Protokoll der Sitzung vom 06.05.2009

Nach unserer Berichtslage liegen Diagnostiken aus der JVA Hövelhof und aus der JVA Bochum sowie vom konsiliar tätigen Hautarzt in der JVA Bochum vor. Ich frage mich allerdings, was diese Fragen für einen Sinn haben, da der Gefangene doch Privatkleidung gehabt hat.

Weitere Fragen liegen nicht vor. Damit bedanke ich mich bei Frau Ministerin Müller-Piepenkötter für die Beantwortung der Anfrage 293.

Ich rufe auf die

Mündliche Anfrage 295

des Abgeordneten Becker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie lautet:

Politische Einflussnahme auf die am 1. Mai erteilte neue Betriebsgenehmigung des Flughafens Weeze?

Am 1. Mai (!) wurde von der Bezirksregierung Düsseldorf eine ergänzte Betriebsgenehmigung für den Flughafen Weeze vorgelegt. Damit wurde auf eine Drohung des maßgeblichen Flugunternehmens am Airport Weeze, der irischen Fluggesellschaft Ryanair, reagiert und den Wünschen von Ryanair weitgehend entsprochen. Am 22. April hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster dem Eil-Antrag eines Anwohners für eine Nachtflugbeschränkung am Flughafen Weeze stattgegeben. Laut dem Beschluss des Gerichtes muss sich der reguläre Flugbetrieb am Airport auf die Zeit von 6:00 bis 22:00 Uhr beschränken. Die Maschinen der am Flughafen Niederrhein ansässigen Fluglinien (sogenannte Home Base Carrier) dürfen laut OVG nur noch bis 23:00 Uhr landen.

Ryanair drohte nach dem Bekanntwerden des Beschlusses des OVG mit einem Abzug und sprach ein Ultimatum aus. Ryanair teilte mit, dass der Standort ganz geschlossen würde, sollte der Gerichtsentscheid nicht bis zum 29. April revidiert werden. Am 29. April hat Ryanair sein Ultimatum nochmals auf den 1. Mai vertagt. Die Ergänzung der Betriebsgenehmigung für den Airport Weeze vom 1. Mai sieht nun vor, dass BonuslistenFlugzeuge von Home-Carriern zwischen 6:00 Uhr und 23:00 Uhr starten und von 6:00 Uhr bis 23:30 Uhr landen dürfen, jeweils mit 30 Minuten Verspätungstoleranz. Damit billigt die Bezirksregierung dem Flughafen eine halbe Stunde längere Nachtflugzeit bei den Landungen und sogar eine ganze Stunde längere Nachtflugzeit bei den Starts als das Oberverwaltungsgericht zu.

Die Entscheidung der Bezirksregierung lässt somit die Maßgaben des OVG Münster sowie des Bundesverwaltungsgerichtes außer Acht. Damit drängt sich der Eindruck auf, dass die Bezirksregierung eher dem politischen Druck der Landesregierung gefolgt ist, als eine Abwägung nach Recht und Gesetz vorzunehmen. Der Flughafen Weeze liegt im Wahlkreis von Finanzminister Linssen sowie von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Beide haben sich in den Tagen nach

dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes vom 22. April deutlich für eine schnelle Änderung der Betriebsgenehmigung ausgesprochen. Auf RP Online wird Minister Linssen am 29. April mit den folgenden Worten zitiert: „Bei mir hängt viel Herzblut am Weezer Flughafen. Der Standort hat eine riesige Entwicklung hinter sich. Er ist das wichtigste Projekt der Region. Wir müssen alles tun, um Ryanair am Standort zu halten.“ Gegenüber der „Rheinischer Post“ vom 24. April äußerte CDU-Generalsekretär Pofalla: „Es wäre gut, wenn sie [gemeint ist die Bezirksregierung Düsseldorf] die Genehmigung nachbessert und damit das Oberverwaltungsgericht zu einer anderen – flugzeitenfreundlicheren – Entscheidung kommen kann.“

Hat die Landesregierung auf die am 1. Mai erteilte neue Betriebsgenehmigung des Flughafens Weeze politischen Einfluss genommen?

