gen. Frau Hamburg, wissen Sie, was unser Problem ist? - Dass uns das Virus nicht vorher sagt, was es macht! Das Virus ist nicht verlässlich, aber Sie tun hier so, als wenn man alles im Vorfeld planen könnte.
Gucken Sie sich doch einmal die Infektionszahlen an! Bundes- und niedersachsenweit steigen sie. Aber wenn Sie meinen Landkreis nehmen: Dort sinken sie. Wir sind bei einem Inzidenzwert von unter 30. Aber das heißt doch nicht, dass wir für diesen Landkreis nun alles freigeben sollten! Nein, wir haben eine Gesamtverantwortung, und ich appelliere wirklich an alle, diese ernst zu nehmen.
Ein Weiteres. Sie haben eben den Schutz der Pflegekräfte angemahnt. Aber wissen Sie, was wir mit diesen Maßnahmen machen? - Damit schützen wir die Pflegekräfte davor, noch stärker zusammenzubrechen!
Wir versuchen, die Krankenhausplätze, die Intensivplätze, die Beatmungsplätze freizuhalten und die Pflegekräfte nicht damit zu belasten. Gucken Sie sich doch einmal die Meldungen der Ärzte, der Oberärzte, der Chefärzte aus den Krankenhäusern an! Die sagen uns: Leute, ihr müsst jetzt handeln, sonst brechen wir hier zusammen! - Das ist der absolute Schutz der Pflegekräfte! Tun Sie nicht so, als wenn wir das hier nicht im Blick hätten!
Wir werden im Laufe des Tages ja noch über ein paar Anträge der Opposition abzustimmen haben - über die Öffnungen von Tiergärten, von Zoos usw. Die werden wir ablehnen, und das sogar mit sehr gutem Gewissen. Natürlich ist es in der Opposition immer schwierig. Aber jetzt, wo wir die wirklich schwerste Krise unseres Landes haben, hier so einen Schlingerkurs hinzulegen, finde ich wirklich abenteuerlich.
- Herr Grascha, da können Sie mit dem Kopf schütteln, aber da bin ich auch persönlich angefasst. Hier geht es nämlich nicht um irgendetwas, sondern es geht um Menschenleben. Ich bin in Krankenhäusern gewesen und habe mir schildern lassen, was auf den Intensivstationen los ist und was die Menschen dort durchmachen. Hören Sie
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zuruf von Christian Grascha [FDP] Ich bin außerordentlich dankbar - das zu den Haushaltsberatungen -, dass wir Vorsorgemittel im Sondervermögen haben - die Sie übrigens wieder rausbuchen wollen. (Widerspruch bei der FDP - Glocke der Präsidentin)
Diese Mittel werden wir bei den Maßnahmen, die wir jetzt beschließen, dringend brauchen, um denen zu helfen, die jetzt sozusagen einen Nachteil davon haben. Diese Mittel brauchen wir jetzt dringender denn je.
Zu den persönlichen Kontakten. Ich finde es richtig, dass wir für die Tage des Weihnachtsfests eine Ausnahme machen. Dafür bin ich auch äußerst dankbar, weil ich auch ein ausgesprochener Familienmensch bin. Ich glaube, wenn wir den Menschen das auch noch verbieten würden, würde die Akzeptanz in der Bevölkerung sinken. Es gibt ganz viele Familien, die sich an alle Vorgaben gehalten haben, die ihre Verwandten, ihre engsten Angehörigen, ihre Kinder und Enkelkinder in dieser ganzen Zeit nicht gesehen haben. Deswegen finde ich es richtig, das Weihnachtsfest im engsten Familienkreis feiern zu können - wissend, dass wir damit auch ein Risiko eingehen. Da ist es genau richtig, dass der Ministerpräsident an die Vernunft appelliert und sagt: Bitte beschränkt das auf ein absolutes Minimum!
