mit Vehemenz für die Beibehaltung der Mittel für die Infrastrukturprogramme für die nicht bundeseigenen Bahnstrecken einstehen werden? Denn die haben Sie jetzt auf null gefahren. Wenn Sie also mehr Wettbewerb und eine bessere Infrastruktur wollen, müssten Sie diese Mittel mindestens so belassen, wie sie unter Rot-Grün waren.
… wann ich mit dem Antrag von FDP und vielleicht auch anderen Parteien zu rechnen habe, diese Mittel in die Infrastruktur, die allen zugute kommt, erhöht werden.
Lieber Herr Wißen, wir werden der Haushaltsberatung heute nicht vorgreifen. Sie werden den Haushalt bekommen. Dann können Sie lesen, was dort steht. Anschließend können Sie auch Anträge stellen.
Wir haben eine Schuldenpolitik des Landes in einem unglaublichen Ausmaß hinter uns, zehn Jahre unter Rot-Grün. Die Schulden sind gestiegen von rund 60 Milliarden € auf 113 Milliarden €. Wir wollen das so nicht weitermachen. Wir werden sparen. Deswegen kann ich Ihnen schon jetzt versprechen: Ich werde Ihnen mit diesem Haushalt im Verkehrsbereich nicht jeden Wunsch erfüllen können. Das ist einfach nicht möglich. Denn wir werden sparen. Ihren Worten entnehme ich aber: Sie wollen die Schuldenpolitik der alten Regierung am liebsten fortsetzen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Wittke das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lassen Sie mich vielleicht etwas ungewöhnlich beginnen, indem ich nämlich nicht mit meiner eigentlichen Rede anfange, sondern, Herr Wißen, auf Ihre Frage antworte: Jawohl, wir wollen nichtbundeseigene Eisenbahnen in NordrheinWestfalen. Wir wollen sie stärker als bisher. Wir wollen sie vor allem auf DB-Schienennetzen haben. Deshalb darf es zum jetzigen Zeitpunkt keinen integrierten Börsengang geben.
So einfach ist das. Wer sagt denn, dass nichtbundeseigene Eisenbahnen nur auf eigenen Schienenstrecken fahren dürfen? Wo kämen wir da hin in Nordrhein-Westfalen, wenn die guten Unternehmen, die wir neben der guten DB in Nordrhein-Westfalen haben, nur auf eigenen Gleisbetten fahren dürften?
Darum will ich gleich zu Beginn meiner Ausführungen ganz deutlich sagen: Wir haben von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, dass wir in Nordrhein-Westfalen mehr Wettbewerb auf der Schiene haben wollen. Wir wollen mehr Wettbewerb auf der Schiene, um bessere Preise zu erzielen, um transparente Preise zu erzielen. Denn bis heute kann uns niemand sagen, wie sich Trassenentgelte und Stationsentgelte zusammensetzen und wie sie zustande kommen. Wir wollen auch mehr Wettbewerb auf der Schiene, weil wir eine bessere Qualität für die Fahrgäste haben wollen.
Das sind die Gründe, warum wir ganz vorsichtig an die Privatisierung der Bahn herangehen müssen. Das sind die Gründe, warum sichergestellt sein muss, dass der Wettbewerb das Maß aller Dinge beim Börsengang der Bahn ist.
Meine Damen und Herren, die Modelle liegen auf dem Tisch. Das sind keine ungelegten Eier. Die Eier sind längst da. Die Eier müssen jetzt nur bewertet und gewogen werden. Und dann muss man sich schon für ein Ei entscheiden. Ich stelle heute fest, dass sich Bündnis 90/Die Grünen, die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion entschieden haben, anders als das die SPD-Fraktion in diesem Hause getan hat. Das kann natürlich daran liegen, Herr Wißen, dass Ihre Fraktion eine andere Auffassung hat als der Bundesverkehrsminister, als der Bundesfinanzminister und als Herr Mehdorn. Vielleicht liegt es auch daran, dass die drei das gleiche Parteibuch, aber eine unterschiedliche
Auffassung zu den Kolleginnen und Kollegen hier in der nordrhein-westfälischen Landtagsfraktion haben. Ich werde jedenfalls den Zweifel nicht los, dass es tatsächlich so ist.
Meine Damen und Herren, darum noch einmal: Wir wollen Wettbewerb. Die Deutsche Bahn AG und auch der Bundesverkehrsminister sind aber bisher den Nachweis schuldig geblieben, dass ein integrierter Börsengang der Bahn zum jetzigen Zeitpunkt diesen Wettbewerb tatsächlich gewährleisten kann.