Ich bitte Herrn Minister Lienenkämper um Beantwortung. Bitte sehr.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Becker, ich beantworte die Frage wie folgt:

Die erste Nachfrage kommt vom Herrn Kollegen Becker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön.

In welcher Form hat aus Sicht der Landesregierung die Bezirksregierung bei der Erteilung der neuen Genehmigung die Interessen der Fluggesellschaft mit den Interessen der Anwohner, vor allem vor dem Hintergrund des OVG-Beschlusses, abgewogen? Hat dabei möglicherweise eine Rolle gespielt, dass Ryanair gedroht hat, den Standort zu schließen, sollte der Gerichtsentscheid nicht bis Ende April revidiert werden?

Bitte, Herr Minister.

Kollege Becker, aus meiner Sicht hat die Bezirksregierung in eigener Zuständigkeit im Rahmen der geltenden rechtlichen Bestimmungen alle rechtlich relevanten Aspekte gegen- und untereinander abgewogen und ist sodann zu einer ergänzten Betriebsgenehmigung gekommen. Welche zeitlichen Aspekte und Motivationen dabei eine Rolle gespielt haben, erschließt sich nur durch Spekulation. An der beteilige ich mich hier nicht.

Vielen Dank. – Herr Kollege Priggen von den Grünen.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, welche Beteiligung der Träger öffentlicher Belange hat im Verfahren mit welchen Fristsetzungen stattgefunden? Hat zum Beispiel eine Anhörung des Flughafens Düsseldorf durch die Bezirksregierung stattgefunden?

Bitte, Herr Minister.

Kollege Priggen, es handelt sich bei diesem Genehmigungsverfahren um ein Verfahren, das in der originären Zuständigkeit der Bezirksregierung durchgeführt worden ist. Mir ist aktuell nicht bekannt, welche Träger öffentlicher Belange die Bezirksregierung konkret und in welchen Fristen in dem in eigener Zuständigkeit durchgeführten Verfahren angehört hat.

Vielen Dank. – Frau Kollegin Düker.

Danke. – Als Düsseldorferin habe ich nicht ganz verstanden, warum die Beschränkung für Starts in Düsseldorf bei 22 Uhr liegt, während in Weeze eine Stunde länger gestartet werden darf. Hier geht es um die Interessen der Anwohner. Sie, Herr Minister, sind direkt Betroffener und haben sich in Ihrer Gemeinde auch immer für eine eher restriktive Handhabung und den Schutz der Anwohner ausgesprochen. Vor dem Hintergrund kann ich diese 23 Uhr nicht nachvollziehen. Können Sie uns die erläutern?

Bitte, Herr Minister.

Frau Kollegin Düker, bei einer Betriebsgenehmigung für einen Flughafen geht es um rechtlich festgelegte Interessen verschiedener Parteien. Das Anwohnerinteresse ist eines von vielen Interessen. Die Bezirksregierung hatte und hat alle diese Interessen zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das ist nach meinem Dafürhalten in eigener Zuständigkeit geschehen. Meine persönliche Herkunft spielt dabei keine Rolle.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Kollege Becker von den Grünen.

Herr Minister, anschließend an die Antwort, die Sie eben auf die Frage der Kollegin Düker gegeben haben, und zu Ihrer Ein

schätzung des Abwägungsprozesses möchte ich fragen: Hält die Landesregierung es für sachgerecht, dass die neue Betriebsgenehmigung einen regulären Flugbetrieb für Homecarrier, insbesondere Ryanair, bei Starts bis 23 Uhr und bei Landungen bis 23:30 Uhr vorsieht, während der OVGBeschluss, den ich eben schon einmal zitiert habe, lediglich Starts bis 22 Uhr, also eine Stunde weniger, und Landungen bis 23 Uhr, also eine halbe Stunde weniger, zubilligt?

Bitte, Herr Minister.

Kollege Becker, da ist mehreres auseinanderzuhalten. Der Eilbeschluss des OVG wird tatsächlich durch die Entscheidung der Bezirksregierung Düsseldorf gegenstandslos, sodass es auf den Zusammenhang mit dem Eilbeschluss des OVG rechtlich überhaupt nicht mehr ankommt.

Vielen Dank. – Jetzt Frau Kollegin Beer von den Grünen. Bitte schön.

