Protokoll der Sitzung vom 02.02.2011

Gerade weil Solidarität keine Einbahnstraße ist, kann ich nur sagen: Wir sind sehr gespannt auf Ihren Konsolidierungshaushalt 2011. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und von der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Petersen. – Für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Hahnen das Wort.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Unglaubliche Welt!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Weisbrich hat uns in seinem Wortbeitrag soeben gesagt: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu. – Herr Weisbrich, Herr Dr. Petersen, warum haben Sie uns denn Ihre Reden angetan? Warum haben Sie uns diese Diffamierungsorgie angetan?

(Beifall von der SPD)

Im Prinzip könnte es uns ja egal sein, wenn Herr Mappus sein Schwätzle im Ländle von sich gibt. Das ist angesichts des bevorstehenden Wahltermins und der Angst, dass er nicht wiedergewählt wird, sicherlich nachvollziehbar. Nur, ich sage Ihnen: Er soll seinen Wahlkampf bitte in BadenWürttemberg mit baden-württembergischen Themen führen und nicht NRW diffamieren.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Wenn er das macht, meine Damen und Herren, dann soll er wenigstens bei den Tatsachen bleiben. Tatsache ist, dass der Länderfinanzausgleich überhaupt nichts mit Ausgaben zu tun hat. Vielmehr gibt es ein zweigestuftes Verfahren, in dem es um die Umsatzsteuer und dann in der zweiten Stufe um den Rest des Länderfinanzausgleichs geht. Herr Weisbrich, Herr Dr. Petersen, Sie sollten das einmal lernen. Dass Herr Mappus das nicht weiß – der weiß so vieles nicht –, na gut. Aber Sie geben doch vor, Finanzpolitiker in NRW zu sein. Dann sollten Sie sich auch mit der Systematik des Länderfinanzausgleichs beschäftigen und darstellen, wie sie tatsächlich aussieht.

Ich frage Sie: Wann ist Nordrhein-Westfalen zum Nehmerland geworden? Das ist doch nicht in der Zeit der SPD-Verantwortung passiert, sondern als CDU und FDP die Mehrheit im Landtag hatten.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Noch eins, meine Damen und Herren: Immerhin hat Nordrhein-Westfalen, wenn man seit 1995 rechnet – das ist der Zeitpunkt, zu dem die neuen Bundesländer in den Finanzausgleich einbezogen worden sind – rund 20 % des gesamten Ausgleichsvolumens – Umsatzsteuerausgleich, Länderfinanzausgleich – gezahlt, nämlich 47,1 Milliarden €. Zu der Zeit haben auch die Kollegen in Bayern noch kräftig die Hände aufgehalten und kassiert. Da hat sich niemand beschwert.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Carina Gödecke)

Sowohl hier im Haus als auch im Bundestag, im Bundesrat und unter allen Parteien bestand bisher politisches Einvernehmen darüber, dass Solidarität festgeschrieben ist. Das, was Sie heute bringen, was Herr Mappus Ihnen als Vorlage für NordrheinWestfalen versucht hat zu liefern, ist ein Abschied von dem Thema „Solidarität“. Dies ist mit Sicherheit nicht der Zeitpunkt, zu dem Sie mit Ihren Ausführungen irgendwelche Glanzleistungen voll

bracht haben.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Es ist ein falsches Signal für die Zukunft, meine Damen und Herren, wenn Herr Mappus meint, er müsste sich mit 4,5 Milliarden € beim Energiekonzern EnBW einkaufen und gleichzeitig bemäkeln, dass in Nordrhein-Westfalen Vorsorge für die Jugend, für die Zukunft getroffen wird. Ich sage Ihnen: NRW geht den besseren Weg.

(Christian Möbius [CDU]: Schulden machen!)

Ich bin stolz darauf, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen diesen Weg der Vorsorge gehen.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Frau Freimuth, wenn Sie darauf hinweisen, dass die Politik in Nordrhein-Westfalen wirtschaftsfeindlich ist, dann lassen Sie mich auch Ihnen sagen:

Das, was Herr Mappus in Baden-Württemberg macht, nämlich Firmen gegenüber zu betonen, dass sie in Baden-Württemberg etwas weniger Steuerprüfer sehen werden als in anderen Bundesländern, ist der falsche Weg. Das ist nur ein Beispiel, bei dem Solidarität und wirtschaftliche Vernunft eine Rolle spielen.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Mit anderen Worten: Hier wird bewusst verschwiegen, dass es zwei Stufen des Länderfinanzausgleichs gibt; die eine betrifft die Umsatzsteuer. Es wird bewusst verschwiegen, dass die Ausgabenseite überhaupt keine Rolle spielt.

In Analogie zu „Stuttgart 21“ sage ich: Herr Mappus wird in die Röhre gucken. Und Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, werden noch lange in die Röhre gucken.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahnen. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Dr. Orth das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn von meinen Vorrednern vonseiten der momentan regierenden Fraktionen von billigem Populismus gesprochen wird, muss man sich doch auch fragen: Was ist das heute für eine Debatte? Warum führen wir diese Debatte hier? Bisher haben Sie in Ihren Wortbeiträgen nur mit dem Finger auf Süddeutschland gezeigt, ohne zu sagen, wie Sie sich eigentlich die Zukunft des Länderfinanzausgleichs vorstellen.

Wir von der FDP sind der Ansicht, dass der Länderfinanzausgleich reformbedürftig ist. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie die Debatte, die aus Süddeutschland angezettelt wurde,

(Zuruf von der SPD: Angezettelt ist gut!)

dazu benutzt hätten, heute einmal darzustellen, wie es in Ihren Augen in den nächsten Jahren weitergehen soll. Es ist doch klar, dass wir ein System, in das wir irgendwann die neuen Bundesländer aufgenommen haben – dort haben sich die Verhältnisse inzwischen geändert –, nicht bis zum SanktNimmerleins-Tag unverändert fortführen können.

