Und die Arbeitsvermittlung kann nur vor Ort erfolgreich sein. Das lässt sich nicht von oben zentralistisch verordnen. Erforderlich sind der regionale Bezug und die regionale Verantwortung.
Zum Schluss ist mir ein Aspekt bei der Bewertung von Hartz IV besonders wichtig. Hartz IV ist ein Instrumentarium zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit. Entscheidend ist, wie viele Menschen einen Platz im ersten Arbeitsmarkt finden.
Bei aller Revisionsbedürftigkeit von Hartz IV darf die zentrale Aufgabe nicht übersehen werden, nämlich die Schaffung von Arbeitsplätzen. Wir brauchen Innovation, Ausbau der Wachstumsbereiche, konzentrierte Wirtschaftsförderung und Wachstum. Nur dann haben wir eine Chance, Hartz IV erfolgreich zu gestalten. Das müssen wir klipp und klar sehen.
Wenn Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, müssen auch Menschen mit entsprechenden Qualifikationen zur Verfügung stehen. Viele, vor allem junge Menschen, die arbeitslos sind, haben keinen Schulabschluss, erfüllen nicht die Voraussetzungen für einen qualifizierten Arbeitsplatz.
Daher gilt: In unserem Bildungssystem müssen die jungen Menschen gefördert und gefordert werden. Investitionen in die Bildung sind Zukunftsinvestitionen. Sie ermöglichen den jungen Menschen einen Zugang zu den Anforderungen in der Arbeitswelt. Auch vor diesem Hintergrund hat der im Haushalt 2006 ausgewiesene Schwerpunkt im Bildungsbereich seine herausragende Bedeutung und Berechtigung – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Laumann, Sie haben in Ihrem Redebeitrag eine Menge Sachen gesagt, die auch helfen könnten, die Endstigmatisierung voranzutreiben. Sie haben die Zahlen genannt, wie viele der Bedarfsgemeinschaften Alleinerziehende sind, wie viele Jugendliche sind, wie das überhaupt ist.
Sie haben eine Menge an Forderungen aufgestellt, die ich so unterschreiben könnte. Sie haben gesagt, die Alleinerziehenden gehörten nicht in Arbeitslosengeld II. Sie haben gesagt, bei den Älteren dürfe kein Zugriff auf das angesparte Vermögen stattfinden. Sie haben vieles gesagt, was ich so unterschreiben könnte.
Das Problem bei dem Ganzen ist: Sie halten hier wunderschöne Sonntagsreden und verkünden, was Sie für richtig halten. Sie sitzen in Berlin in der Koalition, aber wir haben einen Ministerpräsidenten, dem es nicht gelingt, in Berlin irgendetwas durchzusetzen, obwohl er sogar stellvertretender Parteivorsitzender ist. Das ist das Dilemma, in dem Sie sich befinden.
Sie reden hier schön, aber auf Bundesebene vertritt Ihre CDU komplett andere Sachen. Kauder im Interview: „Die Menschen sollen nicht so viel herumgammeln“. Brauksiepe will jetzt nicht nur die Sanktionen der Regelsätze verschärfen, sondern er will auch noch die Kosten der Unterkunft damit verzahnen, richtig kürzen, damit wir weiter Wohnungslosigkeit produzieren. Das heißt: Sie vertre
ten im Bund etwas komplett anderes als hier, führen im Bund mit CDU-Abgeordneten massiv die Missbrauchsdebatte. In NRW sagen Sie: Aber wir, wir wollen etwas ganz anderes,
Wenn man sich anschaut, was in dem Optimierungsgesetz, das auf dem Tisch liegt, steht, dann fällt auf: All die Sachen, die Sie heute ankündigen, finden sich darin nicht.
Im Gegenteil: Die Bezugsdauer der Lohnersatzleistungen soll von 32 Monate auf 18 Monate reduziert werden. Die kleinen „Spiegelstrichleistungen“, die das Gesetz ausweist, wie die Babyausstattung und andere Dinge, die seit langem gefordert werden, sind nicht wirkliche Erfolge. Denn: Wo stehen die Sachen, die Sie fordern – Alleinerziehende raus aus den SGB-II-Leistungen, bei älteren ArbeitnehmerInnen Anerkennung des Lebenswerks –, in dem Optimierungsgesetz? Nicht in einem einzigen Punkt steht es drin. Das wäre die Stunde, in der sich die CDU gegen den blockierenden Koalitionspartner im Bund durchsetzen könnte. Nur das schaffen Sie scheinbar nicht.
Fortsetzung der Strategie Rüttgers: versprochen und gebrochen. Hier wird fortgesetzt im Sinne: verkünden und aussitzen. Das als „Verarschung“ der Menschen im Lande ein Stück weit zu betreiben, finde ich massiv.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich den Bericht des Bundesrechnungshofs, den Jahresbericht der OECD und den Verlauf der heutigen Debatte anschaut, dann wird eines deutlich: Wir brauchen eine Generalrevisi
Denn eine wirksame Arbeitsmarktpolitik kann nur gelingen, wenn die Arbeitsverwaltung grundlegend reformiert wird, wenn das Versicherungsprinzip in der Arbeitslosenversicherung gestärkt wird, wenn die Kommunen für die aktive Arbeitsmarktpolitik und die Betreuung der Arbeitslosen zuständig sind und die arbeitsmarktpolitischen Instrumente mit Blick auf ihre Effizienz und eine schnelle Integration in den ersten Arbeitsmarkt überprüft werden.
