Kollege Schulte, Sie haben eben von Nordrhein-Westfalen als flächengrößtem Land Deutschlands gesprochen. Das war wahrscheinlich ein Versprecher. Aber wenn Sie dieses Argument schon einführen: Das flächengrößte Land Deutschlands ist Bayern. Es hat so viele Zugkilometer wie NRW. Aber Bayern hat weniger Regionalisierungsmittel als Nordrhein-Westfalen. Ist Ihnen das bekannt?
Wir haben zufrieden zur Kenntnis genommen, dass auch Organisationen wie „Transnet“ und „Allianz pro Schiene“ das Vorgehen der Landesverkehrsminister gutheißen. Der Entschließungsantrag ist eine solide Grundlage für die weiteren Verhandlungen zwischen Bund und Ländern für die gesicherte Zukunft des Nahverkehrs. Aber wir müssen auch in Nordrhein-Westfalen im eigenen Hause darangehen, Strukturen zu verändern und neue gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um in Zukunft mit weniger Geld mehr und effektivere Leistungen zu bringen. Dazu wird Herr Kollege Lehne im weiteren Verlauf der Debatte weitere Ausführungen machen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Erfolg der Bahnreform ist unumstritten. Die Fahrgäste belegen es Tag für Tag durch die gesteigerte Nachfrage.
Vor diesem Hintergrund besteht kein sachlicher Grund, von den gesetzlich festgelegten Transfers in Form der Regionalisierungsmittel abzuweichen. Das gilt genauso für die Regelung, im Jahre 2007 eine Revision des Regionalisierungsgesetzes mit Wirkung ab 2008 durchzuführen. Daher ist das eindeutige politische Votum der Länderverkehrsminister gegen die voreilige Kürzung der Regiona
Wir bedanken uns ausdrücklich bei CDU und FDP für die Vorlage ihres Entschließungsantrages. Nicht für den Inhalt, denn außer einer etwas blassen Ergebenheitsadresse steht kein Inhalt drin, aber für die Vorlage. Denn immerhin ist dem Parlament dadurch der Beschluss der Verkehrsministerkonferenz im Wortlaut mitgeteilt worden. Es wäre eigentlich die Aufgabe des zuständigen Ministers gewesen, uns das vorzulegen. Wenn ich mich nicht täusche, war es auch zugesagt.
Wir hatten es gerade auch in der schulpolitischen Debatte: Es ist ein Unding, dass immer wieder Dokumente, die vorliegen, die zugesagt worden sind, dem Parlament in Gänze nicht zugeleitet werden, sondern offensichtlich nur der einen oder anderen Fraktion.
Das offenbart ein ganz mieses Selbstverständnis der Regierung als ausführendes Organ dem Parlament gegenüber.
Das Votum der Minister wirft aber auch Fragen auf. Was soll zum Beispiel der Kompromissvorschlag der Länder, der aus unserer Sicht völlig verfrüht ist, im Januar 2007 auf die gesetzlich verankerte Steigerung der Bundesleistungen um 1,5 % zu verzichten? Die gesetzlich geregelte Dynamisierung dieser Mittel entspricht noch nicht einmal dem Ausgleich der Inflationsrate. Darauf wollen Sie jetzt eilfertig verzichten. Finden Sie, dass das im Sinne Nordrhein-Westfalens ist, obwohl noch nicht klar ist, in welche Richtung die Reise insgesamt geht?
Noch etwas fällt auf: Die Presseschauen berichten üppig über Ihre markigen Worte, Herr Minister, über die Fehlverwendungen von Regionalisierungsmitteln in anderen Bundesländern. Ein Museumszug im Harz wurde ebenso gebrandmarkt wie der von der Bundeskanzlerin heiß geliebte „Rasende Roland“ in ihrem Wahlkreis auf der Insel Rügen. Aber offensichtlich ist der Lautsprecher wieder zu laut gestellt worden, denn wie liest es sich im Beschluss der Verkehrsministerkonferenz? – Ich zitiere:
„Die Verkehrsministerkonferenz bekräftigt, dass die Regionalisierungsmittel durch die Länder zweckbezogen und gesetzeskonform verwendet werden.“
Anwesend: Herr Wittke. Abstimmungsergebnis: einstimmig. – Hört sich das nicht ganz anders an? Was erzählen Sie vor Ort den Menschen über das, was in Berlin vor sich gegangen ist? Mir offenbart sich hier: Wo es nichts kostet, wird aufgedreht, und dort, wo es Mut erfordert, den Kollegen unangenehme Dinge direkt zu sagen, da wird ein tiefer Diener gemacht. Da muss Nordrhein-Westfalen, wenn man das jetzt in der Presse liest, doch im Nachhinein einen sehr armseligen Eindruck machen. Das halten wir für Nordrhein-Westfalen für schlecht.
