Protokoll der Sitzung vom 07.12.2007

(Christian Lindner [FDP]: Was hat das mit diesem Antrag zu tun?)

Danke, aber ich habe mich in der Tat bei der Entstehung dieses gemeinsamen Antrags an die Fabel von Hase und Igel erinnert. Tatsächlich ist es so, dass die SPD den Igel in diesem Vergleich darstellt. Aber wir wissen auch: Die Echternacher Springprozession kommt irgendwann an ihrem Ziel an. So ähnlich war das auch hier.

Es hat sich gelohnt. Es war wichtig und dringend notwendig, dass wir uns in dieser wichtigen Frage gemeinsam aufstellen. Alle vier Fraktionen des Landtags haben jetzt im wahrsten Sinne des Wortes einen wegweisenden Antrag vorgelegt. Er gibt ein deutliches Signal nach Berlin. Das ist aber auch notwendig, wenn man sich die Herausforderungen im Bereich des Verkehrs anschaut. Kollege Schulte hat die Zahlen genannt.

Wenn wir den Wirtschaftsstandort NordrheinWestfalen stärken wollen, dann müssen wir berücksichtigen, dass es zu einer Verdoppelung des Güterverkehrs bis zum Jahre 2020 kommt. Verkehrsadern sind die Lebensadern für unsere Wirtschaft. Wir dürfen uns nicht in eine einseitige Abhängigkeit von bestimmten Seehäfen begeben. Deswegen brauchen wir Alternativen. Wir brauchen den Wettbewerb und die Auswahl zwischen den Häfen. Das, meine Kolleginnen und Kollegen, ist sehr wichtig.

Aber – das ist ein Grundanliegen unserer Fraktion – Verkehr braucht immer auch Akzeptanz. Das ist nicht ganz einfach in einem so dicht bewohnten Land wie Nordrhein-Westfalen. Wir brauchen eine Versöhnung der Interessen der Wirtschaft, des Verkehrs und der Anwohner. Wirtschaft und Verkehr brauchen die Akzeptanz in der Bevölkerung. Das wird in diesem Antrag sehr deutlich. Für die SPD sind die Interessen der Bürgerinnen und Bürger eben gleichwertig zu den wirtschaftlichen Interessen.

Lärmschutz für die Menschen muss oberste Priorität haben; das steht in der Überschrift zu diesem gemeinsamen Antrag. Das ist für uns keine Floskel, sondern eine wichtige Botschaft in die Region. Ich darf insbesondere zwei Kollegen nennen, mit denen ich sehr ausführlich in persönlichen Gesprächen diskutiert habe: Das ist einmal die Kollegin Monika Ruff-Händelkes, die für ihre Region wie eine Löwin für den Lärmschutz gekämpft hat. Monika, Deine Handschrift ist in diesem Antrag bis in einzelne Wörter hinein sehr deutlich zu erkennen.

(Beifall von der SPD)

Du hast dafür gesorgt, dass auch Bestandsstrecken in die Konzeption, in die Planung aufgenommen werden. – Ganz herzlichen Dank dafür.

Auch dem Kollegen Uwe Leuchtenberg darf ich für seine konstruktive Diskussion sehr danken. Mit ihm habe ich über die Lärmminderung an der Quelle, also am rollenden Rad, diskutiert, mich aber auch zum Thema Lärmschutz in Niederkrüchten, St. Tönis und Tönisvorst ausgetauscht. – Uwe, auch Dir ganz herzlichen Dank für Deine konstruktive und hartnäckige Arbeit.

Sehr geehrte Damen und Herren, damit heben sich die beiden SPD-Kollegen sehr von dem ab, was wir bei anderen Kollegen erleben müssen. Damit komme ich zu dem Kollegen Dr. Berger, der einen schönen Brief an seinen Minister geschickt hat, was ein bisschen ungewöhnlich sein könnte, wenn man in einer Koalitionsfraktion ist.

(Zuruf von der CDU: Sie können doch lesen!)

