Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ich sage noch einmal: Diese Regierungserklärung ist das Papier nicht wert, auf dem sie steht. Es ist kein
Konzept erkennbar. Es ist wirklich eine Auflistung dessen, was es schon gibt und was andere vorangebracht haben. Wir erwarten von Ihnen gerade in den Haushaltsberatungen, Herr Minister Pinkwart, dass Sie konkrete Antworten geben. Wie soll es jetzt konzeptionell weitergehen, um das zu erreichen, was hier als hehres Ziel vorgetragen worden ist?
Das, was hier bis 2015 geschehen soll, ist in der Tat sehr ehrgeizig. Rund 40.000 zusätzliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen in den Institutionen und in der Forschung arbeiten. Dann müssen Sie auch sagen, wie Sie das machen wollen und wie Sie die Steigerung auf 3 % des BIP bei den FuE-Mitteln erreichen wollen.
Auf all diese Fragen sind keine Antworten gegeben worden. Wir sind nicht am Ende in der Debatte, aber nochmals: Wir erwarten von Ihnen die entsprechenden Antworten, wenn Sie den Anspruch erheben, Innovationsminister zu sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Als nächster Redner hat Herr Kuhmichel für die Fraktion der CDU das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Damit das hier nicht untergeht: Das war eine hervorragende Regierungserklärung, das Beste, was ich in Sachen Hochschulpolitik in den letzten Jahren gehört habe.
Ich bin schon 15 Jahre dabei und kann das beurteilen. Herr Innovationsminister, herzlichen Dank für das, was Sie hier vorgetragen haben.
Das war kraftvoll, das war nach vorne gerichtet, und es war äußerst konkret. So viel Anfang in Sachen Hochschulpolitik gab es in diesem Land schon lange nicht mehr. Es wird nicht beim Anfang bleiben. Es wird nämlich Zug um Zug das umgesetzt, was der Innovationsminister hier gerade vorgetragen hat. Es gibt auch schon kleine Erfolge, die mit dem Regierungswechsel zusammenhängen. Vieles ist auch schon projektiert.
Herr Kuhmichel, ist Ihnen eigentlich klar, was Sie mit der Bewertung, die Sie gerade mit Blick auf den Minister vorgenommen haben, angesichts Ihrer eigenen Reden erreicht haben, die Sie hier in der Vergangenheit zu der Frage „Hochschule und Forschung“ gehalten haben?
Frau Löhrmann, Sie haben nicht richtig zugehört. Es war in Sachen Hochschulpolitik von einem Regierungsmitglied das Beste, was ich in den letzten Jahren gehört habe. Das ist seit dem 22. Mai 2005 nun einmal so. Das müssen Sie so zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren, das Bedauerliche allerdings ist, dass eine solche Regierungserklärung, wie wir sie heute zur Kenntnis nehmen mussten und durften, auch eine Dokumentation von in der Vergangenheit verpassten Chancen ist, eigentlich ein einziger Beleg dafür, dass die rotgrüne Vorgängerregierung in diesem Land der Bevölkerung und auch den Hochschulen viel Zeit gestohlen hat.
Das RWI-Gutachten ist eine einzige Anklageschrift; das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Die Wissenschaftler haben das nicht aus dem Bauch heraus geschrieben. Sie haben Ergebnisse erarbeitet, die deutlich machen, dass in der Vergangenheit sehr viele Fehler gemacht worden sind.
Meine Damen und Herren, ich sagte gerade: Ich bin einige Jahre im Wissenschaftsausschuss tätig, genau seit 15 Jahren. Viele aus der „Wissenschaftsabteilung“ der Fraktionen von SPD und Grünen in diesem Raum wissen, was wir, die CDU-Fraktion, versucht haben, um Innovationen in Gang zu setzen, und wie Sie mit diesen Vorstößen, mit diesen Initiativen umgegangen sind, wie Sie sie mehrheitlich kaputtgemacht, in die Tonne geklopft haben, wo wir doch zum Teil gebetsmühlenartig versucht haben, in diesem Lande etwas in Bewegung zu bringen. Ich will nur wenige Punkte kurz ansprechen. Ich könnte jetzt eine stundenlange Vorlesung halten zu dem, was wir hier – leider Gottes vergeblich – angemahnt haben.
