Protokoll der Sitzung vom 01.06.2006

Zudem verpflichtet das Gesetz den Bund, in 2007 den Ländern einen Vorschlag zur gesetzlichen Neufestsetzung der ihnen zustehenden Mittel ab

2008 zu unterbreiten, der eine Angleichung der Leistungen an die sich verändernden Verhältnisse gewährleisten soll. Die Neufestsetzung im Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates, also der der Länder.

Im Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 plant die Bundesregierung, die Regionalisierungsmittel bis 2010 um 3,3 Milliarden € zu kürzen, um den Bundeshaushalt zu entlasten. In 2006 sollen die Mittel um 105 Millionen €, 2007 um 556 Millionen €, 2008 um 765 Millionen € sowie 2009 um 876 Millionen € und 2010 schließlich um 988 Millionen € reduziert werden. Zudem soll die im Gesetz verankerte für 2008 anstehende Revision auf 2011 verschoben werden.

Für Nordrhein-Westfalen hätte die vorgesehene Änderung des Regionalisierungsgesetzes Kürzungen in Höhe von insgesamt rund 516 Millionen € im Zeitraum von heute bis 2010 zur Folge. In der Konsequenz müssten die derzeit ca. 101 Millionen Zugkilometer wahrscheinlich um 20 % reduziert werden.

Die Länder haben sich auf der Sonderverkehrsministerkonferenz vom 12. März 2006 zunächst darauf geeinigt, dass über die Verkehrsministerkonferenz der Bedarf der Regionalisierungsmittel der einzelnen Länder ermittelt wird und auf dieser Grundlage neue Verhandlungen um die Höhe des Konsolidierungsbeitrags mit dem Bund aufgenommen werden sollen.

Kürzungen in 2006 werden von den Verkehrsministern schon deshalb nicht akzeptiert, da die Kosten in diesem Jahr bereits entstanden sind und entstehen und bestehende Verträge nicht einfach aufgekündigt werden können.

Die CDU und die FDP hier in Nordrhein-Westfalen fordern wie die Landesregierung auch die im Gesetz festgelegte Revision des Regionalisierungsgesetzes mit dem Ziel, zu einer gerechteren Verteilung der Mittel zu kommen und zu verhindern, dass Mittel in vielen Ländern zweckentfremdet eingesetzt werden. Die Verkehrsministerkonferenz hält im Übrigen an der Revision für 2008 fest, um schnellstmöglich weiteren Missbrauch der Mittel zu verhindern und eine gerechte Verteilung der Mittel zu erreichen. Die Aufschiebung der Revision wurde deshalb zu Recht auch schon vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zurückgenommen.

Im Gegensatz zu den Grünen und auch zur SPD hier im Lande haben die Vertreter der Länder den Verzicht auf die Dynamisierungsquote von 1,5 % angeboten. Die Länder haben nämlich erkannt,

dass auch im Bund in erheblichem Umfang selbstverständlich gespart werden muss.

Am 7. April 2006 hat sich der Bundesrat gegen die Kürzungen ausgesprochen. In der Zwischenzeit haben die Verkehrsunternehmen, Verbünde und Aufgabenträger das NRW-Aktionsbündnis gegen Kürzungen bei Bahn und Bus gegründet. Damit will man in der Öffentlichkeit auf die drohende Kürzung aufmerksam machen und diese verhindern.

Bei der Verteilung der Bundesmittel auf die Länder schneidet NRW schlecht ab. Die abgewählte rot-grüne Regierungskoalition hat hier in der Vergangenheit anscheinend keinerlei Einsatz gezeigt, um auch nur ansatzweise zu einer für NRW angemessenen Größenordnung zu kommen. Nordrhein-Westfalen hat mit 61,47 € pro Einwohner den schlechtesten Stand. Lediglich Bremen steht noch schlechter da. Brandenburg ist mit 156,93 € Spitzenreiter im Ländervergleich.

In Nordrhein-Westfalen wird das Geld effektiv eingesetzt. Mit 1 € Regionalisierungsmittel fährt ein Fahrgast in Nordrhein-Westfalen 6,8 km. Zum Vergleich: In Brandenburg sind es 4,6 und in Sachsen gar nur 1,9 km.

