Protokoll der Sitzung vom 26.10.2006

Wie soll der Nutzer, der Bürger unter diesen Voraussetzungen eine Preiserhöhung verstehen? Dieses Haus versteht sie jedenfalls nicht. Die Belastung der Bevölkerung ist zurzeit extrem hoch und kaum noch vertretbar. Wenn die Unternehmensleitung der Deutschen Bahn AG offensicht

lich auch noch den Eindruck erweckt, dass die Preiserhöhung auch erforderlich ist, damit die Vorstandsbezüge der letzten sechs Jahre überproportional erhöht werden konnten, ist dies völlig untragbar.

Es gilt, dass die Deutsche Bahn AG zunächst ihren Betrieb weiter optimieren soll. Preiserhöhungen sind erst dann akzeptabel, wenn belegt ist, dass die Kostensteigerung auf keinem anderen Weg mehr aufzufangen ist. Lassen Sie uns mit diesem Antrag ein deutliches Signal setzen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Lehne. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Wißen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den heutigen Antrag aller Fraktionen des Landtags von Nordrhein-Westfalen begrüßen wir als Mitantragsteller selbstverständlich sehr. In der Tat ist das ein deutliches Signal an die vielen Kundinnen und Kunden in unserem Land, das von allen Fraktionen ausgeht. Das ist gut so.

Wenn es richtig ist, dass der Verkehr ein wichtiger Motor für die Wirtschaft in unserem Land ist, dann legt die DB AG mit ihrer erneuten Preiserhöhung die Axt an die Wurzel gerade des Wirtschaftswachstums. Ich darf darauf verweisen, dass die Kundinnen und Kunden des Nahverkehrs in Nordrhein-Westfalen schon Preiserhöhungen der Verkehrsverbünde haben hinnehmen müssen. Das ist sicherlich ökologisch wie ökonomisch falsch.

Sehr geehrte Damen und Herren, ja, NordrheinWestfalen ist das Verkehrsland Nummer eins in der Bundesrepublik Deutschland. Nirgendwo sonst ist die Bevölkerung so auf Mobilität angewiesen wie in Nordrhein-Westfalen. Von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird heute selbstverständlich verlangt, dass sie bereit sind, mehr oder weniger weite Wege zur Arbeit in Kauf zu nehmen. Dabei sind sie auf qualitativ hochwertige, aber eben auch preisgünstige Verkehrsmittel angewiesen.

Wir haben in den vergangenen Jahren bemerken dürfen, dass viele Menschen vom Auto auf den ÖPNV umgestiegen sind. Seit der Regionalisierung nutzt rund ein Drittel mehr Menschen den öffentlichen Personennahverkehr in unserem Land. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die jetzt vonseiten der DB AG nicht vorsätzlich beendet werden darf.

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn man hört, mit welchen Argumenten die DB AG die Preiserhöhung begründet, so wird auf die gestiegenen Energiepreise verwiesen und gesagt, sie machten eine Steigerung von 40 % aus. Wie die tatsächliche Kostenentwicklung in diesem Bereich aussieht, bleibt allerdings im Dunkeln.

Weiterhin wird die Mehrwertsteuererhöhung als Begründung für die Preiserhöhung herangezogen. Die Erhöhung im Fernverkehr beträgt durchschnittlich 5,6 %. So geht das nun wirklich nicht.

(Beifall von der SPD)

In diesem Zusammenhang ist vielleicht noch zu erwähnen – wir sind hier ja in einem engeren Kreis –, dass man der DB AG nicht den Hinweis geben sollte, dass eine Steigerung von 16 auf 19 % eine Steigerung von 20 % ist. Ich will hoffen, dass sie nicht auf die Idee kommt, das auch in die Tat umzusetzen.