November 1996: Neuordnung des Hochschulzugangs jetzt einleiten. Mit Blick auf den Wert des Abiturs bei uns in Nordrhein-Westfalen und auch mit Blick auf die Studierfähigkeit hätte eine Riesenchance bestanden, hier die Weichen neu zu stellen. – Das haben Sie abgelehnt. Wenig innovativ war das.
Wir haben im Januar 1996 – das ist jetzt über zehn Jahre her – mehr Eigenverantwortung und weniger Staat an den nordrhein-westfälischen Hochschulen eingefordert. Das haben wir begründet. Da war für das, was jetzt geschieht, was Minister Pinkwart jetzt mit seinem Hochschulfreiheitsgesetz macht, schon der Grunde gelegt worden. – Sie haben es einfach verworfen und keine Chance zur Innovation gesehen. Wir müssen das jetzt so konstatieren.
Ein weiterer Punkt: Biotechnologie voranbringen – März 1996; das ist bald zehn Jahre her. Wir haben Versäumnisse in diesem Bereich angemahnt und gesagt, dass sich Ihre Politik anders auszurichten hat. – Sie haben das verworfen und waren auch dort nicht innovativ.
Der nächste Punkt: Hochschulen mehr zutrauen, Autonomie nicht nur fordern, sondern fördern. Hier haben wir wieder Versäumnisse aufgelistet und Ihnen deren Beseitigung ans Herz gelegt. – Sie haben sie mit Ihrer Arroganz der Macht einfach verworfen und sind wieder auf der Stelle stehen geblieben. Wir haben das immer wieder bedauert.
Ich ziehe diese Bilanz, damit Sie wissen, was wir versucht haben und dass wir uns freuen, dass wir es jetzt umsetzen können, weil uns das Vertrauen der Wähler erreicht hat.
Meine Damen und Herren, wir haben ein Weiteres gesagt, dass die Politik der Vergangenheit die Forschungs- und Technologiestandortmöglichkeiten NRWs gefährdet, dass das Land Klarheit für überregionale Forschungseinrichtungen schaffen muss. – Auch dieses Monitum ist bei Ihnen nicht angekommen, haben Sie nicht ernst genommen.
Wir haben schon damals gesagt – das war im November 2004 –, dass die Landesregierung jährlich einen Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit vorlegen soll. – Das geschieht jetzt – aber nicht, weil Sie es gemacht haben, sondern weil wir jetzt die Chance haben, dieses einzufordern und auch durchzusetzen.
Jetzt können Sie natürlich sagen: Na ja, das sind die Klagen eines langjährigen Oppositionellen, der nun Verantwortung zu tragen hat. – Aber es war schon damals so, dass nicht nur wir den Finger in
die Wunde gelegt haben, sondern auch ausgewiesene Fachleute. Nur zwei kurze Zitate aus der Vergangenheit.
Da ist Herr Erichsen, ein wirklich respektabler Hochschulmensch, durch das Land geschickt worden. Er sollte den Qualitätspakt begleiten. Er sollte alles mit einem Expertenrat beobachten und evaluieren. Er sagte vor dem Ausschuss – das war Ende 1999, ist jetzt also auch schon wieder gut sechs Jahre her; damit hat er Ihre Politik gemeint –, dass er ein solch kühles und von Misstrauen geprägtes Klima zwischen einem Ministerium – gemeint war das Wissenschaftsministerium – und den Hochschulen in NRW in keinem anderen Bundesland vorgefunden habe. Das war eine Bewertung Ihrer Politik. Die gilt es jetzt zu ändern. Dafür treten wir an. Deswegen eine solche richtungweisende Erklärung durch den zuständigen Minister!
