Josef Wilp
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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zwei Vorbemerkungen:
Erstens. Seit Jahr und Tag wird das Thema „Mindestlohn“ in immer neuen Variationen auf die Tagesordnung gebracht. Die Zuständigkeit für dieses Thema liegt jedoch beim Bund.
Zweitens. Liest man die Begründung zu diesem Antrag, so wird schnell deutlich, dass dieser Antrag einzig und allein dem Wahlkampf geschuldet ist.
Das ist platte und populistische Stimmungsmache. Damit könnte man den Antrag eigentlich ad acta legen. Ich werde mich jedenfalls nicht auf dieses Niveau begeben.
Ich weiß sehr wohl, dass in der Sache nicht alles in Ordnung ist, dass Menschen an ihrem Arbeitsplatz ausgenutzt werden, zum Teil sittenwidrige Löhne gezahlt werden. Entsprechende Beispiele kennen wir alle.
Unstrittig ist, dass Dumpinglöhne sanktioniert werden müssen. Sie können von niemandem gutgeheißen werden. Schon jetzt können Arbeitsgerichte Dumpinglöhne für rechtswidrig und für nichtig erklären.
Nach wie vor gilt für die CDU folgender Grundsatz: In erster Linie zuständig für die Lohnfindung sind die Tarifpartner. Es ist Aufgabe der Sozialpartner, vertragliche Vereinbarungen auszuhandeln und durchzusetzen. Die Tarifautonomie ist ein hohes Gut. Sie gehört zum Kernbestand der sozialen Marktwirtschaft. Die Tarifautonomie hat maßgeblich zur wirtschaftlichen Entwicklung und wirtschaftlichen Stärke unseres Landes beigetragen.
Die Tarifverträge haben Schutz- und Ordnungsfunktion für die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Sie haben Rechtssicherheit geschaffen und verlässliche Zukunftsplanung ermöglicht.
Politik hat die Pflicht, darauf hinzuwirken, dass die Tarifautonomie erfolgreich bleibt. Ich weiß auch, dass die gesellschaftlichen Veränderungen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände vor neue Herausforderungen stellen. Tarifverträge haben von ihrer Bindungswirkung eingebüßt. Arbeitgeber versuchen, sich der Bindungswirkung durch Austritt aus dem Tarifverbund zu entziehen. Durch den Mitgliederschwund bei den Gewerkschaften sinkt deren Organisationsgrad auf der anderen Seite.
Politik hat die Pflicht, darauf hinzuwirken, dass die Tarifautonomie erfolgreich bleibt. Es wäre viel gewonnen, wenn es Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit der Politik und vielleicht sogar mit der Justiz gemeinsam schafften, auch unter den veränderten Entwicklungen zu einer Stärkung der Tarifautonomie zu kommen.
Tariflich vereinbarte Mindestlöhne, die Aufnahme bestimmter Branchen in das Entsendegesetz und das Instrument der Allgemeinverbindlichkeitserklärung sind geeignete Mittel, um wirksame Antworten in einer veränderten Situation zu geben.
Hier hat unser Arbeitsminister Karl-Josef Laumann aktiv gehandelt. Wir wissen, dass die Tarifverträge im Friseurgewerbe, im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Wach- und Sicherheitsdienst für allgemein verbindlich erklärt wurden. Hier hat es eine positive Entwicklung gegeben. Das sind sachgerechte Antworten, bei denen auch die Tarifpartner mit im Boot bleiben.
Ich weiß: All dies genügt dem Antragsteller nicht. Ob aber der flächendeckende Mindestlohn die Lösung schlechthin ist, wie dargestellt wird, wage ich sehr zu bezweifeln. Der flächendeckende Mindestlohn ist ein zweischneidiges Schwert und lässt viele Fragen offen.
Wenn Sie den Artikel zum Mindestlohn im Wirtschaftsteil der „FAZ“ vom 23. Februar 2010 - Nr. 45, Seite 11 - lesen, wird die gesamte Bandbreite der unterschiedlichen Bewertung deutlich. Ich will einige aufgeworfene Fragen nennen:
Ist es richtig, wenn für alle Branchen derselbe Mindestlohn gilt, wenn er überall in Deutschland gleich hoch ist? Verstärken Mindestlöhne nicht die Tendenz, die Lohnabschlüsse nach unten zu ziehen? Gehen einfache Arbeitsplätze verloren? Nimmt die Schwarzarbeit weiter zu?
Ausweislich des eben zitierten Artikels kommen Berechnungen des RWI und des ifo-Instituts zu ganz erheblichen Beschäftigungsverlusten.
Ich zitiere jetzt aus dem Artikel:
Das ifo-Institut aus Dresden hat im Jahre 2007 den Wegfall von jedem vierten Arbeitsplatz im Niedriglohnbereich vorausgesagt.
Weiter heißt es in dem Artikel:
Weil der Niedriglohnsektor
in den letzten Jahren
enorm gewachsen ist, wären potenziell noch weitaus mehr Arbeitsplätze in Gefahr.
Völlig diffus wird die Diskussion, wenn es um die festzulegende Höhe des Mindestlohns geht.
Vor diesem Hintergrund ist es daher sachgerechter, alle Möglichkeiten der Lohnfindung in der Verantwortung der Tarifpartner auszuschöpfen. Das ist unser Weg. Deshalb lehnt die CDU-Fraktion den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ab.
Gestatten Sie mir zum Schluss noch ein persönliches Wort: Wahrscheinlich ist dies meine letzte Rede im Plenum als Mitglied des Landtags. Dies ist mein 17. Jahr als Landtagsabgeordneter. Wenn Sie die Zahl umdrehen, dann haben Sie mein Alter. Mit 71 Jahren kandidiere ich nach 17-jähriger Tätigkeit als Abgeordneter aus eigener Entscheidung nicht mehr. Politik war und ist für mich noch immer Dienst für die Menschen im Lande.
Zusammenfassend darf ich feststellen: Es war eine spannende und interessante Zeit, mit Höhen und Tiefen, Erfolg und Misserfolg, jedenfalls immer verbunden mit viel Arbeit und Einsatz. Und manchmal fühlte ich mich an einen alten Satz erinnert, der da lautet: An Kirche und Partei musst du zuweilen viel leiden, vor allem dann, wenn du es gut mit ihnen meinst und wenn du zu ihnen hältst.
Besonders dankbar bin ich dafür, dass ich in dieser Wahlperiode – und da kommen wir wieder zusammen, Frau Steffens – zu den fünf Abgeordneten gehöre, die der Landtag in das Kuratorium der Stiftung Wohlfahrtspflege gewählt hat. Mit den jeweils 25 Millionen € pro Jahr haben wir als Stiftung des Landes viel Gutes tun und zumeist über alle Parteigrenzen hinweg gemeinsam vielfältige Aufgaben unterstützen und auch neue Wege beschreiten können. Das war in jeder Hinsicht eine Wohlfahrt stiftende Tätigkeit. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist richtig: Seit Inkrafttreten des SBG II wird in der politischen Auseinandersetzung über die Höhe des Schonvermögens bei der Altersvorsorge gestritten. Nach den zurzeit geltenden Bestimmungen werden SGB-II-Beziehern geldwerte Ansprüche der Altersvorsorge bis zu 250 € pro Lebensjahr bis maximal 16.250 € nicht angerechnet.
Diese Obergrenze zwingt vor allem ältere Langzeitarbeitslose dazu, Vermögenswerte der Altersvorsorge oberhalb dieser Grenze zunächst aufzulösen und für den Lebensunterhalt zu verwenden, bevor Leistungen nach dem SGB II bezogen werden können. Zu den Vermögenswerten zählen dabei unter anderen auch die klassischen Lebensversicherungen.
