Protokoll der Sitzung vom 05.04.2006

Zweitens. Der Planfeststellungsbeschluss ist rechtmäßig, und die Landesregierung sieht daher keine Veranlassung, Änderungen vorzunehmen.

Drittens. Die Landesregierung ist fest entschlossen, aus Gründen des besonderen Landesinteresses an der Startbahnverlängerung festzuhalten und der Flughafen Münster/Osnabrück GmbH zu helfen, diese Verpflichtung zu erfüllen.

Aus dieser Entscheidung lassen sich im Übrigen keine Rückschlüsse auf spätere Entscheidungen der Landesregierung ziehen. Die Förderentscheidung für den Flughafen Münster/Osnabrück ist eine Einzelfallentscheidung, die unter Berücksichtigung aller Umstände, einschließlich der Bedeutung des Vorhabens für die Region und für das Land sowie eines effektiven Mitteleinsatzes getroffen worden ist.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Rechtsansprüche und eine Förderung in anderen Fällen lassen sich daher nicht daraus ableiten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines will ich aber an dieser Stelle noch einmal deutlich machen. Wir werden es künftig nicht mehr zulassen, dass berechtigte ökologische Belange benutzt werden, um Infrastrukturplanungen, die ebenso ihre Berechtigung haben, zu behindern oder gar vollends unmöglich zu machen.

(Beifall von der CDU)

Sie brauchen sich nur die Ausdehnung des FFHGebietes rund um den Flughafen Münster/Osnabrück anzuschauen. Dieses Gebiet legt sich wie eine Banane rund um den Flughafen, und es ging nicht – das behaupte ich an dieser Stelle – um den Landschaftsschutz. Es ging auch nicht darum, das Bachneunauge zu schützen. Vielmehr war offenbar die einzige Motivation im Hause Höhn – von Frau Höhn vorgetragen –, einen notwendigen Infrastrukturausbau, der im Interesse Nordrhein-Westfalens liegt, zu verhindern.

Eine solche Politik ist aber nicht zielführend. Sie ist ideologisch geprägt, und Ideologie hat weder in der Umwelt- noch in der Verkehrspolitik ihren Platz. Deshalb bin ich froh, dass wir das Projekt auf den Weg bringen können und damit die Infrastruktur des Münsterlandes nachhaltig verbessern. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Minster. – Für die SPD spricht nun Herr Kuschke.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Brüning, da ich Sie als eine – um es einmal so auszudrücken – ordentliche Person kenne, habe ich lange überlegt, ob ich das so formulieren soll. Aber im Hinblick auf das, was Sie angedeutet haben, nämlich ob das eine Komödie oder ein Lustspiel sei, sage ich Ihnen ganz eindeutig: Das ist keines von beiden. Das ist eine billige Soap, die hier aufgeführt wird nach dem Motto: Was schert mich die Planung nach Recht und Gesetz von gestern? Ich kaufe sie heraus.

Sie haben vorhin angemahnt, dass sich nicht nur Umweltpolitiker und -politikerinnen, sondern auch andere zu Wort melden. Nehmen Sie das, was ich jetzt sage, vor dem Hintergrund einer viereinhalbjährigen Tätigkeit als Regierungspräsident. Die für Landesplanung zuständige Ministerin sitzt hier relativ entspannt. Aber vielleicht wird Frau Thoben nachlesen, was Sie, auch in Richtung von Minister Wittke, heute von sich gegeben haben und noch

von sich geben werden. Dann wird sie nicht mehr entspannt sein.

Hier sitzen einige, die die Diskussion, die wir in diesem Hohen Hause zu dem Thema Braunkohle geführt haben, noch sehr gut in Erinnerung haben. Ich weiß nicht, wie oft der damalige Fraktionsvorsitzende, Klaus Matthiesen, die Formulierung gebraucht hat: Egal wie politisch unterschiedlich wir die Dinge bewerten, es kommt darauf an, dass Verfahren nach Recht und Gesetz stattfinden.

(Beifall von der SPD)

Ich gebe zu, und ich habe es ihm damals auch gesagt, dass ich das nicht mehr hören konnte. Ich habe verstanden, was er meinte. Die Auseinandersetzungen über die Braunkohle haben dazu geführt, dass die Fraktionen ganz unterschiedlich reagiert haben, auch unabhängig von der Koalitionsvereinbarung der damaligen Koalition. Aber allen Beteiligten war klar, dass es einen Weg geben muss, über ein vernünftiges, rechtmäßiges Verfahren zu Klärungen zu kommen.

