Protokoll der Sitzung vom 22.06.2006

(Beifall von der SPD)

Das Hauptproblem lag nicht in den einzelnen Fleischereien vor Ort, das Hauptproblem liegt in der Produktionsart dieses Fleisches, in der Produktionskette, in den vielen Beteiligten, in der Arbeitsweise in der Fleischindustrie – darüber haben wir gestern gesprochen –; da haben Sie noch keinen einzigen Ansatzpunkt gefunden, wie Sie substanziell etwas verbessern wollen. Reden Sie einmal mit Herrn Laumann. Wir hatten gestern eine spannende Debatte darüber. In dieser Richtung müssen wir doch Fortschritte erzielen. Sie müssen doch an die Grundlagen gehen, wie es überhaupt zu Gammelfleisch kommt, und können hier nicht Nebelkerzen werfen und sich immer nur auf den Standpunkt stellen: Wir streichen da Geld heraus, denn damit wird es besser. Beim GeldHerausstreichen haben Sie mir noch nicht erklärt, wie mit weniger Geld ein besseres Konzept entstehen soll und wie die Verbraucherinnen und Verbraucher hier in Nordrhein-Westfalen dadurch besser geschützt werden sollen. Da muss noch eine Menge mehr passieren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Minister Eckhard Uhlenberg: Flacher geht es nicht!)

Danke schön, Frau Schulze. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Abgeordneter Kress.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich richtig, dass die Verunsicherung der Verbraucher groß ist und diese durch unqualifizierte Anträge und solche Beiträge, wie wir sie eben erlebt haben, auch nicht verringert wird.

(Widerspruch von der SPD)

Im Ländervergleich steht Nordrhein-Westfalen doch absolut positiv da, meine Damen und Herren. Frau Fasse hat darauf hingewiesen: Ja, im bundesweiten Ranking nehmen wir den zweiten Platz ein, Schulnote „gut“, im Querindex „Innovation“ den dritten Platz hinter Bayern und BadenWürttemberg, bei Exekutive und Legislative jeweils den zweiten Platz. Ich finde, das ist doch super und das sollte man auch einmal anerkennen.

Bei den sechs Einzelindizes finden wir uns dreimal auf dem zweiten Platz, einmal auf Platz fünf und – in der Tat – einmal auf Platz 15, nämlich bei den Kontrollbehörden.

Im Abschlussbericht der Bridges Consultinggesellschaft Public Affairs and Mangagement wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass insbesondere bei den Kontrollbehörden die Vergleiche schwierig sind – das steht so im Text drin –, weil unterschiedliche Standards und Arbeitsweisen sowie unterschiedliche Strukturen der Behörden objektive Vergleiche nur begrenzt zulassen. Auch weisen die Analysten darauf hin, dass durch die Veränderungen der Verbraucherschutz zwar deutlich besser geworden ist, konkret spürbare Effekte beim Verbraucher aber noch nicht angekommen sind. Auch wenn Nordrhein-Westfalen in der positiven Gesamtveränderung zwischen den Bezugsjahren 2004 und 2006 mit insgesamt 437 Punkten von maximal 652 Punkten – das sind 67 % – im Ländervergleich als Positivbeispiel genannt wird – ich wiederhole: als Positivbeispiel –, so vermittelt der Bericht weiter, dass keine Korrelation zwischen der jeweiligen parteipolitischen Zusammensetzung der Landesregierung und dem Ergebnis eines Bundeslandes im Verbraucherschutzindex besteht.

Umso verwerflicher ist die gestrige Pressemitteilung von Bündnis 90/Die Grünen, die den Bericht bewusst falsch interpretieren und suggerieren wollen, dass unsere Landesregierung zu wenig getan habe. Denken, Johannes Remmel, ist übrigens zugelassen.

Verbraucherschutzminister Eckhard Uhlenberg hat gerade die Lebensmittelkontrollen zur Chefsache gemacht und den Verbraucherschutz in unserem Lande weiter entwickelt, und dies auf sehr hohem Niveau – zugestanden! Er hat das eben plausibel dargestellt. Die Anhörung hat das ja auch deutlich bewiesen und gezeigt.