Ich will deutlich sagen, dass ich – und das habe ich in zahlreichen Veranstaltungen und Diskussionen zum Ausdruck gebracht – von Anfang an die bis jetzt geltende Regelung für nicht sachgerecht gehal
ten habe. An dieser Stelle hat das Gesetz einen Geburtsfehler.
Ich beziehe die eigene Fraktion durchaus ein. Ich sage: Daran sollten alle denken, die an der damaligen Gesetzgebung beteiligt waren.
Obwohl es bisher schon eine Reihe von Gesetzesänderungen zum SGB II gegeben hat, ist dieser Punkt bisher nur minimal novelliert worden. So ist der Vermögensfreibetrag von ursprünglich 200 € auf 250 € pro Lebensjahr angehoben worden, allerdings mit Absenkung des allgemeinen Freibetrages auf 200 €. Hinzu kommt – das muss man fairerweise sagen –, dass die sogenannte Riesterrente bei der Anrechnung des Schonvermögens zur Altersvorsorge außen vor bleibt. Das heißt, sie wird nicht einbezogen und nicht angerechnet. Davon profitieren ältere Langzeitarbeitslose allerdings nur in geringem Maße.
Ich möchte nun darauf eingehen, warum ich die jetzt geltende Regelung hinsichtlich der Höhe des Schonvermögens zur Altersvorsorge für unsachgerecht und auch für ungerecht halte. Gerade im Zuge der Rentenreform hat die Politik die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer wieder aufgefordert, in die private Altersvorsorge zu investieren.
Neben der Erwerbsrente und der teilweise möglichen betrieblichen Altersvorsorge ist die private Altersvorsorge als dritte Säule der Alterssicherung dargestellt worden. Wir fordern die Menschen auf, nicht nur an das Hier und Heute, sondern auch an Morgen zu denken und daher, wenn möglich und leistbar – das muss man dazusagen –, privat in die Altersvorsorge zu investieren. Das soll zu mehr Sicherheit auch finanzieller Art für später führen.
Vor diesem Hintergrund kann ein Arbeitsloser, vor allem ein älterer, mit der Situation der Arbeitslosigkeit unter Umständen besser fertig werden, wenn er weiß, dass er als Rentner wieder ein einigermaßen auskömmliches Einkommen hat. Werden ihm vorher private Vorsorgeleistungen entzogen, bleibt er nicht selten als Rentner auf einer niedrigeren Stufe hängen.
Ich sage ganz deutlich: Ich plädiere nicht für einen umfassenden Vermögensschutz. Es geht hier um die Anhebung des Schonvermögens hinsichtlich der Altersvorsorge. Es geht darum, dass diejenigen, die für ihr Alter vorgesorgt haben, dafür nicht bestraft werden dürfen. Private Vorsorge gehört – wie die Rente – zur Arbeits- und Lebensleistung des Menschen.
Zweiter Punkt. Zur Debatte um die Erhöhung des Schonvermögens nach dem SGB II gehören auch grundlegende Überlegungen zum Thema Altersarmut. Frau Steffens ist eben schon ausführlich darauf eingegangen.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Erwerbsbiografien der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Weitem nicht mehr so geradlinig verlaufen wie früher. Bei immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wechseln abhängige Beschäftigungsverhältnisse mit Arbeitslosigkeit, eventuell mit Selbständigkeit usw. ab. Zudem verzeichnen wir leider einen wachsenden Niedriglohnbereich, der im Alter auch eine geringere Rente bedeutet. Die vorherige Auflösung der privaten Altersvorsorge verstärkt die Gefahr der Altersarmut. Hinzufügen lässt sich, dass die Menschen dann später unter Umständen Anspruch auf Grundsicherung haben und damit wieder auf öffentliche Zuwendungen angewiesen sind.
Noch etwas lässt sich in diesem Zusammenhang sagen – darin stimme ich Frau Steffens zu –: Frauen sind von Altersarmut stärker betroffen als Männer.
Ich begrüße es, dass die Regierungsfraktionen von CDU und FDP einen eigenen Entschließungsantrag zu dem Antrag der Grünen vorgelegt haben, der in strukturierter Form mehr Gerechtigkeit durch die Anhebung des Schonvermögens bei der Altersversorgung einfordert. Mit der Summe von 45.500 € wird ein klarer Betrag genannt, mit dem im Rentenalter eine zusätzliche private Rente von rund 235 € erreicht werden kann.
Wir legen diesen Entschließungsantrag vor, weil der Antrag der Grünen in der Begründung teilweise unklar bleibt. Aber mit der Zielsetzung des Antrags der Grünen stimmen wir durchaus überein. Deshalb haben wir einen klar formulierten und nur auf diese eine Position bezogenen Antrag vorgelegt.
Zu dem Entschließungsantrag der SPD muss ich nicht viel sagen, weil er wieder das gesamte Spektrum aufgreift und zu dem Aspekt, um den es bei dem Antrag der Grünen und bei unserem Entschließungsantrag geht, eigentlich so gut wie nichts sagt. Das halten wir nicht für sachgerecht.
Auf andere Punkte wird Herr Kleff gleich noch eingehen. Lassen Sie mich zum Abschluss nur noch deutlich sagen: Das Engagement, mit dem sich unser Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers und unser Arbeitsminister Karl-Josef Laumann seit Langem im Sinne dieses Antrags einsetzen, verdient unseren Respekt und unsere Anerkennung.
Wir sagen das sehr deutlich, weil wir wissen, dass beide diese Position aus Überzeugung einnehmen. Wir können leider noch nicht verkünden, dass wir Erfolg hatten. Wir hoffen aber, nach einem weiteren gemeinsamen Einsatz auch dieses Ziel zu erreichen und damit auch Gerechtigkeit durchzusetzen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Garbrecht, ich könnte dem Minis
ter ja meine Zeit zusätzlich geben, aber das ist bei dem Prozedere im Landtag nicht erlaubt.
Mit der Großen Anfrage Nr. 20 vom 23. Juni 2008 forderte die SPD-Fraktion die Landesregierung auf, eine Bilanz der ersten drei Jahre seit Inkrafttreten des SGB II vorzulegen. Dazu hat sie einen umfangreichen Fragenkatalog erarbeitet, der 164 Fragen umfasst.
Bevor ich darauf grundsätzlich eingehe, möchte ich einige Vorbemerkungen in der Art machen, wie Herr Garbrecht das eben auch schon getan hat. Das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene SGB II ist seit Einführung des BSHG von 1961 die größte Sozialreform in Deutschland. Zugrunde liegt diesem Gesetz das Leitbild eines aktivierenden Sozialstaates, der fördert und fordert.
Dabei werden zentrale Zielsetzungen formuliert wie Hilfe für Arbeitslose aus einer Hand, bessere Hilfe zur Selbsthilfe, Stärkung des Eigenengagements, Unterstützung der Betroffenen durch passgenaue Dienstleistungen, Verbesserung der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, klare Zuständigkeiten bei der Aufgabenwahrnehmung und der Finanzierung. Zuletzt sollte eine Entlastung der Kommunen von Kosten der Sozialhilfe erreicht werden, die im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit entstehen.
Die Landesregierung hat die Große Anfrage in einer umfassenden Stellungnahme beantwortet und diese dem Landtag als Drucksache 14/7532 vom 18. September bereits zugeleitet. Dabei hat sich nicht nur das federführende Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit dieser Thematik befasst, sondern zehn weiteren Ministerien haben zumindest in Teilen an der Ergebnisvorlage mitgearbeitet, sodass man sicherlich sagen kann, dass ein umfassendes, aussagekräftiges Kompendium entstanden ist. Die Landesregierung hat zudem bei der Beantwortung der Großen Anfrage auf die Erkenntnisse der Kommunen, der Bundesagentur für Arbeit, der Argen und Optionskommunen sowie der wissenschaftlichen Begleitforschung zurückgegriffen.