Darüber hinaus wird vonseiten der CDU/FDPKoalition erwartet, dass die Verbünde und Zweckverbände eigene Konsolidierungsbeiträge leisten und nicht bei jedem Finanzproblem gleich zu Fahrpreiserhöhungen oder Leistungskürzungen greifen. Auch eine Zusammenlegung von Verbünden und Zweckverbänden sollte erwogen werden.

Die abgewählte rot-grüne Koalition hat eine völlig einseitige Verkehrspolitik betrieben und hierbei noch nicht einmal das Beste für das finanzielle Wohl des Landes herausgeholt. Dies zeigt sich unter anderem an der bereits festgestellten unglücklichen und ungerechten Verteilung der Mittel unter den Bundesländern.

Die Aufforderung der SPD, kurz und schnell einmal konzeptionell darzustellen, wie denn die Mittelausfälle bestmöglich verkraftet und der Nahverkehr wirtschaftlich effektiver gestaltet werden kann, ist nichts anderes als eine plumpe Provokation.

(Zuruf von der SPD: Aha!)

Die SPD weiß, dass ein solches Konzept nicht einfach so aus dem Ärmel zu schütteln ist. Sie weiß auch, dass der Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 und seine Folgen insbesondere auf die Regionalisierungsmittel noch nicht lange bekannt sind.

Im Unterschied zu Rot-Grün sind sich CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen darüber einig, dass auch der SPNV einen Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushalts erbringen muss. Wir haben erkannt, dass Sparmaßnahmen dringend erforderlich sind, und zwar sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene, um uns von dem MilliardenSchuldenberg, den uns Rot-Grün hinterlassen hat, zu befreien.

Die Kürzung der Mittel für 2006 wird aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr realisierbar sein. Da sich alle Länder gegen die Kürzungen im laufenden Jahr stellen, muss auch davon ausgegangenen werden, dass die Bundesregierung davon Abstand nehmen wird. Aber wir sollten erst einmal abwarten, bis zur Sommerpause klare Zahlen vorliegen. Auf dieser Basis können wir zusammen mit den Verbünden und den Zweckverbänden ein seriöses Konzept entwickeln, wie in 2007 die Kürzungen in Nordrhein-Westfalen kompensiert werden können.

(Bodo Wißen [SPD]: Dann wird es aber Zeit!)

Die Neuentwicklung eines Konzepts für 2007 benötigt etwas Zeit und keinen blinden Aktionismus, Herr Wißen. Die CDU will im Gegensatz zu den Grünen keine Eskalation um jeden Preis und eben keine Konzeptlosigkeit, sondern eine tragbare und mehrheitsfähige Entscheidung zum Wohle des Landes.

Aus diesem Grunde fordern wir auch für den Fall der Nichteinigung über die Zuweisung der Regionalisierungsmittel für die Jahre 2006 und folgende eine Entscheidung des Bundesrates zur Anrufung des Vermittlungsausschusses.

Für 2006 gilt, dass Kürzungen im großen Umfang nicht mehr umsetzbar sind. Für die Folgejahre ist ein vernünftiges Konzept mit sämtlichen Beteiligten zu entwickeln, auf welche Weise Mittelkürzungen durch Einsparungen und andere Maßnahmen am besten aufgefangen werden können.

Nur durch ein solches verantwortungsvolles Handeln ist eine frühzeitige Planungssicherheit über die finanziellen Rahmenbedingungen des ÖPNV auch in Nordrhein-Westfalen zu erhalten. Dies muss das Ziel der Revision des Regionalisierungsgesetzes sein. Die Zeit rennt uns davon, und die Schulden wachsen uns über den Kopf. Handeln ist gefragt.

Wir bitten Sie daher um Unterstützung für unseren Entschließungsantrag und wären insbesondere der Opposition dankbar, wenn Sie aus Ihrer Lethargie erwachen und an der Zukunftsgestaltung

unseres Landes verantwortungsbewusst mitarbeiten würden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank. – Als Letzter in der ersten Runde hat der Abgeordnete Rasche, FDP-Fraktion, das Wort.

Herr Präsident und Fußballexperte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren!

Das Kompliment muss ich natürlich zurückgeben, weil wir das gemeinsam mit Herrn Müller und Herrn Peschkes geschafft haben.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: War das abge- sprochen?)

