Jahrzehnte ein Geberland waren. Würden wir so wie Bayern auftreten, könnten wir sagen: Wir brauchen in der gegenwärtigen Situation sage und schreibe 48 Jahre lang Nehmerlandqualität, bis wir das wiederbekommen haben, was wir in diesen Länderfinanzausgleich eingezahlt haben.
Wir haben seit Bestehen des Länderfinanzausgleichs insgesamt 17 Milliarden € eingezahlt. Alleine seit 1995 haben wir 11,5 Milliarden € eingezahlt.
Es ist auch schon angesprochen worden: Wir haben von diesen drei Ministerpräsidenten nie etwas zum Umsatzsteuerausgleich gehört. Dass wir in der Summe allein in diesem Jahr 1,8 Milliarden € überweisen, weil wir ein wirtschaftsstarkes Land sind – über 30 der 100 größten Unternehmen zahlen hier ihre Umsatzsteuer und haben hier Steuerkraft –, ist eine Tatsache, die ausgeblendet wird. Das nimmt man erst einmal. Anschließend – auf Stufe zwei – beschwert man sich.
Mappus bemüht noch einmal den Stammtisch und kommt mit dem Spruch: Das alles ist deshalb so, weil hier zu viel ausgegeben wird. – Herr Weisbrich gibt die Flanke mit der Selbstverstümmelung.
Wissen Sie, Herr Weisbrich, eine „dpa“-Meldung von gestern enthielt eine Forderung der EUKommission: Die EU-Kommission will die Schulabbrecherquote senken. In dieser Meldung heißt es: Eine hohe Zahl von Schulabbrechern behindere die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Europas – vor allem in der derzeitigen Wirtschaftskrise. Wäre der Anteil der Schulabbrecher in Europa nur um einen einzigen Prozentpunkt niedriger, dann gäbe es jedes Jahr fast eine halbe Million zusätzlicher, qualifizierter junger Arbeitnehmer, sagt EU-Bildungskommissarin Androulla Vassiliou – übrigens eine Griechin!
Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Ja, ein Finanzminister, der, wie die gesamte Regierung, Weitblick walten lässt, weiß, dass es Ausgaben gibt, die zwar nicht in den Länderfinanzausgleich gehen, die aber die Muskulatur dafür stärken, demnächst auf der Einnahmenseite mitlaufen zu können.
Ich bin mit meinen Ausführungen auch fertig. – Es ist deutlich geworden, dass die Politik, die wir heute Morgen schon im Einzelnen durchdekliniert haben, die wir zunächst in den Nachtragshaushalt reparaturmäßig eingesetzt haben und die wir noch in die nächsten Haushalte einsetzen, Ausgaben bewirkt, die dazu dienen, den Wirtschafts-, Wissenschafts- und Familienstandort Nordrhein-Westfalens zu stär
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ihr Antrag heute Vormittag ist ein plumpes Ablenkungsmanöver.
(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD: Oh! – Hans-Willi Körfges [SPD]: Das war ein plumper Beginn Ihrer Rede gerade!)
Sie haben einen schlechten Lauf, weil der Finanzminister zunächst das Verfassungsgericht provoziert hat. Dann hat das Verfassungsgericht eine einstweilige Anordnung erlassen. Diese auch öffentliche Klatsche ärgert Sie jetzt. Jetzt versuchen Sie, hier ein völlig anderes Thema in den Vordergrund zu stellen,
anstatt über die wirklich wesentlichen Sachen zu sprechen, um die es geht: Es geht nämlich darum, dass Ihre Politik der Versprechungen – auch der leeren Versprechungen – in den kommenden Monaten und Jahren nicht mehr aufrechtzuerhalten sein wird.
Sie können nämlich in den Monaten eben nicht in die Landschaft gehen und allen das Blaue vom Himmel herunterversprechen, sondern Sie müssen die Entscheidung des Verfassungsgerichts zur Kenntnis nehmen.