Ich will Ihnen ein zweites Zitat nahe legen. Wir haben Herrn Ronge, der ja zu der Ehre gekommen ist, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz zu werden – er wurde eben schon einmal zitiert –, zu einer Anhörung am 1. Dezember 1999 zu dem von Ihnen in aller Schnelle noch vor der damaligen Landtagswahl gestrickten neuen Hochschulgesetz eingeladen und ihn gefragt, was er davon halte. Er war damals schon Rektor der Uni Wuppertal. Er hat die halbierte Unternehmerisierung der Hochschulen beklagt. Den Unternehmensleitungen in den Hochschulen müsste es möglich sein – so Ronge damals, 1999 –, die Signale des Marktes aufzunehmen, umzusetzen und nach innen zu vertreten. Ronges Urteil über den damaligen Gesetzentwurf – das Gesetz ändern wir ja jetzt, Gott sei Dank –: Das unternehmerische Leitbild Ihres Gesetzes folgt eher sozialistischen Vorbildern als dem Markt. – Er hat schon damals so gesprochen.
So haben es auch viele seiner Kollegen gesehen. Sie freuen sich natürlich, dass jetzt ein neuer Wind in die Hochschulpolitik kommt, dass mehr Freiheit da ist, die sie gestalten können. Mehr Freiheit heißt mehr Verantwortung, möglicherweise auch mehr Arbeit. Aber ich bin sicher, dass die Hochschullandschaft diese Arbeit gerne angeht.
Meine Damen und Herren, Sie haben also in der Vergangenheit mit längst gescheiterten Modellen und planwirtschaftlichen Programmen unsere Hochschulen zugeschüttet. Sie haben auf der Kapazitätsverordnung beharrt und damit Mengen gefördert und nicht Qualität. Sie haben auf Überregulierung und Detailsteuerung gesetzt.
Jetzt haben wir die Vorauswahl der nordrheinwestfälischen Hochschulen zur ersten Runde der Exzellenzinitiative. Das ist doch ein Skandal; da können einem doch im wahrsten Sinne des Wortes die Tränen kommen. Das ist die Bilanz der von Ihnen in 39 Jahren gestalteten Hochschulpolitik: Trotz der dichtesten Hochschullandschaft in Europa – dessen rühmen Sie sich immer, obwohl es gelegentlich auch reinregnet; das zum Wortspiel „dicht“ – sind die nordrhein-westfälischen Hochschulen im bundesweiten Vergleich bis auf wenige Ausnahmen bestenfalls Mittelmaß. Das muss man doch sagen dürfen, das ist doch ein Fakt. Das ist doch jetzt belegt. Das müssen Sie hinnehmen und können nicht behaupten, wir redeten etwas schlecht.
Wir treten an, um zu Verbesserungen zu kommen. Machen Sie doch einfach mit, auch wenn Sie es vorher abgelehnt haben. Das wäre für unser Land von Vorteil.
An diesem Mittelmaß, das nunmehr ermittelt worden ist, sind nicht die Hochschulen schuld. Es ist Ausdruck jahrzehntelanger verfehlter Hochschulpolitik, weil die Hochschulen ihr Potenzial nicht ausschöpfen konnten. Das gilt auch – sogar ganz besonders – für das Ruhrgebiet, als dessen Anwalt, als dessen Statthalter quasi, Sie sich immer wieder aufspielen wollen. Die Ruhrgebietsuniversitäten haben unter Ihrer Politik gelitten. Sie haben das Gesamthochschulmodell leise, fast schweigend, nach 25 Jahren eingerollt. Die Hochschulen mussten jetzt feststellen, dass sie als Hochschulen im Ruhrgebiet nach wie vor Wettbewerbsnachteile gegenüber der restlichen Hochschullandschaft haben. Das ist Ihr Erbe; ich kann es nicht ändern. Lassen Sie uns gemeinsam zu Neuerungen, zu Verbesserungen kommen, meine Damen und Herren.
