Protokoll der Sitzung vom 20.01.2010

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Lassen Sie das doch von der Bezirksregierung aus zu. Dann werden Sie sehen, wie hoch der Zulauf ist. Die Gesamtschulen im Umfeld können nämlich gar keine Schulplätze in großer Zahl vorhalten; sie müssen Kinder abweisen. Das ist nun einmal so. Das ist die Realität, auch in Morsbach, in Gummersbach und im Umfeld, in Waldbröl und in Reichshof.

(Ralf Witzel [FDP]: Es ist genau anders an vielen Stellen landesweit!)

Das wissen Sie doch ganz genau. Und dass Sie das blockieren, ist fahrlässig. Es ist fahrlässig, aber es ist nur ein Aufschub. Der bringt Ihnen vier Monate, und das ist leider eine vertane Zeit für die Eltern und die Kinder in Morsbach.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Jetzt hat Frau Ministerin Sommer für die Landesregierung das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde einmal von meinem Missionsgedanken ablassen und nicht wieder gegen Ihre Behauptung antreten, ich sei gesamtschulfeindlich. Aber ich möchte an dieser Stelle ganz gern noch ein paar wenige Fakten sprechen lassen, die mir wichtig sind.

Im Zusammenhang mit dem Aspekt „Anmeldung“ kommt immer wieder der Vorwurf: Ihr habt so viele Überhänge. Warum entwickelt ihr nicht die Gesamtschullandschaft noch mehr als bisher? – Das sehen wir uns einmal genauer an.

Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht vergessen, dass wir seit dem Schuljahr 2005/2006 sechs neue Gesamtschulen haben: drei öffentliche und drei private.

Ich halte einmal dagegen: Wie viele haben Sie denn in den letzten Jahren bzw. in der letzten Legislaturperiode geschaffen? – Das war lediglich eine in Mönchengladbach.

Nun kann man sagen: Ja, bei euch hat sich das alles so entwickelt, da wollten viel mehr Schülerinnen und Schüler eine Gesamtschule besuchen. – Das stimmt so aber gar nicht, wenn man die Zahlen einmal mit denen von 2004 vergleicht: Da hatten Sie einen Überhang an abgelehnten Schülerinnen und Schülern von 13.800. Im Jahr 2005 waren es 13.005.

Bei uns sieht es so aus – ich nehme auch die letzten beiden Jahre –: Im Jahr 2008 waren es 14.291 und im Jahr 2009 – ein Knick auch durch die Demografie bedingt – waren es 11.665. Halten wir an dieser Stelle mal fest: Wir haben weniger Schülerinnen und Schüler, und trotzdem haben wir die Entwicklung und die Ein- bzw. Errichtung von Gesamtschulen zugelassen.

(Beifall von CDU und FDP – Sigrid Beer [GRÜNE]: Dann nennen Sie die Zahlen von 2006 und 2007 auch noch!)

Eine Schule in Köln – Frau Schäfer hat es eben erwähnt – wird sich entwickeln; vor Weihnachten wurde ein entsprechender Antrag gestellt.

(Martin Börschel [SPD]: Den wollen Sie doch ablehnen! Sie wollen das doch gar nicht!)

Drei Schulen befinden sich in der Pipeline, was summa summarum neun Gesamtschulen ergibt. Daher kann man nun wirklich nicht von Gesamtschulfeindlichkeit sprechen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Ist das jetzt die Zusage für die Gesamtschule in Köln?)

Frau Schäfer, Sie haben mich ein bisschen zum Lächeln gebracht, indem Sie sagten, dass eine Legislaturperiode unter dieser Landesregierung nur eine Episode bleiben wird.

(Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Bei einer Episode von weniger als 30 Monaten, die Sie hinter sich haben und über die der pädagogische Sand schon längst hinweggeweht ist, würde ich an Ihrer Stelle den Mund nicht so voll nehmen.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wir stellen das Kind in den Mittelpunkt – in unseren Hauptschulen, in unseren Gesamtschulen, in unseren Realschulen und in unseren Gymnasien. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Die SPD erhält noch einmal das Wort. Als Nächste spricht Frau Kollegin Hendricks.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Nachdem Frau Sommer versucht hat, die Faktenlage anzusprechen, ist es sicherlich ganz angebracht zu fragen, wie viele Kommunen denn in der letzten Legislaturperiode Anträge auf Gesamtschulen gestellt haben; denn die Genehmigung setzt immer einen Antrag voraus. Über diese Zahl, Frau Sommer, haben Sie nicht gesprochen.