Ich will auf den vorliegenden Bericht nicht im Einzelnen eingehen, aber ich möchte einige grundsätzliche Bemerkungen machen; zu Einzelheiten wird später Herr Tenhumberg noch Stellung nehmen.
Grundsätzlich lässt sich sagen – das ist durch die Beantwortung belegt –, dass die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einem neuen System der Grundsicherung für Arbeitssuchende positiv zu bewerten ist. Es hat sich bewährt, dass die Leistung aus einer Hand kommt.
Die Neukonstruierung der Hilfeleistung hat sicherlich ihre Kinderkrankheiten gehabt. Manche Zusammenarbeit ist schwer in Gang gekommen, da unterschiedliche Kompetenzen neu geregelt werden mussten.
Die Umsetzung des SGB II wird in NordrheinWestfalen von den 54 Kreisen und kreisfreien Städten wahrgenommen. Dabei haben zwei kreisfreie Städte und acht Kreise die Aufgaben als sogenannte Optionskommunen in eigener kommunaler Zuständigkeit übernommen. Ansonsten wurden 44 Argen gebildet, in denen die Aufgaben von der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen gemeinsam wahrgenommen werden.
Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben wir nun eine neue Situation. Wir stehen vor dem Problem, dass das Bundesverfassungsgericht der Unterscheidung von Gewährleistungs- und Führungsverantwortung, dem gemeinsamen Wirken der Bundesagentur für Arbeit und der Kommunen für Leistungen aus einer Hand bei gleichzeitiger Betonung der eigenständigen Verantwortung der Grundsicherungsträger, nicht zugestimmt hat. Selbst die Rahmenvereinbarung, die später getroffen wurde und die zwischen Gewährleistungs- und Umsetzungsverantwortung unterscheidet, hat nicht das Wohlwollen des Bundesverfassungsgerichts gefunden. Jedenfalls hat es uns durch Beschluss aufgefordert, dass wir neu ansetzen müssen.
Bei der jetzt anstehenden Neuorganisation des SGB II muss alles getan werden, dass die Hilfen weiterhin aus einer Hand erfolgen können. Dieses System darf nicht aufgebrochen werden. Wir begrüßen daher, dass die Landesregierung im Rahmen der aktuellen Diskussion an einem Vorschlag für eine Verfassungsänderung federführend mitgearbeitet hat.
Darin sollte als wesentliches Element die Stärkung der dezentralen Entscheidungskompetenzen mit den neuen Argen festgestellt werden. Vor Ort lässt sich nämlich am besten entscheiden, welche Fördermöglichkeiten eingesetzt werden können, in welchen Bereichen eine Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt am effektivsten ist und wie die Finanzmittel am sinnvollsten eingesetzt werden können.
Im Rahmen der anstehenden Novellierung des SGB II legt die CDU-Fraktion ebenfalls großen Wert darauf, dass die Optionskommunen ihren Status behalten. Es gibt leider auch hierbei noch keine eindeutige Klarheit. Nach den Vorstellungen der CDU sollten die Kreise und kreisfreien Städte selber entscheiden können, welche Organisationsform sie für die Aufgabenbewältigung wählen wollen.
Wir brauchen auch vor einem anderen Hintergrund möglichst bald Klarheit, nämlich für die Beschäftigungsverhältnisse. Wegen der organisatorischen Unsicherheiten sind viele Beschäftigungsverhältnisse nur befristet abgeschlossen worden. Das bedingt eine hohe Personalfluktuation.
Aber gerade im Bereich der Vermittlung und Betreuung der überwiegend Langzeitarbeitslosenhilfebedürftigen bedarf es einer hohen personellen
Qualität und Kontinuität. Nach Angaben der Landesregierung sind zurzeit rund 14.200 Personen in den Arbeitsgemeinschaften bzw. Optionskommunen beschäftigt.
Ich möchte an dieser Stelle diesen Menschen, die dort arbeiten, einmal öffentlich meinen Dank aussprechen für ihre engagierte und gute Arbeit,
die sie unter nicht immer – Herr Garbrecht hat ebenfalls darauf hingewiesen – einfachen Bedingungen leisten. Der Personenkreis der Hilfebedürftigen nach dem SGB II ist nämlich außerordentlich vielfältig. Das sind Menschen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Qualifikation, unterschiedlicher Familiensituation, unterschiedlicher Herkunft. Nicht wenige von ihnen sind gezeichnet von schwierigen Lebenssituationen.
Die Qualifikation und das Engagement der dort Beschäftigten haben mit dazu beigetragen, dass die Arbeitslosenquote kontinuierlich von 7,1 % im vierten Quartal 2006 auf 6,5 % im Februar 2008 gesunken ist. Sollte aber die wirtschaftliche Situation in nächster Zeit schwieriger werden und die Zahl der Arbeitslosen wieder steigen, dann bedarf es neben anderer Maßnahmen auch weiterhin eines qualifizierten Einsatzes der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Arbeitslosenvermittlung, um die freien Stellen und Nischen zu finden und die Hilfebedürftigen wieder in Arbeit und Brot zu bringen.
Eine weitere Feststellung möchte ich machen. Die beste Arbeitsmarktpolitik ist die Politik zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit, insbesondere von Langzeitarbeitslosigkeit. Von daher ist es auch vor diesem Hintergrund wichtig, dafür zu sorgen, dass junge Menschen einen Schulabschluss erreichen, um den Eintritt in Ausbildung und Beruf zu schaffen. Daher begrüßt es die CDU-Fraktion ausdrücklich, dass die Landesregierung einen Schwerpunkt ihrer Arbeitsmarktpolitik so gestaltet, dass damit junge Menschen berufstauglich gemacht werden. Ich erwähne hier BUT und das Werkstattjahr. Im Rahmen des Bildungsschecks werden Möglichkeiten der Weiterbildung gefördert. Das Ergebnis spricht für sich, denn der Bildungsscheck wird außerordentlich gut angenommen.
Bildung, Ausbildung und Weiterbildung sind der bildungspolitische Dreiklang, der in dieser Landesregierung höchste Priorität besitzt. Das ist wichtig und richtig.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Fazit ziehen. Wir haben einen sehr engagierten Arbeitsminister, für den die Arbeitsmarktpolitik einen hohen Stellenwert hat. Von der Landesregierung sind auch zur besseren Erfüllung der Aufgaben des SGB II eine Reihe von Initiativen ausgegangen. Selbst Herr Garbrecht kommt nicht umhin, einige davon zu
nennen und positiv zu bewerten. Ich erinnere hier an die in Auftrag gegebene Untersuchung zur Ermittlung sachgerechter Leistungen für Kinder und Jugendliche nach SGB II und SGB XII. Leider sind wichtige Punkte in Berlin nicht umgesetzt worden. Das muss man auch sagen dürfen.
Fragen Sie mal nach! Ich weise hin auf die kürzlich erschienene Arbeitshilfe,
die eine verlässliche Handreichung für eine adäquate Ermittlung und einen sachgerechten Umgang mit den „Kosten der Unterkunft und Heizung“ gemäß § 22 SGB II darstellt. Die meisten eingereichten Widersprüche – so haben wir erfahren – beziehen sich auf diesen Bereich. Von daher kann diese Handreichung Sicherheit und Entlastung bringen.
