Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

Jahrzehnten auf das Mittel zurück, dass sie, um Straftaten aufzuklären, Strafprozesse führen zu können, Informationen zu erlangen, Geld ausloben. Die Informationen müssen sachdienlich sein. Die Art der Beschaffung spielt dabei – bislang jedenfalls – keine Rolle.

An der Stelle, wo es um Millionen, um Steuerbetrüger, um Straftatbestände geht, entdecken Sie dieses Thema. Plötzlich eiert die FDP rum und sagt: Man muss erst mal prüfen, am besten möglichst lange. – Nein, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, das die Steuerstraftäter natürlich auch haben, reicht nicht so weit, Frau Kollegin. Das Bundesverfassungsgericht jedenfalls geht von einer Dreiteilung aus: der Intimsphäre, der Privatsphäre und der Geschäftssphäre. Dies betrifft nur die Geschäftssphäre, die nicht so sehr geschützt ist, als dass man das informationelle Selbstbestimmungsrecht nicht auch mit Strafverfolgung in dieser Art einschränken könnte. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Das ist ein Unterschied.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Auch die Daten dürfen verwendet werden. Das Landgericht Bochum hat entschieden, dass auch die Beweismittel, die durch eine Privatperson rechtswidrig erlangt wurden – das hat der Informant vermutlich getan –, grundsätzlich verwertbar bleiben, auch durch den Staat. Und sie müssen verwendet werden, Frau Freimuth. Sogar Frau Merkel hat das erkannt. So kräftig regiert sie inzwischen: Nachdem alle mehrheitlich gesagt haben, dass die CD gekauft werden muss, hat auch Frau Merkel zugestimmt. Jetzt wollen Sie sich dagegenstellen? – Na ja.

Meine Damen und Herren, die Informationen wurden nicht durch Androhung von Folter oder durch Gewalt erlangt, deshalb können sie verwertet werden. Die rechtswidrigen Handlungen des Informanten jedenfalls wiegen nicht so schwer, als dass die Verwertung zur Verfolgung von Steuerhinterziehung ausgeschlossen ist.

Im Übrigen sind die Behörden gut beraten, dass sie nicht auf der Grundlage der CD-Daten Verfahren führen, sondern auf dieser Grundlage erst einmal Beweise erheben. Das ist im Fall Zumwinkel oder bei den anderen Liechtenstein-Geschichten auch so gewesen.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Das werden die Kollegen auch tun!)

Man hat sich nicht auf die Informationen der Informationsgeber verlassen, sondern eigene Daten, eigene Beweise erhoben. Man hat durchsucht und dann festgestellt: Das sind Straftaten, die verfolgt werden – aus meiner Sicht leider viel zu milde.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Worum geht es eigentlich, meine Damen und Herren? – Wir haben es hier mit einer – es fällt mir

schwer, das zu sagen – internationalen kriminellen Vereinigung zu tun. In der Schweiz lagern 260 Milliarden Franken. Sie lagern nicht dort, weil die Schweizer so gute Zinsen zahlen, sondern sie lagern dort, weil diese Milliarden im Wesentlichen hinterzogenes Geld und Schwarzgeld sind und aus Straftaten stammen.

(Theo Kruse [CDU]: Woher wissen Sie das?)

Das wird durch das Steuergeheimnis in der Schweiz begünstigt. Das darf und muss man dann auch so aufklären. Nicht wir Deutschen haben ein Problem, sondern die Schweizer haben ein Problem. Dass wir nicht schon länger mit den Schweizern weiter sind – Herr Steinbrück hat das ja angefangen –, ist auch ein Verschulden dieser Bundesregierung, die jetzt in Berlin regiert.

Die Schweizer könnten dieses Vorgehen des Ankaufs einer solchen CD überflüssig machen.

Ich finde es übrigens auch nicht prickelnd, etwas von jemandem zu kaufen, der es gestohlen hat oder den Datenschutz nicht konsequent beachtet hat.

(Zurufe von CDU und FDP)

Nein, das finde ich nicht prickelnd.

(Ingrid Pieper-von Heiden [FDP]: Heuchelei! – Gegenruf von Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Ich habe dafür eine Rüge bekommen!)

Es ist aber richtig, das zu tun, die Steuern nachzuerheben und die Straftäter zu bestrafen. Das können wir nicht durchgehen lassen.

Ich fordere den Finanzminister auf, heute hier deutlich zu erklären, dass er dafür ist, es mit seinen Kolleginnen und Kollegen im Bund so zu tun, damit wir diese Daten dann auch bekommen. Wenn es um 100 Millionen € geht, entfallen allein auf Nordrhein-Westfalen 20 Millionen €. Bei einem Preis von 2,5 Millionen € für die gesamte CD ist das schon sehr aussichtsreich. Eigentlich hätten Sie sie schon längst kaufen müssen, Herr Linssen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Herr Groth. – Nun spricht der Abgeordnete Sagel.

Meine Damen und Herren! Dass ausgerechnet die Klientel- und Abzockerpartei hier die Rechtsstaatlichkeit entdeckt, ist wirklich ein Witz. Das Rumeiern, das Sie hier vollziehen, ist wirklich grandios.

