Protokoll der Sitzung vom 14.05.2008

Die Probleme sind noch drängender als vor Einsetzung der Enquetekommission. Ich verzichte hier auf die vielen Beispiele.

(Ralf Witzel [FDP]: Den Marktpreis ohne Staatsanteil würden alle Bürger gerne zah- len!)

Herr Witzel, wir wissen, bei Einsetzung der Kommission lag das Niveau bei 1,10 € pro Liter. Jetzt sind wir bei 1,50 €. Das ist für den ganzen Markt symptomatisch. Leider haben die Scheichs und Spekulanten keine Rücksicht darauf genommen, was die Herren Brockes und Weisbrich in ihren Bericht geschrieben haben.

Dass die steigenden Preise unmittelbare Auswirkungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher zeitigen, ist klar. Es betrifft letztendlich die gesamte Wirtschaft und die Gesellschaft in unserem Lande. Das haben uns viele Sachverständige in vielen Anhörungen bestätigt.

Doch die schwarz-gelbe Mehrheit in diesem Hause bestreitet jedes Problem. Nach dem Motto „Der Markt wird es schon richten“ wird der Sinn der Enquetekommission nahezu überhaupt in Frage gestellt. Auch das klingt hier durch. Die soziale Dimension wird vernachlässigt. Der Klimaschutz wird als Preistreiber abgestempelt. Als Allroundargument muss selbst noch beim Thema Verkehr die Atomkraft herhalten.

Sehr geehrte Damen und Herren, für uns Sozialdemokraten ist Mobilität eine soziale Frage. Wir möchten die Teilhabe möglichst vieler Menschen an verkehrlichen Dienstleistungen. Wir wissen, dass nur Mobilität ein gleichberechtigtes Leben bedeutet.

(Dietmar Brockes [FDP]: Deshalb müssen Sie für Kernenergie sein!)

Mobilität ermöglicht erst den Zugang zu den wichtigen gesellschaftlichen Einrichtungen unseres Lebens. Sport, Kultur, Freizeit, Bildung und Arbeit erfordern eine gute Verkehrsinfrastruktur, die auch bezahlbar sein muss. Das gilt für das platte Land ebenso wie für die Großstadt. Für uns Sozialdemokraten ist die Gewährleistung von Mobilität eine staatliche Daseinsfürsorge. Darin unterscheiden wir uns sehr deutlich.

Ohne dass wir jemandem konkret Vorschriften über die Wahl der Verkehrsmittel machen wollen, wissen wir aber auch: Es gibt Verkehrsmittel, die unser Klima mehr, und Verkehrsmittel, die unser Klima weniger stark belasten. Hier verstehen wir den Staat als Partner, der mit Anreizen Leitplanken für eine sinnvolle Verkehrspolitik setzen kann. Ich will Ihnen nur ein paar Beispiele nennen, die wir in unser Sondervotum hineingeschrieben haben.

Herr Kollege, Ihnen ist klar, dass die Redezeit abläuft?

Wir wollen mehr Erdgas und Biogas. Wir wollen den ÖPNV stärken. Personenzüge produzieren beispielsweise pro Reisendem und Kilometer nur halb so viel Kohlendioxid wie ein PKW. Der Ausschuss für Bauen und Verkehr konnte sich bei einer Reise in die belgische Stadt Gent davon überzeugen, wie sich eine Stadt innovativ des Themas Fahrradverkehr annehmen kann. Dort gibt es Leasing-Fahrräder, die auch noch für die Schaffung von Arbeitsplätzen sorgen. Das alles sind keine grünen Hirngespinste.

Das sind nur einige wenige Beispiele des knapp 40-seitigen Sondervotums von SPD und Grünen, die aber belegen, dass man mit dem nötigen politischen Willen viel erreichen kann. Klar ist, mittelfristig benötigen wir eine „Weg-vom-Öl-Strategie“. Nur so können wir uns unabhängiger von den Scheichs und Spekulanten machen. Das ist letztendlich auch eine strategische Frage des Überlebens. Wer Erdgas und Öl importiert, ist ökonomisch abhängig und politisch erpressbar.