Die Notwendigkeit des Handelns liegt heute eher in Berlin als in Düsseldorf. Dort müssen nämlich die Hausarbeiten erledigt werden. Soweit die Länder betroffen und beteiligt sind, wünsche ich dem Arbeitsminister Kraft, Durchsetzungsvermögen und Erfolg im Interesse der Menschen, die im SGB II betroffen sind. – Ich bedanke mich fürs Zuhören.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende An
trag von Bündnis 90/Die Grünen trägt die Überschrift „Leben im Alter im Wohnquartier sichern: Kurswechsel in der Altenpolitik erforderlich – Quartiersbezogene Wohn- und Pflegeangebote statt Ausbau von stationären Großeinrichtungen!“. Der Antrag fordert also einen Kurswechsel in der Altenpolitik. Dabei werden stationäre Großeinrichtungen abgelehnt. Befürwortet werden quartiersbezogene Wohn- und Pflegeangebote.
Ich frage Sie: Wer setzt sich denn heute noch für stationäre Großeinrichtungen ein? Ich kenne keine Fraktion und keinen Verband, die das tun. Wenn man den umfangreichen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen durchliest, so bezieht sich das auf eine Wirklichkeit, die längst im Wandel begriffen ist. Der Kurswechsel in der Altenpflege – gerade unter dem Aspekt des demografischen Wandels – ist in vollem Gange.
Ich möchte hier einige Maßnahmen nennen, die seitens des Landes von den verschiedenen Ministerien bereits auf den Weg gebracht wurden. Das Wohnungsbauförderungsprogramm des Ministeriums für Bauen und Verkehr hat Förderangebote ganz auf die Herausforderung des demografischen Wandels umgestellt und für Kommunen und Wohnungswirtschaft damit eine hervorragende Basis für eine kleinteilige altengerechte Quartiersentwicklung geschaffen.
Neben barrierefreien und damit altengerechten Wohnungen, die auch mit niederschwelligen Grundpauschalen für Betreuung kombiniert werden können, bietet das Land den neuen Wohntypus der Quartierwohnungen von bis zu acht Personen für ein gemeinschaftsorientiertes Wohnen mit Gemeinschaftsräumen an. Hier kann auch kleinteilig ambulante Betreuung quartiersbezogen stattfinden. Insofern wird mit diesem Förderangebot ein wesentlicher Beitrag zur Ausweitung kleinteiliger quartiersbezogener Angebote geleistet.
Es gibt weiterhin ein bindungsfreies Förderangebot zum Abbau von Barrieren im Bestand, um dem Wunsch der meisten Menschen entgegenzukommen, möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben zu können. Darüber hinaus besteht ein Förderangebot zum quartiersorientierten Umbau bestehender Alten- und Pflegeheime mit dem Ziel der Schaffung einer Kleinteiligkeit und Nutzungsflexibilität.
Viele der im Antrag aufgelisteten Forderungen sind unter pflegepolitischen Gesichtspunkten bereits als qualitative Prämissen für die kommunale Pflegeplanung in die Regelung des Landespflegegesetzes eingegangen.
Wenn man die bereits vorgelegten Eckpunkte und die Novellierung des Heimgesetzes durch das Arbeits- und Sozialministerium in diesen Zusammenhang einbezieht, wird deutlich, dass dieses Ministerium längst die Anforderungen eines modernen Pflegegesetzes beachtet. Ich denke, dass dazu gleich von dem Minister Näheres gesagt wird. Deshalb erspare ich mir in Anbetracht der Redezeit, die mir noch bleibt, dazu noch Weiteres zu sagen.
Die neue Landesregierung hat mit der Einrichtung eines Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration einen besonderen Akzent gesetzt. Ein Schwerpunkt der Arbeit dieses Ministers bildet die Seniorenpolitik. Es ist bereits eine Reihe von Initiativen auf den Weg gebracht worden, die auch Bezug zu dem vorliegenden Antrag haben.
Ich erinnere an das geförderte Forschungs- und Entwicklungskonzept „Altengerechte Stadt“. Das Konzept „Wohn-Quartier 4“ will die Interessen und Bedürfnisse älterer Menschen für eine generationengerechte Quartiersgestaltung umsetzen mit den Aspekten Wohnumfeld, Gesundheit/Service und Pflege/Partizipation und Kommunikation/ Bildung, Kunst, Kultur.
Die Programme dieses Ministeriums lassen sich vielfältig fortsetzen, die begrenzte Redezeit gestattet es mir jedoch nicht, weiter darauf einzugehen. Vielleicht gibt uns das Ministerium einmal eine Auflistung seiner Aktivitäten, damit auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erfährt, was bereits alles auf den Weg gebracht worden ist.
Wir wissen, letztlich muss in den Kommunen das Richtige angepackt und umgesetzt werden. Die Kommunen haben dabei vielfach längst erkannt, dass Sie unter anderem nur dann eine Chance zur Entwicklung haben, wenn sich alle Generationen in der Kommune wohlfühlen. Viele nordrheinwestfälische Kommunen haben erkannt, dass die Älteren heute fähig und willens sind, aktiv mitzuwirken. Die Kommunen entwickeln Politik nicht für die Alten, sondern mit ihnen.
Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen, dass der Rat meiner Stadt Rheine im letzten Jahr ein Entwicklungs- und Handlungskonzept „Rheine 2020“, das dezidiert den demografischen Wandel einbezieht und ein offenes Konzept für alle Generationen enthält, verabschiedet hat. Ich habe dieses Konzept mitgebracht. Dort steht zum Beispiel:
„Bestehende Wohngebiete sind auf gesellschaftliche Ansprüche und Nachfrage behindertengerecht sowie betreutes integriertes Wohnen und ihre Qualität inklusive des Wohnumfeldes auszurichten, um zum Beispiel ein Quartier nachhaltig stabilisieren zu können.“
Meine Redezeit ist abgelaufen, deshalb nur das Fazit. Als Fazit zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen stelle ich fest: Die Wirklichkeit ist längst weiter als der Antrag. Dieser Antrag enthält keine neuen Impulse und ist somit für die Weiterentwicklung in der Altenpolitik wenig hilfreich. Wir können aber im Ausschuss über einzelne Punkte gerne noch weiter diskutieren. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen soll laut Empfehlung des Ältestenrats wie ausgedruckt an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung – federführend –, an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales überwiesen werden.
Dem stimmt die CDU-Fraktion zu. Daher will ich mich hier auf einige grundsätzliche Anmerkungen zu dem Antrag beschränken, zumal die Thematik nicht neu ist.
Wie im Antrag richtig festgestellt, läuft die derzeit noch geltende Regelung für den Eigenanteil der Eltern an den Lernmitteln in Höhe von 49 % zum 31. Juli 2008 aus. Danach gilt wieder die alte Eindrittel-Zweidrittel-Regelung.
Da die jetzige Landesregierung erklärt hat, dass sie keine Verlängerung der Gesetzesänderung von 2003 anstrebt, gibt es eine deutliche Entlastung für alle Eltern. Ich denke, das ist für die Eltern zunächst einmal eine gute Nachricht.
Man gestatte mir in dem Zusammenhang den Hinweis, dass die Erhöhung der Elternbeiträge in 2003 noch von Rot-Grün beschlossen wurde.
So können wir gut damit leben, wenn der Landtag die Entlastung der Eltern beim Eigenanteil an den Lernmitteln jetzt auch mit den Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen begrüßen soll. Wenn die SPD-Fraktion dieser Meinung zustimmt, dann haben wir in der Schulpolitik endlich einmal eine komplette Übereinstimmung.
Nun zum Punkt der Lernmittelfreiheit für die ALGII-Bezieher. Wie Sie wissen, handelt es sich bei dem Gesetz zur Bemessung der Regelleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII um ein Bundesgesetz, in Kraft gesetzt unter einer rot-grünen Bundesregierung. Zugestimmt haben damals auch die Bundesländer, sodass es eine vielfältige politische Beteiligung und Verantwortlichkeit gibt. Das will ich an dieser Stelle nicht verschweigen.
