Protokoll der Sitzung vom 30.11.2005

Ich glaube, das ist dieser Fußball-WM unangemessen. Wir sollten Nordrhein-Westfalen gemeinsam positiv darstellen. Wenn in gut einem halben Jahr Sportler, Offizielle, Fußballfans und Journalisten aus aller Welt in Nordrhein-Westfalen zu Gast sind, müssen sie ein effizientes und leistungsfähiges Verkehrssystem vorfinden.

Viele Fußballfans träumen vom WM-Titel, meine Damen und Herren. Die groß angekündigten Träume der SPD von einem Metrorapid, der zur WM schwebt, oder einem Rhein-Ruhr-Express, der zur WM fährt, sind zerplatzt. Es wäre für das internationale Ansehen des Landes wahrlich ein Eigentor, wenn die Fußball-WM im Verkehrschaos versinken würde.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Meinen Sie jetzt das Rennen auf der Autobahn?)

Deshalb wird sich die Koalition insbesondere um effektive Verkehrsangebote und um eine optimale Verkehrsorganisation bemühen. Die Kollegen von den Grünen und von der SPD können sich ja noch überlegen, ob sie nicht bei diesen Gedanken und dieser Entwicklung mitwirken wollen. Wir würden das sehr begrüßen. - Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank. - Als nächster Redner hat der Abgeordneten Wißen von der SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihr Antrag ist eine Premiere: Es ist der erste verkehrspolitische Antrag der regierungstragenden Fraktionen.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Und dann gleich so einer!)

Daher erhält er entsprechend seiner wichtigen Aussage und Bedeutung auch einen öffentlichkeitswirksamen Platz an diesem Plenartag, sozusagen zur besten Sendezeit.

(Zuruf von der FDP)

Wenn die Presse noch da ist und die Zuschauertribünen noch voll sind, beweihräuchern sich die Koalitionsfraktionen gegenseitig. Ich muss das wissen, denn ich war Messdiener.

(Beifall von der SPD - Christof Rasche [FDP]: Ich auch!)

Auf Wunsch der antragstellenden Fraktion wird der wichtigen und bedeutenden Aussage des ersten verkehrspolitischen Koalitionsantrages entsprechend die größtmögliche Redezeit gewählt, damit nun alle über eine halbe Stunde lang die Bedeutsamkeit dieses Antrages aus Regierungs- und Koalitionsmunde vernehmen können.

(Lachen von Dr. Axel Horstmann [SPD])

Meine Damen und Herren, die Inszenierung ist also bestens gewählt. Leider passt das aber so gar nicht zu den Inhalten Ihres Anliegens. Der Antrag wird von dem Gedanken getragen: Tue Gutes und rede darüber. - Das ist auch gar nicht schlecht und nicht vorzuverwerfen. Es könnte zu einem guten Image der Landesregierung führen und damit viele andere Versagen wie zum Beispiel das gebrochene Wahlversprechen der Haushaltskonsolidierung in den Schatten stellen. Aber leider gilt das nur im Konjunktiv.

Für einen Antrag, mit dem Sie Ihre Regierungsarbeit abfeiern wollen, wäre jedes andere Politikfeld besser geeignet gewesen als ausgerechnet die Verkehrspolitik. Gutes tun und darüber reden sollten Sie in Ihrer Haushaltspolitik, wenn endlich Ihr erster Superschuldenhaushalt eingebracht wird. Gutes tun und darüber reden sollten Sie in der Stadtentwicklungspolitik, wenn die Millionenklage Ihrer Parteifreunde wegen Vertragsbruchs der nordrhein-westfälischen LEG in Sachen Bad Kreuznach ins Haus steht.

Sehr geehrte Damen und Herren, wissen Sie, warum sich die Verkehrspolitik nun einmal gar nicht dazu eignet? Weil gerade hier recht lange Planungs- und Investitionsvorläufe notwendig sind. Infrastrukturmaßnahmen haben Jahre und Jahrzehnte Vorbereitungszeit, und das weiß jeder.

(Christof Rasche [FDP]: Sie haben über- haupt nicht zugehört!)

Und da wollen Sie sich allen Ernstes nach sechs Monaten Regierungszeit mit Pleiten, Pech und

Pannen die Ausgestaltung nordrhein-westfälischer Verkehrsinfrastruktur für die Fußball-WM 2006 ausgerechnet auf Ihre Fahnen schreiben? Das ist so lächerlich wie die Rahmenbedingungen, unter denen Sie diesen Antrag gestellt haben.

