Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Kraft. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Stahl für die Fraktion der CDU das Wort.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Frau Kraft, als Vorsitzender der stärksten Fraktion in diesem Saal kann ich Ihnen natürlich nicht das letzte Wort überlassen – insbesondere nicht mit einem solchen Abgang, wie Sie ihn hier versucht haben.

Ich habe vorhin dem Kollegen Kuschke zugerufen, dass ich an seiner Stelle heute Morgen nicht

ans Pult gegangen wäre. Ich wäre rot geworden, Herr Kuschke. Ich hätte mich geschämt, richtig geschämt.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Er ist rot, Herr Stahl!)

Ich habe eine sehr gute Erinnerung daran, dass ich vor zwei Jahren, vom Dezember 2003 bis in den März 2004 hinein, zusammen mit der Kollegin Thomann-Stahl, die damals noch im Landtag war, Herrn Breuer und anderen hier stand und Sie gejagt habe. Das war zugegebenermaßen nicht bequem für Sie. Es hatte aber einen Grund. Der Grund bestand darin, dass Sie Partei- und Staatsinteressen in eins gesetzt haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Frau Kraft, wenn Sie der Regierung vorwerfen, Partei- und Staatsinteressen in eins zu setzen, dann sollten Sie sich schämen; denn Sie haben genau das getan.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Sie sagen, daraus seien Schlussfolgerungen gezogen worden. Das haben Sie eben nicht getan. Schlussfolgerungen haben die Wählerinnen und Wähler am 22. Mai gezogen. Man hat Sie abgewählt. Das ist gut so, und wir gehen mutig, stolz und tatkräftig in die Zukunft.

(Beifall von CDU und FDP – Lachen von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Was war das denn für ein Auftritt? – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Ablenkungsvortrag!)

Vielen Dank, Herr Kollege Stahl. – Zum jetzigen Zeitpunkt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schaue aber noch einmal in die Runde. – Das bleibt auch so. Dann schließe ich die Aktuelle Stunde, meine Damen und Herren.

Damit kommen wir zum nächsten Tagesordnungspunkt:

3 Gesetz über die Feststellung eines zweiten Nachtrags zu den Haushaltsplänen des Landes Nordrhein-Westfalen für die Haushaltsjahre 2004/2005 (Zweites Nachtrags- haushaltsgesetz 2005) und zur Änderung des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbesoldungs- gesetz – LBesG NRW) und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände in den Haushaltsjahren 2004/2005 (Gemeinde

finanzierungsgesetz – GFG 2004/2005) und zur Regelung des interkommunalen Ausgleichs der finanziellen Beteiligung der Gemeinden am Solidarbeitrag zur Deutschen Einheit in den Haushaltsjahren 2004/2005 (Solidarbeitragsgesetz – SBG 2004/2005) und zur Änderung des Gesetzes über die Finanzierung der Ersatzschulen (Ersatzschulfinanzgesetz – EFG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksachen 14/300 und 14/800

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 14/900

zweite Lesung

dritte Lesung

Ich weise außerdem auf den Entschließungsantrag Drucksache 14/918 hin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Beratung und erteile als erstem Redner dem Kollegen Volkmar Klein für die Fraktion der CDU das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen:

„Trotz des großen Anteils an gebundenen Ausgaben im Haushalt halten wir an unserem finanzpolitischen Kurs fest. Wir wollen bis zum Jahr 2005 die Nettoneuverschuldung auf unter 2,5 Milliarden € senken. Das sind, wie in der Koalitionsvereinbarung verabredet, 5 Milliarden DM.“

Das war verbunden mit dem Hinweis, das erfolge „natürlich unter Einbeziehung des Bau- und Liegenschaftsbetriebs“.

Ich vermute, Sie ahnen es schon. Diese Aussage entstammt der Rede des früheren Finanzministers Peer Steinbrück vom 5. September 2001 zur Einbringung des Haushalts 2002.

Bei näherer Betrachtung erweist sich dieses Zitat als gleich dreifach äußerst aufschlussreich.

Wenn Herr Steinbrück von einer Senkung der Nettoneuverschuldung auf 2,5 Milliarden € bis zum Jahr 2005 spricht, dann kann man wohl nur zu dem Ergebnis kommen, dass rückblickend betrachtet alles nur Show und Ankündigung war. Ankündigungsminister! Mit den rot-grünen Finanzministern ist es fast so wie mit jemandem,

der Alpengipfel erstürmen will, dann aber schon bei den allerersten Hügeln des Siebengebirges vor der eigenen Haustür in Bonn schlapp macht.

Die Nettoneuverschuldung war bereits im ersten Nachtrag des Jahres 2005 von Rot-Grün fast doppelt so hoch wie von Steinbrück prognostiziert. 5,3 Milliarden € waren angesetzt, aber so geschätzt, dass es passte. Jetzt haben wir Transparenz geschaffen und die richtigen Zahlen auf den Tisch gelegt. Wir haben festgestellt, dass die von Rot-Grün zu verantwortende Nettoneuverschuldung im Jahr 2005 richtig betrachtet 7,4 Milliarden € ausmacht und damit genau dreimal so hoch liegt wie damals von Herrn Steinbrück für dieses Jahr angekündigt.

