Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

Herr Minister Laschet.

Ich habe bisher noch nicht die Chance gehabt, an einer Klausurtagung der CSU in Wildbad Kreuth teilzunehmen.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Ich weiß auch nicht, wie Sie an Wortprotokolle kommen, sodass Sie wissen, was er da gesagt hat. Ich weiß, was er vor dem Europäischen Parlament gesagt hat.

(Bodo Wißen [SPD]: Fragen Sie Herrn Rütt- gers!)

Das weiß ich aus meiner früheren Tätigkeit. Ich weiß auch, dass er unter anderem von der politischen Rechten kritisiert worden ist, weil er sich dafür eingesetzt hat, nach europäischen Werten mit den Flüchtlingen an der italienischen Außengrenze humanitär umzugehen. Das ist die Position von Herrn Buttiglione, die ich kenne.

Die Zitate, die Sie aus Wildbad Kreuth haben und die sich auf die Hölle oder sonst was beziehen, kenne ich nicht. Das kann ich mir nicht vorstellen; denn die Kritik an Buttaglione, die in Italien von manchem Mitglied der politischen Rechten geübt wird, besagt genau das Gegenteil von dem, was Sie ihm hier erneut unterstellen wollen.

Zu einer zweiten Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Kuschke das Wort.

Herr Minister Laschet, mir ging es vorhin nicht um einen Gesinnungstest. Da ich Sie sehr schätze, was das Einnehmen von Standpunkten anbelangt, auch wenn ich sie nicht

immer teile, würde mich allerdings interessieren, welche Position Sie als Mitglied des Europäischen Parlaments eingenommen haben, als es um die Frage eines möglichen EU-Kommissars Buttaglione gegangen ist.

Auch das ist durch den ursprünglichen Text der Frage nicht gedeckt, weil Minister Laschet als Minister hier sitzt. Selbstverständlich steht es ihm jedoch frei, darauf zu antworten, wenn er das möchte.

Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen – weder die alte noch die neue – hat keine Position in Bezug auf einzelne EU-Kommissare einzunehmen.

Eine weitere Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Schemmer.

Herr Minister Laschet, wie Sie richtigerweise sagen, repräsentiert der jeweilige Minister eines Landes sein Land, und das ist so weit auch in Ordnung. Hätten Sie zum Beispiel von der italienischen Seite beim Besuch eines deutschen Ministers in Italien erwartet, dass die Frage, ob dieser Minister früher Steine geworfen hat, eine Rolle spielt?

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben einige Fragen, die wir in der Fragestunde behandeln wollen. Auch diese Zusatzfrage ist vom Text der ursprünglichen Frage nicht gedeckt. Herr Minister Laschet hat also die Möglichkeit, darauf zu antworten, wenn er es möchte. Bitte schön, Herr Minister Laschet.

Ich glaube, die Regierung Italiens würde einen Abgesandten der Bundesrepublik Deutschland so behandeln, wie es die Landesregierung tut, und eine Regierung des Landes Italien würde wahrscheinlich nicht die Praxis pflegen, die einzelne Fragesteller bei dem Besuch eines Gastes an den Tag gelegt haben.

(Beifall von der CDU)

Auch der Abgeordnete Leuchtenberg, SPD-Fraktion, hat eine Zusatzfrage.

Herr Minister, in der Öffentlichkeit und von Vertretern der italienischen

Einwohner in der Bundesrepublik ist kritisiert worden, dass zu der Abendveranstaltung eine Reihe offizieller Vertreter der italienischen Gemeinde in Nordrhein-Westfalen, zum Beispiel die Vorsitzende des Komitees für den Konsularbezirk Dortmund – das ist die offiziell von Auslandsitalienern gewählte Vertretung –, gar nicht erst eingeladen wurde. Können Sie uns sagen, was der Grund dafür war? Und nach welchen Kriterien sind die Teilnehmer von der Landesregierung ausgewählt worden?