(Beifall von der SPD)

Die Nichtmitglieder im Ausschuss für Bauen und Verkehr dieses Hauses werden es vielleicht nicht wissen: Der Ausschuss für Bauen und Verkehr hat sich wiederholt, nämlich bereits in zwei Sitzungen, auf Antrag der SPD mit diesem Thema der verkehrsinfrastrukturellen Vorbereitungen der Fußball-WM 2006 befasst.

Im Übrigen lesen wir ja auch alle „Landtag Intern“. Dort ist das auch schon dokumentiert. Auf Seite 16 ist dort zu lesen:

„Rund 200 Tage vor Beginn der Fußballweltmeisterschaft 2006 informierte das Verkehrsministerium jetzt den Ausschuss für Bauen und Verkehr … über den Stand bei der verkehrlichen Vorbereitung des Großereignisses, zu dem insgesamt 3,2 Millionen Stadionbesucher erwartet werden. Alle wichtigen Verkehrsinvestitionen für die WM seien im Bau oder bereits fertig gestellt, so der Bericht. 'Es gibt keine entscheidenden Hindernisse mehr im Hinblick auf die Realisierung. Die weiteren Arbeiten laufen auf Hochtouren.'“

Es besteht die Absicht, dies auch unabhängig von Ihrem Antrag künftig zu tun. Wir werden uns darüber, wie schon gesagt, im Ausschuss anscheinend weiter unterhalten.

Das ist eine Daueraufgabe, der sich die Verkehrspolitik in NRW stellen muss und stellen wird - dies aber nicht versteckt hinter der Landesregierung, sondern direkt bei den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes, den Besucherinnen und Besuchern aus dem In- und Ausland.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Nichtmitglieder im Ausschuss für Bauen und Verkehr werden leider auch nicht wissen, dass der im vorliegenden Antrag geforderte Bericht bereits mit der Vorlage 14/130 vorgelegt wurde. Jeder kann also nachlesen, was mit Ihrem taufrischen Antrag erst noch gefordert wird. Das ist schon wirklich ein interessantes parlamentarisches Gebaren, muss ich sagen.

(Zuruf von der SPD: Peinlich ist das!)

Hatten sich nicht Teile der antragstellenden Fraktionen im Wahlkampf „NRW braucht Tempo“ auf die Fahnen geschrieben? Jetzt sind Sie anscheinend so schnell, dass Sie gar nicht mehr mitbe

kommen, was Ihre Landesregierung schon unternommen hat. Das erklärt auch, warum Sie im zuständigen Ausschuss nicht eine Anmerkung oder Frage zu diesem Thema hatten, wie dem Ausschussprotokoll zu entnehmen ist. Nicht wahr, Herr Lehne?

Der Kristallisationspunkt Ihres Antrags, also der entscheidende Inhalt, ist doch wohl die Forderung nach einem umfassenden Bericht. Wahnsinn! Was für eine Forderung! Das ist so ähnlich, als wenn jemand zu seinem Vorgesetzten sagen würde: Chef, im Keller ist noch Licht an, aber ich habe es soeben ausgemacht.

(Heiterkeit von der SPD)

Mit Ihrem sagenhaften Tempo sind Sie also weit an jeglicher inhaltlicher Forderung und Positionierung vorbeigerauscht und wollen nur noch berichtet bekommen, was Sie vorher eigentlich schon politisch verpasst haben.

Wenn das Ihre künftige Verkehrspolitik sein soll, dann wird der abgewählte Oberbürgermeister aus Gelsenkirchen in nächster Zeit mit dem Berichteschreiben gar nicht mehr nachkommen können. Zum Schluss können wir die Berichte dann sammeln, sozusagen als Beleg für Ihren Bürokratieabbau.

Sehr geehrte Damen und Herren, der beantragten Überweisung zur Beratung dieses gewichtigen verkehrspolitischen Antrags im Fachausschuss stimmt meine Fraktion natürlich gerne zu. Tatsächlich ist mir aber nicht klar, was wir dort beraten sollen. Eine reine Aufforderung an die Landesregierung, Berichte zu verfassen, kann doch nicht ernsthaft Diskussionsgrund sein. Warum beantragen Sie also die Überweisung dieses Antrags? Da waren die Beratungen im Ausschuss für Bauen und Verkehr jetzt schon viel weiter. Das ist für alle Bürger unseres Landes auch dokumentiert.