Das Ziel besteht darin, dass die Planung entlang der A 52 verhindert werden soll. Aus parteitaktischem Kalkül und nichts anderem werden vom angeblichen Europapolitiker Berger in PofallaManier die Argumente des Gutachtens auf die Seite geschoben. Das ist nicht zulässig. Zur Wahrheit, Herr Berger, gehört auch, dass, wenn die historische Trasse kommt, Sie niemals Lärmschutz bekommen werden. Das müssen Sie Ihren Leuten auch erklären.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Sagel und eine weitere Zwischenfrage des Kollegen Dr. Berger?

Ja, gerne. Fangen wir mit Herrn Sagel an.

Herr Sagel, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Wißen, jenseits dessen, was Sie Sinnvolles dazu gesagt haben, warum die Bahnstrecke kommen soll: Ist Ihnen bekannt, dass der Bürgermeister von Schwalmtal und auch Stimmen aus der Region sagen, dass man die Entscheidung noch etwas zurückstellen sollte, weil sie sich nicht entsprechend eingebunden fühlen? Ich sage das auch vor dem Hintergrund – Sie wissen das –, dass wir schon einmal bei einer Trassenführung vor einiger Zeit Probleme hatten. Deswegen mein Hinweis: Vielleicht ist das ja sinnvoll.

(Zuruf von der FDP: Wo war die Frage?)

Herr Kollege Sagel, ich darf das zum Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, dass es sich tatsächlich um eine Fragemöglichkeit handelt. – Herr Kollege Wißen.

Ich weiß nicht, wie hoch der Stimmenanteil der Kommunisten im Rat in Schwalmtal ist,

(Beifall von CDU und FDP)

aber der Herr Kollege Sagel spricht auf jeden Fall etwas Richtiges an, nämlich die Einbeziehung der Kommunen. Gerade die Einbeziehung der Kommunen findet sich in dem Antrag, Herr Kollege Sagel.

(Beifall von CDU und FDP)

Wenn Sie ihn gelesen haben, dann finden Sie das an zwei oder drei Stellen. Auch hier haben wir die Zusammenarbeit gepflegt.

Herr Berger, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Wißen, ich bin Mitglied des Rates in Schwalmtal. Dort gibt es in der Tat keine Kommunisten.

Sie haben mich angesprochen, Herr Wißen. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir beide in dieser Angelegenheit bisher ein Wort gesprochen haben. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sie mit mir überhaupt in den letzten Monaten ein Wort gesprochen haben. Deswegen ist es für mich schon bezeichnend, …

Herr Kollege, ich darf auch Sie bitten, das in eine Frageform zu bringen.

… dass Sie mich zitieren, und ich frage Sie, wie Sie zu der Aussage kommen, dass ein Brief eines Abgeordneten an einen Minister, was ein ganz normaler Vorgang ist, ein parteitaktisches Verhalten wäre.

Herr Kollege Dr. Berger, ich habe berichtet, wie ich mit den Kollegen meiner Fraktion über das Thema diskutiert habe. Das habe ich in der Fraktionssitzung am Dienstag gemacht und in Einzelgesprächen mit den betroffenen Abgeordneten. Bitte verzeihen Sie, dass ich nicht auch noch die Abgeordneten anderer Fraktionen in die Gespräche eingebunden habe. Ich bin

davon ausgegangen, dass Sie der Linie der eigenen Partei folgen würden. Nur tun Sie das aus eigenem parteitaktischem örtlichem Interesse mal wieder nicht.

(Beifall von der SPD)

Ich habe auch die Aussagen des Kollegen Weisbrich in der Zeitung gelesen, der den Vorschlag gemacht hat, man müsse einen Beirat zum Eisernen Rhein gründen. Als Betuwe-Anlieger bin ich sozusagen Geschädigter der ganzen Diskussion und daher froh, dass der Antrag viele Dinge, die von dem kuriosen Betuwe-Beirat erst einmal mühsam erkämpft werden müssen, schon als Verpflichtung in die Prüfung aufnimmt, also Unterführung, Überführung, Lärmschutz. Herr Kollege Weisbrich, wir wollen verhindern, dass es überhaupt zur Gründung eines solchen Beirats kommen muss, indem wir die Interessen der Menschen vorher berücksichtigen. Das ist genau der Punkt.

