Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

Natürlich gehört auch dazu, dass die Repräsentanten eines Staates

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ah!)

das sind wir nun einmal, weil wir als Minister diesen Staat repräsentieren; wir sind es nicht persönlich – solche Schulen aus bestimmten Beleihungsgründen besuchen und als Staat Danke sagen für das, was dort entwickelt worden ist.

(Beifall von der CDU – Sören Link [SPD]: Aber nur widerwillig und zurückhaltend!)

Das ist eine ganz normale Geschichte, die zu unserer Gesellschaft dazugehört.

Sie ärgert doch nur, dass Sie während Ihrer Regierungszeit nicht das Geld für Schulen durchsetzen konnten, um überhaupt die Rahmenbedingungen für solche guten Beispiele zu schaffen.

Noch viel mehr ärgert Sie, dass Sie den Staat nicht mehr repräsentieren. Aber gewöhnen Sie sich daran: In Nordrhein-Westfalen wechseln die Regierungen nur selten. Deswegen sind wir noch lange da. – Schönen Dank.

(Heiterkeit und Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Als nächste Rednerin ist für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Schäfer gemeldet.

Gerade haben wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne, die bildungspolitische Sicht des Herrn Minister Laumann gehört. Jetzt kommen wir zurück zu dem, was das Gütesiegel für die Schulen Nordrhein-Westfalens bedeutet.

(Beifall von der SPD)

Ich möchte in meinem Beitrag einen Aspekt beleuchten, der hier noch keine Rolle gespielt hat, nämlich: Was passiert eigentlich mit diesem Gütesiegel, und was steckt hinter diesem Gütesiegel?

Ich habe erfahren, dass es einen Verein „Gütegemeinschaft individuelle Förderung e. V.“ gibt, der im Ministerium beheimatet ist, von dem man noch nicht weiß, wer der Vorsitzende ist und wer die Mitglieder sind, von dem man aber schon weiß, dass das Gütesiegel demnächst noch eine andere Bezeichnung bekommen wird, nämlich RAL.

Die spannende Frage ist: Warum wird das Gütesiegel in Nordrhein-Westfalen um die Bezeichnung RAL ergänzt? Dazu muss man wissen, wann RALGütezeichen vergeben werden. Ich zitiere Wikipedia:

RAL-Gütezeichen finden vor allem dort Interesse und Anwendung, wo keine Normen oder Richtlinien bestehen, jedoch Interesse an einer qualitativen Aussage gegeben ist.

Das ist also die Definition von RAL.

Wenn man nachschaut, wer im Dienstleistungsbereich bisher alles ein RAL-Gütezeichen erhalten hat, findet man: Aupair, Nachhilfeschulen, Brandschutz im Ausbau, Buskomfort, Dachbeschichtungen und demnächst auch unsere Schulen mit der individuellen Förderung in diesem Kontext.

(Beifall von der SPD – Sören Link [SPD]: Hei- ter, heiter!)

Ich frage, was das soll und was das mit der Bildungspolitik der Landesregierung zu tun hat. Ich kann mir das nicht erklären.

Wenn man solche individuellen Gütesiegel für Schulen demnächst mit dem RAL-Kennzeichen versieht, geht damit nach meinem Dafürhalten die Entstaatlichung des Gütesiegels einher. Denn wenn man ein RAL-Gütesiegel vergibt, bedeutet das für die Zukunft, dass Änderungen – auch redaktioneller Art – der Güte- und Prüfbestimmungen, die wir gerade gehört haben und auf den Internetseiten des Ministeriums nachlesen können, zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen schriftlichen Zustimmung von RAL bedürfen. Wer entscheidet also demnächst über die wirklichen Kriterien individueller Förderung? Macht das weiterhin die Landesregierung? Oder ist das ein Institut, das in Deutschland allgemein Gütezeichen vergibt?

Ich hätte gerne von der Landesregierung eine Auskunft darüber, was es mit dieser Entwicklung des Gütesiegels „Individuelle Förderung“ auf sich hat. Vielleicht weiß auch die CDU-Fraktion das und kann das gleich in ihrem zweiten Beitrag beleuchten. Ich frage mich auch, ob es für die Landesregierung mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, wenn man solch ein offizielles Gütezeichen vergibt. Und ich frage mich natürlich, ob das den Schulen, die das eventuell unter anderen Vorzeichen schon bekommen haben, sofort wieder aberkannt werden muss.

Ich kann mir das in diesem Kontext nicht erklären. Für mich ist es keine stringente Weiterentwicklung Ihres Konzepts, wenn Sie auf einmal einen

Schwenk machen und dem Gütesiegel „Individuelle Förderung“ ein Gütezeichen „RAL“ hinzusetzen.

Ich hätte gerne einmal gewusst, was das für die betroffenen Schulen bedeutet. Man weiß, dass Schulen das RAL-Gütezeichen – nicht Gütesiegel – für drei Jahre erhalten. Alle drei Jahre müssen sie sich dann zertifizieren lassen. Kommt Ihnen der Ausdruck „zertifizieren“ bekannt vor? Das hat etwas mit freier Wirtschaft, mit Audit, mit all den Dingen zu tun, die sich in Betrieben wiederfinden. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit der Arbeit an unseren Schulen und der bildungspolitischen Realität in diesem Lande zu tun.

