Wir hangeln uns von einem Lockdown zum nächsten, und wir wissen nicht, wie es im Januar weitergeht. Wir hoffen, dass die Zahlen sinken, wir hoffen, dass es zur Entlastung kommt. Nur, wie geht es denn dann weiter? Dann haben wir vielleicht eine bessere Jahreszeit, aber wir hatten auch in diesem Jahr im Frühjahr ansteigende Zahlen zu verzeichnen und sind in einen Lockdown gegangen. Was ist denn die Strategie der Landesregierung, um das im Januar zu verhindern?
Da sind wir wieder an dem Punkt - diese Einschätzung teilen wir -, dass wir eine nachhaltige Strategie brauchen. Wir müssen uns endlich - so lautet auch unser dringender Appell an Sie - mit diesen drängenden Punkten, die auf der Agenda stehen, tatsächlich befassen.
Ich komme immer wieder darauf zurück: Wir haben Vorschläge für eine nachhaltige Corona-Strategie gemacht. Das kann man sicherlich noch besser machen. Aber lassen Sie uns darüber eine intensive und ernsthafte Diskussion führen. Denn wir müssen doch - das können Sie doch auch nicht negieren - jetzt feststellen, dass sich das, was man eben nicht gemacht hat, jetzt rächt.
Der Sommer wurde eben nicht genutzt, um sich optimal auf eine erwartbare zweite Welle vorzubereiten. Der Öffentliche Gesundheitsdienst wurde nicht hinreichend gestärkt. Die Digitalisierung in den Gesundheitsämtern ist immer noch nicht so weit, wie man es eigentlich im 21. Jahrhundert erwarten müsste.
Die besonders verletzlichen Gruppen, gerade ältere Menschen, werden nicht besonders geschützt. Dabei geht es nicht um Isolation, es geht um so banale Dinge wie FFP2-Masken, die jetzt irgendwann im Dezember kommen.
Warum ist man in Niedersachsen nicht den Einwürfen und Vorschlägen - auch von uns - gefolgt und geht einfach einmal voran und macht und wartet nicht immer darauf, dass andere tätig werden? Das hat man nicht gemacht.
Insofern sind sehr viele Dinge unterblieben. Natürlich verbinden wir das auch mit einem politischen Vorwurf, aber im Vordergrund steht doch jetzt, die Lehren daraus zu ziehen. Es darf einem nicht noch einmal passieren, eine solche Zeit nicht zu nutzen. Jetzt muss man sich doch, wenn der Impfstoff nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit ausgerollt und verimpft werden kann, auf die nächste Welle vorbereiten. Es ist doch so, dass die Sterbefälle insbesondere in Alten- und Pflegeheimen auftreten. Also muss man sich doch auch darauf konzentrieren, wie man dort schützt. Das passiert aber nicht in ausreichendem Maß.
Im Gegenteil verfällt man wieder in eine Strategie, die im Moment möglicherweise sogar unabwendbar ist - das will ich gar nicht absprechen -, weil man die Zeit vorher nicht genutzt hat, wieder flächenmäßig vorzugehen, weil es eben außer Kontrolle geraten ist.
Meine Damen und Herren, deshalb unsere dringende Bitte: Öffnen Sie sich für eine ernsthafte Diskussion über eine solche nachhaltige Strategie! Versuchen Sie, sich einmal selbst Gedanken zu machen und eigene Dinge zu entwickeln! Holen Sie sich den Rat, den es in Niedersachsen gibt! Öffnen Sie sich für ein differenziertes Vorgehen!
Frau Modder Sie haben das eben kritisiert und gesagt, in Ihrem Landkreis seien die Zahlen niedrig, aber man müsse sozusagen wegen der gesamtstaatlichen Verantwortung so handeln. Nach
unserer Auffassung geht es sehr wohl um differenzierte Strategien, weil man eben unterschiedlich vorgehen kann. Aber darauf muss man vorbereitet sein.
(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Würden Sie die jetzt machen, Herr Dr. Birkner?)
Sie sind jetzt in der Situation, dass es nicht mehr tragfähig ist, weil Sie eben nicht darauf vorbereitet sind.
Erstens: die vorgestellten Regelungen für die Schulen. Herr Ministerpräsident, noch vor ein, zwei Wochen haben wir hier angesprochen, dass Herr Klingebiel, der Oberbürgermeister der Stadt Salzgitter, von Ihrer Regierung heftig dafür kritisiert wurde, dass er flächendeckend in das Szenario B gewechselt ist. Es hieß, das sei unnötig, die Schulen seien pandemiefest.
