Protokoll der Sitzung vom 30.11.2005

Unser Ziel ist es, alles dafür zu tun, dass die Träger vor dem Jahresende eine hinreichende Sicherheit haben, die es nach Möglichkeit verhütet, dass solche Kündigungen ausgesprochen werden müssen. Deswegen ist es natürlich so, dass das eine Datum darin besteht, dass die Landesregie

rung im Kabinett den Haushaltsentwurf beschließen wird.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, ich habe ja nur eine Redezeit von zwei Minuten.

Das wird ja nicht angerechnet.

Ja, ich weiß, aber es unterbricht meinen Gedankengang.

Das Zweite ist, dass anschließend der Bewirtschaftungserlass durch den Finanzminister vorgelegt wird. Die Regeln eines solchen Bewirtschaftungserlasses sind doch nichts Neues, sondern das ist eine Situation, die Sie noch aus Ihrer eigenen Regierungsarbeit selber kennen.

(Beifall von der CDU)

Deswegen halte ich das, was Sie hier machen, für eine Verunsicherung und den Versuch, mit allerkleinster Münze politisches Kapital aus einer Situation zu ziehen, die Sie selber etliche Male erlebt haben. Das ist das, was den Leuten bis zum Hals steht, nämlich die Art und Weise, die Unkultur, in der wir die politische Auseinandersetzung führen, indem die Opposition jedes Handeln einer Regierung attackiert und Haare in der Suppe zu finden versucht.

(Beifall von der CDU)

Herr Abgeordneter, wollen Sie jetzt zwei Zwischenfragen beantworten?

Nein, das möchte ich nicht.

Die Situation, in der wir sind, ist so, dass unsere Generation, die Generation der Baby-Boomer, ihre Nachfolgegeneration, also die Generation ab 1974, um ein Drittel reduziert hat. Die Personenstärke der Generation unserer Kinder ist also um ein Drittel geringer als die der Generation der Baby-Boomer. Trotzdem haben wir uns, was den Konsum des Staates angeht, mehr herausgenommen, und zwar nicht nur mehr, als uns zustand, sondern wir haben darüber hinaus die Mittel der nächsten Generation im Voraus verbraucht.

Das kommt jetzt zu einem Ende. Deshalb wird es so sein, dass die jetzt verantwortliche Generation auch dazu herangezogen werden muss, den Aus

gleich dafür zu schaffen. Dass das eine schwierige Aufgabe ist, ist wahr. Aber was soll es denn zu sagen: „Das wird jedem das Wohlwollen kosten, das wird jedem die freundliche Begrüßung kosten“? Wenn das so wäre, dann wäre ja auch das, was SPD und Unionsparteien in Berlin vereinbart haben, von der gleichen Güte, von der gleichen Qualität. Das wäre ja die Aussage: Die SPDFraktion in diesem Landtag nimmt schon wieder Abschied von der Haushaltskonsolidierung auf der Bundesebene.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist beendet.

Seien Sie vorsichtig, auf was Sie sich da einlassen. Ich bitte Sie herzlich darum, diese Debatte nicht zur plumpen parteipolitischen Kampagnenbildung auszunutzen.

(Beifall von der CDU)

Ich bitte Sie herzlich darum, keine Verunsicherung zu schüren, sondern Informationen darüber zu verbreiten, wie eine vorläufige Haushaltsführung aussieht. - Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Jetzt hat der Abgeordnete Bischoff, SPD-Fraktion, das Wort.

(Unruhe - Manfred Kuhmichel [CDU]: Da kann man gar nichts mehr sagen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Henke, bis zu Ihrem Beitrag habe ich noch überlegt, ob Sie das Problem, die Dimension und die Bedeutung des Problems einfach nicht erkannt haben oder ob Sie es verschleiern und vertuschen wollen. Nach Ihrem Beitrag stelle ich fest: Sie wollen es verschleiern und vertuschen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN - Rainer Schmeltzer [SPD]: Sowohl als auch!)

Als Mitglied des Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales und als stellvertretender Bundesvorsitzender des Marburger Bundes wissen Sie so gut wie ich, dass Kündigungsfristen in der Regel drei Monate zum Jahresende betragen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das wissen Sie ganz genau und verschleiern es hier. Es gab früher die Situation, dass die Verbände zum 30. September kündigen mussten; das trifft zu. Wir haben aber den Haushalt bis zum Jahresende eingebracht. Damit hatten sie Pla

nungssicherheit und mussten kein Personal entlassen. Das ist anders als jetzt bei Ihnen.