Dazu muss ich ehrlich sagen, Herr Wittke – ich weiß nicht, wo er im Augenblick ist –: Das ist schon ein Stück aus dem Tollhaus, und zwar nicht nur das, was von Ihnen über den Landeshaushalt abgesegnet werden soll, sondern Sie gehen ja noch ein Stück weiter.

Sie haben heute eine Ankündigung gemacht, die ich für in hohem Maße verantwortungslos halte. Sie haben nicht davon gesprochen, dass es zukünftig darum geht, ökonomische Interessen, regionalplanerische Interessen und Umweltinteressen gegeneinander abzuwägen und dann eine Entscheidung zu treffen, wie es bislang geschehen ist – und das ist der entscheidende Punkt –, sondern Sie haben gesagt, Sie werden es nicht mehr hinnehmen, dass bestimmte Interessen dominieren. Was ist das denn für ein Verständnis von Planungs- und Genehmigungsverfahren, auf das wir hier stoßen?

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Hier wird davon gesprochen, dass Frau Ministerin Höhn ein bestimmtes Verfahren hinbekommen habe. Der Ministerpräsident – ich zitiere aus unserem Antrag – hat gesagt, dass die Investitionsmittel im Rahmen des Planverfahrens „um über 10 Millionen € nach oben gefahren worden“ sind. Was ist das denn für eine Sprache? Haben Sie eigentlich keine Vorstellung davon, wie viele Beamtinnen und Beamte, wie viele unabhängige Einrichtungen, Behörden und Verwaltungen mit diesem Verfahren beschäftigt waren?

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Kollege Kuschke, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Ellerbrock?

Ja, sehr gerne, weil ich nämlich als Nächstes Herrn Ellerbrock selber ansprechen wollte, dem eigentlich bei diesem Vorgang sehr unwohl sein müsste. Bitte schön.

Herr Ellerbrock, bitte.

Vielleicht kann ich ja Ihre Frage vorwegnehmen, wenn Sie meine Frage beantworten. Ich habe den Verkehrsminister dahin gehend verstanden, dass nunmehr die neue Regierung unterschiedliche Sachzusammenhänge, unterschiedliche Faktoren von Ökonomie, Ökologie und sozialer Akzeptanz gleichberechtigt abwägt, ohne dass einem Faktor eine Dominanz zugesprochen wird. So habe ich ihn verstanden. Habe ich mich da getäuscht?

Herr Kollege Ellerbrock, ich verstehe Ihren guten Willen, der Landesregierung an dieser Stelle zu helfen. Es wäre schön gewesen, wenn er es so formuliert hätte. Aber ich freue mich zumindest darüber, dass Sie es so verstehen würden und möglicherweise ja auch noch Einfluss darauf nehmen.

Ich halte das, was hier passiert, für fahrlässig. Obwohl ich zum Optimismus neige, glaube ich, dass sich hier ein Szenario entwickelt, wie es schlimmer eigentlich gar nicht sein könnte.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Erstens. Sie werden eine gefährliche Präzedenzwirkungsdiskussion auslösen. Wie wollen Sie denn demnächst bei solchen Verfahren verhindern, dass am Ende gesagt wird, wir akzeptieren es, wir gehen nicht vor Gericht oder drohen damit, vor Gericht zu gehen, aber ihr könnt ja genau so verfahren, wie ihr das am Beispiel FMO getan habt!? Das ist die erste Sorge.

Die zweite Sorge – die Präsidentin des Landesrechnungshofes weilt jetzt nicht mehr unter uns, aber sie wird ja diese Debatte, das Ergebnis und den Haushaltsplan zur Kenntnis nehmen – ist: Ich kann mir vorstellen, wie der nächste Bericht des Landesrechnungshofs zu diesem Punkt aussehen wird.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Drittens. Selbst wenn es Ihnen gelingen sollte, Herr Minister Wittke, bezüglich einer zulässigen Beihilfe in Brüssel bei der Notifizierung zu reüssieren, werfen Sie noch einmal den Blick der Brüsseler auf diese Flughäfen. Wir als Land NordrheinWestfalen haben kein Interesse daran, dass die Brüsseler zu stark ihren Blick dorthin werfen. Ich möchte das an dieser Stelle nicht vertiefen. Schlimmstenfalls wird es so sein, dass die Brüsseler an dieser Stelle nicht mitmachen, dass die Notifizierung nicht erfolgen wird, und wir haben wieder einmal die Brüsseler Aufmerksamkeit auf unsere Flughäfen gelenkt.