Vorgestern haben wir wieder über das Thema gesprochen, und Sie haben, wie ich fand, sehr nachvollziehbar gesagt: Wir sehen die Entwicklung in anderen Ländern, aber in Niedersachsen sind die Zahlen so, dass es keine Veranlassung zu aktionistischem Handeln gibt.
Heute, zwei Tage später, verkünden Sie, obwohl sich die Situation in Niedersachsen qualitativ eigentlich nicht verändert hat, dass sich die Eltern überlegen können, ob die Kinder ab Montag in die Schule gehen. Wir wissen, was das bedeutet: Ab Montag findet eigentlich kein Unterricht mehr in den Schulen statt.
Da wird es nur noch um die Betreuung gehen. Für das Distanzlernen ist Niedersachsen immer noch nicht vorbereitet.
Jeder der Einblick in die Realität niedersächsischer Schulen hat, weiß, dass diese Ankündigung im Prinzip die vorgezogenen Ferien bedeutet. Ab dem 14. Dezember wir in Niedersachsen ernsthaft kein Unterricht mehr stattfinden können, weil die Klassen leer sind. Die Lehrer sind nicht auf Distanzler
Gleichzeitig praktizieren Sie diese Widersprüchlichkeiten. Auf der einen Seite stellen Sie sich hier hin und kritisieren den Oberbürgermeister heftig. Auf der anderen Seite sagen Sie dann wenige Tage oder Wochen später ganz selbstverständlich: Das ist alles kein Problem; wir machen das jetzt.
Das merken die Menschen vor Ort, und das schmälert das Vertrauen. Da verlieren Sie das Vertrauen der Menschen, weil man sagt: Das ist nicht mehr nachvollziehbar. Es hat mit der Lebenswirklichkeit nichts mehr zu tun, was dort in Hannover gedacht und entschieden wird.
Auch da bitte ich Sie dringend: Kommen Sie zu einer konsistenten Politik! Öffnen Sie sich auch dafür, dass die Dinge vielleicht nicht immer gut laufen und dass Sie auch Fehler machen! Ich glaube, dass viele Menschen bereit sind, das in einer schwierigen Situation zu akzeptieren. Sie sollten sich aber nicht immer mit Inbrunst hierhin stellen und sagen: Das ist alles richtig; wir haben das alles fest im Griff.
Das glaubt längst keiner mehr. Sie haben es nicht im Griff. Die Lage ist außer Kontrolle, und Sie versuchen nur noch, das Schlimmste zu verhindern.
Deshalb ist unsere Bitte für die Schulen: Entscheiden Sie das heute klar und deutlich! Entscheiden Sie heute klar und deutlich, wie das nächste Woche laufen soll! Warten Sie nicht den Sonntag und die MPK ab, sagen Sie es schon heute!
- Ja, warten Sie nicht ab, Herr Minister, dass die Verordnung in Kraft tritt! Natürlich muss eine Verordnung in Kraft treten. Warten Sie aber nicht die allgemeine Corona-Verordnung ab, sondern entscheiden Sie heute, wie die Regelung für die Schulen am Montag sein soll - klar und deutlich!
Übertragen Sie die Verantwortung bitte auch nicht, wie Sie das in den letzten Wochen und Monaten getan haben, wieder den Schulleiterinnen und Schulleitern, sondern geben Sie ihnen eine klare Ansage,
dass diese Landesregierung ab Montag den Unterricht für die Eltern freistellt, damit die Schulen sich auch darauf einstellen können und nicht erst darauf warten müssen, dass die Kultusverwaltung bis Montag Erlasse herumgeschickt hat. Wir haben allzu oft erlebt, dass das dann eben nicht funktioniert.
Einen Moment, bitte, Herr Dr. Birkner! - Ich darf Ihnen mitteilen, dass alle noch ausreichend Redezeit haben, um auf Herrn Dr. Birkner hier vorne reagieren zu können. Aber jetzt lassen wir unsere Aufmerksamkeit bitte dem Redner zukommen.
Herr Ministerpräsident, was aus unserer Sicht auch besser werden muss, ist die Nachvollziehbarkeit und Berechenbarkeit Ihrer Politik. Wie ich gerade schon erwähnt habe, haben Sie sich vor zwei Tagen noch dahin gehend geäußert, dass es keine Veranlassung zu aktionistischem Handeln gibt. Jetzt sehen Sie sich zum Handeln genötigt. Aufgrund Ihrer Einschätzung - wie ich meine, hat sich die Lage eben nicht qualitativ verändert; Sie haben da eine andere Einschätzung - sagen Sie: Jetzt müssen wir ganz dringend sofort handeln.