Dafür brauchen wir ein bisschen mehr Zeit. Ich will Ihnen – Herr Becker, vielleicht hören Sie auch mal zu –,
weil Sie ja der große Apologet der angeblich miesen Haltung des Landes gegenüber den Kommunen sind, einmal vortragen, wie sich die Verhältnisse seit Ihrer Regierungszeit hier im Lande verbessert haben.
Ich nehme zunächst den Finanzierungssaldo. Wie weit die Ausgaben die eigenen Einnahmen ohne Kreditaufnahmen über- oder unterschreiten, das ist gemeinhin als Finanzierungssaldo bekannt. Da haben die Kommunen zu Ihrer Zeit ständig einen negativen Saldo gehabt. Erst 2007 und 2008 haben sie einen positiven Finanzierungssaldo. Das ist zum ersten Mal seit ewigen Zeiten unter dieser schwarzgelben Regierung passiert.
Ich darf Ihnen etwas zur Nettokreditaufnahme der Kommunen sagen. Es sind alles Werte im Durchschnitt, auch im Vergleich zum Land. Sie beklagen zu Recht bestimmte Entwicklungen, die wir in Gelsenkirchen, Oberhausen oder sonst wo haben, in Mönchengladbach sicherlich auch. Da wird man sich sehr genau ansehen können, wodurch diese Kommunen in Schwierigkeiten gekommen sind.
Da werden wir ähnlich vorgehen müssen, wie wir das auch im Bund getan haben, als wir uns die Länder genau angesehen haben: Wodurch ist die Lage aufgetreten, eigenes Verschulden oder anderes?
Die Nettokreditaufnahme des Landes verglichen mit den Kommunen: Seit 2006 und anhaltend bis zum Jahr 2008 übersteigen die Tilgungsleistungen bei den Kommunen sogar die Nettokreditaufnahme.
Nehmen Sie die Kreditfinanzierungsquote: Bei den Kommunen fällt die Quote aufgrund der reduzierten fundierten Schulden seit 2006 sogar negativ aus.
Sie argumentieren immer mit den Kassenkrediten, die gestiegen sind. Ja, das ist richtig. Sie lagen 2005, zu Ihrer Zeit, bei 10,7 Milliarden €, sie liegen jetzt bei 14,6 Milliarden €. Sie werden natürlich zum Teil auch aufgrund der Zinssituation gewählt. Das wissen Sie ebenfalls. – Ich trage Ihnen die Gesamtverschuldung der Kommunen vor, und da wissen Sie, dass es besser geworden ist.
Schuldenstand Vergleich Land und Kommunen: In Ihrer glorreichen Regierungszeit, Rot und Rot-Grün – ich nehme die Jahre von 1980 bis 2008 –, ist der Schuldenstand des Landes von 15,4 Milliarden €, damals gleicher Ausgangspunkt wie bei den Kommunen,
(Bodo Wißen [SPD]: Es werden immer mehr! – Britta Altenkamp [SPD]: Das war aber an- ders geplant, Herr Linssen!)
Offiziell 116,5 Milliarden €, aber ich nehme die richtige Zahl. Denn darin sind natürlich auch Auslaufkredite enthalten. Deshalb nehmen wir die Gesamtzahl inklusive der Kassenkredite.
Bei den Kommunen, meine Damen und Herren, ist der Schuldenstand in der gleichen Zeit von 15,6 auf 38,2 Milliarden € gestiegen. Ein Riesenunterschied! Sie haben das Land kaputt gewirtschaftet. Deshalb gibt es diese traurige Entwicklung, sehr unterschiedlich gegenüber den Kommunen.
Die Zinsausgaben des Landes haben inzwischen das Dreifache der Zinsbelastungen der Gesamtheit der Kommunen erreicht.
Bei der Zinslastquote – das ist der Anteil der Zinsen an den Ausgaben – lagen Ende 2008 die Zinsausgaben beim Land 5,6 Prozentpunkte über dem Vergleichswert für die Kommunen.
Hören Sie sich zum Schluss nur die Zahlungen des Landes an die Kommunen an: Der Anteil der gesamten Zahlungen an Kommunen an den bereinigten Gesamtausgaben des Landes hat sich von 2002 von 23,9 % auf inzwischen 27,1 % der Gesamtausgaben des Landes erhöht.
Die Wahrheit sieht anders aus. Sie wissen es. Sie sollten es jetzt von mir nur noch einmal gehört haben. – Vielen Dank.
(Hans-Willi Körfges [SPD]: Nicht einschlafen, Herr Kollege! – Ewald Groth [GRÜNE]: Wer- fen Sie sich mal vor den Minister für Schön- färberei und Verharmlosung! – Markus Töns [SPD]: Schuldenminister!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe ja Verständnis dafür, dass – wie es eben deutlich geworden ist – die Kollegen Jäger, Körfges und Becker ein richtiges Unwohlsein ausstrahlen.
des Landes Nordrhein-Westfalen loben. Man will ja nicht gegen die Kommunen sein und muss deshalb positive Worte finden.
(Zuruf von Frank Sichau [SPD] – Hans-Willi Körfges [SPD]: Das ist ein Toupet! – Horst Becker [GRÜNE]: Woher haben Sie die Kla- motten?)
Ich verstehe, dass Sie sich unwohl fühlen. Aber wir sollten den Blick auf das große Ganze nicht verlieren. Ich finde, wir müssen bei all den Bauchschmerzen, die wir sicherlich alle haben, bei den gesamten Entscheidungen, die im Bund und in den Ländern getroffen worden sind, die Zielrichtung und auch den bisher eingetretenen Erfolg sehen.
Das Gesamtpaket, das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, die sektorspezifische Maßnahmen wie energetische Sanierungsprojekte oder die Abwrackprämie, aber auch die Konjunkturprogramme
und die Kurzarbeitsverlängerung – alles ist in der Summe inzwischen erkennbar ein Stück auch zu einem messbaren Erfolg geworden. Lesen Sie sich doch einmal den monatlichen ZEW-Erwartungsindex durch!