sagen -, wenn wir nicht mit aller Macht versuchen würden, die Infektionszahlen drastisch zu senken, wenn das öffentliche Leben herunterfährt.

Aber ich frage Sie ernsthaft: Wussten Sie nicht auch schon vor 14 Tagen, dass genau das die ruhige Zeit ist, die diese Chancen birgt? Hätte man nicht schon vor 14 Tagen sagen müssen, dass man genau das in den Blick nimmt?

(Zurufe von der SPD - Gegenruf von Christian Meyer [GRÜNE]: Sie haben Lockerungen für die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester angekün- digt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Vorsorge erwarten wir künftig von Ihnen, und die erwarten auch die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir dürfen an dieser Stelle nicht vergessen: Die Pflegekräfte, liebe Kolleginnen und Kollegen, bestrafen Sie an dieser Stelle doppelt. Denn die sind es doch, die an Weihnachten arbeiten müssen und eben nicht ihre Familien besuchen können. Die fallen jetzt wieder durchs Raster, und die können am Ende ihre Familien nicht besuchen. - Auch das gehört zur Wahrheit, wenn wir über diese Maßnahmen sprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Sebastian Zinke [SPD])

- Herr Zinke, ich will Ihnen das gar nicht absprechen. Ich sage ja: Es ist richtig, die Zahlen zu sen

ken, um die Pflegekräfte zu entlasten, um die Menschen in Niedersachsen zu schützen. Da trennt uns nichts, wirklich gar nichts. Ich rede nur über die Frage, wie wir - in die Zukunft gerichtet - weitermachen.

Da möchte ich Ihnen deutlich sagen, dass Appelle zum Arbeitnehmerschutz hier bei Weitem nicht ausreichen. Wir wissen von 75 % der Infektionen nicht, woher sie kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da dürfen wir die Menschen nicht alleinlassen. Es sind doch gerade die prekär beschäftigten Menschen - die Menschen, die keine guten Arbeitsbedingungen haben -, die jetzt unter dem mangelnden Infektionsschutz in den Betrieben leiden. Darauf müssen wir doch ein Auge haben, kontrollieren und klare Vorgaben machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist vollkommen richtig - da möchte ich Ihnen für die bundesweiten Verhandlungen absolut den Rücken stärken -, dass wir das Weihnachtsgeschäft jetzt nicht einschränken.

(Zurufe von der CDU: Aha!)

Denn das würde tatsächlich zu einem unverantwortlichen Run auf die Geschäfte führen. Das hätte man vor zwei Wochen, vor vier Wochen entscheiden können. Jetzt wäre es schier unverantwortlich. Deswegen ist es richtig, den Handel erst später zu schließen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einmal an Sie appellieren, dass Sie alle von diesen Maßnahmen Betroffenen stärker in den Blick nehmen. Die Maßnahmen treffen wieder die gleichen Bereiche: die Soloselbstständigen, die Kreativwirtschaft, die Hotellerie, den Handel. Da müssen wir doch jetzt schauen: Wie schaffen wir es, dass diese nicht länger durch das Raster fallen? Im Januar kommen erschreckende Zahlen von Insolvenzanmeldungen auf uns zu. Was ist da unsere Strategie? Auch genau über so etwas sollten Sie am Sonntag reden. Denn es ist wichtig, dass wir die Leute im Blick haben, die von den Maßnahmen massiv betroffen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Dr. Stefan Birkner [FDP])

Ich möchte abschließend noch einmal deutlich sagen: Herr Ministerpräsident, wir kommen nicht

umhin, einen Winterplan für den Umgang mit dem Coronavirus zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir kommen nicht umhin, eine langfristige Strategie zu machen, die uns zumindest die Möglichkeit gibt, uns an Parameter zu klammern und zu erahnen, was passiert, wenn die Zahlen steigen, und was passiert, wenn die Zahlen sinken. Genau diese Perspektive brauchen wir, wenn wir wollen, dass sich die Menschen in Niedersachsen an die Corona-Regeln halten und mit uns gemeinsam solidarisch durch diese dunkle Jahreszeit gehen.