Ganz im Gegenteil: Ich finde es bemerkenswert, dass Ihnen nichts anderes eingefallen ist, Frau Sommer, als in die Geschichte hineinzugehen. Offenbar können Sie mit den derzeitigen Faktenlagen und mit der derzeitigen Entwicklung nicht mehr vernünftig argumentieren.

(Beifall von der SPD)

Das Schulgesetz, das wir auf den Weg gebracht hatten, hat ganz andere Optionen ermöglicht, auch im Rahmen der Verbundschulen. Die haben Sie alle mit dem neuen Schulgesetz zurückgenommen

(Ute Schäfer [SPD]: Richtig!)

und damit Ihre ideologische Schulpolitik, die übrigens auch in Ihrem Wahlprogramm für die kommende Wahlperiode enthalten ist, festgeschrieben.

Damit sind Sie hinter dem Mond und hinter allen Entwicklungen dieser Welt.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch einmal anschauen, wie die Situation in Morsbach tatsächlich aussieht. Da gibt es einen Bürgermeister, der sich ganz klar zur Gesamtschule und zu einer Veränderung des Schulsystems bekannt hat und der mit 70 % in dieser Kommune gewählt wird.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Bodo Lött- gen [CDU])

Herr Löttgen, Sie und auch die FDP haben ganz im Gegenteil mitgestimmt. Das ist die Schizophrenie in diesem Land. Die FDP stimmt vor Ort anders als hier im Landtag. Haben Sie eigentlich noch eine Linie in Ihrer Partei?

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Das kennen wir doch von denen! – Achim Tüttenberg [SPD]: Das ist liberale Doppelmoral!)

In einer zweiten Umfrage in Morsbach haben sich 88 % der Eltern …

(Bodo Löttgen [CDU]: Es gab keine zweite Umfrage!)

Herr Löttgen, ich glaube, dass Sie da offensichtlich falsch informiert sind.

(Lachen von der CDU)

Vielleicht fragen Sie einmal den Bürgermeister dieser Kommune. – In einer zweiten Umfrage haben sich 88 % der Eltern für eine Veränderung ausgesprochen. Und in einer Unterschriftenliste gab es 80 % Zustimmung für eine Gesamtschule.

Ich kann Ihnen nur sagen: Diese Gemeinde hat einen guten Bürgermeister.

(Bernhard Recker [CDU]: Oh!)

Das ist auch der Grund, warum er mit einer so hohen Prozentzahl gewählt worden ist. Ich glaube, dass man ganz deutlich machen muss, Herr Löttgen, dass Sie offensichtlich kein guter Abgeordneter für diese Region sind; sonst würden Sie eine solche Haltung in diesem Parlament nicht einnehmen.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU: Unerhört!)

Nun lassen Sie mich auf einige andere Punkte eingehen, die vielleicht ganz interessant sind. Die Schikanepolitik – ich behaupte, dass es inzwischen eine solche ist – unterliegt der Willkür, die beliebig angewandt wird, wo die Bezirksregierung Köln – aber wir können auch andere Bezirksregierungen nehmen – gerade eine Möglichkeit sieht, eine Verhinderungspolitik auf den Weg zu bringen.

In Alfter stand das Ganze auf einmal unter einem Finanzvorbehalt. Tatsächlich ist es so, dass in der Hauptschule in Alfter-Oedekoven in der Zwischen

zeit noch 17 Schüler sitzen, davon neun Schüler aus Alfter.

Die Gemeinde muss schlicht und einfach feststellen, dass ihre letzte Schule vor Ort, wenn man einmal die Grundschule beiseite lässt, dahinschwindet und die Schüler demnächst alle nach Bonn auspendeln werden, weil nämlich ein wohnortnahes Schulangebot nicht vorhanden ist, was aber für den Standort wichtig wäre. Und genau das hat die Gemeinde Morsbach hier formuliert, nämlich Standortsicherung für die Gemeinde. Alfter hat es nicht hinbekommen, obwohl die Umfragen eine Gründung eigentlich zugelassen hätten.

Nun haben wir in den nächsten Tagen die Anmeldungen in Sankt Augustin. Nach den Einlassungen des Regierungspräsidenten bin ich an dieser Stelle hochgradig gespannt, welche Asse er noch im Ärmel hat, um an diesem Punkt zu verhindern, dass es eine Gesamtschule in Sankt Augustin gibt. Das Ergebnis werden wir aufmerksam beobachten und klären, was an diesem Punkt herauskommt.

Es ist zurzeit alles möglich – das Anrufen von Gerichten und die Revision bei Gerichten –, wenn man nur die Zeitpunkte für Anmeldezeiten hinausschieben kann. Aber am 9. Mai werden Sie die Quittung für diese Politik bekommen.