Protokoll der Sitzung vom 04.06.2008

Sie brauchen ein transparentes Verfahren. Der Minister hat ein objektives Verfahren versprochen. Wir meinen, bevor eine Betriebsgenehmigung erteilt werden kann, muss ein klares, transparentes, objektives Instrument vorliegen. Nur dann kann es zu einer Erweiterung der Betriebsgenehmigung oder zu solchen Probebetrieben kommen. Dann kommt es auch nicht mehr zu solchen Anträgen der Grünen, liebe Frau Brüning. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Wißen. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Rasche das Wort, dem ich bei dieser Gelegenheit persönlich zum Geburtstag gratulieren darf. Ein schöner Tag und jetzt eine schöne Rede! Bitte, Herr Rasche.

Herr Präsident, ganz herzlichen Dank für die netten Glückwünsche! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem sich die Grünen mit einer ganzen Serie von Anträgen bereits am Flughafen Köln/Bonn abgearbeitet haben, ist nun der Flughafen Düsseldorf dran, und das mit gleich zwei Tagesordnungspunkten am heutigen Tag. Der grüne Feldzug, lieber Herr Becker, gegen die nordrhein-westfälischen Flughäfen geht somit weiter und somit auch der Feldzug gegen den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Karneval kommt erst noch!)

In bekannter Manier wird wieder mit Halbwahrheiten und Unwahrheiten operiert, werden mit völlig unseriösen Behauptungen die Ängste der Bürger geschürt. Man darf gespannt sein, Herr Becker, welcher Flughafen als nächster für Sie im Vordergrund steht, mit neuen populistischen Vorwürfen und Halbwahrheiten.

(Horst Becker [GRÜNE]: Bei Ihnen fällt mir Paderborn ein!)

Es ist wirklich ein Kriegszug – das ist nicht übertrieben –, von dem man sprechen kann, den Sie gegen die gesamte Luftverkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen führen.

Auf jedem Flughafen gibt es einen Konflikt zwischen den berechtigten Schutzinteressen der Anwohner auf der einen Seite und den Interessen des Luftverkehrs und damit den Interessen von Wirtschaft, Arbeitsplätzen und Wohlstand in unserem Lande auf der anderen Seite.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Becker?

Aber klar.

Bitte, Herr Kollege Becker.

Herr Kollege, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Der kommt auch von Herzen. Gleichwohl möchte ich Sie Folgendes fragen: Gehen Sie davon aus, dass in den vier Räten, von denen ich in meiner Rede gesprochen habe, auch FDP-Politikerinnen und -Politiker waren, die diese Resolution unterstützt haben, oder gehen Sie davon aus, dass in diesen Räten keine FDP-Kollegen von Ihnen sitzen? Meinen Sie, wenn Sie davon ausgehen, nicht auch, dass Sie mit dieser Problematik etwas anders umgehen müssten?

Wir gehen mit der Problematik in der Weise um, dass wir die jeweiligen Interessen fair und vernünftig miteinander abwägen. Sie wollen nicht abwägen. Sie machen in diesem Hohen Hause Stadtrats- und Kreistagspolitik. Wir machen Landespolitik. Das ist der Unterschied, lieber Herr Becker.

(Beifall von der FDP)

Gerade der Flughafen Düsseldorf bietet ein hervorragendes Beispiel dafür, wie dieser äußerst schwierige Spagat zwischen den unterschiedlichen Interessen gelingen kann. Durch die neue Betriebsgenehmigung vom 9. November 2005 sind mehr als 2.000 neue Arbeitsplätze am Flughafen entstanden. Zugleich sind aber die Schallschutzmaßnahmen für die Anwohner nochmals erheblich ausgeweitet worden.

Ein Bestandteil der aktuellen Betriebsgenehmigung ist eine Öffnungsklausel, die dem Flughafen ermöglicht, die Kapazität der Hauptstart- und landebahn auch im Einbahnbetrieb auf 45 Flugbewegungen in der Stunde zu erhöhen. In einem Gutachten ist bestätigt worden, dass 45 geplante Bewegungen im Einbahnbetrieb möglich sind.

(Horst Becker [GRÜNE]: Vier Gutachten sa- gen etwas anderes, drei davon vom Flugha- fen!)

Das wird von den Grünen jedoch völlig bestritten. Ohne jeglichen sachlichen Nachweis behaupten Sie, das Gutachten von AVISTRA sei unseriös. Wenn hier, lieber Herr Becker, etwas unseriös ist, dann die Behauptung in dem Grünen-Antrag, das

Sicherheitsrisiko und die Anzahl riskanter Durchstartmanöver würde deutlich erhöht.