Ich fordere alle Kolleginnen und Kollegen – auch die von CDU und FDP – auf, sich den Herausforderungen zu stellen. Wenn dies schon nicht im Bericht geschehen ist, wäre es durch ein konkretes Regierungshandeln noch möglich. Packen wir es an!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wißen. – Wir sind am Schluss der Beratungen und kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen erstens über die Empfehlung der Enquetekommission I ab, den Bericht Drucksache 14/6400 zur Kenntnis zu nehmen. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Der Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/6754. Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Eine Enthaltung des fraktionslosen Abgeordneten Sagel. Damit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Ich darf allen Mitgliedern der Enquetekommission und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Namen des Hohen Hauses noch einmal sehr herzlich für ihre engagierte und umfangreiche Arbeit danken.

(Allgemeiner Beifall)

Der Applaus zeigt Ihnen: Wir alle sind sicher, dass Sie mit diesem Bericht einen bedeutsamen Beitrag für zukünftige Entscheidungen geliefert haben. Ich hoffe, wir werden noch viele fruchtbare Diskussionen darüber führen, die auch die Dinge zielgerichtet nach vorne bringen, die alle Menschen bewegen.

Ich rufe auf:

3 Parkplatzmangel entlang Bundesautobahnen in Nordrhein-Westfalen wirksam begegnen: Ein Beitrag zur Stärkung der Verkehrssicherheit

Antrag

der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP

Drucksache 14/6675

Entschließungsantrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6744

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellenden Fraktionen Herrn Kollegen Schulte von der CDU das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einer Meldung beginnen: Ein tödlicher Unfall auf einem Autobahnparkplatz an der A 2 in Niedersachsen

hat die Diskussion um zusätzlichen Parkraum für Lastwagen an Autobahnen neu entfacht. Auf dem Rastplatz Schafstrift war am frühen Mittwochmorgen ein Autofahrer mit seinem Wagen unter einen falsch geparkten LKW gefahren. Der Fahrer verstarb noch am Unfallort. Eine Polizeisprecherin sagte, dass der Lastwagen hätte an dieser Stelle nicht halten dürfen.

Diese am 26. März 2008 von „NDR online“ verbreitete Nachricht ist nur beispielhaft. Steigendes Güteraufkommen, steigendes LKW-Aufkommen, Verringerung der zulässigen Lenkzeiten, Verlängerung der Ruhezeiten – diese Faktoren ergeben insgesamt ein Defizit an LKW-Parkplätzen, das bundesweit mindestens bei 10.000 Stellplätzen liegt.

Der seit Mitte April vorliegende Entwurf des Masterplans „Güterverkehr und Logistik“ der Bundesregierung geht davon aus, dass eine starke Erhöhung des Bedarfs an Logistik- und Transportdienstleistungen zu erwarten ist. Wenn nicht reagiert wird, muss in Deutschland zwischen 2004 und 2025 mit einer Zunahme der Güterverkehrsleistung um 71 % gerechnet werden. Im Straßengüterverkehr fällt dieser Anstieg mit 79 % und im Straßengüterfernverkehr mit 84 % noch deutlicher aus. Da dieser Anstieg regional ungleichmäßig verteilt ist, ist auf vielen Bundesfernstraßen nahezu mit einer Verdoppelung des Güterverkehrs zu rechnen.

Dies würde, wenn der prognostizierte Anstieg Wirklichkeit würde, bedeuten: Dort, wo heute auf Autobahnen eine Fahrspur von LKW genutzt wird, werden in knapp 20 Jahren zwei Spuren notwendig, um das gestiegene Güterverkehrsaufkommen bewältigen zu können. Der prognostizierte Anstieg des Personenverkehrs um 19 % macht sich im Vergleich dazu relativ gering aus.

Die Konsequenz für die Verkehrspolitik bedeutet, dass nicht ein einzelner Verkehrsträger die Zuwächse verkraften kann, sondern alle Verkehrsträger diese Herausforderung annehmen müssen. Neben dem Ausbau von Bundesfernstraßen bedingt diese Entwicklung die Stärkung der Wasserstraßen und der Schienenwege, bei uns in Nordrhein-Westfalen insbesondere der Betuwelinie und des Eisernen Rheins, um Rotterdam und Antwerpen optimal an die rheinischen Binnenhäfen anzubinden.

Doch Tatsache ist: Wenn die für die Straße prognostizierten Mehrbelastungen in Gänze auf die Schiene umgelegt würden, würde das nahezu eine Verdoppelung der Schienenkapazität in Nord

rhein-Westfalen bedeuten. Das ist ebenso unrealistisch wie unbezahlbar.