Die jetzige Landesregierung ist bei dieser Situation allerdings nicht stehen geblieben. So hat Herr Laumann als Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales im letzten Jahr eine Expertengruppe aus Wissenschaft, Sozialgerichtsbarkeit, Freier Wohlfahrtspflege und Kirchen eingesetzt, die sich mit der Frage beschäftigte, ob die heutigen Hartz-IVRegelleistungen für Kinder und Jugendliche dem tatsächlichen Bedarf eines Kindes gerecht werden und ob sie Chancengleichheit im Bildungsbereich gewährleisten.
Das Ergebnis zeigte Handlungsbedarf auf. Also: Es muss Verbesserungen geben. Daraufhin hat das Land Nordrhein-Westfalen einen Initiativantrag in den Bundesrat eingebracht, um eine Beeinträchtigung der Bildungschancen für bedürftige Kinder und Jugendliche zu verhindern. Es soll neben den pauschalierten Leistungen nach den §§ 20 und 28 Abs. 1 SGB II weitere einmalige Leistungen als Sachleistungen für Gebrauchs- und Unterrichtsmaterialien – zum Beispiel Taschenrechner, Zirkel, Schulhefte – und für die persönliche Ausstattung für die Schule – Schulranzen, Sportschuhe usw. – geben.
In einer Mitteilung des Arbeitsministeriums vom 8. Mai heißt es:
„‚Der Bundesratsausschuss für Arbeit und Sozialpolitik hat heute einem Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen zur Neubemessung der Hartz IV- und Sozialhilferegelsätze für Kinder mit 16 : 0’“
also einstimmig –
„‚zugestimmt’, freute sich der nordrheinwestfälische Arbeitsminister … ‚Alle Länder fordern auf unsere Initiative hin, dass der Bund für bedarfsgerechte Hartz IV- und Sozialhilferegelsätze für Kinder sorgen muss.’ Bei diesem speziellen Kinderbedarf müsse insbesondere die Teilnahme an der Mittagsverpflegung in Ganztagsschulen gesichert sowie der Bedarf an besonderen Lehrmitteln für Kinder gedeckt werden.“
Ich habe nur fünf Minuten Zeit, und wir sind schon spät dran; das können wir hinterher im Ausschuss machen.
Nach dem Bundesratsbeschluss ist nun der Bund gefordert zu handeln.
Wenn es um den Elternanteil an der Lernmittelfreiheit geht, so ist festzuhalten: Nach der Lastenverteilung im Schulgesetz zählen die Kosten der Lernmittelfreiheit zu den Sachkosten, die nicht das Land, sondern die Schulträger, also in der Regel die Kommunen, zu tragen haben. Sie wissen auch, dass es bislang in dieser Frage keine einheitliche Position der kommunalen Spitzenverbände gegeben hat. Die Kosten jetzt dem Land zu übertragen, das ist zu einfach. Damit wird die Zuständigkeit wiederum vermischt. Das wollen wir so nicht.
Im Übrigen haben viele Kommunen beziehungsweise Schulen konkrete und effektive Lösungen gefunden. Aus Gesprächen mit Schulleitern meiner Region weiß ich, dass kein Kind ohne die erforderlichen Schulbücher geblieben ist. Auch diese Feststellung gehört zu einer umfassenden Betrachtung, …
… die wir in den Ausschüssen noch weiter vertiefen können. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim ersten Lesen des Antrags von Bündnis 90/Die Grünen habe ich mich gefragt: Ist das, was hier vorgelegt wird, ein Kompendium, eine Zusammenfassung von Bildungsaspekten? Beim genaueren Durchlesen stellt man dann fest, dass vieles miteinander vermischt wird, sodass das Ganze eher den Eindruck eines Sammelsuriums vermittelt.
Lässt man die ersten Abschnitte des Antrags mit der Situationsbeschreibung einmal weg, drängt sich der Verdacht auf, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit diesem Antrag durch die Hintertür erneut die Schulstrukturdebatte führen will.
Auf die Sache bezogen bestreitet doch niemand, dass Bildung zu den zentralen Aufgaben heutiger Politik gehört. Die soziale Frage der Gegenwart, so ist gesagt worden, heißt Bildung, und zwar in dem Dreiklang von Bildung, Ausbildung, Weiterbildung. Darauf hat die jetzige Landesregierung seit ihrer Amtsübernahme einen Schwerpunkt ihrer Arbeit gelegt und Enormes geleistet.
Während an vielen Stellen gespart werden musste, wurden im Ministerium für Schule und Weiterbildung die Mittel für die Einstellung zusätzlicher Lehrerinnen und Lehrer deutlich aufgestockt. Rund 5.000 neue Lehrerinnen und Lehrer haben in dieser Zeit ihren Dienst begonnen.
Gleichzeitig wurden im GFG die Mittel der Schulpauschale im Jahre 2008 um 80 Millionen € aufgestockt.
Auch der Arbeitsminister – das möchte ich in diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnen – hat den Schwerpunkt seiner Arbeitsmarktpolitik darauf gelegt, junge Menschen arbeitsfähig zu machen. Es sind viele Maßnahmen ergriffen worden: Ich denke an BUS mit 3.600 Teilnehmern, Werkstattjahr mit 4.600 Teilnehmern; wir haben die Ver
bundausbildung und die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung angefangen. Das heißt, jährlich sind hier insgesamt 70 Millionen € eingesetzt.
Ich möchte noch auf den Punkt der Weiterbildung eingehen. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat bisher 130.000 Bildungsschecks für die Weiterbildung von Arbeitnehmern mit einem jährlichen Volumen in Höhe von 14 Millionen € eingelöst.
Das darf man in diesem Zusammenhang alles mit bedenken. Von daher kann sicherlich eine gute Bilanz vorgelegt werden.
Wenn die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ihren ersten Abschnitt damit überschreibt „Kommunen nehmen Herausforderungen in der Bildung an“, dann gehe ich davon aus, dass die Kommunen die Zeichen der Zeit erkannt haben und handeln. Denn auch die Kommunen wissen doch, dass Bildung ein Standortfaktor ist, und deshalb engagieren sich viele Kommunen in besonderer Weise im Bildungssektor. Das neue Schulgesetz bietet den Kommunen vielfältige Möglichkeiten, gestaltend mitzuwirken:
Die Kommunen organisieren das örtliche Schulangebot in eigener Zuständigkeit.
Das geht von der Einführung der offenen Ganztagsschule, besonderen Förderangeboten, der Ausstattung der Schulen bis hin zu Formen der Zusammenarbeit von Schule und Kommunen, von Schule und Wirtschaft. Die Ausweitung der „Selbstständigen Schule“ auf alle Schulen erweitert den Handlungsspielraum für Schulen und Kommunen beträchtlich. Im Rahmen der Vorgaben des Schulgesetzes sind sie legitimiert, Schulen zu errichten, zu erweitern, zu vernetzen.
Ein Weiteres will ich auch klar sagen: Der demografische Wandel wird einen Rückgang der Schülerzahlen zur Folge haben. Das Schulgesetz bietet eine Reihe von Lösungen an, mit denen flexibel reagiert werden kann.
Nein, ich möchte mein Konzept zu Ende vortragen. – Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geht allerdings weit darüber hinaus.
In dem Antrag heißt es: „Die Zuständigkeit für die Schulen soll auch formal kommunal sein.“ Hier liegt des Pudels Kern. Dazu sage ich ganz eindeutig: Dies ist mit der CDU-Fraktion nicht zu machen. Die Festlegung von Schulformen und Schulstrukturen kann nicht in die Zuständigkeit der Städte und Gemeinden gelegt werden.