Da hilft dann im Übrigen auch kein Verweis auf die Bundesnetzagentur. Ja, die Bundesnetzagentur ist in der Tat eine gute Institution. Aber wer sich die Debatten beispielsweise um Durchleitungen bei den großen Stromkonzernen und in anderen Bereichen anschaut, der sieht, dass man da auch an der einen oder anderen Stelle Zweifel haben kann.
Eines geht nicht beim Börsengang – darum bin ich gegen einen Schnellschuss für ein integriertes Modell –: Man kann nicht das tun, was Rot-Grün in den vergangenen neun Jahren auf Bundesebene immer wieder getan hat. Man kann nämlich nach einem erfolgten integrierten Börsengang nicht mal eben nachbessern. Den Börsengang wird man einmal und dann nur abschließend tätigen können. Darum ist es ganz wichtig, dass wir vorher abwägen und dafür sorgen, dass der diskriminierungsfreie Zugang für andere nichtbundeseigene Eisenbahnen zum Streckennetz in der Bundesrepublik Deutschland dauerhaft gesichert ist.
Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen diesen Sachverhalt vom Grundsatz her – Herr Keymis, darf ich das so sagen? – genauso oder zumindest annähernd so sieht. Aber ich will auch auf den einen oder anderen Unterschied aufmerksam machen und sagen, wo ich dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen nicht folgen kann.
Die Forderungen nach regionalen Kompetenzen für die Schieneninfrastruktur sind unausgereift. Die Möglichkeiten und die Konsequenzen der Schaffung von regionalen Netzen werden zurzeit von einer Arbeitsgruppe der Verkehrsministerkonferenz untersucht. Eine entsprechende Bundesratsinitiative, wie im vorliegenden Antrag gefordert, wäre deshalb verfrüht.
Ebenso lehnen wir den Vorschlag ab, die Organisation des Straßenbaus auf den Eisenbahnbereich zu übertragen. Eine solche Entscheidung kann nicht ohne ein Ergebnis der Diskussion um den Börsengang der DB getroffen werden. Hier
werden zudem wesentliche rechtliche und tatsächliche Unterschiede zwischen beiden Bereichen übersehen.
Eine Übernahme regionaler Eisenbahninfrastrukturen durch Länder oder Kommunen darf den Bund nicht von seiner im Grundgesetz festgeschriebenen Gewährleistungspflicht befreien. Diese Pflicht bezieht sich auf die gesamte bundeseigene Eisenbahninfrastruktur, also auch auf die regionale. Die Gewährleistungspflicht des Bundes endet eben nicht durch die Übernahme der Eisenbahninfrastruktur durch Länder und Kommunen.
Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen fordert die Landesregierung darüber hinaus auf, die Fahrgastrechte zu stärken. Herr Keymis, Sie wissen ganz genau, weil Sie damals ja noch dabei waren und noch Regierungsverantwortung getragen haben, dass im Herbst 2004 der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Fahrgastrechte von der nordrhein-westfälischen Landesregierung in den Bundesrat eingebracht worden ist. Seine Beratung wurde im Hinblick auf eine von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe, an der auch Nordrhein-Westfalen teilnimmt, bis zum erneuten Aufruf ausgesetzt. Ein erneuter Aufruf und ein erneuter Antrag in dieser Hinsicht sind deshalb überflüssig.
Von daher: Vom Grundtenor her ist der Antrag okay. Über das eine oder andere Detail werden wir noch zu diskutieren haben. Es gibt aber auch Elemente, die man nur ablehnen kann. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Wittke. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat noch einmal der Kollege Becker um das Wort gebeten, das ich ihm hiermit erteile.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines hat die Debatte, die wir heute noch einmal angestoßen haben, schon ganz deutlich gezeigt, nämlich dass man die Debatte in der Tat noch einmal führen muss. Das hat mehrere Gründe. Zum einen müssen wir diese Debatte noch einmal führen, weil inzwischen Bundesregierung und Landesregierung gewechselt haben, und zum anderen deswegen, weil es Anlass gibt, über diese Fragen neu nachzudenken.
nachdem, wie sich der Börsengang jetzt strukturell darstellt, ihn als Ganzes möglicherweise auch noch einmal infrage stellen muss. Aber an einem Punkt sind wir definitiv anderer Meinung, als Sie sie hier geäußert haben. Ich glaube, die Tatsache, dass Sie nicht klar ausgedrückt haben, was Sie wollen, bedeutet: Ein Stück weit sind Sie bei Tiefensee und bei Transnet.