Vielleicht war auch das Signal, Silvester könne dann mit zehn Personen gefeiert werden, das falsche Signal. Das sage ich hier sehr selbstkritisch. Vielleicht hätten wir von Anfang an sagen müssen: Nur Weihnachten - aber Silvester nicht!
nicht inbegriffen sind. Aber ich möchte hier auch an die Eigenverantwortung der Menschen appellieren. Ich habe mir nicht vorstellen können, welche Kreativität in einer Situation wie dieser mancherorts zu beobachten bzw. von ihr zu lesen war. Ich spreche da mal die Glühweinstände mit 150 bis 200 Leuten an. Das habe ich mir nicht vorstellen können. Deswegen appelliere ich nicht nur allgemein an die Bevölkerung, sondern in erster Linie an die Menschen, die glauben, dass das alles harmlos ist und dass das, was wir machen, völlig überzogen ist. Sie sind es, die sich jetzt einmal selbst fragen müssen, welche Verantwortung sie nicht nur gegenüber sich selbst, sondern vor allen Dingen ihren Mitbürgern gegenüber aufzubringen haben.
Meine Damen und Herren, zum Bereich Schule. Frau Hamburg, der Stufenplan liegt in den Schulen doch schon längst vor! Die Schulen wissen, ab welcher Inzidenzzahl sie welches Szenario zu fahren haben.
Ich finde es ausdrücklich richtig, zu ermöglichen, ab dem 14. Dezember den Präsenzunterricht freiwillig herunterzufahren. Damit geben wir den Familien die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob sie das mit der Betreuung auch hinbekommen. Denn wir haben ja auch Familien, in denen beide Partner berufstätig sind. Sie können das selbst in Eigenverantwortung entscheiden. Ich finde es ausdrücklich richtig, Herr Kultusminister, hier diese Freiheiten zu geben.
Zum Einzelhandel will ich sagen: Es ist richtig, zu versuchen, das bundesweit einheitlich zu verabreden; denn es darf wirklich nicht passieren, dass zwar wir uns an bestimmte Beschränkungen halten, aber unsere Nachbarländer nicht - ich nenne nur einmal Nordrhein-Westfalen und Hessen und mit Blick auf die Grenzregion meines Landkreises auch die Niederlande - und wir sozusagen Touris
Ich sage aber auch - das ist meine persönliche Meinung -: Wenn wir zum Einzelhandel kommen, dann sollten wir bitte auch bis zum 10. Januar schließen und nicht vorher wieder öffnen. Bei nur einer Woche würde ich infrage stellen, dass das dann wirklich den Effekt hat, den wir brauchen. Natürlich wird die Grundversorgung gesichert bleiben. Bevor wieder alle losrennen und die üblichen Artikel kaufen, kann man schon mal sagen: Nein, das muss man nicht.
Ich will noch etwas zum parlamentarischen Verfahren sagen. Ich glaube, dass es beim letzten Mal schon gut funktioniert hat, liebe Kolleginnen und Kollegen. Im Sozialausschuss konnten wir die Verordnung sehr frühzeitig im Entwurf durchsprechen, und zwar Artikel für Artikel. Dort bestand die Möglichkeit, die Bedenken, die Einwürfe sozusagen, loszuwerden. Herr Birkner hat selbst eingeräumt, dass natürlich bestimmte Dinge auch mit aufgenommen worden sind.
Ich glaube, das parlamentarische Beteiligungsverfahren ist gut. Das sollten wir auch so beibehalten. Sobald der Entwurf vorliegt, sollte der Sozialausschuss unterrichtet werden, und dort sollte man ihn dann durchgehen.
Ich glaube, nicht nur uns, Kolleginnen und Kollegen, machen all diese Debatten, all diese Sondersitzungen, all diese Entscheidungen, die wir mittragen müssen, ein bisschen mürbe, sondern das geht der Bevölkerung in diesem Land genauso. Ich habe mir noch niemals so sehr gewünscht, dass ein Jahr zu Ende geht. Dieses Jahr 2020 werde ich in meinem Leben wohl nicht wieder vergessen. Aber es besteht die Hoffnung, dass wir das Virus durch Impfung - dadurch, dass wir die Zahlen jetzt nach unten drücken können - wirklich in den Griff bekommen und im Jahr 2021 wieder ein einigermaßen vernünftiges Leben ermöglichen können.