Denn Sie haben vollkommen recht: Am Ende des Tunnels ist Licht. Es ist zu erwarten, dass im Frühjahr die Zahlen sinken. Es ist zu erwarten, dass wir Impfstoffe haben, die die Coronavirus-Not deutlich lindern.

Sie, Herr Ministerpräsident, haben einmal gesagt: Vorsorge dankt Ihnen niemand; denn am Ende wird sie nicht gesehen.

(Zuruf von Johanne Modder [SPD])

Da haben Sie vollkommen recht. Aber ich sage Ihnen: Durch die Situation zu stolpern und alle 14 Tage neu zu diskutieren, das dankt Ihnen am Ende auch niemand. Deswegen müssen wir diesen Zustand überwinden und bundeseinheitliche Parameter festlegen.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und Zustimmung bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hamburg. - Es folgt nun für die SPD-Fraktion Frau Fraktionsvorsitzende Modder. Bitte, Frau Modder!

(Unruhe)

- Ich darf auch jetzt wieder alle um ihre Aufmerksamkeit bitten. - Danke.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich hätte gerne die Wortmeldung von Herrn Dr. Birkner abgewartet. Dann hätte ich besser reagieren können.

(Jörg Bode [FDP]: Sie können ein zweites Mal reingehen!)

Aber das wird dann der Kollege Dirk Toepffer übernehmen.

Zunächst einmal, Herr Ministerpräsident, vielen Dank für diese zeitnahe Unterrichtung.

Aber wenn wir ganz ehrlich sind: Das hat sich abgezeichnet,

(Zurufe von den GRÜNEN)

wenn man auf die aktuelle Situation der Infektionszahlen schaut, auf den Bericht der Leopoldina, aber vor allen Dingen auf die bundesweite Debatte, die durch Bayern und Sachsen ausgelöst wurde, die im Kern ja andere Inzidenzzahlen hatten als wir.

Bei uns sind die Zahlen zwar niedriger, aber zur bitteren Wahrheit gehört eben auch, dass sie gleichwohl auf einem zu hohen Niveau stabil sind und nicht wirklich absinken.

Deshalb stellt sich die Frage, welche Verantwortung wir hier haben. Und da muss ich die Worte des Ministerpräsidenten ausdrücklich wiederholen: Im Kern reden wir über den Schutz von Menschenleben!

Ich will Ihnen die Zahlen noch einmal nennen: Bundesweit haben wir heute mit 23 679 den höchsten Stand an Neuinfektionen an einem Tag. Gestern hatten wir mit 590 die höchste Zahl an Toten an einem Tag. Und dann glaubt man, man kann einfach so weitermachen?

Herr Dr. Birkner, Sie fordern immer Verlässlichkeit ein. Ich meine, beim letzten Mal haben Sie sogar gesagt, wir müssten jetzt auch einmal bei dem bleiben, was wir beschlossen haben. Aber das können wir nicht, Herr Dr. Birkner, wenn wir dieses Virus wirklich ernst nehmen und am Ende des Tages Menschenleben schützen wollen. Wir müssen jetzt handeln!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Der Bericht der Leopoldina hat ja sozusagen schon die Vorgaben gemacht.

Gestern in der Beratung der Einzelpläne ist immer wieder deutlich geworden, dass wir auf die Wissenschaft hören müssen. Und es ist die geballte Wissenschaft, die uns empfiehlt, vom 24. Dezember bis zum 10. Januar einen bundesweiten Lockdown zu machen!

(Zuruf von Eva Viehoff [GRÜNE])

- Frau Viehoff, Sie können sich gleich melden, wenn Sie möchten.

Jetzt will ich etwas zu den Ausführungen der von mir sehr geschätzten Kollegin Frau Hamburg sa

gen. Frau Hamburg, wissen Sie, was unser Problem ist? - Dass uns das Virus nicht vorher sagt, was es macht! Das Virus ist nicht verlässlich, aber Sie tun hier so, als wenn man alles im Vorfeld planen könnte.