Geben Sie diese Punkte bitte an Frau Sommer weiter. Nehmen Sie sie insgesamt mit ins Kabinett. Ansonsten werden wir über die Problemlagen, die Sie mit dieser verstümperten Reform verursacht haben, noch häufig in diesem Parlament zu sprechen haben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es geht heute offensichtlich auch um die Schuldfrage: Wer hat eigentlich das Chaos zu verantworten, das zurzeit in unseren nordrhein-westfälischen Schulen herrscht?
Diese Frage beschäftigt nicht nur den Landtag, sondern auch die Medienöffentlichkeit. Frau Ministerin Sommer ist am 7. März in einem Interview im „Morgenecho“ auf WDR 5 von einem Journalisten Folgendes gefragt worden: Warum hat man „G8“ überhaupt mit der Brechstange eingeführt, ohne offensichtlich ein Konzept zu haben? Man hätte doch wissen müssen, dass das zu Protesten führt, dass die Schüler sich im Zweifel überfordert fühlen.
Darauf antwortet die Kultusministerin des größten Bundeslandes in Deutschland – ich zitiere wieder –:
„Ach, wissen Sie, nein, diese Kritik nehme ich jetzt einfach mal nicht an. Ich will die auch ein bisschen aushebeln. Erstens wissen Sie auch, wir sind zweieinhalb Jahre dabei und der Beschluss ist von 2004.“
„Da kann man mal fragen: Was haben denn die vor uns gemacht? Die haben ja vielleicht auch eine Möglichkeit gehabt, sich da schon einzuschalten und etwas zu tun.“
Damit wollte die Frau Ministerin erst einmal die Schuldfrage klären. Aber der Moderator hat das klar erkannt und gesagt – ich zitiere –: Gut, aber jetzt sind Sie in der Verantwortung.
„Dann haben wir auch ganz positive Erfahrungen in anderen Ländern. Ich sage zum Beispiel Sachsen. Die lächeln so ein bisschen über uns und sagen, wir haben längst die Schulzeitverkürzung. Die Probleme, die ihr habt, die haben wir nicht. Möglicherweise muss man auch sagen, wir haben eben diesen Beschluss, den wir heute gefunden haben, jetzt erst aufgefunden.“
Das muss man tatsächlich einmal auf sich wirken lassen; denn diesen Beschluss, wie er jetzt in der KMK gefasst worden ist, haben wir schon unter
Rot-Grün genau in der Form zur Umsetzung des Abiturs nach acht Jahren in Nordrhein-Westfalen gefasst. Das vorab.
2005 kamen Sie dann aber an die Regierung. Sie haben viel Zeit verspielt und Ihre Hausaufgaben nicht einmal in Ansätzen gemacht. Sie haben nämlich eine fertige und bereits in Kraft gesetzte Ausbildungsordnung für den Abiturgang nach acht Jahren vorgefunden.
Sie haben die organisch folgenden und bereits vorbereiteten nächsten Schritte nämlich nicht gemacht, sondern alles abgebrochen. Das haben Sie getan. Nach 2005 haben Sie über ein Jahr damit verbracht, das neue Schulgesetz in Nordrhein-Westfalen vorzubereiten. Sie haben über ein Jahr Zeit verspielt. Das ging zulasten der Schülerinnen und Schüler, die seit 2005 bereits im verkürzten Abiturjahrgang saßen.
Er war auf die Sekundarstufe I bis Klasse 10 ausgerichtet. Das haben Sie gekappt. Sie haben aber nichts anderes getan. Sie haben keine Lehrpläne weiterentwickelt. Die Lehrplankommissionen haben händeringend auf Anweisungen gewartet. Niemand wusste, wie viele Stunden Geschichte es überhaupt gibt. Wie soll man dann einen Lehrplan entwickeln? Wie soll man das dann vernünftig vorbereiten? Dieses Chaos haben Sie nach 2005 angerichtet.
Herr Witzel, jetzt entblöden Sie sich doch nicht mit dieser Frage. Wir haben 2004 den Beschluss gefasst.
Die Ausbildungsordnung war fertig. Die Lehrplankommissionen haben gearbeitet. Die Schulen konnten 2005/2006 an den Start gehen. Das haben sie auch gemacht. Dann kamen Sie und haben ein Jahr lang nichts, aber auch gar nichts getan. Das ist die Realität.
Das gleiche erleben wir jetzt wieder bei der Reform der gymnasialen Oberstufe. Ich habe es schon in meinem ersten Redebeitrag gesagt. Die Schulen warten händeringend auf Ihre Verordnung dazu. Nichts liegt vor. Die Eltern wissen nicht, wie es in den Klassen 8 und 9 weitergeht.
Das ist Ihre bildungspolitische Realität. Das ist ein Regierungsmurks, wie man ihn in der Bildungspolitik in dieser Form in keinem anderen Bundesland jemals vorgefunden hat.
Lassen Sie mich noch eine letzte Anmerkung machen. Sie haben hier viele Ablenkungsmanöver gestartet. Sie haben Horrorszenarien an die Wand gemalt, was nun alles in Nordrhein-Westfalen passieren werde und was wir alles in Bezug auf Ganztagsschulen nicht gemacht haben. Dann frage ich: Was haben Sie denn getan?
Die 170 Millionen €, die Sie vorgefunden und ausschließlich in die Hauptschulen gesteckt haben, waren für den Ausbau des Ganztagsangebotes an allen weiterführenden Schulen vorgesehen, logisch an die Grundschulen anknüpfend.
Sie haben es aber völlig auf eine Schulform konzentriert und keinen einzigen Cent davon in das Turbo-Abitur investiert.
Das müssen Sie sich auf die Fahnen schreiben lassen. Das müssen Sie sich vorwerfen lassen. Das werden Ihnen die Eltern bei jeder Gelegenheit erzählen.
Ich sage Ihnen: Bildungspolitik wird das zentrale Thema im nächsten Landtagswahlkampf sein. Dann ziehen Sie sich einmal warm an!
Bei allem Engagement in der Debatte bitte ich, bei der Wortwahl etwas vorsichtiger zu sein. Ich hoffe, dass ich mich bei dem einen Begriff verhört habe. Wir sind uns nicht ganz einig und schauen uns das im Protokoll an. Aber ein Begriff war nicht parlamentarisch.
Eigentlich wurde in dieser Debatte, die am 21. des vorigen Monats schon einmal stattgefunden hat, bereits alles gesagt.
Ich mache deshalb nur noch einige Anmerkungen zu Ihren Anträgen, die wir hier mitbehandeln und die eine etwas andere Aussagekraft haben als das, was teilweise vorgetragen wurde.