Protokoll der Sitzung vom 20.06.2008

Ganztagsschulen, Angebote im Bereich Bewegung, Spiel und Sport finden die höchste Zustimmung bei der Elternzufriedenheit.

Das war nicht selbstverständlich zu erwarten. Im Vorfeld der Einführung gab es auch deutliche Skepsis. Da ging es um die Belegung von Hallenzeiten und um die fehlende Zeit von Kindern für den Vereinssport. Ich bin sicher, auch vielen von Ihnen sind diese und andere Bedenken begegnet.

Meine Damen und Herren, die Grundlage dafür, dass der Sport im Ganztag zum Erfolg wurde, war die Rahmenvereinbarung, die die sozialdemokratisch geführte Landesregierung mit dem Sport abgeschlossen hat, und das große Engagement der Vereine und Bünde. Beides ist ausschlaggebend dafür, dass es heute eine plurale Trägerschaft mit sehr unterschiedlichen, konkreten Ausgestaltungen der Angebote und der dazugehörigen Beschäftigungsverhältnisse gibt.

Ich nenne an dieser Stelle gerne das Beispiel meiner Heimatstadt Recklinghausen, wo die Stadtverwaltung einen Generalvertrag mit dem Stadtsportbund abgeschlossen hat. Wie gesagt, ich nenne das Beispiel gerne, aber ich nenne es auch in dem Wissen, dass die Kooperation von Schule und Sport nicht überall so ausgestaltet ist.

Deshalb kommt es jetzt darauf an, auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen und gemeinsam mit dem Landessportbund die Qualitätsentwicklung für die Sportangebote im Ganztagsbereich sowie entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen voranzutreiben. Hierzu gehört es auch, quasi als zweite Seite derselben Medaille, dass man gemeinsam mit den Spitzenverbänden, den Trägern und dem Landessportbund angemessene Bandbreiten für eine Entlohnung der Betreuerinnen und Betreuer entwickelt.

Diese Weiterentwicklung – das möchte ich betonen – wird von den Vertretern des Sports, vom Landessportbund und von den Vereinen, ausdrücklich bewünscht, um den Sport im Ganztag weiter zu stärken und sich bietende Chancen zu nutzen.

Meine Damen und Herren, die Weiterentwicklung des Offenen Ganztags im Primarbereich ist das eine, das andere ist es, bei der Ausweitung des Offenen Ganztags im Sekundarbereich darauf zu achten, dass die Voraussetzungen für eine gute Kooperation überhaupt geschaffen werden. Dabei gibt es noch Fragezeichen: Wie wir kurzfristig erfahren haben, haben LSB und Schulministerium in den letzten Tagen – „endlich“, muss man wohl sagen – eine Rahmenvereinbarung auch für diesen Bereich unterzeichnet. Uns liegt die Vereinba

rung bisher nicht vor. Wir hoffen sehr, dass es dem Landessportbund gelungen ist, die Interessen des organisierten Sports angemessen durchzusetzen.

Ob die im Rahmen des Ausbaus des Ganztags von der Landesregierung geplante Verschulung der Angebote allerdings im Sinne der Kinder und des organisierten Sports ist, bleibt zumindest abzuwarten. Um es klarzustellen: Die SPD legt großen Wert auf höchstmögliche Qualität im Rahmen der Sportangebote. Das wird aus unserem Antrag deutlich. Wir setzen aber Qualität für den Bereich der ergänzenden Sportangebote nicht zwangsläufig gleich mit den Angeboten durch Sportlehrer. Die müssen und sollen Sportunterricht erteilen, nicht aber unbedingt die Nachmittagsangebote gestalten. Dort wünschen wir uns plurale Angebote unter Einbeziehung des Sachverstands aus dem Vereinssport.

Das Konzept der schwarz-gelben Landesregierung ist dagegen auf einen Lehrerstellenzuschlag ohne Flexibilisierungsmöglichkeiten eingeschränkt. Das lässt keinen Raum für die Integration bisheriger Kooperationsangebote mit freien Trägern und verhindert somit letztendlich eine Zusammenarbeit von Schule und Sport. Das lähmt das Interesse der Vereine an einer aktiven Teilnahme, weil ihre Möglichkeiten eingeschränkt werden, Interesse für den Vereinssport zu wecken und Talente frühzeitig zu erkennen.

