Protokoll der Sitzung vom 26.06.2009

Dafür brauchen wir ein bisschen mehr Zeit. Ich will Ihnen – Herr Becker, vielleicht hören Sie auch mal zu –,

(Horst Becker [GRÜNE]: Ich höre zu!)

weil Sie ja der große Apologet der angeblich miesen Haltung des Landes gegenüber den Kommunen sind, einmal vortragen, wie sich die Verhältnisse seit Ihrer Regierungszeit hier im Lande verbessert haben.

Ich nehme zunächst den Finanzierungssaldo. Wie weit die Ausgaben die eigenen Einnahmen ohne Kreditaufnahmen über- oder unterschreiten, das ist gemeinhin als Finanzierungssaldo bekannt. Da haben die Kommunen zu Ihrer Zeit ständig einen negativen Saldo gehabt. Erst 2007 und 2008 haben sie einen positiven Finanzierungssaldo. Das ist zum ersten Mal seit ewigen Zeiten unter dieser schwarzgelben Regierung passiert.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich darf Ihnen etwas zur Nettokreditaufnahme der Kommunen sagen. Es sind alles Werte im Durchschnitt, auch im Vergleich zum Land. Sie beklagen zu Recht bestimmte Entwicklungen, die wir in Gelsenkirchen, Oberhausen oder sonst wo haben, in Mönchengladbach sicherlich auch. Da wird man sich sehr genau ansehen können, wodurch diese Kommunen in Schwierigkeiten gekommen sind.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Über 40 Jahre CDU-Mehrheit!)

Da werden wir ähnlich vorgehen müssen, wie wir das auch im Bund getan haben, als wir uns die Länder genau angesehen haben: Wodurch ist die Lage aufgetreten, eigenes Verschulden oder anderes?

(Markus Töns [SPD]: Oder das Verschulden des Landes!)

Herr Becker, wenn Sie mir zuhören würden!

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Ja, es ist Ihnen unangenehm. Sie verbreiten hier immer diese Tiraden, die falsch sind.

Die Nettokreditaufnahme des Landes verglichen mit den Kommunen: Seit 2006 und anhaltend bis zum Jahr 2008 übersteigen die Tilgungsleistungen bei den Kommunen sogar die Nettokreditaufnahme.

Nehmen Sie die Kreditfinanzierungsquote: Bei den Kommunen fällt die Quote aufgrund der reduzierten fundierten Schulden seit 2006 sogar negativ aus.

(Ralf Jäger [SPD]: Dass die pleite sind, bilden sie sich nur ein!)

Da, wo Sie regieren, ist es besonders schwierig. Das wissen Sie, Herr Jäger.

(Britta Altenkamp [SPD]: In Essen zum Bei- spiel! Da lache ich mich doch tot!)

Sie argumentieren immer mit den Kassenkrediten, die gestiegen sind. Ja, das ist richtig. Sie lagen 2005, zu Ihrer Zeit, bei 10,7 Milliarden €, sie liegen jetzt bei 14,6 Milliarden €. Sie werden natürlich zum Teil auch aufgrund der Zinssituation gewählt. Das wissen Sie ebenfalls. – Ich trage Ihnen die Gesamtverschuldung der Kommunen vor, und da wissen Sie, dass es besser geworden ist.

(Zurufe von Ewald Groth und Horst Becker [GRÜNE])

Schuldenstand Vergleich Land und Kommunen: In Ihrer glorreichen Regierungszeit, Rot und Rot-Grün – ich nehme die Jahre von 1980 bis 2008 –, ist der Schuldenstand des Landes von 15,4 Milliarden €, damals gleicher Ausgangspunkt wie bei den Kommunen,

(Britta Altenkamp [SPD]: Das ist aber jetzt das definitive Ende der Feierstunde!)

auf 119 Milliarden € gestiegen.

(Bodo Wißen [SPD]: Es werden immer mehr! – Britta Altenkamp [SPD]: Das war aber an- ders geplant, Herr Linssen!)