Die erste Forderung des vorliegenden GrünenAntrags, die wir unterstützt haben, ist durch das Ergebnis jetzt im positiven Sinne obsolet geworden. Die beiden weiteren Forderungen sind dagegen aus unserer Sicht nicht durchschlagend.
Auf Bundesebene wird kritisiert, dass es zu wenig Sparbemühungen gibt, und gleichzeitig wird gefordert, ein großes Politikfeld von Kürzungen freizuhalten. Es ist auch nicht überzeugend, als Verteilungsschlüssel rein quantitative Maßstäbe anzuführen. Kollege Horstmann hat schon darauf hingewiesen, dass das ins Auge gehen kann. Vielmehr muss der künftige Bedarf an Regionalisierungsmitteln objektiv dargelegt und nachgewiesen werden. Das schafft die Basis für eine bedarfsgerechte Mittelzuweisung. Das eröffnet auch einen Planungskorridor, der Planungssicherheit vermittelt.
Eine entscheidende Begründung für die vom Bund beabsichtigte Kürzung ist der immer wieder behauptete zweckentfremdete Einsatz. Wir haben gerade darüber gesprochen. Deswegen ist es überfällig, dass die Länder die Verwendung der Mittel, die sie bekommen haben, transparent machen. Das muss jetzt schnellstmöglich erfolgen. Das Land Nordrhein-Westfalen kann hier mit gutem Beispiel vorangehen, weil sozialdemokratische Verkehrsminister über eine lange Regierungszeit die Regionalisierungsmittel vorbildlich eingesetzt haben.
Ich glaube, Sie selbst haben es im Verkehrsausschuss so vorgetragen, Herr Minister Wittke. Wenn nicht, müssten Sie das revidieren, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das einer realen Basis entspricht.
Mittelstreichungen müssen dort angesetzt werden, wo nachgewiesen Zweckentfremdungen vorliegen. Durch Effizienzgewinne, beispielsweise durch Ausschreibungen, könnte das Angebot im
Sinne erhöhter Nachhaltigkeit durchaus noch ausgebaut werden. Deswegen sollten wir nicht jede Kürzung grundsätzlich ablehnen. Es wäre unglaubwürdig und deswegen auch eine schwache Argumentation.
Die Deutsche Bahn AG erwirtschaftet mit über 90 % Marktanteil im Nahverkehr dreistellige Millionengewinne. Es ist übrigens auch der größte Empfänger der Regionalisierungsmittel. Deswegen muss eine maßvolle Anpassung nicht zwingend auf das Verkehrsangebot oder auf das Tarifangebot durchschlagen. Es muss denkbar sein und es muss eine Option werden, dass sich der Gewinn der DB-Regio gegebenenfalls mindert.
Übrigens werden diese Gewinne, die maßgeblich in Nordrhein-Westfalen erwirtschaftet werden, nur zu einem Bruchteil in Nordrhein-Westfalen wieder reinvestiert. Sie erinnern sich an vielfältige Diskussionen über Modernisierungsstaus an Bahnhöfen.
Wir lehnen die Ausdünnung des Zugangebotes im ländlichen Raum ab. Dort brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Verkehrsinfrastruktur. Eine verantwortliche bundesweite Neujustierung der Regionalisierungsmittel muss dies bedenken.
