Protokoll der Sitzung vom 16.04.2008

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Und dem Staatssekretär?)

Der Staatssekretär hat dieses Schreiben nach seinem Urlaub am 31. März 2008 abgezeichnet.

Sind damit alle Fragen geklärt? – Frau Löhrmann, bitte.

Meine zweite Frage: Sie sind ja auch unser Gesundheitsminister. Für welche weiteren gefährlichen Stoffe können ähnliche Sachverhalte wie bei Tosu unmittelbar bevorstehen bzw. infrage kommen?

Herr Minister.

Im Rahmen der Umsetzung der Arnsberger Vereinbarung vom 25. August 2006 sind die Stoffe, für die beim Umweltbundesamt eine Bewertung nachgefragt wurde, als auffällig im Gewässer entdeckt worden. Zu der Frage, ob Überschreitungen im Trinkwasser vorliegen, läuft derzeit im MUNLV eine Ausarbeitung und Auswertung.

Hier ist noch einmal deutlich zu machen, dass das Trinkwasser der Überwachung der Wasserwerke unterliegt und von dort eine Meldung bei Vorliegen von Überschreitungen stattzufinden hat. So heißt es in der Arnsberger Vereinbarung. Die unmittelbare Verantwortung für die Trinkwasserqualität tragen damit die Wasserversorger.

Frau Kollegin, ich möchte Ihnen noch sagen, dass auf Bestreben des Umweltministers das Umweltministerium NRW in Richtung Bundesumweltamt tätig geworden ist. Es wurde nachgefragt, wie das Ganze dort eingeschätzt wird. Nicht, weil wir eine höhere Belastung in der Ruhr haben, haben wir ein Problem, sondern weil das Bundesumweltamt den früheren Satz, der zur Zeit von Bärbel Höhn

ja bei 10 lag, auf 0,3 heruntergedrückt hat. Als dieses bekannt war – das kann man am chronologischen Ablauf dessen, was unternommen worden ist, ablesen –, sind vom Umweltminister viele Initiativen ausgegangen, um schnellstmöglich mit einer anderen technischen Regelung dafür zu sorgen, dass wir auch diesen wesentlich strengeren Wert einhalten. Wenn man sich einmal den chronologischen Ablauf in den letzten Wochen vor Augen führt, muss man sagen, dass sich das Umweltministerium dieses Themas sehr beherzt angenommen hat, um dieses Problem in den Griff zu kriegen.

Danke schön, Herr Minister. – Herr Remmel stellt nun seine erste Frage.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich möchte gerne nachfragen, wie die Landesregierung das Urteil des Verwaltungsgerichts bewertet bezüglich der Entscheidung von Herrn Regierungspräsidenten Diegel im Hinblick darauf, dass argumentiert wird, ein Orientierungswert läge schon seit Längerem vor und es hätte schon gehandelt werden können.

Herr Minister.

Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat sich bei seiner Entscheidung auf eine pauschale Empfehlung des Umweltbundesamtes zur Bewertung nicht bewertbarer Stoffe aus März 2003 gestützt. Zudem hat sich das Verwaltungsgericht Arnsberg darauf bezogen, dass sich die Substanz Tosu bereits seit vielen Jahren mit den heutigen Konzentrationen in Gewässern wiederfinden lässt. Das MUNLV hat jedoch im Gegensatz dazu beim Umweltbundesamt gezielt nach der Bewertung von Tosu gefragt. Die Auskunft des Umweltbundesamtes vom 14. März 2008 bezieht sich daher viel spezieller auf den Stoff Tosu. Die Überschreitung des zulässigen Orientierungswertes für Tosu im Trinkwasser ist überdies erst am 7. April 2008 bekannt geworden. Daraufhin – ich habe das eben schon dargestellt – hat das Umweltministerium unverzüglich gehandelt und informiert.

Herr Remmel, stellen Sie bitte Ihre zweite Frage.

