Was brauchen wir in dieser Situation? Wir brauchen den Ganztag an den Gymnasien; der muss aufgebaut werden. Wir brauchen eine tatsächliche Entschlackung der Lehrpläne. Wir müssen die Durchlässigkeit wahren. Alle Expertinnen und Experten haben Ihnen gesagt, dass das mit Ihrem System hin und weg ist, dass davon keine Rede mehr sein kann.
Kinder, die den ganzen Tag lernen, brauchen eine leckere, warme Schulmahlzeit. Ein leerer Bauch studiert nicht gern.
Auch an den Gymnasien sollte wie an den Gesamtschulen das Abitur nach dreizehn Jahren möglich sein, damit Eltern, Kinder und Jugendliche die Wahl haben. Kinder lernen nämlich unterschiedlich schnell.
Die Schulzeitverkürzung, wie sie Rüttgers und Sommer, FDP und CDU vornehmen, sind Experimente auf dem Rücken der Kinder. Und das muss aufhören!
Frau Sommer, wenn Sie Ihren Leitspruch „Alles zum Wohle des Kindes“ weiterhin aussprechen wollen, ohne dass in allen Schulen des Landes der Lügendetektor angeht, dann müssen Sie heute dafür sorgen, dass die Anträge eine Mehrheit finden. Dann können Sie vernünftig von vorne anfangen und das Vorhaben vernünftig ausgestalten. Wir bieten unsere Mitarbeit dazu gerne an.
Letzter Punkt: Ich lade Sie zum „G8“-Gipfel der Grünen am 4. März 2008 von 18 bis 20 Uhr ein. Wir laden Betroffene ein; wir laden Schulen ein.
Auch Sie alle sind herzlich zum grünen „G8“Gipfel zum Turbo-Abitur hier im Hause eingeladen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da haben wir sie also wieder, die für die Opposition so übliche Praxis: Man schnappt eine aktuelle Tendenz, ein Problem, auf, man verstärkt es, man beklagt es,
man vergießt – wie gerade von Frau Löhrmann wieder gehört – einige Kullertränchen, man blendet dabei selbstverständlich die eigene Verhaltensweise in der Vergangenheit aus
Ich sage es mal so, Frau Löhrmann: Dieses Vorgehen ist natürlich nicht verboten. Aber es nutzt sich ein bisschen ab, wenn die eigenen konkreten Gegenvorschläge fehlen. Das müssen Sie sich dann schon sagen lassen.
Sie beklagen die unglaublich hohe Stundenbelastung gerade auch für die jüngeren Schüler, die mit der Entscheidung für das Abitur nach acht Jahren verbunden ist. Da Ihnen natürlich klar ist, dass auch Sie dieses Ziel immer propagiert haben, erwecken Sie in Ihrem vorliegenden Antrag vorbeugend den Eindruck, dass das Problem für die Kinder ausschließlich in unserem gewählten Modell „9 + 3“ liege. Sie behaupten darüber hinaus, dass es eine vermehrte Anmeldungswelle an den Gesamtschulen gebe und dies ursächlich nur mit dem Druck an den Gymnasien zusammenhänge.
Zum einen sei Ihnen gesagt: Die Anmeldezahlen steigen auch an den Gymnasien. Von einer gegenüber Ihrer Zeit exorbitant erhöhten Anmeldetendenz an Gesamtschulen kann überhaupt nicht die Rede sein.
Es gibt diese Tendenz zu erhöhten Anmeldezahlen sehr wohl – aber an den Hauptschulen, und zwar da, wo wir sie als Ganztag angeboten haben. Darüber freuen wir uns sehr.
Die SPD fordert den Ganztag für Gymnasien jetzt und sofort. Für die Grünen führt die fahrlässige und natürlich völlig unvorbereitete – Frau Löhrmann, wir unterhalten uns ja erst seit gestern über dieses Problem –Handlungsweise der Landesregierung zu Schulangst und sogar zu kranken Kindern, die wir mit unserer Politik angeblich um ihre Kindheit bringen.
(Sigrid Beer [GRÜNE]: So ist es! Fragen Sie die Kinder- und Jugendärzte! Fragen Sie die Therapeutinnen und Therapeuten! Fragen Sie den Kinder- und Jugendschutzbund!)
Erstens. Alle hier vertretenen Parteien wollen das Abitur nach acht Jahren ermöglichen. Darüber gibt es überhaupt keinen Streit.