Das würde das Ende eines landesweit geordneten Schulsystems bedeuten. Wenn wir nicht der Beliebigkeit, dem Durcheinander und letztlich dem Chaos Vorschub leisten wollen, dann muss die Entscheidungskompetenz beim Gesetzgeber, das heißt beim Land, bleiben. Eine andere Lösung kann auch nicht im Interesse der Kommunen, der Eltern und der Lehrerschaft sein, und erst recht nicht im Interesse der Schülerinnen und Schüler. Was würde im Falle des Umzugs eines Schülers geschehen? Würde er dann in den unterschiedlichen Gemeinden auf unterschiedliche Schulen treffen? – Das kann nicht funktionieren.
Über Spielräume innerhalb der festgelegten Schulstrukturen kann man diskutieren. Da muss man nicht einheitlicher Meinung sein. Die Grundlagen der Schulpolitik sind allerdings hier im Landtag vom Gesetzgeber zu legen. Das ist unsere Position. Aus diesem Grunde werden wir – das will ich klipp und klar sagen – dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in dieser Form nicht zustimmen. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon gestern in der zweiten Lesung intensiv über die Änderungen des
Kommunalwahlgesetzes diskutiert. Pflichtgemäß führen wir heute die dritte Lesung durch. Ich will deshalb nur ganz kurz und in geraffter Form nochmals auf einige Punkte eingehen, über die gestern diskutiert worden ist, um sie ins Gedächtnis zurückzurufen.
Besonders kontrovers und heftig haben wir über die Sperrklausel bzw. über das Grundmandat diskutiert. Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen.
Eines ist gestern allerdings nicht gesagt worden: Wir würden heute viel besser dastehen und hätten wahrscheinlich eine übereinstimmende Lösung, wenn 1999 der Landesregierung und auch der Landtagsverwaltung nicht diese Pannen passiert wären. Damals, als wir vor Gericht standen und die 5%-Klausel gefallen war, ist eindeutig gefragt worden: Gibt es denn einen Alternativvorschlag? – Man war entweder zu bockig oder zu arrogant und hat gesagt: Nein, wir haben nichts und wollen hier auch nichts einbringen.
Wenn man damals einen Vorschlag gemacht hätte, dann hätten wir sicher die Chance gehabt, den durchzubringen. Wir sind heute in einer erheblich schwierigeren Situation. Heute müssen wir das aufgrund der neuen Gegebenheiten nachweisen. Das wird außerordentlich schwer fallen. Von daher sagen wir: Die sicherere Seite ist wahrscheinlich das Grundmandat.
Das Zweite ist der Wegfall der Stichwahl. Dazu gibt es auch unterschiedliche Positionen. Ich habe gestern als Beispiel die Landratswahl im Kreis Soest herangezogen: beim ersten Wahlgang 27,1 %, beim zweiten Wahlgang 19,1 %, eine Differenz von 8 %. Hinterher wurde mir gesagt: Diese 8 % belegen letztlich etwas ganz anderes. Wenn Sie 27 % zu 19 % in Relation setzen, dann heißt das, dass fast ein Drittel der Wählerinnen und Wähler, die beim ersten Wahlgang gewählt haben, beim zweiten nicht mehr zur Wahl gegangen sind. Dann bekommen Sie eine Dimension, die erheblich größer ist.
Von daher sollten Sie ganz vorsichtig sein, wenn Sie die Stichwahl so hoch halten. Ich habe Ihnen nachgewiesen, dass beide Kandidatinnen, die vorne lagen, bei der ersten Wahl in absoluten Zahlen mehr Stimmen auf sich haben vereinigen können als bei der Stichwahl. Von daher ist der Verzicht auf die Stichwahl durchaus legitim.
Ich zitiere noch einmal Prof. Oebbecke, der gesagt hat: Verfassungsrechtlich ist das kein Problem. Es sprechen gute Gründe dafür und gute
Gründe dagegen. – Also kann man beide Positionen akzeptieren.
Das Auszählungsverfahren ist gestern auch noch einmal angesprochen worden. Die Wissenschaft hält dieses neue Verfahren für das gerechteste. Dem haben wir uns angeschlossen. Von daher haben wir auch da eine gute Position.
Wir schaffen darüber hinaus die Möglichkeit, dass Personen, die wegen bisheriger Inkompatibilität nicht kandidieren konnten, die Chance erhalten, dann, wenn sie keine direkten Kontrollaufgaben haben, in den jeweiligen Kommunen kandidieren zu können. Das gilt auch für Bedienstete der Finanzämter, der Polizei und Lehrer an Hochschulen.
Wir haben auch die Rechte der Wählerinnen und Wähler gestärkt. Bislang war es so, dass man ein Vierteljahr in einer Kommune wohnen musste, bevor man dort wählen konnte. Diese Zeit haben wir auf 15 Tage reduziert, sodass man in dem neuen Ort wählen kann, auch wenn man erst vor Kurzem umgezogen ist.
All das zusammen lässt erkennen, dass wir eine vernünftige Änderung des Kommunalwahlgesetzes vorgelegt haben. Dieses kommunale Wahlrecht wird den Entwicklungen der Gegenwart gerecht. Es bietet richtungweisende Lösungen an, gibt mehr Freiheit für Bürger und Kandidaten und ist im Ergebnis sachgerecht und gut. Von daher stimmt die CDU-Fraktion diesem Gesetzentwurf zu. Und die Koalitionsfraktionen sind sich in diesem Punkt einig. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion legt uns heute einen Antrag vor mit dem Titel „Zukunftschancen von Kindern in ALG II-Bedarfsgemeinschaften verbessern“. Die Zukunftschancen von Kindern zu verbessern ist sicherlich eine Aufgabe, die uns alle verpflichtet. Die Chancen der Kinder zu verbessern, die in ALG II-Bedarfsgemeinschaften leben, gehört in besonderer Weise mit dazu. Das möchte ich ausdrücklich betonen.
Wenn man die Forderungen liest, die die SPD in ihrem Antrag stellt, dann ist das doch ernüchternd. Sie fordern erstens die Überprüfung der Regelsätze für Empfänger von Arbeitslosengeld II und der Grundsicherung. Sie fordern zweitens die Einführung eines bundeseinheitlichen Mindestlohns. Sie fordern drittens einmalige Beihilfen für Kinder und viertens bestimmte Befreiungen zum Beispiel bei Lernmitteln, Essensentgelten und Betreuungskosten.
Dazu möchte ich Folgendes sagen: Über die Einführung eines bundeseinheitlichen Mindestlohns ist gestern in einem eigenen Tagesordnungspunkt diskutiert worden. Die CDU-Fraktion hat dort bereits eindeutig Stellung bezogen, sodass ich mir heute alle weiteren Ausführungen dazu ersparen kann.
Die Positionen zu diesem Thema sind doch klar; dann muss ich das Ganze heute doch nicht wieder aufkochen. Wollen Sie denn dreimal dasselbe hören?
Zu den anderen Forderungen Ihres Antrags lässt sich sagen, dass man sich längst intensiv damit beschäftigt; der Zug fährt bereits.
Erstens. Bundesminister Franz Müntefering hat die Überprüfung der sogenannten Hartz IV-Regelsätze bereits zugesagt. Im „Westfälischen Anzeiger“ vom 27. August ist zu lesen:
„Müntefering sagte zudem eine Überprüfung der Hartz IV-Regelsätze bis November zu. Angesichts der Preisentwicklung sei das notwendig.“
Wollen Sie also Ihren Arbeitsminister Franz Müntefering unterstützen oder ihm Druck machen, das zu tun, was er angekündigt hat?
Auf jeden Fall sind Sie mit Ihrer Forderung spät dran.
