Protokoll der Sitzung vom 18.01.2006

und was mit welchen Konsequenzen für Preise und Umweltschutz an diese Stelle tritt.

(Beifall von Christian Weisbrich [CDU] und Dietmar Brockes [FDP])

Ich bin sehr an Ihrer Meinung dazu interessiert.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Was wollen Sie denn? Sie sind die Regierung!)

Ich muss da gar nichts wollen. Bei den 30 %, die man durch etwas anderes ersetzen will, lege ich die Maßstäbe an, die für Nordrhein-Westfalen maßgeblich sind. Wir profitieren mit davon,

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

dass auch große Energieversorger aus NordrheinWestfalen in anderen Teilen Deutschlands Reaktoren betreiben. Das ist so. Das wissen Sie auch genauso gut wie ich. Ich möchte wissen: Was tritt dann an diese Stelle? 30 % sind ja kein Pappenstil.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Was wollen Sie denn jetzt? Das ist zu wenig!)

Ich sehe nicht, dass wir dann keine Nachteile hätten – sowohl bei den Preisen als auch beim Umweltschutz.

Frau Ministerin, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Stinka?

Bitte schön.

Bitte schön, Herr Stinka.

Frau Ministerin, Sie haben gerade ausgeführt, dass wir einen Vorteil hätten, weil die anderen Bundesländern ja Kernenergie produzieren. Würden Sie unterstützen, dass die anderen Bundesländer einen Vorteil dadurch haben, dass wir hier ein Zwischenlager haben, in dem alle anderen Bundesländer auch einlagern können?

Das bestätige ich Ihnen sofort. Das ändert nur an der anderen Aussage nichts und löst auch das Problem nicht.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wir müssen als Nordrhein-Westfalen, gerade was Arbeitsplätze in energieintensiven Branchen angeht, den Beitrag

Effizienzsteigerung durch unsere Struktur der Stromerzeugung sicherstellen. Und die Antwort kann ich Ihnen im Moment nicht geben. Ich sehe nicht – ich sehe auch noch keinen anderen, der das einigermaßen ordentlich beschreiben kann –, dass man ohne Nachteile für die Preise und ohne Nachteile für die Umwelt so aussteigen kann wie es derzeit mehrheitlich für richtig gehalten wird.

Frau Ministerin, erlauben Sie noch eine Zwischenfrage von Herrn Horstmann?

Bitte.

Bitte, Herr Horstmann.

Frau Ministerin Thoben, ich hätte gern von Ihnen schlicht eine Antwort auf die Frage, ob Sie die gegenwärtig gestellte Forderung nach einer Verlängerung der Restlaufzeiten der Atomkraftwerke – insbesondere der vier, die in den Jahren 2008 und 2009 abgeschaltet werden sollen – unterstützen oder nicht.

Darauf gebe ich keine Antwort, Herr Horstmann.

(Zurufe von der SPD)

Ich kann das auch begründen. Sie reden darüber, ohne die Konsequenzen zu kennen. Ich möchte die Konsequenzen kennen.

(Beifall von CDU und FDP)

Dann sage ich auch, was wir verabreden können.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Ministerin. – Als Nächste spricht Frau Schulze für die SPD-Fraktion.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns doch einmal offen darüber reden, worum es in diesem Atomstreit in Wirklichkeit geht. Es geht um die Interessen einzelner Ministerpräsidenten, die ihre Länder vertreten. Das steht ihnen frei. Wir müssen jetzt aber auch gucken, wo die Interessen von Nordrhein-Westfalen liegen.

Und da finde ich, Herr Brockes, dass Sie jetzt wieder dazu beigetragen haben, hier eine ganze Menge Märchen zu verbreiten. Auf der einen Sei

te wird gesagt, Atomkraft ist Klimaschutz. Auf der nächsten Seite heißt es, Atomkraft ist Versorgungssicherheit. Dann sichert Atomkraft wieder einmal die Strompreise.

Wenn man sich das intensiv anschaut, dann wissen Sie doch auch: Keiner dieser Punkte lässt sich in einer intensiveren Diskussion halten.