Auch die Antragsteller haben das Vorhaben zu ihrer Zeit propagiert – wir haben es ja eben auch gehört – und auf den Weg gebracht. Die auch von Ihnen eingeplante Ausweitung des Unterrichtsvolumens wurde durch Ihren damaligen Vorschlag der zweijährigen Oberstufe überhaupt nicht reduziert. Sie haben die von Ihnen heute so heftig kritisierte Ausweitung damals als einen Beitrag zur Verbesserung der Durchlässigkeit gepriesen. – Sehen Sie, Frau Beer: So ändern sich die Zeiten.
Zweitens. Während Ihre Kritik also erkennbar vom politischen Interesse dominiert ist, ist ein großer Teil der öffentlichen Debatte in mangelnder Detailkenntnis begründet; auch das wurde eben noch einmal sehr deutlich. Die in Ländern wie Hessen oder Bayern gewählten Rahmenbedingungen für das Abitur nach acht Jahren unterscheiden sich doch erheblich von denen hier in Nordrhein-Westfalen. Das wird in der Debatte leider nicht ausreichend wahrgenommen.
Herr Kollege, gestatten Sie zwei Zwischenfragen, eine von Frau Kollegin Schäfer und eine von Frau Kollegin Beer?
Sie möchten im Zusammenhang vortragen. Gut. Dann lassen wir die beiden Wortmeldungen so stehen und probieren es gleich noch mal. Danke.
Bayern – das möchte ich hier auch mal erläutern – gab sich als PISA-Musterland nicht mit 265 Stunden zufrieden, sondern legte 272 Stunden bis zum Abitur als Minimum fest. Zusätzlich hat man dort mit jeweils 30 Wochenstunden eine relativ geringe Unterrichtsbelastung in der Oberstufe festgelegt – was im Umkehrschluss natürlich bedeutet, dass die Belastung in der Sekundarstufe I für die jüngeren Schüler entsprechend steigt. Deshalb wird in Bayern zu Recht eine solche Belastungsdiskussion geführt. Man steuert dort auch schon zurück.
Die Vorgehensweise hier in Nordrhein-Westfalen ist eine ganz andere. Sie ist behutsam und sachgerecht. Von Anfang an wird hier keine Stunde mehr verlangt, als die Mindestanforderungen der KMK vorsehen. Diese enthalten in NordrheinWestfalen zudem fünf optionale Förderstunden. Deshalb bleiben lediglich 260 Pflichtstunden übrig. Da in der bei uns weiterhin dreijährigen Oberstufe 34 Stunden pro Jahrgang unterrichtet werden, verbleiben in Nordrhein-Westfalen 158 Stunden für die Sekundarstufe I – das sind im Schnitt 31,6 Stunden, die altersgerecht verteilt werden können. In Bayern waren es 175 Stunden. Das ist nicht miteinander vergleichbar. Wir belasten mehr die Oberstufe. Nachmittagsunterricht in der Oberstufe ist bereits seit vielen Jahren gängige Praxis. Das ist überhaupt nicht neu und keine zusätzliche Belastung.
In der Sekundarstufe I wird das Volumen dagegen begrenzt und altersgemäß verteilt. Das zeigt: Die Situation ist eben nicht, wie Sie es darstellen wollen, mit der anderer Bundesländer vergleichbar, und Sie haben keineswegs das bessere Konzept in der Sache.
stunden eine flexible und stark verbesserte Möglichkeit, Kinder individuell zu fördern. Damit tragen sie auch zur Reduktion des Erfordernisses von Nachhilfeunterricht bei – Nachhilfeunterricht, der Eltern finanziell belastet und Kinder zusätzlich beansprucht.
Zu den sehr klugen und vernünftigen Übereinkünften, die die Ministerin jetzt zusammen mit Eltern und Lehrern getroffen hat, werden wir im weiteren Verlauf sicherlich noch kommen. Ich will meine Redezeit hier auch nicht überstrapazieren. Da wir eine solche Vereinbarung erzielen konnten, war unser Vorgehen offensichtlich doch nicht ganz so arrogant, wie Sie es eben darzustellen versucht haben, Frau Schäfer.
Als Fazit möchte ich festhalten: Von Ihren Vorwürfen bleibt bei genauer Betrachtung relativ wenig übrig. Sie sollten einmal einhalten in Ihrer TurboAktionismus-Strategie, die Sie hier fahren! Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Nordrhein-Westfalen, anders als andere Bundesländer, einen Weg des Augenmaßes in Sachen Schulzeitverkürzung geht, der die Belastungen von Kindern und Jugendlichen bedenkt und auch die notwendige Weiterentwicklung des Ganztags an anderen Schulformen als Gesamt- und Hauptschulen mit großem Ehrgeiz betreiben wird. Sie sind herzlich eingeladen, sich daran, zur Abwechslung mal konstruktiv zu beteiligen. – Herzlichen Dank.