Herzlichen Dank. – Die Zukunft des Nahverkehrs in Nordrhein-Westfalen ist in der Tat ein wichtiges Thema; erst recht vor dem Hintergrund der Beschlüsse der Bundesregierung und den möglicherweise gravierenden Auswirkungen auf den Nahverkehr in NordrheinWestfalen.

Die Anträge der Grünen und auch der SPD sind inhaltlich schwach. Ich gebe gerne zu: Der von den Grünen ist noch weitaus schwächer. Aber auch Ihrer ist schwach; darauf komme ich gleich zurück. Beide Anträge werden den Problemen nicht gerecht, und es ist nicht überraschend, dass sie schwach sind, denn die Nahverkehrspolitik zu Regierungszeiten von Rot-Grün war in einigen Bereichen ebenso schwach, Herr Wißen.

(Zuruf von Bodo Wißen [SPD])

Werfen wir doch einmal einen Blick zurück auf zwei Punkte:

Nordrhein-Westfalen wurde bei der Mittelvergabe extrem benachteiligt. Der Verteilungsschlüssel zwischen den Bundesländern war ein extrem schwaches Verhandlungsergebnis Ihrer Regierung, Herr Wißen.

Der heutige Bundesfinanzminister, Peer Steinbrück – das ist der zweite Punkt –, zuvor Verkehrsminister in Nordrhein-Westfalen, hat als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen hier an diesem Rednerpult den ITF 3, also die wesentliche Ausweitung des SPNV, versprochen. Nichts ist daraus geworden. Das Ergebnis waren ein extrem schlechter Verteilungsschlüssel und leere Versprechungen. Das sind zwei Merkmale Ihrer Nahverkehrspolitik zu Ihren Regierungszeiten.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Meine Damen und Herren, die aktuellen Probleme sind bekannt:

Erstens: die Höhe der Kürzung, die der Bund beschlossen hat – insgesamt 3,3 Milliarden €.

Zweitens: die Kurzfristigkeit einiger Kürzungen mit Blick auf die Jahre 2006 und 2007.

Drittens: die Rasenmähermethode der Kürzungen, die die Ungerechtigkeiten des Verteilungsschlüssels fortschreibt.

Wer hier allerdings glaubt, dass man beim Nahverkehr an Konsolidierungsmaßnahmen jeglicher Art vorbeikäme, der ist weltfremd und will die Schuldenpolitik der vergangenen Jahre in Bund und Land fortsetzen. Das wird diese Koalition nicht mitmachen.

(Beifall von FDP und CDU)

Der Landesregierung ist es gelungen, auf der Basis des Landtagsbeschlusses vom 15. März unter den Ländern zahlreiche Verbündete zu finden und die für 2010 vorgesehene Revision wieder auf den ursprünglichen Termin zurückzuziehen.

Unsere weiteren Ziele sind: Keine Kürzungen im Jahre 2006 – Wie sollen die auch umgesetzt werden? –, eine wesentliche Reduzierung der geplanten Kürzungen im Jahre 2007, keine Festlegung von Kürzungen ab 2008, da erst die Revision erfolgen muss.

Zum Antrag der SPD: Der Umgang mit Mittelausfällen kann erst – übrigens in Absprache mit allen Beteiligten – erfolgen, wenn die Rahmenbedingungen feststehen. Verschiedene Szenarien auf der Grundlage von Spekulationen zu erstellen, wie von der SPD gefordert, schafft viel Unruhe, bringt am Ende aber überhaupt nichts.

Eine Auflistung von möglicherweise verzichtbaren SPNV-Leistungen, wie von der SPD gefordert, würde unsere Verhandlungsposition gegenüber dem Bund erheblich schwächen. Das ist also auch völliger Unsinn.

Zum Fragenkatalog der SPD: Wenn einem nichts mehr einfällt, wiederholt man Fragen, die man erst kürzlich in einer Kleinen Anfrage gestellt hat. Auch diese Vorgehensweise spricht für sich.

Zum Antrag der Grünen, meine Damen und Herren: Mit der geforderten Ablehnung des Bundeshaushaltes allein erreichen wir überhaupt nichts.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Hat er doch gestern gesagt!)