Meine Damen und Herren, wir haben im Antrag deutlich gemacht, dass wir – Frau Kollegin Schulze hat es in ihrem Beitrag bereits gesagt, und daran kann es in der Vergangenheit auch keine Zweifel gegeben haben – dem Flughafen Münster/Osnabrück als wichtigem Standbein des NRWLuftverkehrs positiv gegenüberstehen. Der entscheidende Unterschied, Herr Kollege Becker, zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen liegt in der Frage der Einschätzung der Notwendigkeit dieses Flughafens; die Frage der Subvention ist nachgelagert. Daraus ergeben sich dann andere Fragen, die sich übrigens, wenn es sich um kommunale Miteigentümer handelt, etwas anders darstellen, als wenn es um die Verantwortung des Landes geht.

Meine Damen und Herren aus den Koalitionsfraktionen und der Landesregierung, ich kann Sie nur auffordern, diesen Weg nicht zu gehen. Ich warne ausdrücklich davor. Wir befürchten Folgewirkungen für die zukünftige Landesplanung dieses Landes, die uns, Herr Kollege Ellerbrock, nicht mehr in die Lage versetzen werden, Dinge politisch unterschiedlich zu bewerten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kuschke. – Für die CDU spricht nun der Kollege Sendker.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der SPDLandtagsfraktion fragt nach dem Verursacherprinzip. Es fragt sich tatsächlich, wer beim FMO in Greven der Verursacher ist. Meine differenzierte Antwort lautet: Für die geplante Verlängerung der Start- und Landebahn ist es die Flughafenbeteiligungsgesellschaft und für die völlig überzogenen ökologischen Ausgleichsmaßnahmen – ich wiederhole das, was einige vor mir gesagt haben –

sind es Frau Höhn und Rot-Grün. Sie haben das Luxusreservat für Neunauge, den seltenen Fisch, der dort noch seltener gesehen wird, demnächst ausgestattet mit Tausenden von Glasbausteinen und einer exklusiven Beleuchtungsanlage, beschlossen.

(Zuruf von Rüdiger Sagel [GRÜNE])

Herr Sagel, die Gesamtkosten im Bereich Eltingmühlenbach betragen nicht unter 11 Millionen €. Herr Becker – ich greife das auf, was Sie in die Debatte eingebracht haben –, Sie proklamieren hier die Wirtschaftlichkeit. Das sollten Sie häufiger tun. Aber es waren Ihre Kolleginnen und Kollegen, die diese überzogenen ökologischen Ausgleichsmaßnahmen beschlossen haben. Dagegen richtet sich unsere Kritik.

(Beifall von der CDU – Zurufe von den GRÜ- NEN)

Nun, nachdem die Wählerinnen und Wähler Sie verdientermaßen für solche „Heldentaten“ in die Opposition geschickt haben, lautete in der letzten Woche im zuständigen Fachausschuss Ihre Botschaft an die neue Landesregierung: Soll doch der Verursacher eines solchen Eingriffs zahlen. Im Klartext heißt das: Soll doch die Flughafenbeteiligungsgesellschaft diese in meinen Augen unsinnigen Ausgleichsmaßnahmen bezahlen. Wenn diese Diktion Schule macht, dann – da bin ich ganz sicher – investiert in NRW niemand mehr.

Im SPD-Antrag wird gefragt, ob die FFH-Meldung zurückgenommen werden sollen. Warum fragen Sie das? Sie wissen doch: Gemeldet ist gemeldet. Herr Rasche war schon so freundlich, darauf hinzuweisen, dass die FFH-Gebietsmeldung erst recht dann nicht zurückgenommen werden kann, wenn ihr ein Infrastrukturprojekt entgegensteht. Der Eltingmühlenbach gilt als Referenzgewässer für Fließgewässer. Eine Rücknahme ist also faktisch ausgeschlossen. Da fragt man sich, ob Sie sich das damals richtig überlegt haben und sich darüber im Klaren waren, als Sie diese Fehlentscheidungen getroffen haben, wenn Sie heute solche Fragen stellen.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Ich halte es für unrealistisch, wenn die SPDFraktion hier nachfragt, ob die Landesregierung eine Änderung der Planfeststellung für den Flughafenausbau geprüft habe, wenn man denn die Auflagen für unbegründet hält. Auch ich frage Sie genauso wie Frau Kollegin Brüning: Sind zehn Jahre Planungsverfahren noch nicht ausreichend? Soll es noch ein paar Jahre länger dauern, immer nach dem Motto „Die Investition ist nicht wichtig,

sondern das Verfahren“? Das sollten Sie in der Debatte klarstellen.

So darf ich feststellen:

Erstens. Mit den vorliegenden Anträgen dokumentieren Sie geradezu mustergültig, dass Sie aus den Fehlentscheidungen der Vergangenheit in Ihrer bisherigen Oppositionszeit aber auch nichts dazu gelernt haben.

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Remmel?