Ich habe Sie nicht ganz verstanden. Sie haben gefragt, warum die von Ihnen genannte Vereinigung eingeladen worden ist?

Nein. Ich habe gefragt, warum einige nicht eingeladen wurden – das ist, teilweise auch in der Presse, kritisiert worden – und nach welchen Kriterien die Landesregierung Einladungen ausgesprochen hat.

Ich kenne bis zur Minute keine Kritik an den Einladungslisten. Es hat sich keiner beschwert. Wenn sich jemand, der eine italienische Organisation vertritt, ausgeschlossen gefühlt hat, tut mir das Leid. Wir haben die Listen des Integrationsministeriums der ehemaligen Regierung übernommen.

(Uwe Leuchtenberg [SPD]: Es sind alle ein- geladen worden?)

Ich kenne die Listen nicht auswendig. Es sind, glaube ich, 3.000 Leute eingeladen worden. Wenn jemand nicht eingeladen worden sein sollte, würde ich das sehr bedauern. Aber es waren die kommunalen Migrantenvertretungen dort. Es ist ziemlich breit eingeladen worden. Wenn uns da einer durch die Lappen gegangen sein sollte, täte mir das Leid.

Meine Damen und Herren, weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Damit ist die Mündliche Anfrage 43 erledigt.

Wir kommen zur

Mündlichen Anfrage 44

des Herrn Abgeordneten Horst Becker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Warum ist das Projekt O.Vision in Oberhausen für Finanzminister Dr. Linssen ein „Scheißprojekt“?

Auf welche Grundlage stützt Finanzminister Dr. Helmut Linssen seine in der Plenardebatte am 19. Januar 2006 gemachte Einschätzung, dass das Projekt O.Vision in Oberhausen ein „Scheißprojekt“ ist?

(Der Vizepräsident lässt bei der Benennung des Themas das letzte Wort der Überschrift aus.)

Bitte schön, Herr Linssen, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Becker, vielleicht schicke ich voraus, dass mir im Eifer des Gefechtes ein sicherlich unparlamentarischer Ausdruck

(Zurufe von der SPD: Oh!)

herausgeschlüpft ist. Das kommt bei Ihnen im Eifer des Gefechtes vielleicht auch schon mal vor.

(Widerspruch von der SPD – Allgemeine Hei- terkeit)

Da ich lange genug in diesem Parlament bin, weiß ich natürlich, dass das unparlamentarisch war. Es tut mir Leid.

Ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:

Die Landesregierung hat in der Kabinettssitzung am 10. Januar 2006 beschlossen, dass das Land Nordrhein-Westfalen den Gewerbepark O.Vision der Stadt Oberhausen nicht finanziell fördern wird, da das Projekt wirtschaftlich zu riskant ist. Weder das Land noch die Stadt Oberhausen können dieses Risiko verantworten.

Als Beispiele für viele unterschiedliche Risiken des Projektes möchte ich Ihnen nur drei nennen:

Erster Punkt: Für die Finanzierung der Eigenleistung sieht die Stadt unverändert ein komplexes Finanzierungsmodell vor, mit dem vordergründig Kreditfinanzierungen im Haushalt vermieden werden sollen. Dabei sollen einmalige und laufende Finanzierungsbelastungen durch sukzessive Ver

äußerungserlöse aus RWE-Aktien der Stadtwerke Oberhausen AG von insgesamt mehr als 16 Millionen € kompensiert werden. Die Vorstellung der Stadt, die Finanzierung über einen Verkauf der im Besitz der Stoag – das ist die Stadtwerke Oberhausen AG – befindlichen Aktien abzuwickeln und dann über eine Verringerung des Zuschussbedarfs der Gesellschaft zu rechtfertigen – etwas kompliziert –, ist angesichts der defizitären Haushaltslage und der hohen Kassenkredite haushaltsrechtlich unzulässig.