Der Staat hat doch bereits bei Straftaten versagt, nämlich bei der Straftat der Steuerhinterziehung. Das ist doch die Realität. Sie müssen sich damit auseinandersetzen, dass Sie dort schon versagt haben.

Die Steuerhinterziehungsskandale, die noch nicht allzu lange her sind – unter anderem Postchef Zumwinkel war darin verwickelt; alle wissen es noch –, haben anscheinend nichts bewirkt. Immer noch scheinen Hunderte Millionen in der Schweiz vor der Steuer verborgen zu sein. Das ist doch die Realität.

Das ist eine Offenbarung. Das ist ein grandioses Scheitern der Finanz- und Steuerbeamten in Deutschland. Das ist natürlich auch damit verknüpft, dass Sie hier immer wieder massiv Personal eingespart haben. Das ist doch eine Konsequenz Ihrer Politik.

(Zuruf von Angela Freimuth [FDP])

Sie machen hier eiskalte Klientelpolitik; denn es ist Ihre Klientel, die Klientel der Reichen und Besserverdienenden, für die Sie hier jeden Tag Politik machen, für die Sie jetzt in Berlin auch die Packung kriegen und für die Sie ganz konkret auch von den Wählerinnen und Wählern in der Umfrage im Augenblick die Aussagen bekommen. Das ist doch die Realität.

Wir müssen ganz offen feststellen, dass es sich um Kriminelle handelt. Das hätte ich von Ihnen gerne einmal so deutlich gehört.

(Ralf Witzel [FDP]: Ist Datendiebstahl denn nicht kriminell?)

Auch da eiern Sie herum – mit Kronzeugenregelung und ich weiß nicht was. Auch das ist Klientelschutz. Sie, die FDP, sind die Klientelpartei Nummer eins hier in Deutschland.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Schluck Wasser trinken, Kollege!)

Diese Leute zeigen auch noch nicht einmal Reue. Sie beklauen Deutschland. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, die Gelder straffrei wieder nach Deutschland zu bringen und die Steuern nachträglich zu zahlen. Was ist passiert? – Nichts ist passiert. Ihr Verhalten ist nicht nur strafbar, sondern auch moralisch höchst verwerflich. Das bestimmt auch die Politik, die Sie hier betreiben.

Auf der anderen Seite ist Datenraub natürlich auch kriminell.

(Zurufe von der CDU: Ach!)

Wir, die Linke, stehen gegen Datenmissbrauch auf allen Ebenen. Das sagen wir auch so deutlich. Wir wollen die Privatsphäre der Menschen schützen. Wir wollen keine Online-Durchsuchung. Wir wollen keine Bespitzelung am Arbeitsplatz.

(Zurufe von der CDU)

Dazu hätte ich von Ihnen gerne auch einmal ein bisschen mehr gehört. Wir wollen auch sichere Bankdaten.

Wir wollen aber auch nicht, dass Menschen dem Staat Geld vorenthalten. Deshalb wollen wir – und

ich war der Erste, der hier immer wieder diesen Antrag gestellt hat – endlich mehr Steuerfahnder; denn Sie haben 1.000 Stellen in der Finanzverwaltung und bei den Steuerfahndern in NordrheinWestfalen weggekürzt.

Das ist genau die Konsequenz Ihrer Politik. Sie schützen Ihre Klientel, indem Sie hier Steuerfahnderstellen streichen, indem sie hier die Leute nicht einstellen und indem Sie hier nach wie vor zu wenige Leute ausbilden. Damit eröffnen Sie die Möglichkeit, dieses Geld in die Schweiz zu transferieren – Geld, das zum Teil illegal erworben worden ist, das illegal transportiert wird usw. Genau das unterstützen Sie mit Ihrem System, das Sie hier praktizieren.

Deswegen kann man klipp und klar sagen: Diese Politik machen wir als Linke nicht mit. Wir wollen eine andere Politik. Wir wollen tatsächlich, dass diesen Sachen endlich auf den Grund gegangen wird, dass hier mehr Personal eingestellt wird und dass diese Sachen zukünftig nicht passieren.

Natürlich ist es auch sinnvoll, endlich konkret vorzugehen, wie das jetzt auch gemacht wird, und solche CDs anzukaufen, damit dieser Missbrauch endlich beendet wird und damit die Leute, die diese Politik machen, dann auch bestraft werden.

Das war der Abgeordnete Sagel. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Dr. Linssen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Staat ist grundsätzlich verpflichtet, jedem Verdacht der Steuerhinterziehung nachzugehen.

(Beifall von CDU und FDP)

Würde er dies nicht tun, wäre das Strafvereitelung im Amt.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Richtig!)

Er darf dabei aber nicht willkürlich und rechtswidrig handeln.

Wie der Bund hat auch Nordrhein-Westfalen die noch offenen Rechtsfragen geklärt. Nach dem Ergebnis dieser Prüfung machen sich die handelnden Amtsträger, wenn es zu einem Datenkauf kommt, nicht strafbar, und die angekauften Beweismittel sind in Besteuerungsverfahren und Strafverfahren verwertbar.

(Beifall von der SPD – Ewald Groth [GRÜ- NE]: Schreiben Sie mal mit, Frau Freimuth!)