Vor diesem Hintergrund lehnen wir die beiden anderen Punkte des Antrags der Grünen ab. Dem Entschließungsantrag von CDU und FDP können nicht einmal Sie selbst zustimmen, weil sich Herr Wittke durch seine öffentliche Kritik an seinen Kollegen den Boden für den Beschluss, den er mitgetragen hat, wo er das, was in den anderen Ländern geschieht, wieder sanktioniert, selbst entzogen hat. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung plant – in diesem Fall – mit Finanzminister Peer Steinbrück an der Spitze – mit 3,3 Milliarden € eine radikale Kürzung der Regionalisierungsmittel. Die von Herrn Steinbrück geplanten Kürzungen sind für Nordrhein-Westfalen ein Horrorszenario. Innerhalb von wenigen Jahren würde dann der Schienenpersonennahverkehr im ländlichen Raum überwiegend zum Erliegen kommen.
Dabei, Meine Damen und Herren, hatte Herr Steinbrück als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident im Jahre 2002 noch eine großzügige Auswei
Nur vier Jahre später macht er ganz genau das Gegenteil. Offenbar haben viele Abgeordnete der großen Koalition die Auswirkungen dieser Sparmaßnahme bisher völlig unterschätzt. Die vorgesehenen Sparmaßnahmen in 2006 und 2007 sind aufgrund von bestehenden Verträgen und Verpflichtungen unrealistisch.
Meine Damen und Herren, überhaupt nicht nachzuvollziehen ist zudem die Rasenmähermethode, mit der die Bundesregierung vorgehen will. Anstatt einen effektiven Mitteleinsatz in allen Bundesländern einzufordern, wird Nordrhein-Westfalen erneut benachteiligt und muss wieder einmal die Zeche bezahlen.
Nordrhein-Westfalen wird schon heute extrem benachteiligt. Die Zahlen sprechen doch für sich: Pro Einwohner erhalten wir in Nordrhein-Westfalen für den SPNV mit 60 € den niedrigsten Betrag aller Bundesländer. In Bayern sind es 83, in Thüringen 115 und in Brandenburg sogar 152 € pro Einwohner.
Bezogen auf eine Million Einwohner gibt es in Nordrhein-Westfalen 38 Bahnstationen. Dies ist erneut der niedrigste Wert aller Länder. In Hessen sind es 69, in Rheinland-Pfalz 99 und in Sachsen-Anhalt 138 Bahnstationen.
In Nordrhein-Westfalen werden die Mittel effektiv eingesetzt, während in anderen Bundesländern – zumindest in vielen – eine ganze Reihe von Strecken überhaupt nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. Aufgrund von sehr niedrigen Fahrgastzahlen könnten dort Busse weit günstiger und zudem individueller eingesetzt werden.
Meine Damen und Herren, die bisherige Förderpraxis hat Schienenverkehre aktiviert, die völlig ungeeignet sind. Die von Finanzminister Steinbrück geplante Fortsetzung dieser Praxis durch die Anwendung der Rasenmähermethode benachteiligt Nordrhein-Westfalen nochmals überproportional. Denn die meisten Einsparungen müsste NordrheinWestfalen erbringen, da wir in der Summe den höchsten Betrag erhalten, obwohl wir pro Einwohner am schlechtesten abschneiden. In NordrheinWestfalen – und das, meine Damen und Herren, ist für mich persönlich ein Skandal – würden Strecken mit 2.800 Fahrgästen am Tag geschlossen, während in anderen Bundesländern Strecken mit 900 Fahrgästen bestehen bleiben könnten.
Herr Kollege Keymis hat sich zu einer Zwischenfrage gemeldet. Herr Rasche hat mich darauf freundlich aufmerksam gemacht. Ich gebe Ihnen, Herr Kollege Keymis, für Ihre Zwischenfrage das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Rasche, ich stelle fest, dass Sie bei dieser Debatte auf Herrn Steinbrück abheben. Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass es Ihr Koalitionspartner ist, der diese Beschlüsse auf Kabinettsebene in Berlin am 22. Februar genau so gefasst hat, und zwar mit den Nachteilen, die Sie auch aus meiner Sicht völlig zu Recht beschreiben?
Lieber Herr Kollege Keymis, eine Fraktion und ein Politiker aus einer Fraktion, die weder auf Bundes- noch auf Landesebene irgendwo einen Koalitionspartner hat, hat natürlich leicht reden. Ich könnte Ihnen viele Beispiele aus der vergangenen Legislaturperiode in Nordrhein-Westfalen nennen, bei denen Sie außergewöhnlich viel Rücksicht auf einen Koalitionspartner genommen haben, und das gehört natürlich auch zum Geschäft dazu.