Aber dafür ist es erforderlich, dass alle mitmachen, nicht nur jene, die sich sowieso daran halten, sondern auch jene, die es bislang nicht einsehen wollten oder sich aus Protest gewehrt haben. Es geht hier wirklich tagtäglich um Schicksale. Ich habe das beim letzten Mal schon gesagt. Auch jetzt, zu dieser Stunde, kämpfen Menschen um ihr Leben, und das gesamte Ärzteteam ringsum ist besorgt
um jedes einzelne Schicksal. Diese Menschen sterben sehr einsam. Auch das will ich einmal in aller Deutlichkeit sagen.
Deswegen geht mein Appell an die Menschen bundesweit: Helfen wir alle mit, jeder an seinem Platz und in seiner Eigenverantwortung, dass wir dieses Virus wirklich bekämpfen können und dass das Jahr 2021 besser wird!
Vielen Dank, Frau Kollegin Modder. - Jetzt hat für die FDP-Fraktion der Fraktionsvorsitzende, Herr Dr. Birkner, das Wort. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank, Herr Ministerpräsident, dass Sie den Bitten, insbesondere unseren und auch den Bitten der Fraktion der Grünen, gefolgt sind, diese Plenarsitzung nun doch noch zu nutzen, um den Landtag darüber zu unterrichten, wie die weitere Entwicklung insbesondere auch in Niedersachsen, in Bezug auf das, was die Landesregierung zu tun beabsichtigt, sein wird.
Das war spätestens, nachdem die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein dies getan haben, unabdingbar, und das bietet auch die Gelegenheit, dass wir, wenn ich es richtig sehe, erstmals vor einer Ministerpräsidentenkonferenz gemeinsam über eine Linie sprechen können, und bietet dann die Möglichkeit, so wie die Kollegin Modder es dargestellt hat, sich in der nächsten Woche im Sozialausschuss mit den konkreten Details der Verordnung zu befassen. Wir halten das für ein Vorgehen, das auch den parlamentarischen Ansprüchen besser genügt, als das bisher der Fall war, auch wenn wir uns eine noch weitergehende Entscheidung wünschen würden. Dafür also vielen Dank.
Frau Modder, ich bitte Sie, so wie wir es Ihnen auch nicht absprechen, uns nicht abzusprechen - das klingt bei Ihnen immer durch, wenn Sie etwas Besonderes tun -, dass klar sein muss, dass es um Menschenleben geht, dass uns das bewusst ist und dass wir uns über die Dramatik und die Tragik, die dahintersteht, im Klaren sind und uns auch der Verantwortung bewusst sind. Ich bitte, das einfach auch immer vorauszusetzen und nicht den Eindruck zu erwecken, dass es uns nicht darum geht, Menschen zu schützen, dass es uns nicht darum ginge, die Pflegekräfte, das medizinische Personal zu entlasten. Das ist unser aller Bestreben. Darüber sollten wir, so denke ich, auch immer einen Konsens haben und das nicht infrage stellen.
Aber es muss möglich sein - dabei werden wir auch nicht müde -, das, was Sie als Landesregierung und als Regierungsfraktionen zu verantworten haben, zu kritisieren. Denn die Entwicklung, die wir jetzt sehen, ist für uns Ausdruck davon, dass die Strategie, die bisher hier gefahren wird, gescheitert ist.
Wir hangeln uns von einem Lockdown zum nächsten, und wir wissen nicht, wie es im Januar weitergeht. Wir hoffen, dass die Zahlen sinken, wir hoffen, dass es zur Entlastung kommt. Nur, wie geht es denn dann weiter? Dann haben wir vielleicht eine bessere Jahreszeit, aber wir hatten auch in diesem Jahr im Frühjahr ansteigende Zahlen zu verzeichnen und sind in einen Lockdown gegangen. Was ist denn die Strategie der Landesregierung, um das im Januar zu verhindern?