(Horst Becker [GRÜNE]: Natürlich!)

Das ist kompletter Unsinn, Herr Becker. Dies ist reine Bangemacherei der Bürgerinnen und Bürger. Das ist mal wieder der typische grüne Politikansatz, die Angst der Menschen zu schüren, um am Ende selber davon zu profitieren. Die Kapazität einer Start- und Landebahn ist ein hochkomplexes Thema und von sehr vielen Faktoren abhängig.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Eben, Herr Rasche!)

Deshalb kann doch kein vernünftig denkender Mensch etwas dagegen haben, diese Kapazität empirisch im Rahmen eines Probebetriebes zu ermitteln. Es ist doch der einzige mögliche und richtige Weg, bei einem Probebetrieb festzustellen, ob es Probleme gibt und, wenn ja, wie man dann handelt oder wie man diese löst. Das ist genau der richtige Weg; ich glaube auch, der einzig mögliche. Dann wird sich herausstellen, wie viele Flugbewegungen pro Stunde tatsächlich möglich sind. Deshalb ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass die Landesregierung einen Probebetrieb veranlasst hat.

Die Koalition stellt sich der schwierigen Aufgabe, die Interessen von Anwohnern mit den Interessen von Wirtschaft und Arbeitsplätzen abzuwägen.

Die Grünen stellen sich dieser Aufgabe nicht. Die Grünen sind ein hohes Risiko für den Wirtschaftsstandort, für die Arbeitsplätze und für den Wohlstand in Nordrhein-Westfalen. Sie waren es, Sie sind es und Sie werden es in der Oppositionsrolle aus rein strategischen Gründen wohl bleiben, Herr Becker. – Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Wittke.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lassen Sie mich mit einer Vorbemerkung beginnen: Herr Kollege Wißen, ich finde es abenteuerlich, dass Sie sich hier als Robin Hood des Lärmschutzes aufführen und so tun, als hätte nicht die SPD jahrzehntelang die Verantwortung in diesem Land getragen.

Es waren die Verkehrsminister Ihrer Partei, die zugelassen haben, dass Propellermaschinen von über 9 t nachts am Düsseldorfer Flughafen starten

und landen durften. Es waren sozialdemokratische Verkehrsminister, die nicht darauf gedrungen haben, dass die in den von ihnen erteilten Betriebsgenehmigungen vorgesehenen Lärmschutzpakete auch tatsächlich vom Flughafenbetreiber eingehalten wurden.

(Beifall von der CDU)

Da bedurfte es erst eines christdemokratischen Verkehrsministers in diesem Land, um dafür zu sorgen, dass die Lärmschutzpakete aus Betriebsgenehmigungen vorhergehender Regierungen und Jahre auch tatsächlich umgesetzt werden.

(Bodo Wißen [SPD]: Was regen Sie sich dann so auf, Herr Minister?)

Zu den Zeiten der Vorgängerregierungen hätten wir Ihre Worte gerne gehört. Dann wären Sie heute glaubwürdig mit Ihrem Plädoyer für mehr Lärmschutz.

(Beifall von der CDU – Bodo Wißen [SPD]: Reden Sie einmal mit Ihren Leuten!)

Dem vorliegenden Antrag liegen offenbar Annahmen zugrunde, nach denen der von mir gestattete Probebetrieb die Belastung der Flughafenumgebung durch Fluglärm in unzulässiger Weise erhöhen und die Sicherheit des Flugbetriebes am Flughafen Düsseldorf vermindern würde. Die Antwort auf diese Behauptungen ist einfach. Erstens sind diese Annahmen unzutreffend. Zweitens sind die Forderungen nach der sofortigen Beendigung des Probebetriebes und der Einholung eines neutralen Kapazitätsgutachtens unbegründet.

Wie stellt sich die Sachlage tatsächlich dar? – Durch die Genehmigung vom 9. November 2005 wurde die Anzahl der im Voraus planbaren Zeitnischen für die Nutzung der Hauptstart- und -landebahn bei Nichtnutzung der Parallelbahn auf 40 Slots pro Stunde festgesetzt. Der Antrag der Flughafengesellschaft auf 45 Slots wurde von mir abgelehnt.