Ich würde mich freuen, wenn es uns in der weiteren Beratung gelänge, die erkannten Lücken zu schließen. Deshalb sehen wir Sozialdemokraten nach der Überweisung der Beratung im Ausschuss mit Spannung und mit Erwartung entgegen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Schroeren das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag der SPD-Fraktion hätte fast von uns sein können.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Ach was!)

Aber eben nur „fast“, meine Damen und Herren von der Opposition. Dazu später mehr.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Darauf sind wir gespannt!)

Einig sind wir uns dahingehend, meine Damen und Herren, dass der Sport in der Ganztagsschule einen angemessenen Raum und Stellenwert einnehmen muss – keine Frage –, nicht nur, weil sich viele unserer Kinder zu wenig bewegen, sondern auch, weil die sportliche Betätigung zur Rhythmisierung des Unterrichts und damit zu einem besseren Lernerfolg beitragen kann. Wir teilen Ihre Einschätzung, dass es wichtig und richtig ist, den Sport nicht alleine durch schulische Kräfte darzustellen, sondern hier auch die gemeinwohlorientierten Sportorganisationen einzubeziehen.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Das kön- nen wir alles unterschreiben!)

Der Widerspruch kommt nachher, Herr Kollege.

Denn viele Kinder sind für einen Sportverein in ihrem sozialen Umfeld kaum erreichbar, sodass ein in die Schule integriertes Angebot sowohl den Vereinen wie auch den Kindern helfen kann, Interesse für den Sport zu entdecken, Kontakte zu knüpfen und ein darüber hinaus gehendes Engagement zu entfalten.

Allerdings – jetzt kommt es – unterscheiden wir uns in der Bewertung dessen, was von uns, der CDU und der FDP, bisher unternommen worden ist. Wir haben die von Ihnen mit der Rahmenvereinbarung für Offene Ganztagsschulen im Primarbereich begonnene Entwicklung in den drei Jahren unserer Regierungstätigkeit erheblich beschleunigt und vorangebracht.

(Beifall von der CDU)

Im Juni wurde eine weitere Rahmenvereinbarung mit dem Landessportbund geschlossen, die die Zusammenarbeit im Bereich der Haupt- und Förderschulen mit erweitertem Ganztagsbetrieb regelt. Zugleich ist bereits eine Weichenstellung hinsichtlich der Sekundarstufe I erfolgt.

Die Möglichkeiten der Schulen, mit Dritten zusammenzuarbeiten oder auch andere Berufsgruppen als Lehrer zu beschäftigen, wurden gestärkt. Die Einbeziehung des Landessportbundes zur Weiterentwicklung des Ganztags ist für uns selbstverständlich.

Hier nur einige Stichworte: Der Landessportbund nimmt an der erweiterten interministeriellen Arbeitsgruppe „Ganztag in Nordrhein-Westfalen“ teil. Es gab es eine intensive Zusammenarbeit im Bereich der Qualitätsentwicklung. Auch bei der Fortbildung des Lehrpersonals kommt ihm – neben den anderen zuständigen Stellen – durch die bei den Kreisen und Stadtsportbünden eingerichteten 54 regionalen Koordinierungsstellen ein wichtiger Anteil zu.

Die Erlassentwürfe zur Ganztagsoffensive sind momentan in der Verbändebeteiligung. Auch darüber erhält der Landessportbund nochmals Gelegenheit, seine Belange vorzutragen und zu den bestmöglichen Ergebnissen beizutragen.

Eine spezielle Regelung zur Entlohnung der Beschäftigten im sportlichen Bereich, die Sie angesprochen haben, erscheint mir nicht angebracht. Es existieren für die Schulträger tarifvertragliche Regelungen. Eine Sonderstellung des Sports gegenüber anderen außerschulischen Trägern oder Beschäftigten anderer Berufsgruppen leuchtet mir daher nicht ein.

Als Ergebnis kann ich also festhalten: Die gemeinwohlorientierten Sportorganisationen werden von uns in jeden Schritt eingebunden. In allen Schulformen gibt es bzw. wird es in Kürze die Möglichkeit geben, Kooperationsverträge mit Dritten abzuschließen, sodass sich der Sport in Zukunft in noch mehr Schulen einbringen kann. Ihre Befürchtungen, meine Damen und Herren von der Opposition, die Ganztagsoffensive stehe einer weiteren Einbeziehung außerschulischer Träger entgegen, läuft somit ins Leere.