(Zuruf von Dieter Hilser [SPD])

Wir sind der Meinung, dass die gelieferten Begründungen unzureichend sind. Wir sind dem SPD-Bundesverkehrsminister Tiefensee sehr dankbar dafür, dass er auf die Kundenrechte aufmerksam gemacht hat, um festzustellen, wie die Preiserhöhungen tatsächlich gestaltet werden sollen. Die DB AG muss schlüssig erklären, warum die Preise in einem solchen Maß steigen sollen, die Gewinne der Bahn gleichzeitig aber steigen. Wir brauchen mehr Transparenz. Die positive Entwicklung der Fahrgastzahlen und die Preiserhöhungen passen einfach nicht zusammen, weshalb diese positive Entwicklung in Gefahr ist.

Die DB AG erwirtschaftet allein in unserem Bereich im Regionalverkehr 450 Millionen € Gewinn. Das ist eine gewaltige Summe. Herr Mehdorn hat bei seinem Besuch im Ausschuss für Bauen und Verkehr gesagt, er wolle noch weitere Gewinne generieren. Eine Verwendung dieses Gewinnes lag darin – offensichtlich ist die DB AG ganz schnell in Börsenmanier verfallen –, die Vorstandsgehälter ordentlich zu steigern. Das sollte nicht das Ziel sein.

Ziel muss es sein, in der Tat zu mehr Investitionen in NRW zu kommen, wie es auch im gemeinsamen Antrag beschrieben ist. Wenn das Geschäft in NRW schon eine so große Summe an Geld einbringt, die DB AG bei uns im Regionalverkehr also so viel Gewinn macht, muss auch adäquat investiert werden. Das ist unsere Forderung.

(Zuruf von der CDU)

Es ist schon betrüblich, dass der Bundesrechnungshof zu dem Ergebnis kam, dass man im Zeitraum von 2000 bis 2004 eigentlich noch 550 Millionen € unter dem Bedarf lag.

Völlig kurios und unverständlich wird es, wenn man sich die Preisgestaltung des DB Konzerns anschaut und hört, dass natürlich die Trassenpreise gestiegen seien – bei den eigenen Töchtern. Hier führen Mehrkosten bei den Unternehmenstöchtern dazu, dass eine andere Unternehmenstochter die Fahrpreise erhöhen muss. Das alles wirft kein besonders gutes Licht auf die DB AG.

Sehr geehrte Damen und Herren, es freut mich, dass wir diesen Antrag gemeinsam beschließen. Wir werden ihm natürlich zustimmen; das ist klar.

Die DB AG ist kein Selbstzweck. Ihr Börsengang ist es auch nicht und darf es auch nicht sein. Deswegen muss die Erreichung einer höheren Kundenzufriedenheit das Hauptthema der DB AG sein. Diese erreicht man, indem man den Service und die Sauberkeit verbessert und insgesamt mehr Qualität in unseren öffentlichen Personennahverkehr bringt. Nur so kann man letzten Endes gute Zahlen bei den Kunden erreichen.

Auf diesem Weg muss weitergegangen werden. Da sind Fahrpreiserhöhrungen das völlig falsche Signal, weder ökologisch noch ökonomisch der richtige Weg. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Wißen. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Rasche für die Fraktion der FDP das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Deutsche Bahn AG hat am 10. Oktober angekündigt, zum Jahreswechsel ihre Fahrpreise im Nahverkehr um 2,9 % anzuheben, im Fernverkehr sogar um 5,6 %. Im Fernverkehr sind die Fahrpreise bekanntlich genehmigungsfrei. Im Nahverkehr können die Länder ihre Zustimmung verweigern.

Es ist gut, dass sich heute alle vier Fraktionen gegen die Fahrpreiserhöhung aussprechen; denn die Begründung der DB ist äußerst schwach. Da zudem die Qualitätserwartungen nicht erfüllt werden, ist zu erwarten, dass immer mehr Pendler von der Bahn auf den PKW umsteigen. Wir wollen genau das Gegenteil erreichen, die Marktanteile

der Schiene erhöhen und mehr Kunden für die Bahn gewinnen.

Entweder, meine Damen und Herren, verzichtet Bahnchef Mehdorn auf die Erhöhung im Nahverkehr, oder er liefert auf der nächsten Verkehrsministerkonferenz endlich eine plausible Begründung für die höheren Ticketpreise.