Warum? – Wie aus der Begründung der Genehmigung vom 9. September 2005 ersichtlich ist, gab es bei der Genehmigungsbehörde seinerzeit Zweifel, ob 45 geplante Flugbewegungen auf einer Start- und Landebahn unter den Bedingungen der Praxis überhaupt stattfinden können. Die Genehmigungsbehörde konnte diese Möglichkeit jedoch nicht ausschließen. Deshalb erklärte sie eine Erhöhung des Koordinierungseckwertes um bis zu fünf Slots pro Stunde für zulässig, wenn – ich zitiere wörtlich –:

… belegt wird, dass die Kapazität der Hauptstart- und -landebahn ausreicht, auch für diese

zusätzlichen Flugbewegungen unter den gegebenen Rahmenbedingungen Verkehrsüberhänge abzuwickeln, die aufgrund nicht planbarer exogener, verkehrsbedingter Parameter auftreten. Die Anforderungen an den Nachweis sind mit der Genehmigungsbehörde abzustimmen.

Nach dieser Genehmigung hängt die Zulässigkeit der Erhöhung des Stundeneckwertes auf 45 Slots ausschließlich davon ab, ob die zusätzlichen fünf Flugbewegungen unter Praxisbedingungen umgesetzt werden können. Ein Wiedereintreten in einen alle Belange betreffenden Abwägungsprozess ist deshalb überhaupt nicht notwendig, Herr Becker. Was jetzt passiert, ist eine zwangsläufige Folge der Betriebsgenehmigung, die im November 2005 erteilt wurde. Das ist überhaupt nichts Neues.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Becker?

Nein, ich möchte gerne im Zusammenhang ausführen, Herr Präsident.

In die Abwägung aller betroffenen Belange, die zu der Genehmigung vom 9. November 2005 geführt hat, sind die Auswirkungen der fünf zusätzlichen Slots pro Stunde auch im Hinblick auf die Fluglärmbelastung sowie die Risikoabschätzung bereits einbezogen worden.

Das Oberverwaltungsgericht – das mag Ihnen schmecken oder nicht, Herr Becker – hat das Abwägungsergebnis in seinem Urteil vom Mai 2007 abschließend gebilligt. Noch einmal: Eine erneute Abwägung ist somit überhaupt nicht mehr erforderlich. Es geht nur noch um den geforderten Nachweis einer Einbahnkapazität von 45 Slots.

Man hat nun zwei Alternativen: Entweder verlässt man sich auf ein vorgelegtes Gutachten. Ich habe überhaupt keinen Zweifel an der Richtigkeit und Angemessenheit des Gutachtens, das der Flughafenbetreiber vorgelegt hat. Oder man verifiziert die Ergebnisse noch einmal in Praxistests und überprüft, ob das, was im Gutachten theoretisch nachgewiesen wurde, auch in der Praxis Bestand haben wird.

Ich habe mich für den zweiten Weg entschieden. Wir sind nicht von heute auf morgen von 40 auf 45 Slots hochgegangen. Vielmehr wollen wir den Koordinierungseckwert in einem längerfristigen Versuch – Sie kritisieren ja auch, dass er anderthalb Jahre dauern soll – schrittweise um jeweils

einen Slot erhöhen, um den Nachweis zu führen, dass das in der Praxis tatsächlich möglich ist.

Ich glaube, dass das eine sehr zielgerichtete, seriöse und vor allem angemessene Vorgehensweise ist. Es werden nicht in einem Hauruckverfahren 45 beantragte Slots sofort genehmigt. Es muss vielmehr der Nachweis geführt werden, dass 45 Slots überhaupt möglich sind, und zwar in der Theorie wie in der Praxis. In der Praxis geschieht das zudem nicht von heute auf morgen, sondern schrittweise. Darum ist der Test auf anderthalb Jahre angelegt.

Ich stelle fest, dass versucht wird, eine Schlacht, die wir eigentlich schon Ende 2005 geschlagen haben, noch einmal zu schlagen. Damals gab es eine neue Betriebsgenehmigung. Das Oberverwaltungsgericht hat uns in allen Punkten dieser Betriebsgenehmigung bestätigt. Das mag Ihnen schmecken oder nicht, Herr Becker. Aber wir sind es von Ihnen schon gewohnt, dass Sie alte Kamellen immer wieder aufwärmen. Eine solche haben Sie dem Hohen Hause heute vorgelegt. Ich hoffe, dass wir uns im entsprechenden Ausschuss noch ausführlicher austauschen können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.