Ich möchte Ihnen einen zweiten Punkt nennen: Das Projekt müsste bis spätestens Ende 2008 gebaut, in Betrieb und abgerechnet sein, um die Bedingungen für die Förderung mit EU-Ziel-2Mitteln erfüllen zu können. Nach der ursprünglichen Konzeption sollte die Verwirklichung des Projekts ca. dreieinhalb Jahre in Anspruch nehmen. Der ehrgeizige Zeitplan für das verkleinerte Projekt sah die Einhaltung dieses Zeitziels in den verbleibenden knapp drei Jahren vor. Die Ausstellung sollte danach im November 2008 fertig gestellt sein. Unter anderem ging der Zeitplan davon aus, dass das beihilferechtliche Notifizierungsverfahren bis zum 1. Februar 2006 abgeschlossen sein sollte. Der entsprechende Antrag wurde zwischenzeitlich, und zwar am 30. Januar 2006, zurückgezogen.

Unabhängig von der Genehmigungsproblematik bei der Kommission reicht die verbleibende Zeit zur Einhaltung der strengen Regeln für die Mittelverwendung bis Ende 2008 voraussichtlich nicht mehr aus, um das geplante Projekt rechtzeitig fertig zu stellen. In diesem Falle müssten das Land und die Stadt die ausfallenden Fördermittel der EU in Höhe von rund 25 Millionen € aufbringen. Ein solches finanzielles Risiko ist bei welcher Lastenteilung auch immer weder für den Landeshaushalt noch für den Haushalt der Stadt Oberhausen vertretbar.

Ich möchte einen dritten Punkt nennen: Nach den bisherigen Erfahrungen mit Entertainment- und Edutainmentprojekten – das ist etwas, was ich auch erst im Zusammenhang mit diesem Projekt kennen gelernt habe: Edutainmentprojekte – erscheint es zweifelhaft, dass die Attraktivität des Konzeptes und die eingeplanten Mittel zur regelmäßigen Steigerung der Attraktivität ausreichen, um das Projekt dauerhaft wirtschaftlich betreiben zu können. Außerdem bergen Projekte dieser Größenordnung erfahrungsgemäß ein hohes Risiko bei den Bau- und Betriebskosten sowie bei der Bauzeit. Derartige Risiken fängt die Kalkulation nicht auf.

Dies sind drei Gründe, die Sie praktisch auch in allen Papieren der Vorgängerregierung nachlesen können, jedenfalls beim Innenminister und auch beim Finanzminister. Man braucht sich die Akten nur etwas genauer anzusehen, dann findet man genau die Argumente der früheren Minister. Ich habe sie Ihnen hier nur noch einmal vorgetragen, damit Sie sehen, dass wir da eigentlich nur sehr konsequent gewesen sind auch in Bezug auf den Kabinettsbeschluss, der Anfang vorigen Jahres in einer zweiten Passage die Bedenken deutlich machte und auch unabhängig von einer eventuellen Genehmigung durch die EU klargestellt hat, dass sich die Landesregierung das Projekt auf jeden Fall noch einmal ansehen müsste.

Ich möchte mit meinen Ausführungen auch gerne Missverständnissen vorbeugen: Die eingesparten Fördermittel dienen nicht der Konsolidierung des Landeshaushaltes, sondern sollen für andere Ziel2-Projekte insbesondere im Ruhrgebiet zur Verfügung stehen. Hier sind nach meiner Auffassung die Fördermittel besser angelegt.

Wenn Sie die Zeitung aufschlagen, sehen Sie fast jeden Tag neue Meldungen: ob über das MaxPlanck-Institut in Dortmund oder die Propylenpipeline. Das alles sind Maßnahmen, die mit viel Einsatz für das Ruhrgebiet durch diese Regierung geleistet werden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank. – Zu einer Zusatzfrage hat sich der Abgeordnete Becker, Grünen-Fraktion, gemeldet.