Danke schön, Herr Präsident. – Herr Minister, ich möchte Sie gerne fragen: Wie beurteilen Sie als Minister, wie beurteilt die Landesregierung insgesamt den Vorwurf des OVG Münster an die Bezirksregierung Düsseldorf, dass die Gewährung von Starts und Landungen von Flugzeugen in den Nachtstunden, die faktisch nur Ryanair zugute kommt, keine solide Strukturförderung, sondern vielmehr eine Wettbewerbsverzerrung zulasten anderer Flughafenstandorte in NRW und damit auch anderer Fluggesellschaften bedeutet?

Bitte, Herr Minister.

Frau Kollegin Beer, die Haltung des OVG Münster in diesem Zusammenhang wird am besten durch die offizielle Äußerung des Sprechers deutlich, der nach der ergänzten Genehmigung der Bezirksregierung Düsseldorf erklärt hat: Das Verfahren um den Airport Weeze ist wieder völlig offen.

Frau Kollegin Löhrmann von den Grünen, bitte schön.

Herr Minister, ich will auf einen anderen Sachverhalt zu sprechen kommen, nämlich das Datum der erteilten neuen Betriebsgenehmigung: Das ist der 1. Mai. Wie erklären Sie sich diesen doch etwas ungewöhnlichen Termin für eine neue Betriebsgenehmigung? Halten Sie das für üblich?

Bitte, Herr Minister.

Frau Kollegin Löhrmann, die Behörden in Nordrhein-Westfalen arbeiten fleißig und effizient.

Herr Kollege Priggen von den Grünen. Das ist, glaube ich, Ihre zweite Frage.

Ja. Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, warum ist die Betriebsgenehmigung bislang noch nicht bekannt gemacht und auch den Betroffenen, insbesondere den Klägern, noch nicht zugestellt worden?

Bitte, Herr Minister.

Kollege Priggen, die Betriebsgenehmigung ist eine ergänzte Betriebsgenehmigung. Ich habe schon gesagt: Die hat mit dem Verfahren, in dem der Eilbeschluss ergangen ist, rechtlich nichts zu tun und ist deswegen denjenigen förmlich zugestellt worden, denen der Beschluss nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes und anderen einschlägigen Rechtsvorschriften zugestellt werden musste.

Vielen Dank. – Frau Kollegin Asch von den Grünen, bitte schön.

Herr Minister Lienenkämper, Sie haben hier eben eine sehr interessante Rechtsauffassung zum Besten gegeben. Sie haben nämlich auf die Frage vom Kollegen Becker geantwortet, dass die Entscheidung der Bezirksregierung die Entscheidung des OVG hinfällig werden lässt. Könnten Sie uns begründen, wie Sie zu einer solchen Rechtsauffassung kommen, dass sich eine Bezirksregierung sozusagen über die Rechtsprechung eines Oberverwaltungsgerichts stellt?

Herr Minister.

Das kann ich Ihnen gerne im Zusammenhang erläutern, das dauert dann aber etwas länger.

Der Sachverhalt ist wie folgt zusammenzufassen: Mit Bescheid vom 20. Juni 2001 hat die Bezirksregierung Düsseldorf die Konversion des Militärflugplatzes Weeze zum zivilen Verkehrsflughafen Niederrhein genehmigt. Die Betriebszeiten wurden für den hier interessierenden Instrumentenflugbetrieb für Strahlflugzeuge festgesetzt. In besonders definierten Ausnahmefällen durfte der Flughafen auch

außerhalb dieser Betriebszeiten genutzt werden. Die sofortige Vollziehung dieser Genehmigung ist angeordnet worden.

Dann gab es im Jahre 2001 einen Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Niederlanden, da für Starts und Landungen in Abhängigkeit von der Windrichtung auch der niederländische Luftraum genutzt werden muss. Dieser Vertrag erlaubt die Nutzung des niederländischen Luftraums in der Zeit von 6 bis 23 Uhr, nur in Ausnahmefällen auch außerhalb dieser Zeit.

Dann ist gegen die ursprüngliche Genehmigung durch Gemeinden und Flughafenanlieger Widerspruch erhoben worden. Die Widersprüche hat die Bezirksregierung in den Jahren 2003/2004 zurückgewiesen.