Wäre der Antrag von CDU und FPD gestellt worden, hätten wir natürlich gleich im Text auf den guten Entwicklungsstand des Ganztags hinweisen können. Aber auch so bietet uns Ihr Antrag die Gelegenheit, unsere Erfolge darzustellen. Obwohl ich persönlich – wie dargestellt – davon überzeugt bin, dass uns eine Annäherung zu Ihrem Antrag nicht weiterbringt, und weil eigentlich schon alles in trockenen Tüchern ist, werden wir selbstverständlich Ihrem Wunsch entsprechen, diesen Antrag in den zu beteiligenden Ausschüssen weiter zu beraten und zu behandeln. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Schroeren. – Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Rasche.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Schulsport hat für die FDP und für die Koalition einen sehr hohen Stellenwert. Sport ist gerade für Schüler von zentraler Wichtigkeit. Er stärkt die motorischen Fähigkeiten, unterstützt die Gesundheit, hilft bei der Integration und verbessert das Lernverhalten.

Nach den Grund-, Haupt- und Förderschulen baut die Koalition in den nächsten zwei Jahren insgesamt weitere 216 Gymnasien und Realschulen zu

Ganztagsschulen aus. Dabei wird die Übermittagsbetreuung finanziell deutlich unterstützt. Ein solches Angebot, meine Damen und Herren, hat es unter Rot-Grün nie gegeben.

Selbstverständlich – das ist Ihnen doch bekannt – besteht für den Ausbau dieser Ganztagsangebote ein enger Austausch zwischen Koalition und dem Landessportbund sowie zwischen den betroffenen Schulen, Vereinen und Verbänden.

Natürlich geht es in diesem Austausch auch um Qualitätsfragen und Qualitätsstandards. Es ist, meine Damen und Herren, einfach sachlich falsch, dass zukünftig keine externen außerschulischen Partner in die schulischen Angebote eingebunden werden. Die FDP/CDU-Koalition hat vielfach deutlich gemacht, dass die Einbindung von Wirtschaft, Vereinen und Verbänden sinnvoll und gewollt ist. Hierzu zählen natürlich auch die Sportvereine und Sportverbände vor Ort und in der jeweiligen Region.

Der Antrag ist vielfach sachlich falsch und entspricht weder dem gegenwärtigen Ist-Stand noch den zukünftigen Planungen. Deshalb werden wir ihn zu gegebener Zeit natürlich ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Beer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ich gemeinsam mit Frau Ministerin Sommer heute einmal die Männerphalanx, die sich hier aus dem Sportausschuss präsentiert, ein wenig aufbrechen kann. Es ist auch gut, wenn man vielleicht einmal andere Aspekte in die Diskussion hineinbringt.

Uns eint in der Tat, dass wir die Bedeutsamkeit des Sports sehr hoch einschätzen. Deswegen bin ich sehr froh, dass die SPD den Antrag vorgelegt hat. Aber wir müssen noch über einige Details sprechen.

Es ist richtig, dass mit der Geschichte der offenen Ganztagsschule – eine Erfolgsgeschichte, auch der Bewegungssteigerung und der Sportförderung, verbunden ist. Denn die Sportangebote sind aus den offenen Ganztagsschulen gar nicht mehr wegzudenken. Der Landessportbund hat sich schon 2003 ganz offensiv in die Entwicklung eingeklinkt, hat in kürzester Zeit flächendeckend Koordinierungsstellen auf der Ebene der Kreise und der kreisfreien Städte eingerichtet. Das hat erheb

lich zur Qualitätssteigerung der Angebote beigetragen.

Schon am 18. Juli 2005 wurde eine entsprechende Kooperationsvereinbarung mit der Landesregierung eingegangen, und ich bin froh, dass das jetzt am 19. Juni 2008 weitergeführt worden ist.

Allerdings, Frau Ministerin Sommer,

(Ministerin Barbara Sommer spricht mit dem Abgeordneten Bernhard Recker.)

vielleicht können Sie gleich in dem Beitrag noch darauf eingehen, wenn ich Sie jetzt gerade ansprechen darf. Es geht um die Sache, um die wir gerade debattieren. Frau Sommer!

(Lothar Hegemann [CDU]: Sie sprechen hier nicht nur zu Frau Sommer!)

Ich würde gerne die Ministerin ansprechen, und auch Sie. Sie können mitberaten. Es ist mir wichtig, die Ministerin hier und heute anzusprechen.

(Minister Armin Laschet: Das kann man doch auch ohne Rede!)