(Zurufe von der FDP)

Lesen Sie einmal nach, was der Verband der Netzbetreiber dazu sagt. Die haben eine Studie zur Versorgungssicherheit gemacht. Das sind keine Lobbyisten für regenerative Energien. Das können Sie nun wirklich nicht behaupten. Die haben errechnet, dass allein die Steigerungsrate bei den regenerativen Energien zwischen 2005 und 2009 das ersetzt, was bis dahin an Atomkraft ins Netz geht.

(Beifall von der SPD)

Atomstrom macht heute 28 % der Gesamtmenge aus. Wir wissen heute schon, 25 % sind durch erneuerbare Energien ersetzbar. Dann ist der Rest ja wohl ein lösbares Problem.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Richtig!)

Ich vermisse, dass hier einmal die Interessen von Nordrhein-Westfalen vertreten werden. Frau Thoben, dann müssen Sie sich zu der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke äußern. Denn das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Effizienzsteigerung hier in Nordrhein-Westfalen. Natürlich hat das auch etwas damit zu tun, ob unsere Kraftwerke hier erneuert werden. Deswegen müssen Sie sich zu dieser Frage in Nordrhein-Westfalen auch äußern.

Man muss sich auch im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher äußern. Es ist doch nicht so, dass die Energiepreise ständig in die Höhe gehen, weil es regenerative Energien gibt oder weil wir den Ausstieg aus der Atomenergie wollen, sondern das liegt daran, dass 90 % des Stroms an der Leipziger Börse von nur vier Konzernen produziert wird. Wir haben da ein Oligopol, und das bestimmt die Preise.

Deswegen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, würde ich mir wünschen, dass Sie nicht nur immer mehr Wettbewerb für die Schulen fordern, sondern auch einmal mehr Wettbewerb im Energiemarkt unterstützen und sich da auch dem Bundesminister Gabriel anschließen. Wir brauchen eine stärkere Regulierungsbehörde auf der Bundesebene. Wir brauchen starke Stadtwerke, die dagegenhalten. Deswegen müssen Sie die

Stadtwerke stärken und sie nicht noch schwächen.

Wir brauchen auch eine Stärkung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie wissen, wie viele andere auch, der neueste Deutschlandtrend hat gesagt, 81 % der Menschen möchten, dass prioritär regenerative Energien gefördert werden. Atomkraft hat in der Bevölkerung keine Akzeptanz mehr. Das müssen Sie einfach einmal wahrnehmen und auch akzeptieren.

FDP und CDU versuchen hier, mit Instrumenten, die es im letzten Jahrhundert gab, Probleme dieses Jahrhunderts anzupacken. Das funktioniert nicht. Sie müssen jetzt endlich einmal Ihre Konzepte auf den Tisch legen. Sie müssen auch endlich die Rolle als Regierung annehmen. Es reicht nicht, Herrn Horstmann zu fragen, was er gerne möchte. Sie müssen sagen, was die Regierung hier in Nordrhein-Westfalen möchte. Wir warten auf Ihre Antworten. Wir sind gespannt, was da von Ihrer Seite kommt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Schulze. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Sagel.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Thoben, Sie sind wirklich auf alle entscheidenden Fragen hier Antworten schuldig geblieben. Das ist die Situation.

Ich frage Sie, Herr Weisbrich und Herr Brockes, was an Atomenergie sicher ist. Sie haben kein sicheres Endlager. Wir haben damit nur die Probleme in Nordrhein-Westfalen. Wir entsorgen hier den Restmüll für Bayern und Baden-Württemberg. Das ist die Situation. Wir haben hier nur Nachteile.

(Ralf Witzel [FDP]: Arbeitsplätze!)

Eines ist auch sicher. Gerade die immer älter werdenden Atomkraftwerke vergrößern die Problematik. Sie vergrößern das Restrisiko. Das ist doch die Situation.

Ich kann Ihre Argumentation insofern überhaupt nicht nachvollziehen. Denn wir setzen uns hier für ein neues Energiekonzept ein. Aber Sie schreiben hier die Politik des vergangenen Jahrhunderts mit immer größer werdenden technologischen Gefahren fort. Denn diese Atomkraftwerke sind unsicher und werden immer unsicherer.

Wir müssen diese Zeit bis 2020 nutzen, um tatsächlich auszusteigen und ein vernünftiges Energiekonzept auf den Weg zu bringen. Wir dürfen nicht das Restrisiko durch diese immer älter werdenden Atomkraftwerke erhöhen.