Offiziell 116,5 Milliarden €, aber ich nehme die richtige Zahl. Denn darin sind natürlich auch Auslaufkredite enthalten. Deshalb nehmen wir die Gesamtzahl inklusive der Kassenkredite.

(Zuruf von Bodo Wißen [SPD])

Bei den Kommunen, meine Damen und Herren, ist der Schuldenstand in der gleichen Zeit von 15,6 auf 38,2 Milliarden € gestiegen. Ein Riesenunterschied! Sie haben das Land kaputt gewirtschaftet. Deshalb gibt es diese traurige Entwicklung, sehr unterschiedlich gegenüber den Kommunen.

(Beifall von der CDU)

Die Zinsausgaben des Landes haben inzwischen das Dreifache der Zinsbelastungen der Gesamtheit der Kommunen erreicht.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Bei der Zinslastquote – das ist der Anteil der Zinsen an den Ausgaben – lagen Ende 2008 die Zinsausgaben beim Land 5,6 Prozentpunkte über dem Vergleichswert für die Kommunen.

(Ralf Jäger [SPD]: Sie müssen noch etwas überweisen!)

Hören Sie sich zum Schluss nur die Zahlungen des Landes an die Kommunen an: Der Anteil der gesamten Zahlungen an Kommunen an den bereinigten Gesamtausgaben des Landes hat sich von 2002 von 23,9 % auf inzwischen 27,1 % der Gesamtausgaben des Landes erhöht.

So viel zu Ihrer Verarmungspolitik, die angeblich das Land gegenüber den Kommunen betreibt!

(Zuruf von Ralf Jäger [SPD])

Die Wahrheit sieht anders aus. Sie wissen es. Sie sollten es jetzt von mir nur noch einmal gehört haben. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Finanzminister. – Für die CDU spricht nun Herr Kollege Klein.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Nicht einschlafen, Herr Kollege! – Ewald Groth [GRÜNE]: Wer- fen Sie sich mal vor den Minister für Schön- färberei und Verharmlosung! – Markus Töns [SPD]: Schuldenminister!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe ja Verständnis dafür, dass – wie es eben deutlich geworden ist – die Kollegen Jäger, Körfges und Becker ein richtiges Unwohlsein ausstrahlen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie kennen die nicht!)

Denn Sie müssen ja das Konjunkturpaket

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das sagt die rich- tige Spaßbremse!)

des Landes Nordrhein-Westfalen loben. Man will ja nicht gegen die Kommunen sein und muss deshalb positive Worte finden.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Ansonsten wird sehr intensiv versucht, alle möglichen kleinen Haare in der Suppe doch zu finden,

(Zuruf von Frank Sichau [SPD] – Hans-Willi Körfges [SPD]: Das ist ein Toupet! – Horst Becker [GRÜNE]: Woher haben Sie die Kla- motten?)

denn jenseits dieses erzwungenermaßen zu erbringenden Lobes will man auch noch Opposition sein.

Ich verstehe, dass Sie sich unwohl fühlen. Aber wir sollten den Blick auf das große Ganze nicht verlieren. Ich finde, wir müssen bei all den Bauchschmerzen, die wir sicherlich alle haben, bei den gesamten Entscheidungen, die im Bund und in den Ländern getroffen worden sind, die Zielrichtung und auch den bisher eingetretenen Erfolg sehen.

Das Gesamtpaket, das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, die sektorspezifische Maßnahmen wie energetische Sanierungsprojekte oder die Abwrackprämie, aber auch die Konjunkturprogramme

(Horst Becker [GRÜNE]: Was hat denn die Landesregierung getan?)

und die Kurzarbeitsverlängerung – alles ist in der Summe inzwischen erkennbar ein Stück auch zu einem messbaren Erfolg geworden. Lesen Sie sich doch einmal den monatlichen ZEW-Erwartungsindex durch!