Das gilt auch für die auswärtige Ausschusssitzung auf der Fachmesse Rail-Tec, die sich vielfältigen infrastrukturellen Fragen gerade im Hinblick auf diese Großveranstaltung gewidmet hat. Leider waren die Regierungsfraktionen dort eher auf Stippvisite.

Mit dem vorliegenden Antrag zeigt sich anscheinend, dass Ihre inhaltlichen verkehrspolitischen Ansätze über das Verfassen Ihrer Koalitionsvereinbarung nicht hinausgekommen sind. Um dies nachvollziehbar zu machen, haben wir unseren Entschließungsantrag eingebracht, in dem wir die Rahmenbedingungen Ihres Antrags noch einmal zusammengefasst dargestellt haben. Das ist echter Bürokratieabbau!

Für Ihren nächsten verkehrspolitischen Antrag wünsche ich Ihnen mehr Engagement. Vielleicht sollten Sie einmal einen Antrag zu dem in Ihrem Wahlprogramm den Bürgerinnen und Bürgern versprochenen Sonderprogramm Straßenbau verfassen.

Ich freue mich auf jede weitere Diskussion und sage: Vielen Dank!

(Beifall von der SPD)

Das Wort hat nun für die grüne Fraktion der Abgeordnete Keymis.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frage, worum es heute geht, kann jeder für sich beantworten. Ich habe den Eindruck, vom Glanz der Fußballweltmeisterschaft wollen hier ganz, ganz viele ordentlich profitieren.

Wir haben den Antrag der Koalitionsfraktionen auf einen Bericht der Landesregierung über die Vorbereitungen zur Bewältigung des Verkehrs vorgefunden. Es ist aber eine Tatsache - der Kollege Wißen hat schon darauf hingewiesen -, dass ein solcher Bericht bereits vorliegt.

Daraufhin - auch das muss man jetzt sagen - hat die SPD-Fraktion sich veranlasst gesehen, breit und deutlich auszuführen, dass sie eigentlich die bessere Regierungsfraktion war und wäre - mit uns gemeinsam mag das manchmal sogar gestimmt haben -, und hat aus einem so bezeichneten Showantrag der Regierungsfraktionen nun flugs einen eigenen Showantrag gemacht, um auf diese Weise die Selbstdarstellung vermeintlich zu optimieren.

Der Franzose hat ein wunderbares Wort dafür - ich brauche das nicht zu übersetzen, denn Sie alle kennen es -: Honi soit qui mal y pense.

In dem Antrag der Regierungsfraktionen sind drei Punkte gefordert: erstens einen Bericht über den Stand des Ausbaus und der Verbesserung der Infrastruktur, zweitens aufzuzeigen, welche Defizite und Mängel im Straßenverkehr und im öffentlichen Nahverkehr während des Weltjugendtages und des Confederations Cups aufgetreten sind und wie diese behoben werden können, und drittens die intensiven Bemühungen fortzusetzen, damit die Verkehrsinfrastruktur bei der FußballWM optimal eingerichtet ist.

In dem Entschließungsantrag findet sich kein Beschlussvorschlag; der Landtag soll nur etwas feststellen. Als Begründung zu dem Antrag wird uns die Textfassung des Berichtes aus der Sitzung des Ausschusses für Bauen und Verkehr vorgelegt.

Worum es heute geht? Möglicherweise geht es hier heute darum, in einen Wettbewerb einzutreten, wer die besseren Showanträge stellen kann. Inhaltlich sind im Entschließungsantrag jedenfalls aus meiner Sicht nur die beiden Punkte mit den Ziffern 5 und 6 relevant:

Erstens. „… die neue Landesregierung beabsichtigt, die … Agentur Nahverkehr als gemeinsame SPNV-Managementgesellschaft der Zweckverbände und des Landes … abzuschaffen.“ Das ist allerdings ein echtes Problem, Herr Minister.

Zweitens. „… die Landesregierung“ hat „bisher kein schlüssiges Konzept zu Sicherheit, … Sauberkeit, Pünktlichkeit, …, Stauvermeidung hinsichtlich der absehbaren … Besucherströme … vorgelegt …“ Auch das ist sicherlich etwas, was im Zuge der noch anstehenden Arbeit - so habe ich jedenfalls den Bericht verstanden - erfolgen wird.