(Beifall von der SPD)

Ich wüsste also gerne: Wer ist der Vorsitzende dieses Vereins? Wer sind die Mitglieder? Entstehen für die Landesregierung irgendwelche Kosten? Bedeutet es für die jetzt das Gütesiegel tragenden Schulen, dass sie das Gütesiegel nicht mehr tragen dürfen? Wie kommen Sie auf die Zahl 350? – Zu diesen Fragen hätte ich gerne die eine oder andere Auskunft. Ich hoffe bei den folgenden Beiträgen der Koalitionsfraktionen und der Landesregierung auf Erhellung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schäfer. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Kaiser.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bedanke ich mich bei Karl-Josef Laumann, der hier in Vertretung von Frau Ministerin Sommer gesprochen hat. Ich denke, das war für uns alle erfrischend. Herzlichen Glückwunsch zum Namenstag!

(Allgemeiner Beifall)

Das ist für uns Münsterländer und Sauerländer nicht ganz unwichtig. Das war von der Bildungsseite her ein schönes Namenstagsgeschenk.

Meine Damen und Herren von der Opposition, als ich diese Debatte verfolgt habe, habe ich mich gefragt: Was soll das eigentlich, was Sie hier veranstalten?

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Was soll der Antrag?)

Sie haben aus meiner Sicht eine große Chance vertan. Wir, die Koalitionsfraktionen, streiten mit Ihnen in der Schulpolitik über die äußere Schulreform.

Wir sagen eindeutig: Die innere Schulreform hat Vorrang. – Allerdings habe ich Sie bis heute immer so verstanden, dass Sie ebenfalls sagen: Auch eine innere Schulreform muss sein. Deshalb vergeben Sie heute die Chance, in einer Frage die Gemeinsamkeit des ganzen Hauses festzustellen. Sie ver

geben die Chance, den zentralen Begriff, der durch das Schulgesetz 2006 Gesetzesnorm erlangte, in die Breite zu tragen und zu unterstützen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Dann haben Sie Frau Beer nicht zugehört! – Ute Schäfer [SPD]: Und Herrn Link auch nicht! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn Sie sich erinnern: Als wir das Gesetz im Jahr 2006 verabschiedet haben, wurde sehr häufig nach dem Sinn individueller Förderung gefragt. Diese Frage ist von vielen Lehrerkolleginnen und -kollegen gestellt worden. Heute ist es in der bildungspolitischen Diskussion bundesweit unstrittig, dass die individuelle Förderung der zentrale Schlüssel für mehr soziale Gerechtigkeit und für mehr Bildungsgerechtigkeit ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir sollten uns auf diesen kleinen Schritt einigen und sagen: Den gehen wir gemeinsam.

Damit kommen wir zu den Gütesiegeln.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Link?

Natürlich, mit Freude.

Bitte schön, Herr Kollege Link.

Vielen Dank, Herr Kaiser. – Herr Kaiser, wenn ich Ihnen in Wiederholung von Teilen meiner Rede sage, dass ich sowohl die Idee, die hinter dem Gütesiegel steckt, wie auch die Qualitätsanalyse, deren Vorläufer ja von der rot-grünen Vorgängerregierung initiiert worden sind, unterstütze und dass wir uns in dieser Frage einig sind, würden Sie mir dann zugestehen, dass es sowohl bei der Umsetzung der Qualitätsanalyse

(Zuruf von der FDP: Frage!)

das ist eine Frage, hören Sie doch einfach mal zu; ich kann Ihnen einen Comic malen, dann verstehen Sie die vielleicht – wie auch der von Gütesiegeln eklatante Mängel gibt?

Nein, Herr Link, da stimme ich Ihnen ausdrücklich nicht zu. Es gibt bei der Umsetzung eines solch engagierten Reformvorhabens, wie wir es mit dieser Koalition angestoßen haben, sicherlich auch Anfangsschwierigkeiten. Die leugnet niemand. Eines ist aber sicher: Wir geben 1,4 Milliarden € mehr für Bildung aus. Karl-Josef Laumann hat eben darauf hingewiesen.

Nehmen wir das Beispiel Fortbildung, weil auch Frau Beer darauf eingegangen ist. Dass ein System, wenn wir es komplett umstellen, nicht über Nacht zu 100 % funktioniert, ist doch ganz klar. Wenn plötzlich jede Schule ein Budget hat, um Fortbildung einzukaufen, ist das ein kolossaler Systemwechsel.

Nur, Frau Beer, eines habe ich in allen Diskussionen, die man in den Kollegien um Fortbildung führt, noch nie gehört: Schade, dass ihr das Landesinstitut aufgelöst habt. – Vielmehr haben wir dort immer gehört: Bei der Fortbildung haben wir noch diese oder jene Wünsche, insbesondere passgenaue Angebote zur individuellen Förderung. – Die Aufhebung des Landesinstituts in Soest ist in keinem Kollegium genannt worden.

(Beifall von CDU und FDP)