(Zuruf von der SPD: Blühende Landschaf- ten!)

Wir müssen uns vielmehr Gedanken über eine stetige Verbesserung machen. Das ist aber anscheinend nicht Ihre Politik. Sie lassen alles, wie es ist. Das finde ich sehr schade, meine Damen und Herren.

Wir haben vor allen Dingen auch die Schuldenbremse im Blick. 2020 müssen wir auch mit dem Länderfinanzausgleich anders umgehen. Wir wollen

Anreize für Länder setzen, sich entsprechend positiv aufzustellen. Wir wollen zum Beispiel, dass es bei den Steuersätzen Zuschlagsrechte geben soll. Da kann sich Herr Sagel freuen, der unbedingt sehr viele Steuern haben will. Dann kann er im Parlament darüber streiten, dass wir höhere Steuersätze haben als vielleicht in Süddeutschland. Ich bin zwar der Meinung, wir sollten den umgekehrten Weg gehen; aber wir sollten als Länder die Möglichkeit dazu haben. Dazu hätte ich auch von Ihnen gerne etwas gehört.

Ich finde es auch erstaunlich, wenn Sie letztlich immer wieder eine Diffamierungspolitik zu mehr Wachstum betreiben. Sie bekennen sich doch gerade nicht dazu, dass Nordrhein-Westfalen ein Industriestandort ist und wir den Länderfinanzausgleich auch in unserem Sinne positiv gestalten können, indem wir hier auf Wachstumspolitik setzen und nicht gegen jedes neue Röhrchen, das in die Erde gebuddelt wird, gegen jeden neuen Schornstein, der gebaut wird, zu Felde ziehen. Das ist die falsche Politik, die uns langfristig schaden wird.

(Sören Link [SPD]: An wem ist das denn ge- scheitert? Doch nicht an uns! Sie haben den Murks doch gemacht!)

Wir haben keinen Murks gemacht. Das sehe ich überhaupt nicht so. Selbst wenn ich Ihnen jetzt recht geben würde, müssen Sie sich doch fragen: Wohin wollen Sie eigentlich? Die Antwort sind Sie heute schuldig geblieben. Sie haben den Tagesordnungspunkt beantragt. Ich hätte erwartet, von Ihnen zu hören, wie Sie sich die Fortentwicklung des Länderfinanzausgleichs vorstellen. Aber da hat Rot-Grün nichts zu bieten. Das ist die Botschaft des heutigen Tages.

Wenn Sie, Herr Sagel, hier immer nur Wahlkampfreden halten, ist das ja wunderschön.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Wahlkampf? – Ihre Unfähigkeit!)

Dabei betonen Sie immer wieder irgendwelche Artikel aus der Verfassung. Man hat den Eindruck, dass jeder einzelne Tagesordnungspunkt von der Linken dazu genutzt wird, einmal die Verfassung zu zitieren, um hinterher sagen zu können: Ich kenne sie, und deswegen bin ich verfassungstreu. – Das ist doch eine sehr mehrwürdige Debattenkultur, die Sie hier pflegen, Herr Sagel. Ich fände es schön, wenn Sie sich auch einmal mit echten Themen auseinandersetzen würden, statt immer wieder diese platten Reden zu halten.

(Rüdiger Sagel [LINKE]: Sie schwadronieren doch nur!)

Ich schwadroniere gar nicht, sondern ich habe hier konkrete Vorschläge gemacht.

Ich würde mich freuen, wenn wir in Zukunft über diese Themen, nämlich über die Fortentwicklung des Länderfinanzausgleichs, über Reformansätze,

Anreize zu Wachstum und ein eigenes Heberecht reden würden. Das wäre etwas im Sinne aller Bundesländer und nicht nur eine blöde Debatte über die Frage „Du nimmt mir etwas weg; ich will dir nichts geben“. Das halte ich für zu kurz gegriffen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP und von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Orth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Kollege Priggen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Dr. Petersen, Sie haben vorhin gesagt, das sei billige Kritik an einem Erfolgsbundesland. Darum geht es überhaupt nicht. Das ist eine Kritik an Mappus, dem NochMinisterpräsidenten. Wir kritisieren nicht BadenWürttemberg. Wir wünschen dem Land, dass es am 27. März die Regierung bekommt, die es verdient.

(Beifall von den GRÜNEN und von der SPD)

Ich will die Nummer nicht so populistisch weitermachen wie Sie. Ich könnte jetzt auch sagen, Nordrhein-Westfalen muss beim spezifischen Länderfinanzausgleich zahlen, seitdem Sie an der Regierung waren, auch 2010 noch. Das wäre billig, obwohl es in der Sache richtig ist. Aber ich würde gar nicht sagen, dass es Ihre Verantwortung ist, sondern es ist eine Folge des langfristigen Strukturwandels, den wir in diesem Land nun einmal haben und den wir zu verkraften haben. Wer genau guckt, welche Landesteile die Probleme haben, der weiß, dass der Strukturwandel im Ruhrgebiet offensichtlich Jahrzehnte braucht – infolge des Rückbaus der Kohle mit über 600.000 Arbeitsplätzen im Bergbau direkt, einer Million insgesamt – und länger dauert. Das gilt auch im bergischen Städtedreieck. Das sind die beiden schwierigen Bereiche, an denen wir arbeiten müssen. Das wäre die nüchterne Betrachtung und Beschreibung der Aufgabe.

Ich könnte genauso sagen, wenn Baden