Die mangelnde Transparenz und die Vorgehensweise der DB sind typisch für Monopolisten und schreien geradezu nach mehr Wettbewerb auf der Schiene – ein weiterer Grund, um den integrierten Börsengang in jeder Form abzulehnen.

Lieber Herr Wissen, Sie hatten die Chance, heute für die SPD-Fraktion etwas dazu zu sagen. Sie haben die Chance leider vertan. Aber es kommen bestimmt noch weitere Gelegenheiten.

Meine Damen und Herren, ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land überhaupt kein Verständnis für die geplanten Fahrpreiserhöhungen haben. Denn nur wenige Wochen vor der Ankündigung der Fahrpreiserhöhungen hat die DB ihre Gewinnerwartung deutlich erhöht. 2006 wird ein Gewinn von fast 2 Milliarden € erwartet. Deshalb ist die Fahrpreiserhöhung ein Schlag ins Gesicht der Pendler und Bahnreisenden in NordrheinWestfalen.

(Beifall von der SPD)

Statt die eigenen Gewinne in die Höhe zu treiben, sollte sich die DB mehr mit den Qualitätserwartungen der Kunden beschäftigen. Die Klagen über eine schlechte Koordinierung zwischen Fern- und Nahverkehr, nicht wartende Anschlusszüge, Unpünktlichkeit und mangelnde Sauberkeit nehmen zu.

Sorgen, meine Damen und Herren, bereiten uns auch die drastischen Sparmaßnahmen der DB. Die nicht ausreichenden Investitionen in die Schieneninfrastruktur und der schrittweise Ausstieg aus der Mitte- Deutschland-Verbindung haben negative Auswirkungen auf unser Land. Die Anbindung des ostwestfälischen Raumes in Richtung Süddeutschland, also über Kassel, ist nach dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember eine Katastrophe.

Meine Damen und Herren, die DB hat eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um Qualität und Kundenfreundlichkeit zu steigern. Auf die Fahrpreiserhöhungen im Nahverkehr sollte die DB aufgrund von Rekordgewinnen in diesem Bereich verzichten. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Wittke das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist viel Richtiges und viel Gutes gesagt worden. Darum kann ich es kurz machen: Ich werde das Einvernehmen nach § 5 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes zu dieser Fahrpreiserhöhung nicht herstellen.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Bahn zum jetzigen Zeitpunkt in dieser Höhe die Fahrpreise anhebt.

Aber eine Frage will ich doch noch stellen, Herr Kollege Wissen: Wenn Sie so voll der Dankbarkeit gegenüber dem Bundesverkehrsminister sind, wären Sie bitte so nett, uns zu erklären, welche Bemühungen Sie unternehmen, damit der Bundesverkehrsminister diese Preistreiberei der Bahn eindämmt? Denn er ist der Einzige, der dazu den Schlüssel in der Hand hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Wittke. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist erkennbar nicht der Fall. Dann sind wir am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung zu diesem Antrag 14/2730 – Neudruck – beantragt. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, die Hand zu heben. – Gegenstimmen? – Dann ist das mit Zustimmung aller Fraktionen in diesem Hause so beschlossen und der Antrag angenommen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu Tagesordnungspunkt

4 Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf – Nordrhein-westfälische Wirtschaft bei der Schaffung von familienfreundlichen Arbeitsplätzen unterstützen

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/2579

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der CDU der Kollegin Milz das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren zurzeit überall die Folgen des demografischen Wandels und haben nach der Erkenntnis, dass das so kommen wird und dass die Bevölkerungsentwicklung seit Jahrzehnten stagniert, zunehmend Fragen nach den Ursachen im Blick. Als eine Ursache gilt leider auch heute immer noch die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Ergebnisse von Befragungen zeigen regelmäßig, dass sich die Frauen auch in Deutschland ein bis zwei Kinder wünschen; genau ist das ein Wert von 1,7. Wenn man dann die tatsächliche Geburtenrate nimmt, landen wir bei 1,3 Kindern und liegen damit im Vergleich deutlich unterhalb der wichtigsten Industrieländer.