Ich erinnere aber auch noch einmal an den Hilferuf der lebensmittelproduzierenden Betriebe, die bereits im Jahre 2001 beim Forum Düsseldorf die Hilfe des Landes bei der Implementierung der EUHygieneverordnung mit dem Baustein HACCP gesucht haben. Die CDU-Fraktion hat diesen Hilferuf aufgenommen und einen entsprechenden Antrag hier ins Plenum eingebracht – abgelehnt durch die damaligen Koalitionsfraktionen von RotGrün. Frau Schmid sagte damals: Die Beschäftigung mit dem Ansatz HACCP bringt uns nicht weiter.

Heute werden die Mitarbeiter in den Behörden, die Lebensmittelkontrolleure, nach HACCP ge

schult. Die damalige Landesregierung hat die Unternehmen in der Tat im Regen stehen lassen. Heute werden Qualitätsmanagementsysteme – ich nenne das Stichwort ISO 9000 – eingeführt und überprüft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist doch klar, dass die Darstellung potenzieller Risiken und die Beschreibung von Leitpunkten, mit deren Hilfe die Risiken beherrscht werden können, natürlich nur im Zusammenspiel von Lebensmittelproduzenten und Überwachungsbehörde erfolgen können. Darum ist es wichtig, dass wir in diesem Bereich gemeinsam weiter vorankommen.

Verbraucherschutz ist eine staatliche Kernaufgabe; das wird auch in der Bevölkerung so gesehen und akzeptiert.

Die Gesundheit der Menschen in NordrheinWestfalen und darüber hinaus ist ein existenzielles Gut. Sie geht allen wirtschaftlichen Interessen vor. Deshalb gehört es zu den staatlichen Kernaufgaben sicherzustellen, dass die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Lebensmitteln nicht wirtschaftlichen Interessen geopfert wird. Genau das macht unsere Landesregierung. Wir sollten sie unterstützen beim Vorgehen gegen Fehlverhalten, wie wir es zur Kenntnis nehmen mussten und was ja auch durch die Arbeit der Landesregierung und die der Lebensmittelkontrolleure aufgezeigt wurde. Wir sollten hier nicht sagen, die Landesregierung mache alles schlecht, aber gleichzeitig die Leute, die vor Ort arbeiten müssen, loben. Wir sollten sie nicht im Stich lassen, wir sollten sie in der Tat unterstützen.

Ich bin über die Begründung zur Aktuellen Stunde erschüttert. Solche unqualifizierten Vorwürfe an die Landesregierung und an den Minister müssen nicht sein. Wir haben gemeinsam im Fachausschuss die Punkte erörtert. Wir haben auch eine Anhörung durchgeführt. Wir alle wissen es doch eigentlich besser. Wir wissen, dass viel geschieht. Wir sollten gemeinsam dazu beitragen, dass wir diesen guten Weg, der eingeschlagen worden ist, weiter verfolgen. – Recht schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Kress. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Remmel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Uhlenberg, Sie haben mich einfach gereizt. Das kann man nicht im Raum stehen lassen.

Wir sind ja schon mehrfach durch die Ausschüsse und durch den Landtag geschritten und haben Asche über unser Haupt geschüttet und gesagt: Jawohl, es gibt eine Verantwortung von unserer Seite während unserer Regierungszeit. Wir haben es nicht geschafft durchzusetzen, dass wir im Bereich der Lebensmittelkontrolle zu besseren Strukturen kommen. – Jawohl, das ist so. Aber, Herr Uhlenberg, die Schuld und Verantwortung nur bei anderen abzuladen, das geht nicht an.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie waren damals beteiligt. Sie haben seinerzeit die Feuer auf der kommunalen Seite gelegt, die Sie heute als Minister versuchen zu löschen. Darum geht es, um das heute an dieser Stelle noch einmal klarzumachen.

Wenn Sie die Bilanz Ihrer Arbeit aufmachen, so will ich das auch gerne von meiner Seite aus tun. Lassen Sie uns die einzelnen Punkte einmal ansprechen.

Verbraucherzentralen: Sie haben zu verantworten, dass Mittel für die Verbraucherzentralen in einer Weise gekürzt worden sind, dass wir landauf, landab diskutieren, Verbraucherzentralen dicht zu machen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Svenja Schulze [SPD]: Genau!)

Sie haben eben nicht, was angekündigt worden war, eine Garantie durch den Ministerpräsidenten für die einzelnen Standorte abgegeben, obwohl alle dachten, dass eine solche Garantie ausgesprochen würde.