Deshalb, meine Damen und Herren, möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal den Vorschlag unserer Partei wiederholen, der darauf abzielt, die Bundesagentur für Arbeit in ihrer jetzigen Form aufzulösen und ihre Aufgaben in einem DreiSäulen-Modell neu zu ordnen.
(Beifall von der FDP – Zuruf von der SPD: Das ist radikal! – Dr. Axel Horstmann [SPD]: Das ist die Auffassung der Landesregie- rung!)
Ja, das ist radikal. Bei den Problemen, die heute vorgetragen wurden – von fast allen Rednern wurde betont, dass es möglichst nah bei den Menschen geregelt werden muss –, ist unser Ansatz sicherlich der weitest gehende, aber auch der einzige bisher auf dem Tisch liegende, der eine Lösung des Problems auch herbeiführen kann, meine Damen und Herren.
Wir brauchen eine Versicherungsagentur, die das Arbeitslosengeld auszahlt und Wahlfreiheit bei den Tarifen einräumt. Wir brauchen eine kleine Arbeitsmarktagentur für überregionale und internationale Aufgaben, die in einer Datenbank über die Profile von Arbeitssuchenden und alle gemeldeten offenen Stellen verfügt und damit Transparenz schafft. Und wir brauchen die kommunalen Jobcenter, die die Betreuung der Arbeitslosen übernehmen. Ich glaube, mit diesem Ansatz würden wir die Probleme wirklich in den Griff bekommen.
Lassen Sie mich abschließend noch eines sagen, wenn wir heute über Hartz IV und die Arbeitsmarktpolitik reden. Wichtig und grundlegend ist: Wir brauchen eine Steuer-, Wirtschafts-, Tarif- und Arbeitsmarktpolitik, die zu mehr Wachstum und damit zu mehr Arbeitsplätzen und zu mehr Wettbewerb führt.
Kontraproduktive Schutzbestimmungen, wie zum Beispiel das Kündigungsschutzgesetz, müssen beseitigt werden, um die Chancen Arbeitsloser auf eine Integration in den Arbeitsmarkt zu verbessern.
Je mehr es uns gelingt, die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und Beschäftigung zu verbessern, desto weniger müssen wir uns mit den Fehlentwicklungen der Hartz-Reform beschäftigen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich lege am Ende der Debatte Wert auf ein paar Feststellungen.
Erstens. Ein Grundproblem der Hartz-Gesetze ist, dass sie seinerzeit auf der Basis einer völlig verfehlten Finanzschätzung des Bundesarbeitsministeriums verabschiedet worden sind.
Man hat erklärt, durch Hartz könne man 14 Milliarden sparen. Das war von Anfang an unrealistisch. Und es ist von Herrn Rüttgers und mir auch von Anfang an gesagt worden, dass man nicht nur durch die Zusammenführung in ein System eine solche gewaltige Summe Geld sparen kann. Alle Debatten – auch die in den Medien – heute über die Explosion von Kosten haben mit diesen seinerzeit falschen Berechnungen im Arbeitsministerium zu tun. Herr Müntefering hat mit Amtsantritt eine Chance verpasst, nämlich diese Sache geradezurücken.
Zweitens. Können Sie sich noch an die von uns geführte Hartz-Debatte erinnern, bei der die Worte von Herrn Hartz im Raum standen, er schaffe Zigtausende von Arbeitsplätzen durch ein Programm, das „Arbeit und Kapital“ heiße? Über diese Idee, den Firmen, die zusätzlich einen Menschen einstellen, die Kapitalausstattung für den Arbeitsplatz zu geben, redet keiner mehr. Dieses Instrument ist weg. Damit sollten Zehntausende von Menschen in Arbeit kommen. Völlig gescheitert!
Ein ganz großes Modul von Herrn Hartz, auf dem diese Reform grundlegend beruhte, war die staatlich geförderte Zeitarbeit. Es gab ein Gesetz, nach dem jede Arge, jeder Optionskreis par ordre du mufti verpflichtet war, eine solche Mammutorganisation aufzubauen. Damit sollten jedes Jahr – die sitzen jetzt alle da – 300.000 Leute über Zeitarbeit und den damit verbundenen Klebeeffekt in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden.
Meine Damen und Herren, die PSA ist tot. Die staatlich geförderte Zeitarbeit ist in diesem Gesetz nicht mehr als Voraussetzung enthalten, weil man gesehen hat, dass es nicht funktioniert. Und Rüttgers und Laumann haben auch diese gigantischen Zahlen damals schon stark bezweifelt.
Dritter Fehler. Man glaubte, über eine Selbstständigkeit von Arbeitslosen in dem Bereich der Mikroökonomie – Stichwort: Ich-AG – viel mehr an Selbstständigkeit zu schaffen. Wenn Sie in den Bundestagsprotokollen nachlesen, dann werden Sie erkennen, dass ich damals schon gesagt habe, dass in einer so arbeitsteiligen Gesellschaft wie der unseren die Schaffung von existenzsichernder Arbeit im Bereich der Mikroökonomie in diesen Mengen nicht möglich ist. Wer hat Recht behalten?
Das heißt: Falsch gerechnet, verkehrte Zahlen, und die gewaltigen Instrumente, die fördern sollten, haben nicht gewirkt.
Wenn man sich das vorstellt, dann finde ich, dass diejenigen, die fordern, sich dieses Themas erneut zu widmen, weil es alle diese Instrumente nicht mehr gibt, und sich zu überlegen, wie man in Zukunft damit umgehen sollte – wobei die Grundidee der Zusammenführung der Hilfen in einer Hand richtig bleibt –, nichts Unrechtes tun, sondern nur versuchen, eine Situation in den Griff zu bekommen, die wir alle beklagen.