Zweitens. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales unseres Landes hat beim Tagesordnungspunkt 4 der Plenarsitzung vom 23. August zum Antrag der Grünen mit dem Titel „Anpassung der Regelsätze jetzt!“ Folgendes ausgeführt:
„Nun kommt eine andere Frage, die den Sozialminister von Nordrhein-Westfalen sehr nachdenklich stimmt. Wir haben damals im Deutschen Bundestag auch gesagt, dass für ein Kind von unter 14 Jahren der Satz 60 % des Erwachsenensatzes und für ein Kind über 14 Jahre der Satz 80 % des Erwachsenensatzes ist. Ich finde, wir sollten darüber nachdenken, ob diese Abgrenzung die Lebenswirklichkeit eines Kindes, wenn wir über die Teilhabe an Schule, Bildung, an frühkindlicher Bildung denken, richtig getroffen hat. Hier habe ich – das sage ich ganz offen – mittlerweile Bedenken.“
Ich zitiere jetzt weiter – denn das sollten Sie auch hören –:
„Deswegen werde ich noch in diesen Tagen eine Expertenrunde in meinem Ministerium zusammenstellen, die Folgendes machen soll:
Erstens. Sie soll uns Aussagen darüber geben, ob den bestehenden Regelungen im SGB II und im SGB XII eine sachgerechte, wissenschaftliche Ableitung der Leistungen für Kinder und Jugendliche zugrunde liegt. Man muss ja wissen, ob die Bemessung der Leistung nach dem SGB II und dem SGB XII für Kinder und Jugendliche ausreichend und bedarfsdeckend ist.
Zweitens. Welche Vor- und Nachteile sind mit pauschalierten und einmaligen Leistungen verbunden? Ich finde, auch diese Debatte muss geführt werden. Ich kann mich erinnern, dass damals ganz Deutschland, auch die Wohlfahrtsverbände, schrie, dass Einzelanträge entwürdigend seien, weswegen alles pauschaliert werden müsse.“
„Jetzt sagen die gleichen Wohlfahrtsverbände, wir müssten wieder Einzelleistungen einführen. Von daher müssen wir doch einmal der Sache auf den Grund gehen. Ich bin im Übrigen nicht gegen Einzelleistungen und nicht gegen die teilweise Aufhebung von Pauschalierungen.
Drittens. Welcher Handlungsbedarf besteht hinsichtlich der Aufwendungen für Mittagsverpflegung in Ganztagseinrichtungen und für Schulmaterial? Ich finde, das gehört auch dazu. Ich möchte, dass diese Kommission aus sachkundigen Menschen des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen, des Bundessozialgerichtes, des Statistischen Bundesamtes und des
Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zusammengesetzt wird. Diese sollen uns innerhalb von wenigen Wochen – dafür brauchen die nicht sehr viel Zeit – diese Fragen beantworten. Anschließend werde ich gerne Ausschuss und Parlament darüber berichten.“
Damit wird offenkundig, dass der Minister die Punkte, die jetzt von der SPD gefordert werden, bereits sehr konkret überprüfen lässt.
Das habe ich nicht gesagt.
Haben Sie das damals nicht registriert, oder wollen Sie mit dabei sein und legen jetzt nach? Sind nicht der Weg und die Vorgehensweise der Landesregierung sachgerechter, zielführender und effektiver als Ihr Antrag, den Sie nicht einmal beraten lassen, sondern sogleich zur Abstimmung stellen?
Ich würde in diesem Zusammenhang von der Landesregierung gerne wissen,
wann die eingesetzte Kommission erste Ergebnisse vorlegen wird, die wir dann gemeinsam beraten können. Wenn das zeitnah genug geschieht, kann das auch noch Auswirkungen auf den Haushaltsplan für 2008 haben.
Ich habe eben gesagt, dass erste Maßnahmen für Kinder aus Armutsfamilien bereits anlaufen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf den Landesfonds „Kein Kind ohne Mahlzeit“ hinweisen. Die Förderrichtlinien sind erstellt, und die Antragstermine laufen. So hat ganz konkret am Dienstag der Haupt- und Finanzausschuss bei mir zu Hause in der Stadt Rheine den Beschluss gefasst, sich an dieser Aktion zu beteiligen und den städtischen Zuschuss ebenfalls zur Verfügung zu stellen. Die Sache läuft also. Von den angesprochenen Betreuungskosten, den Kindergartenbeiträgen und der offenen Ganztagsschule sind Eltern aus Bedarfsgemeinschaften doch bereits ebenfalls weitgehend befreit.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch auf einen weiteren Punkt hinweisen: Wenn es stimmt, dass die soziale Frage der Gegenwart die Ermöglichung von Bildung ist, ist es besonders wichtig, den Kindern aus armen beziehungsweise
aus von Armut bedrohten Familien Bildungschancen zu ermöglichen. Eine gute Bildung und Ausbildung ist das beste Rüstzeug, um aufzusteigen. Dabei gilt es, möglichst früh Hilfen anzubieten, Bildungsanreize zu schaffen und die Motivation und das Wollen der Eltern und Kinder herauszufordern.
Denn man muss auch wollen. Diesem Ziel dienen auch die Sprachstandserhebungen, das Angebot von Sprachkursen, die Errichtung von Familienzentren, der Ausbau der Betreuung für die unter Dreijährigen und der Ausbau der Ganztagsschulen.
Hier kann Wegweisendes geleistet werden. Hier werden Chancen eröffnet, um aus der Armut dauerhaft herauszukommen. Daher ist es richtig, dass diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen das Thema Chancengleichheit viel umfassender und tiefgreifender anpacken, dem Bildungsbereich besondere Aufmerksamkeit widmen und deutlich höhere finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.
Diesen Weg gilt es weiterzugehen. Dabei ist eine originäre Zuständigkeit des Landes gegeben.
Zusammenfassend kann ich also für die CDUFraktion feststellen, dass wir dem SPD-Antrag in dieser Form nicht zustimmen können. Das hat folgende Gründe:
Erstens. Ein Teil der Forderungen ist bereits überholt, weil sie schon bearbeitet werden.
Zweitens. Einige Forderungen sind für uns nicht akzeptabel, so das Thema Mindestlohn.
Drittens. Insgesamt greift der Antrag zu kurz.
Im Ergebnis können wir den Antrag also so nicht mittragen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beschließen heute in zweiter Lesung die Änderung des Kommunalwahlgesetzes. Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Änderung des Kommunalwahlgesetzes sind vor allem zwei Themen intensiv diskutiert worden: zum einen die Problematik einer Sperrklausel bzw. eines Grundmandates und zum anderen der Verzicht auf die Stichwahl. Für die CDU-Fraktion wird Herr Jarzombek nachher zu der Thematik der Sperrklausel und zu dem Auszählverfahren Stellung nehmen. Ich beziehe mich zunächst auf den Verzicht auf die Stichwahl bei der Wahl der hauptamtlichen Bürgermeister, Oberbürgermeister bzw. Landräte.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte, die es sowohl in diesem Hause als auch draußen gibt, bleibt festzustellen, was Prof. Oebbecke bei der Anhörung gesagt hat – ich zitiere –:
„Verfassungsrechtlich halte ich das“
damit meint er den Verzicht auf die Stichwahl –
„für ganz unproblematisch. Es sprechen auch gute Gründe dafür und dagegen.“
Man kann also durchaus unterschiedlicher Meinung sein, es reicht aber nicht für gegenseitige Diffamierungen.
Die Regierungsfraktionen haben sich für die Aufhebung der Stichwahl entschieden. Gewählt ist damit, wer in einem Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
Bei den bisherigen Stichwahlen lag die Wahlbeteiligung durchweg 10 bis 15 Prozentpunkte niedriger als im ersten Wahlgang. Selbst wenn bei der Nachwahl eines Bürgermeisters, Oberbürgermeisters bzw. Landrates ausschließlich über einen neuen Amtsinhaber zu entscheiden war, gab es eine niedrigere Wahlbeteiligung. So ist durchaus nachweisbar, dass der Wahlsieger bei der Stichwahl im zweiten Wahlgang in absoluten Zahlen weniger Stimmen auf sich vereinigen konnte als der sogenannte Spitzenkandidat aus dem ersten Wahlgang.