Ich würde gerne auf den Sachverhalt „Umweltausschuss am

09.04.“ zurückkommen, weil uns das alle sehr überrascht hat. Stimmen die Aussagen des Ministers im Umweltausschuss am 9. April zum Stoff Tosu mit dem dem Minister für diese Sitzung vorgelegten Sprechzettel überein?

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Mir ist natürlich nicht bekannt, was für ein Sprechzettel Herrn Uhlenberg in der Ausschusssitzung vorgelegen hat. Mir wurde aber mitgeteilt: In der Vorbereitung erhielt Herr Uhlenberg keinen Sprechzettel, auch keine anderweitige schriftliche Information zum Thema Tosu, da ihm der Vorgang erst kurz vor Beginn der Ausschusssitzung mündlich mitgeteilt wurde. Deshalb hat Minister Uhlenberg zu diesem Thema das Wort an seine Fachabteilung weitergegeben.

Herr Kollege Remmel, wenn ein Minister kurz vor der Ausschusssitzung von seiner Fachabteilung zu einer Frage informiert wird, hat man immer das Problem: Was macht man jetzt in der Ausschusssitzung? Ich glaube, dass Herr Uhlenberg sehr honorig gehandelt hat, indem er in dieser Ausschusssitzung schlicht und ergreifend dem Parlament, dem Ausschuss seinen Wissensstand mitgeteilt hat. Ich bin der festen Überzeugung, dass Transparenz über das, was man weiß, immer die Grundlage für Vertrauen ist. Denn der Ausschuss hätte ja zu Recht viele Anmerkungen und Nachfragen gehabt, wenn die Regierung anschließend gehandelt und es dem Ausschuss vorher nicht gesagt hätte.

Deswegen meine ich, dass man zur Kenntnis nehmen sollte, dass ich persönlich dieses Verhalten des Kollegen Uhlenberg als sehr honorig und ehrlich einschätze und dass er politisch in dieser Frage völlig richtig gehandelt hat.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank Herr Minister. – Jetzt hat Herr Remmel noch eine dritte und damit seine letzte Frage. Bitte schön.

Herr Minister, ich möchte Ihnen noch eine Frage stellen, wobei ich relativ sicher bin, dass Sie auf die Frage nicht vorbereitet sind. Deshalb wäre es für mich in Ordnung, würde die Antwort schriftlich nachgeliefert. Im Übrigen danke ich, dass die Fragestunde überhaupt in dieser Form zustande gekommen ist.

Die letzte Frage wäre: Sie haben darauf hingewiesen, dass dem Ministerium schon 2004/2005 im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie Erhe

bungen zu diesem Stoff in irgendeiner Weise bekannt geworden sind. Wann lagen dem Ministerium die quantitativen Angaben für den Stoff Tosu vor? Das, was wir nachvollziehen können, sind eher qualitative Angaben, die dem entsprechenden Bericht aus 2005 zu entnehmen sind.

Bitte, Herr Minister.

Herr Kollege Remmel, es ist Ihnen ja schon länger bekannt, dass dieser Stoff in dem Trinkwasser der Ruhr ist. Das ist alles seit 1993 bekannt, seitdem es diese Einleitung gibt. Er ist nur viele Jahre von allen Fachleuten als gesundheitlich unbedenklich eingestuft worden. Das wissen Sie, der sich mit dieser Frage sehr beschäftigt hat, ja auch.

Die Herabsetzung der Unbedenklichkeit auf 0,3 ist dem Ministerium seit dem 7. April bekannt.

Vielen Dank. – Jetzt hat Frau Schulze von der SPD-Fraktion eine Frage.

Vielen Dank. Herr Minister, PFT, Tosu, Dichlorbenzol sind eine Reihe von riskanten Stoffen, die derzeit in der öffentlichen Diskussion sind. Ist die Landesregierung eigentlich dabei, einen Maßnahmenplan zu entwickeln, wie mit riskanten Stoffen zukünftig umgegangen werden soll? Wird daraus jetzt unmittelbares Handeln abgeleitet?