Lassen Sie uns über Ihre Aktivitäten beim Verbraucherinformationsgesetz reden. Sie verstecken sich doch hinter den Firmengeheimnissen. Sie gehen eben nicht an den Punkt, wo es weh tut, Verbraucherinformation auch da zu geben, wo es möglicherweise schwierig wird, nämlich dann, wenn es in den inneren Betriebsbereich geht. Das ist Verbraucherschutz soft und nicht Verbraucherschutz, wie wir ihn brauchen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch darüber reden, was aus Ihrem 15-PunkteProgramm geworden ist. Machen Sie doch ein Controlling, legen Sie doch eine Bilanz vor! – Fehlanzeige; auch da liegt nichts vor.

Haben wir mittlerweile eine Task-Force im Lande, die sich mit Lebensmittelüberwachung und Fleischkontrolle beschäftigt? – Fehlanzeige.

Haben wir mittlerweile ein von Ihnen angekündigtes Konzept, die kommunalen Lebensmittelbehörden auf den Prüfstand zu stellen? – Fehlanzeige. Auch bei diesem Thema warten wir seit Wochen und Monaten auf ein solches Konzept.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Sie stellen sich dann aber hierhin und sprechen von risikoorientierter Kontrolle. Das ist zwar ein schöner Satz, aber zu risikoorientierter Kontrolle gehört auch, dass ich weiß, wo risikoorientierte Betriebe sind, und dass ich auch weiß, wie viel Personal ich da einsetzen muss. Sie wissen es eben nicht. Sie müssen doch jetzt erst die Abfrage machen. Es war also schon ein bisschen dick aufgetragen, als Sie sagten, Sie hätten so viele tolle Erfolge im Verbraucherschutz erreicht.

Wenn es darum geht, wie die kommunale Lebensmittelkontrolle zukünftig gestaltet werden soll, wird mir angst und bange. Ihr Sprecher im Ministerium sagt auf die Frage, ob wir mehr Kontrolleure brauchen, das sei kein Thema, im Gegenteil, der Landesrechnungshof habe gerade in diesem Bereich personelle Einsparungen nahe gelegt. Sie wollen also bei der Lebensmittelkontrolle noch einsparen.

Und über die von der FDP vorgeschlagene Kontrolle der Kontrolleure kann man ja reden, aber wir brauchen eine starke staatliche Kontrolle und ausreichend Personal. Mir wird angst und bange, wenn ich diese Perspektiven für die Lebensmittelüberwachung in Nordrhein-Westfalen sehe.

Sie wollten ein Zeugnis, Sie wollten eine Bilanz. Es ist Zeugniszeit. Das ist nicht ausreichend. Wenn etwas nicht ausreichend ist, dann ist es mangelhaft. Das muss dringend verbessert werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Dr. Romberg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Remmel, die Note mangelhaft hat heute nur einer verdient, und das ist die SPD-Fraktion.

(Beifall von der FDP)

Die SPD-Fraktion hat sich heute bitter blamiert. Das war mangelhafte Oppositionsarbeit.

Wie ist es denn gewesen? – In der Zeitung haben Sie gelesen: NRW bei der Lebensmittelüberwachung auf dem letzten Platz. – Sie haben sofort

eine Aktuelle Stunde beantragt, ohne den Bericht komplett zu lesen und ohne zu sehen, dass der Bewertungszeitraum das Jahr 2004 war.

(Hannelore Kraft [SPD]: Wir haben Größe, auch das zu machen!)

Mit dieser Aktuellen Stunde hat die SPD-Fraktion das spektakulärste und blamabelste Eigentor während dieser Zeit der Fußball-WM geschossen.

(Beifall von der FDP)

Das fällt natürlich auch auf die Grünen zurück, weil dieser Zeitraum in die Regierungszeit von Bärbel Höhn fällt. Die große Verbraucherschutzstatue Bärbel Höhn ist spätestens heute von ihrem Sockel gefallen. Die Grünen haben die Glaubwürdigkeit beim Verbraucherschutz gänzlich verloren.

(Günter Garbrecht [SPD]: Sie haben keine Ahnung!)

Was ist passiert? – Rot-Grün wollte keinen Bericht über die Lebensmittelsicherheit. Darüber haben wir noch Anfang letzten Jahres in diesem Hohen Hause auf Antrag der FDP-Fraktion abgestimmt. Die Verbraucherschutzzentrale hatte dringend gefordert, die Landesregierung sollte regelmäßig über Lebensmittelsicherheit berichten.