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben bewiesen, dass Sie nicht in der Lage waren, die finanziellen Geschicke dieses Landes zu steuern. Diese Schulden sind Ihre bittere Schlussbilanz, meine Damen und Herren!

(Zuruf von der SPD: Sagen Sie es noch ein- mal!)

Ich kann es noch einmal wiederholen: Diese 111 Milliarden € sind nicht Ihre persönliche, aber die Schlussbilanz der alten rot-grünen Landesregierung.

(Beifall von der CDU)

Lassen Sie mich mit einem mindestens genauso interessanten Punkt aus dem Zitat von Herrn Steinbrück, fortfahren. Ich darf noch einmal wiederholen. Er erklärte Ende 2001 bei der Einbringung des Haushalts 2002, dass er die finanzielle Situation des BLB in die Rechnung mit einbeziehen wollte, was die Neuverschuldung angeht.

Liebe Frau Kraft, liebe Frau Walsken, wenn ich dann Ihre Bemerkungen der letzten Zeit anschaue, dann tun sich aber himmelweite Unterschiede zu Ihrem früheren Finanzminister und Ministerpräsidenten auf. Frau Kraft, ich darf Sie an Ihre Pressemitteilung vom 20. September erinnern. Sie schrieben: weder der BLB noch die BVG des Landes brauche diese Milliardenspritze.

(Gisela Walsken [SPD]: Genau richtig!)

Hier geht es aber nicht um ein Rechtsseminar, ob das rechtlich erforderlich ist. Es geht um die richtige Zuordnung.

(Gisela Walsken [SPD]: Es geht um Be- triebswirtschaft!)

Das ist eine Schuldenposition, die der Vergangenheit zuzuordnen ist. Wenn Sie das leugnen,

dann heißt das letztendlich, dass Sie die Schulden dieses Landes leugnen. Das ist eine Sauerei.

Auch Frau Walsken hat dem früheren Finanzminister offensichtlich nicht ganz so genau zugehört. Sie hat es in verschiedenen Sitzungen des Haushalts- und Finanzausschusses noch einmal unterstrichen und auf den BLB bezogen gesagt:

Ich verstehe nicht, dass die Schulden dieses handelsrechtlich wirtschaftenden Betriebes mit einer entsprechenden von ihm veröffentlichten Bilanz den Steuerzahler drücken.

Hierauf möchte ich gerne antworten: Doch, liebe Frau Walsken, diese Schulden drücken den Steuerzahler und haben ihn immer gedrückt. Wenn jemand sagt, dass er das nicht versteht, dann mag das im Einzelfall ehrlich sein. Es ist aber keine Wirklichkeitsbeschreibung.

Wir machen mit diesem zweiten Nachtragshaushaltsplan klar, woher der Schmerz kommt, wo die Schulden unseres Landes entstanden sind und wohin sie gehören. Sie gehören in den Landeshaushalt.

Die Koalition der Erneuerung schafft durch die im zweiten Nachtrag vorgenommene Entschuldung des BLB, also durch die damit einhergehende Schuldenübernahme in den Landeshaushalt, die Transparenz, die Steinbrück angekündigt, aber niemals geschaffen hat. Das ist etwas, was uns im Übrigen auch von unabhängiger Stelle bescheinigt wurde. So erklärte der Vertreter des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung in der Anhörung des Haushalts- und Finanzausschusses zu dieser Frage: „Das Vorgehen ist richtig“. – Kurz und knapp noch einmal: „Das Vorgehen ist richtig“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist die Aussage der Leute vom RWI. Auch der Bund der Steuerzahler führt aus, dass die finanzielle Situation des BLB für den Steuerzahler intransparent war. Hier muss Transparenz geschaffen werden, sagt der Bund der Steuerzahler. Ein Schritt in diese Richtung ist eine Kapitalzuführung, wie sie mit diesem Haushalt verbunden ist.

Schließlich ist die Aussage von Herrn Steinbrück aus September 2001 aber auch noch bezüglich dessen bemerkenswert, was er nicht gesagt hat. Er hätte in seiner Rede nämlich auch noch die Beteiligungsverwaltungsgesellschaft aufführen müssen. Auch dazu haben uns die Experten ganz klar gesagt, das ist ausgelagertes Geld, das eigentlich in den Landeshaushalt kommen muss. Die Konstruktion, dass die BVG-Anteile mit eigens dafür aufgenommenen Krediten vom Land Beteiligun

gen kauft, erfüllt laut RWI in geradezu lehrbuchhafter Form das Kriterium eines Schattenhaushalts. So ist das: Ein geradezu lehrbuchhafter Schattenhaushalt! Der wird jetzt aufgelöst.

Alle Bürgerinnen und Bürger sollten beim Blick in die Bücher unseres Landes ein ehrliches Bild erhalten. Dafür sind wir angetreten. Das haben wir mit diesem Haushaltsentwurf auch verwirklicht.