Wir haben schon länger eine Diskussion um Risikokataster und solche Geschichten. Stößt das zu solchen Diskussionen an? Sie können es auch gerne schriftlich beantworten. Ich wüsste nur gerne, ob es jetzt dadurch zu neuen Maßnahmen und Überlegungen in der Landesregierung kommt.

Verehrte Kollegin, wir werden das im Detail schriftlich beantworten. Sie können ständig davon ausgehen, dass die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen mit großem Elan und großer Fachlichkeit dabei ist, für den Gesundheitsschutz der Menschen in diesem Land zu sorgen.

Vielen Dank, Herr Minister. – Jetzt hat Herr Ellerbrock von der FDPFraktion noch eine Frage.

Herr Minister, ist in den letzten zwei Jahren – seit Amtsantritt dieser Regierung – bekannt geworden, dass sich in dieser Zeit Gefährdungen der Bevölkerung durch Nutzen des Trinkwassers der Ruhr ergeben haben, obwohl vorher die Einträge zumindest gleich groß waren, was diesen Stoff angeht? Sind gesundheitliche Gefährdungen durch das Trinkwasser zu befürchten?

Bitte, Herr Minister.

Herr Ellerbrock, da Substanzen die Angewohnheit haben, sich durch einen Regierungswechsel nicht zu verändern,

(Heiterkeit)

sagt die Logik, dass Tosu vor Amtsantritt der jetzigen Regierung für den Menschen auf jeden Fall die gleiche Bedeutung gehabt hat wie heute.

Die Werte haben sich nicht erhöht. Es ist nur so, dass das Umweltbundesamt heute eine andere Grenze als damals für bedenklich hält. Daraufhin hat Minister Uhlenberg, wie Sie wissen, in den letzten Tagen sehr beherzt gehandelt, um dieses Problem abzustellen.

Regierungswechsel sind wichtig; sie dürfen in Nordrhein-Westfalen nur gelegentlich vorkommen, damit wir noch lange unsere segensreiche Arbeit fortsetzen können. Da hat das Land eine bestimmte Tradition. Aber Substanzen, glaube ich, kümmert das nicht so sehr.

(Beifall von CDU und FDP)

Eine weitere Frage von Frau Beer von den Grünen.

Herr Minister, ich habe das gerade nicht wahrgenommen, dass Sie die Frage von Herrn Remmel beantwortet haben. Deswegen möchte ich sie gerne noch einmal, etwas präzisiert, stellen. Wann lagen dem Ministerium die quantitativen Angaben bezüglich des Stoffes Tosu vor, und zwar darüber, wie viel, in welcher Konzentration, in welchem Umfang eingeleitet wird?

Vielen Dank. – Bitte, Herr Minister.

Ich kann Ihnen darauf sehr präzise antworten. Das sind die Angaben für das Trinkwasser, die uns seit dem 7. April vorliegen.

Die Substanzen, die in der Ruhr sind, sind sicherlich etwas länger bekannt, aber die waren ja auch schon bekannt, als Sie noch das Umweltministerium mitverantworten mussten.

Frau Schäfer, ist es richtig, dass Sie auch eine Frage haben? – Bitte schön.

Herr Minister, nun hat ja das Landgericht in Berlin dieser Landesregierung bescheinigt, dass sie bei PFT mit geschönten Zahlen gearbeitet hat, was mich persönlich als Bürgerin sehr beunruhigt hat. Das ist jetzt gerichtlich festgestellt worden.

Wie stellen Sie jetzt sicher, dass das bei anderen Substanzen, die hier genannt worden sind, nicht wieder passiert? Wie stellt die Landesregierung das sicher? Ich möchte nämlich nicht wieder geschönte Zahlen; die Bürgerinnen und Bürger sind sehr betroffen, was sich mit Blick auf ihre Gesundheit dahinter verbergen kann.

Bitte schön, Herr Minister.