Es ist auch wichtig, den Lärmschutz in die Prüfung einzubeziehen. Man muss noch einmal festhalten, Herr Berger – das ist für Sie ja ganz wichtig –, dass der Lärmschutz an der Strecke nur gewährleistet ist, wenn es zu einer neuen Trassenführung kommt, unabhängig von der Diskussion über die A 52. Sie sagen: Da wird schon kein Verkehr kommen. Als Europapolitiker müssten Sie eigentlich besser wissen, wie sehr unsere Verkehrsadern bald verstopft sein werden.

An der historischen Trasse, Herr Kollege Berger, bekommen Sie überhaupt keinen Lärmschutz und auch keine Ortsumgehung. Das müssen Sie Ihren Leuten auch erzählen. Das ist das Problem.

(Beifall von SPD und CDU)

Meine Damen und Herren, wir wollen die beste Lösung für die Bevölkerung. Wir wollen die beste Lösung für die Wirtschaft. Wir wissen aber, dass das alles nur ein Prüfauftrag ist. Da kann es noch ganz viele unterschiedliche Varianten geben.

(Dem Redner wird das Ende der Redezeit signalisiert.)

Wir wollen nicht das Geld für ein Projekt in der Erde verbuddeln, das nicht zukunftsfest ist. Wir wollen eine zweigleisige hochentwickelte Strecke, und zwar mit Lärmschutz versehen.

(Dem Redner wird erneut das Ende der Re- dezeit signalisiert.)

Dies ist die richtige Antwort auf die Herausforderungen, die sich der Logistik in unserem Lande stellen. Diese Antwort stärkt die Wettbewerbsfä

higkeit Nordrhein-Westfalens. Das ist gut für Nordrhein-Westfalen. – Danke für Ihre Toleranz, Frau Präsidentin.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Wißen. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Kollege Rasche das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Wißen, Sie haben vom Igel gesprochen, den die SPD spielt. Ihre Argumentation war gar nicht schlecht, muss ich sagen. Zumindest hat Ihr Igel aber blau-gelbe Farben. Dieses Blau-Gelb tut Ihnen auch mal gut.

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP])

Der Eiserne Rhein ist ein Verkehrsinfrastrukturprojekt mit europäischer Dimension, das mit riesigen Chancen für Nordrhein-Westfalen verbunden ist. Der nordrhein-westfälische Landtag beschäftigt sich heute mit diesem Projekt, um es möglichst schnell voranzutreiben. Ich möchte für die FDP-Fraktion zu vier Aspekten Stellung beziehen.

Zum wirtschaftspolitischen Aspekt: Wie bei kaum einem anderen Projekt wird der unmittelbare Zusammenhang zwischen Arbeit, Wirtschaft und Wohlstand auf der einen Seite und Logistik, Verkehr und Infrastruktur auf der anderen Seite deutlich. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen ist gut beraten, diesen Zusammenhang immer zu sehen und in den Vordergrund seiner Entscheidungen zu stellen.

Der Industriestandort Nordrhein-Westfalen ist für uns alle von großer Bedeutung. Aufgabe der Politik ist es insbesondere, für vernünftige und wettbewerbsfähige Nachlauf- und Vorlaufkosten zu sorgen. Deswegen brauchen wir eine leistungsfähige Infrastruktur, auf der ein Wettbewerb entsteht. Haben wir nur eine gut ausgebaute BetuweLinie, besteht die große Gefahr, dass wir in Rotterdam und auf der Betuwe-Linie Monopolstrukturen bekommen, die dem von mir eben Genannten genau entgegenstehen. Wir brauchen also den Wettbewerb. Auch deswegen ist der Eiserne Rhein von zentraler Bedeutung.

Zur Verkehrspolitik: Die Güterverkehre explodieren – in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland, in Europa und auch auf den Weltmärkten. Schon allein aufgrund der Verkehrsprognosen brauchen wir einen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Ein Zug auf der Strecke Eiserner Rhein entlastet die

Autobahn um 50 LKWs. Man kann leicht ausrechnen, um wie viele LKWs unsere Autobahnen in Nordrhein-Westfalen entlastet werden – und wir müssen sie entlasten –, wenn auf dieser Strecke 10, 15, 20 oder 30 Züge am Tag fahren.