Es darf aber nicht zu einem integrierten Börsengang kommen. Wir sind ganz klar dieser Meinung. Es ist richtig, was Herr Wittke gesagt hat. Aber über die Details müssen wir ganz ausdrücklich streiten.
Denn die Frage, welche Feinjustierungen es am Ende geben soll, hat ganz maßgebliche Auswirkungen auf die Frage, wie es in NRW als größtem Bundesland weitergeht.
Lassen Sie mich aber die Gelegenheit nutzen, für unsere Fraktion ganz besonders Oliver Keymis für die jahrelange erfolgreiche Arbeit an diesem Thema zu danken. Er hat das prima gemacht und auch diesen Antrag noch vorbereitet. Wir werden ihn sicherlich noch an manchen Stellen um Rat fragen. Danke, Oliver, auch von mir! Ich werde mich bemühen, das so weiterzuführen, und freue mich auf die Beratungen, weil ich glaube, dass sie für das Bahnland NRW und für die Bahn insgesamt nötig sind.
Denn es darf nicht so sein, dass nach einem Börsengang Grundstücke verloren sind, die wir nie wiederbekommen und auf die wir nie wieder Einfluss haben werden.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind und zur Abstimmung kommen können. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/2725 sowie des Entschließungsantrags Drucksache 14/2782 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer hiermit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegen
stimmen? – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisungsempfehlung bei Zustimmung aller Fraktionen angenommen.
8 Sofortiges Einschreiten bei Kindeswohlgefährdung sichern – Handlungsstrategien für einen wirksamen Kinderschutz entwickeln
Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende CDU-Fraktion Frau Kollegin Kastner das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bilder misshandelter Kinder sind ein Albtraum wohl für jeden von uns. Wir fürchten nichts mehr als diese Bilder. Gestern habe ich bei einer anderen Veranstaltung mit der Leiterin des Amtes für Kinder, Jugendliche und Familien in Münster gesprochen. Bei dieser Gelegenheit berichtete sie mir, dass im Moment nicht nur sie als Leiterin dieses Amtes, sondern auch all ihre Kollegen in den Städten Nordrhein-Westfalens mehr als nur Angst haben, dass in ihren Amtsbereichen ein solcher Fall auftaucht.
Meine Damen und Herren, jeder dieser Fälle ist einer zu viel. Die Grausamkeiten, die Kinder zu erleiden haben, müssen so gut, wie es eben geht, vermieden werden. Das muss das Ziel unserer Politik sein. Wenn wir Klaus Hurrelmann, dem renommierten Sozialwissenschaftler aus Bielefeld, glauben, der von 80.000 Kindern bis zum Alter von zehn Jahren spricht, die ähnlich gefährdet sind wie die aktuellen Fälle der Kinder Kevin oder Mehmet, muss uns alle diese Zahl aufschrecken lassen.
Wir dürfen es allerdings nicht nur bei einer kurzfristigen Debatte nach den Regeln des modernen Medienzeitalters bewenden lassen, bei der das Thema für einige Tage in den Medien auftaucht, um anschließend wieder vergessen zu werden. Nein, gerade wir als Politiker – alle in diesem Hause – sind berufen und sogar verpflichtet, Konsequenzen daraus zu ziehen. Darüber müssen wir mit heißem Herzen, aber auch mit kühlem Kopf beraten. „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Nicht umsonst steht dieser Leitsatz im
Als Erstes drängt sich die Frage auf: Was ist mit den Eltern los, die so handeln? Was treibt sie dazu, ihre Kinder zu misshandeln oder gar zu töten? Was lässt Sie alle Schranken menschenwürdigen Handelns durchbrechen? Die Familien, die Eltern sind die ersten Adressaten der Politik. Wir müssen intensiv überlegen, wie wir die Eltern in die Lage versetzen, richtig zu handeln und richtig mit Kindern umzugehen.
Die vor Kurzem erschienene neue Shell-Studie spricht davon, dass 15 % der Eltern massive Erziehungsprobleme haben. Rund ein Drittel der Eltern hat erhebliche Schwierigkeiten, mit der eigenen Mutter- bzw. Vaterrolle. Vernünftiges Erziehungsverhalten haben viele Eltern selber als Kinder nie kennen gelernt. Infolgedessen sind sie mit der Erziehung ihrer eigenen Kinder überfordert.