Was machen Sie stattdessen? – Eine billige Kritik an einem Erfolgsbundesland wie Baden-Württemberg. Es gibt ja noch andere erfolgreiche Bundesländer in Deutschland.
Die wirtschaftliche Prosperität in diesem Land und damit auch die Finanzkraft liegen jetzt in Ihrer Verantwortung.
Und wenn Herr Walter-Borjans sagt, es gebe Bundesländer und Ecken in der Republik, die auf Dauer Hilfe brauchten, dann ist Bayern das beste Beispiel dafür, dass Hilfe durchaus eine Hilfe zur Selbsthilfe sein kann, nicht aber in einem dauerhaften Hand
Im Übrigen ist es offen gestanden sehr unpassend, wenn der Finanzminister an der Stelle über „unchristlich“ spricht. Es gibt zum Beispiel die Formulierung „Falsches Zeugnis wider seinen Nächsten ablegen“ oder – auf den Punkt – gebracht: Du sollst nicht lügen! – Das sollte dieser Finanzminister an dieser Stelle auch beachten.
Die Kollegin Walsken, die diesem Haus gefühlte Jahrzehnte angehört hat, hat einen Riesenaufstand gemacht, als in der letzten Legislaturperiode das Land NRW nur einige Monate lang ein Nehmerland war. Jetzt ist Nordrhein-Westfalen in einem erheblichen Umfang Nehmerland, und es gibt überhaupt keine Hinweise darauf, dass sich daran etwas ändern soll.
„Ich hätte nichts dagegen, wenn NRW oder andere Nehmerländer das Geld in Investitionen für die Zukunft stecken würden, in neue Jobs oder in moderne Technologien, …“
„Stattdessen zieht Ministerpräsidentin Kraft als Wohltäterin durchs Land, will Kindergarten- und Studiengebühren abschaffen. Damit verfrühstückt sie unser Geld und verschärft gleichzeitig die eigene Finanzmisere noch.“
(Serdar Yüksel [SPD]: Sind Sie im Landtag von Baden-Württemberg, oder sind Sie nord- rhein-westfälischer Abgeordneter?)
Dazu können wir nur sagen: Herr Mappus hat recht. Die CDU-Landtagsfraktion unterstreicht diese beiden Sätze hundertprozentig. Was er gesagt hat, ist absolut richtig.
Deswegen wäre es besser, Sie würden sich BadenWürttemberg als finanzpolitisches Vorbild anschauen, Sie würden es sich anschauen als ein Bundesland, das über Jahrzehnte eine erfolgreiche Finanzpolitik gemacht hat.
(Rüdiger Sagel [LINKE]: Was haben Sie ei- gentlich die letzten fünf Jahre gemacht? Re- kordschulden angehäuft!)
Wenn Sie es optisch haben wollen: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte unlängst eine wunderbare Darstellung zum Thema „Länderfinanzausgleich“, auf der zu sehen ist, wer in den letzten anderthalb Jahrzehnten wie viel gezahlt hat.
Eines wird ganz deutlich: Von 1995 bis 2005 hatte das frühere Geberland Nordrhein-Westfalen seinen Geberstatus de facto vollständig aufgebraucht. Warum? – Weil sich das Land unter Ihrer Verantwortung schlicht und einfach schlechter entwickelt hat als andere Bundesländer.
Es gibt andere Bundesländer wie Bayern, die seit 1995 kontinuierlich mehr gezahlt haben. Wenn ein Bundesland wie Bayern jetzt 3,5 Milliarden € einzahlt, dann ist es das berechtigte Interesse eines jeden Verantwortlichen in der Politik, zu sagen, man könnte diese 3,5 Milliarden € auch für etwas anderes ausgeben als beispielsweise für Wahlgeschenke in Nordrhein-Westfalen.
(Sören Link [SPD]: Haben wir das denn ge- macht, als wir jahrelang gezahlt haben? – Weitere Zurufe von der SPD)
Gerade weil Solidarität keine Einbahnstraße ist, kann ich nur sagen: Wir sind sehr gespannt auf Ihren Konsolidierungshaushalt 2011. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.