Die Verfasser des Entschließungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erkennen zwar den grundsätzlichen Bedarf für Stellplätze im Verlauf von Bundesfernstraßen, verkennen aber deutlich, dass während ihrer eigenen Regierungszeit in Berlin und Düsseldorf die betriebene Schienenvorrangpolitik zu den Ergebnissen geführt hat, vor denen wir heute stehen.

Tatsache ist, dass der bestehende Parkplatzmangel für LKW ein Verkehrssicherheitsrisiko erster Güte darstellt. Kurzfristige Ausbaumöglichkeiten bestehen in der Regel nicht, da Baurecht herbeigeführt werden muss und neben Verzögerungen durch Rechtsmittel der finanzielle Aufwand beträchtlich ist.

Wir haben den dringenden Handlungsbedarf erkannt und reklamieren beim Bund die Offenlegung der Erhebungen zur Belegung der LKWParkplätze, da diese Bestandteil der weiteren Bedarfsprognose sind. Wir wollen wissen, in welchem Umfang NRW an der bundesweit vorgesehenen Investitionssumme partizipiert. Wir halten ein gezieltes Parkplatzmanagement durch den Aufbau von telematischen Leitsystemen für erforderlich.

Im bereits zitierten Entwurf des Masterplans „Güterverkehr und Logistik“ konzediert die Bundesregierung auf Seite 19 zwar die Mangelsituation und verweist auf den höchsten Bedarf an LKWStellplätzen im Bereich der Grenzübergänge nach Osteuropa. Hier sollen Bedarfsermittlung und Bau zeitlich vorgezogen werden. Von der Dringlichkeit der Maßnahmen im Transitland NRW ist hingegen nicht die Rede. Ich möchte hier nicht die Frage vertiefen, wo NRW-Lobby beim Bundesminister für Verkehr vertreten ist.

Aufgrund dieser Tatsache, dass im Bedarfsplan das Transitland NRW nicht erwähnt ist, darf man nicht zu einer falschen Einschätzung der sachlichen und finanziellen Prioritäten kommen. Die vom Bund vorgesehene Schaffung von 11.000 zusätzlichen Plätzen bis 2012 bewegt sich unseres Erachtens an der unteren Bedarfsgrenze. Wenn im Jahre 2008 von 250 Millionen € bereits 35 Millionen € investiert werden sollen, dann darf das eindeutig nicht nur an den Grenzübergängen nach Osteuropa erfolgen.

Das derzeitige Ausbauprogramm des Bundes zur Verbesserung der Parkflächen an bestehenden Rastanlagen der Bundesautobahnen in Nordrhein-Westfalen sieht 25 Maßnahmen vor, in deren Rahmen 3.075 Stellplätze mit einem Kosten

aufwand von rund 175 Millionen € errichtet werden sollen. Das ist objektiv nicht genug. Die erkennbar notwendige Fortschreibung dieses Katalogs und eine Beschleunigung von Planung und Realisierung sind dringend erforderlich. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulte. – Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Rasche.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Alle vorliegenden Verkehrsprognosen sagen ein immenses Wachstum der Verkehre voraus. Insbesondere der Güterverkehr, auch auf der Straße, wird überdurchschnittlich zunehmen. Aktuelle Voraussagen – Bernd Schulte hat es eben gesagt – belegen, dass die Verkehrsleistung im Straßengüterfernverkehr deutschlandweit um bis zu 84 % steigen wird. Auf vielen Strecken im Transitland Nordrhein-Westfalen werden es bis zum Jahr 2025 sogar 100 % sein. Das kann die jetzige Infrastruktur nicht verkraften – und die Park- und Rastanlagen können es auch nicht.

Die starke Zunahme des Güterverkehrs auf der Straße erfordert also einen beschleunigten Ausbau der Bundesfernstraßen. Neben dem Ausbau der Bundesfernstraßen müssen – das ist der zweite Punkt – auch die Park- und Rastanlagen entlang der nordrhein-westfälischen Autobahnen kräftig ausgebaut werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie sah denn rotgrüne Verkehrspolitik aus, als Sie noch in Regierungsverantwortung waren? Kaum Ausbau von Bundesfernstraßen und fast keine Planfeststellungsbeschlüsse für Bundesfernstraßen. Die eigentliche Politik für die Parkplätze war so gestaltet, dass die LKW am besten auf der Autobahn im Stau parken. Das war Ihre Verkehrspolitik!

(Beifall von der FDP)