Bei der durchweg geringeren Wahlbeteiligung im zweiten Wahlgang von häufig weit unter 50 % erreichte die per Stimmabgabe ausgesprochene Zustimmung der Wählerinnen und Wähler leider nur einen mäßigen Wert. Den Beweis dafür haben wir bei der letzten Wahl, die stattgefunden hat, bekommen. Es geht um die Landratswahl im Kreis Soest. Dort hat es bei der ersten Wahl am 27. August eine Wahlbeteiligung von 27,1 % gegeben.
Die Kandidatin an erster Stelle hatte 29.887 Stimmen. Die zweite Kandidatin für die Stichwahl hatte 19.427 Stimmen. Bei der Stichwahl, in die es dann ging, gab es eine Wahlbeteiligung von nur noch 19,1 %. Die Siegerin, die CDU-Kandidatin, hat in absoluten Zahlen 27.804 Stimmen bekommen, also 2.000 weniger als im ersten Wahlgang. Selbst die Verliererin, die unterlegene Kandidatin, hatte in der Stichwahl nur 18.450 Stimmen, während sie im ersten Wahlgang noch 19.427 Stimmen hatte.
Was ich eben gesagt habe, ist also durchaus nachweisbar. Daher bringen Stichwahlen – bezogen auf die auf den Wahlsieger abgegebenen Stimmen – nicht unbedingt ein Mehr an demokratischer Legitimation. Daher gilt: Wer in nur einem Wahlgang die meisten Stimmen erhält, kann sich ohne Wenn und Aber als legitim gewählt betrachten. So werden es die Koalitionsfraktionen festlegen.
Ich will nun noch auf einige andere Punkte der Änderung des Kommunalwahlgesetzes eingehen, die durchaus Bedeutung haben. Zunächst geht es um die Reduzierung der Höchstabweichungsgrenze von 33 % auf 25 % bei der Einteilung der Wahlbezirke. Faktisch bedeutet das eine Verringerung der maximalen Abweichungsgröße von 100 % – bislang war zwischen dem kleinsten Wahlkreis und dem größten Wahlkreis eine Differenz von 100 % möglich – auf 66 %. Das gibt noch Spielraum, damit gerade Gemeinden mit eigenständigen kleinen Ortschaften diesen eigene Wahlkreise zuordnen können, wohingegen es auf der anderen Seite eine größere Gerechtigkeit innerhalb der Wahlbezirke schafft.
Für die Landtagswahl haben wir diese Höchstabweichungsgrenze sogar auf 20 % festgesetzt. Wir wollen mit der neuen Größenordnung für die Kommunen erst einmal Erfahrungen sammeln. Ich denke, dass wir in diesem Punkt weitestgehend übereinstimmen.
Ein weiterer Punkt im neuen Kommunalwahlgesetz verschafft Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes größere Chancen zu kandidieren, da die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat stark reduziert wird. Mit dieser Neuregelung führen nur noch solche Tätigkeiten zur Inkompatibilität, bei denen eine direkte Aufsichtsfunktion ausgeübt wird. Zukünftig können zum Beispiel Bedienstete eines Kreises gleichzeitig Mitglied des Rates einer kreisangehörigen Gemeinde desselben Kreises sein. Ebenso können Bedienstete der Finanzämter, der Polizei oder Lehrer an Hochschulen in den Rat bzw. Kreistag gewählt werden.
Aber auch die Rechte der Wählerinnen und Wähler werden gestärkt. Die Sperrfrist für die Ausübung des aktiven Wahlrechtes wird von drei Monaten auf 15 Tage verkürzt. Damit haben die Bürger bei einem Wohnungswechsel viel länger die Chance, ihr Wahlrecht auszuüben. In der Vergangenheit war das so nicht möglich, was häufig Unverständnis ausgelöst hat. Die jetzige Lösung ist in jedem Fall bürgerfreundlicher und daher zu begrüßen.
Ich will es zunächst bei der Bewertung dieser konkreten Änderungen belassen. Das Kommunalwahlgesetz ist in vielen Gremien, Ausschüssen und im Plenum selbst intensiv diskutiert worden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die vorgelegte Novellierung des Kommunalwahlgesetzes der veränderten kommunalen Ausgangslage gerecht wird, richtungweisende Lösungen an
bietet, mehr Freiheit gibt und im Ergebnis sachgerecht und gut ist. Daher werden die Koalitionsfraktionen diesem Gesetz zustimmen. Wie gesagt: Zu einigen weiteren Punkten wird nachher Herr Jarzombek Stellung nehmen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen nimmt die Mehrwertsteuererhöhung zum Anlass, eine Erhöhung der Regelsätze zur Grundsicherung im SGB XII und analog im SGB II zu fordern.
Ich will das Ergebnis der Beratung der CDUFraktion zu diesem Antrag gleich zu Beginn vorwegnehmen und erklären, dass wir dem Antrag nicht zustimmen werden.
Denn die Entscheidungen sind bereits getroffen. Die Gesetze und Verordnungen zum 1. Januar
2007 sind erlassen. So hat der Bundesgesetzgeber bereits am 2. Dezember 2006 mit dem „Gesetz zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze“ auftragsgemäß gehandelt. Mit Datum vom 19. Dezember 2006 hat die nordrheinwestfälische Landesregierung die entsprechende Verordnung über die Regelsätze zur Sozialhilfe ab dem 1. Januar 2007 erlassen. Mit Datum vom 26. Januar 2007 hat das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales schriftlich informiert. In dem Schreiben heißt es:
„Sehr geehrte Frau Präsidentin, der Bundesgesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006 beschlossen, zukünftig – wie im SGB II – von einem bundeseinheitlichen Sozialhilferegelsatz auszugehen und damit die Differenzierung zwischen Ost und West aufzugeben.“
Ich möchte zunächst das Zitat vortragen.
„Der Regelsatzbemessung auf Grundlage der neuen Bundesregelsatzverordnung liegen nunmehr die gesamtdeutschen Verbrauchsausgaben nach der sogenannten Einkommens – und Verbrauchsprobe (EVS) zugrunde.
Aufgrund der geänderten Rechtslage musste die Landesregierung durch Verordnung die Regelsätze für Nordrhein-Westfalen zum 1. Januar 2007 neu festsetzen. Ausgehend von der bundesgesetzlichen Vorgabe wurde ein Regelsatz von 345 € festgelegt. Die Neufestsetzung hat damit in Nordrhein-Westfalen keine Erhöhung der Regelsätze in der Sozialhilfe zur Folge.
Ich bitte Sie, die beigefügten Abdrucke der Regelsatzverordnung den Mitgliedern des o. a. Ausschusses zur Kenntnis zu geben.
Mit freundlichen Grüßen Karl-Josef Laumann“
Wie Sie dem Schreiben des Ministeriums entnehmen können, hat es durchaus eine Weiterentwicklung der Bemessung der Regelsätze zum 1. Januar 2007 gegeben. Wie wollen Sie sonst erklären, dass es 2007 zum ersten Mal einen gesamtdeutschen Regelsatz gibt, der in Ost und West die gleiche Höhe aufweist?
Der Bundestag hat sich durchaus auch mit dieser Thematik befasst, unter anderem mit einem Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 27. September 2006. Das können Sie in der Drucksache 16/2750 nachlesen.
Zu dem Änderungsvorschlag der Bundesregierung und dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat es am 16. Oktober eine öffentliche Anhörung gegeben. Dabei haben die Auswirkungen der Mehrwertsteuer durchaus zur Debatte gestanden. Es ist nicht so, als ob man das damals nicht bedacht und nicht bearbeitet hätte.