Herr Minister Pinkwart, Sie haben eben einen beeindruckenden Beweis für die Notwendigkeit eines Systemwechsels in der nordrhein-westfälischen Hochschul- und Innovationspolitik geliefert. Sie haben die Zeitschiene treffend beschrieben: Bis 2010 wollen wir die Lücke zum Bund schließen – wir werden es schaffen –, und bis 2015 wollen wir das Innovationsland Nummer eins werden. Die ersten Schritte auf diesem Wege sind eingeleitet – Sie haben darauf hingewiesen –: gesicherte finanzielle Basis für die Hochschulen, Studienbeitragsgesetz und das Hochschulfreiheitsgesetz, das im wahrsten Sinne freiheitlichste Hochschulgesetz in der Bundesrepublik weit und breit.
Der internationale Wettbewerb um die besten Professoren und die besten Studierenden sowie um beste Forschungs- und Ausbildungserfolge und auch der technische Fortschritt stellen unsere Hochschulen vor immense Herausforderungen, weil es immer kostspieliger wird, exzellente Forschungs- und Lehrbedingungen bereitzustellen.
Diese Herausforderung ist nur zu bestehen, wenn die Hochschulen mit einer hinreichenden finanziellen Ausstattung zugleich die Freiheit erhalten – und darum geht es; und sie werden sie wahrnehmen und sie freuen sich darauf, auch wenn es immer ein paar Ängste gibt, wenn etwas Neues kommt, aber sie werden es packen –: für schnellere Entscheidungen, unbürokratischere Handlungsmöglichkeiten, effektiveren Ressourceneinsatz und strategische Eigenverantwortung.
Die Hochschulen der Zukunft, die den Nährboden für Innovation bilden, müssen unabhängig, profiliert und international wettbewerbsfähig sein. Sie müssen ihre Mittel dazu effektiv einsetzen können. Das Hochschulfreiheitsgesetz – dessen sind wir sicher – wird den Hochschulen helfen, die Herausforderungen der Zukunft zu bestehen. Es wird die Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen nachhaltig verändern. Es wird Kreativität und Ideenreichtum – das war das große Manko der vergangenen Zeit – fördern und unser Land nach vorne bringen. Nur darum geht es. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kuhmichel. – Als nächster Redner hat der Abgeordnete Dr. Vesper für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kuhmichel, ich fand es ganz gut, dass Sie eben nicht nur gesagt haben, wie schlecht die Qualität der hochschulpolitischen Debatten der Vergangenheit war, sondern auch deutlich gemacht haben, dass Sie 15 Jahre lang als Sprecher für die CDU-Hochschulpolitik in diesem Landtag verantwortlich waren. Ich finde es immer gut, wenn ein Politiker zur Selbstkritik fähig ist. Wahrscheinlich hat Ihre Fraktion Sie deshalb auch als Sprecher abgelöst und Herrn Brinkmeier eingesetzt, um die Qualität der hochschulpolitischen Debatten zu erhöhen.
Lieber Herr Pinkwart, das war ja nun wirklich innovativ: Sie haben uns heute vorgemacht, wie man aus buchstäblich Nichts eine Regierungserklärung zaubern kann, und noch dazu eine derart
Aber das scheint mir das Prinzip der neuen Landesregierung zu sein. Motto: Wir verkaufen lieber, als zu produzieren; und das nach Möglichkeit in jeder Plenarwoche – entweder in Form einer Regierungserklärung oder einer Unterrichtung. Dabei sind wir vor nix fies. Wir nehmen alles, was die Vorgängerregierung – wie Sie immer sagen – geschaffen und eingestielt hat, dankbar auf, erfinden dazu neue Überschriften und präsentieren das dann selbstbewusst als „Trendwende“.
Aber, lieber Herr Pinkwart, dieses Prinzip ist durchschaut, und die Menschen fragen zunehmend: Was ist denn nun bei dieser neuen Regierung wirklich anders und vor allem, was ist besser?
Wenn Sie die Globalhaushalte ansprechen: Das ist doch eine Erfindung der rot-grünen Landesregierung, die wir in den vergangenen Jahren eingeleitet haben und die Sie jetzt fortführen, was ich gut finde.