Sie geben den Verbänden überhaupt keine Planungssicherheit; denn Sie haben den Haushalt noch nicht einmal eingebracht. Das ist ein großer Unterschied, und das verschleiern Sie. Das ist weder ehrlich noch redlich.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Dasselbe gilt für den Finanzminister, der erklärt, die Unterzeichnung sei entscheidend. Das stimmt vielleicht aus der Sicht des Finanzministers hinsichtlich der formalen Bedeutung. Für die Träger hingegen - Herr Linssen, das wissen Sie auch; unsere Wahlkreise sind nahe beieinander - ist es von Bedeutung, dass sie ein Signal zum Ende des Jahres bekommen, ob sie im Januar und Februar weiterarbeiten können. Dieses Signal geben Sie ihnen nicht.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Doch, natür- lich!)

Und Sie, Herr Henke, verschleiern das.

Herr Post hat uns jetzt verlassen. Er ist hinausgelaufen. Ich weiß nicht warum. Das war entlarvend. Herr Post hat von diesem Pult aus gesagt: Es wird mit den Verbänden gesprochen werden. - Am 30. November erklärt er, mit den Verbänden werde - in der Zukunft - gesprochen werden. Die Kündigungsfrist ist vor zwei Monaten abgelaufen. In dieser Situation weiß Herr Post ganz genau, dass es ausgesprochen dringend ist. Nichts passiert. Er wird mit den Verbänden sprechen.

Sie, Herr Linssen, haben ausgeführt, die Verabschiedung sei interessant. Das ist Vernebeln und Verschleiern. Das haben Sie versucht. Mit uns werden Sie auf diese Weise nicht zum Ziel kommen.

Ich möchte Ihnen noch ein Beispiel aus meiner Praxis geben: Ich habe in der letzten Woche mit einem großen christlichen Verband telefoniert, der Ihnen nahe steht. Er geht nach wie vor davon aus, dass er im Januar Bewilligungsbescheide bekommt, die bedeuten, dass die Haushaltslage von 2004/2005 die Grundlage ist. Sie haben den Verbänden immer noch nicht mitgeteilt, was passieren wird: Sie planen Kürzungen von 20 %; das wurde auch schon im Haushalts- und Finanzausschuss besprochen. Sie vernebeln, was auf die Leute zukommt.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist beendet.

Das werden Sie mit uns nicht machen können. Wir werden sie informieren. Wenn Sie einen solchen Aufstand mit den Organisationen und den dahinter stehenden Menschen machen, werden Sie sich wundern, wie Frau Altenkamp eben schon gesagt hat. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei. Sie unterstellen, dass es uns um die Organisationen geht. Uns geht es um die Menschen, die von denen bedient werden und von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Das ist Ihre Verantwortung, nicht unsere. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Herr Finanzminister Dr. Linssen hat nochmals um das Wort gebeten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, etwas Ruhe in die Debatte zu bringen, und Ihnen die Daten vortragen, zu denen der jeweilige Haushalt in Wahljahren eingebracht worden ist. Sie legen ja so viel Wert darauf zu wissen, wann er eingebracht worden ist und welch große Sicherheit Sie den Trägern gegeben haben.

Der Haushalt des Jahres 1981 wurde am 3. Dezember 1980 eingebracht, der Haushalt des Jahres 1986 am 4. Dezember 1985, der Haushalt des Jahres 1991 am 12. Dezember 1990, der Haushalt des Jahres 1996 am 29. November 1995 und der Haushalt des Jahres 2001 am 29. November 2000.

(Rainer Bischoff [SPD]: Am Ende des Jahres also! - Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja!)

Ich hatte Ihnen vorgetragen - ich darf es wiederholen, damit es alle verstehen -: Eine Einbringung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2006 wird nicht mehr im Jahr 2005 erfolgen. Die Einbringung an sich würde die von der SPD-Fraktion gewünschte Planungssicherheit auch nicht erhöhen.

(Zuruf von der SPD: Natürlich!)

- Hören Sie doch zu.

Dazu trägt der in der ersten Dezemberhälfte - das ist der Zeitpunkt, zu dem Sie die Haushalte in vergangenen Wahljahren überwiegend eingebracht haben - zu erwartende Kabinettsbeschluss zum Regierungsentwurf des Haushalts 2006 weit stärker bei. Denn dieser bildet zusammen mit den sich aus Art. 82 der Landesverfassung ergebenen Beschränkungen den Rahmen für den Erlass des

Finanzministers an alle Ressorts zur vorläufigen Haushalts- und Wirtschaftsführung 2006.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört! - Rainer Bi- schoff [SPD]: Das wird auch nicht besser, wenn Sie es wiederholen!)

- Ich wiederhole es, damit Sie es vielleicht doch noch verstehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)