Protokoll der Sitzung vom 17.09.2010

(Ralf Witzel [FDP]: Ach!)

Der erste Antrag ist mir wirklich in Erinnerung geblieben, nämlich der legendäre Opel-Antrag. Als ich abends nach Hause gekommen bin, hat meine Frau gefragt: „Was hast du denn heute beraten?“. Darauf habe ich geantwortet: „Es war wirklich ein klasse Antrag dabei, der hieß: „Opel-Bürgschaften sind driete, waren driete und werden immer driete bleiben“. Ich möchte sehr deutlich sagen, dass die Anträge, die Sie hier stellen, aus meiner Sicht deutlich und offenkundig der Selbstvergewisserung der FDP-Fraktion in schwierigen Zeiten gelten denn einer qualifizierten Debatte in diesem Haus.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Jetzt geht es also um das Ladenöffnungsgesetz. Ich will hier ankündigen: Wir werden nach der Evaluation eine wirklich interessante, spannende und kontroverse Debatte bekommen; auch deshalb – daran will ich überhaupt keinen Zweifel lassen –, weil das Gesetz ein schlechtes Gesetz ist.

(Beifall von der SPD)

Dieses Gesetz, das Sie gemacht haben, ist ein schlechtes Gesetz, weil es die Interessenlagen der Betroffenen nicht fair berücksichtigt hat. Dass es keinen fairen Interessenausgleich der Betroffenen enthält, ist auch bei den vielen Veranstaltungen zu diesem Thema, die ich in der Vergangenheit gehabt habe, sehr deutlich geworden.

(Ralf Witzel [FDP]: Bei ver.di!)

Ich fange einmal mit dem Sonntagsschutz an. Die meisten Veranstaltungen, die ich zu diesem Thema gehabt habe, fanden in katholischen Gemeinden statt – nicht unbedingt ver.di-Hochburgen, Herr Witzel. Es waren gerade die Kirchen, die CDA und die KAB, die in der Vergangenheit ganz massiv gegen die Deregulierung an Sonntagen gekämpft haben. Letztlich ist es die Kernklientel der CDUFraktion, die auf die Barrikaden gegangen ist und gesagt hat, sie könne mit dieser deregulierten Sonntagsöffnung nicht leben.

Ich nehme hier sehr neugierig zur Kenntnis, dass es bereits jetzt eine Vorfestlegung gibt, dass Sie als CDU-Fraktion an der Sonntagsöffnung offensichtlich nichts ändern wollen. Das wird ein interessantes Signal an die Kirchen in diesem Land sein. Dieses Signal werden wir ab morgen deutlich verbreiten.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Das zweite Signal betrifft die Beschäftigten. Übrigens haben Sie hier einen wunderbaren Neologismus gebracht, Herr Brockes, als Sie gerade in der Debatte die „weiblichen Bürgerinnen und Bürger“ genannt haben. Herrlich! Das habe ich so noch nicht gehört. Dieses Gesetz hat dazu geführt, dass es eine deutliche Stärkung der Discounter mit geringer Personaldichte gegeben hat. Es ist nicht der qualifizierte Einzelhandel; es sind die Discounter, die zum Teil deutlich unterhalb der Tarifebene bezahlen.

(Zuruf: KiK!)

Dort haben wir es mit der Schaffung prekärer Arbeitsverhältnisse zu familienunfreundlichen Zeiten vor allem für Frauen zu tun. Sie kümmern sich einen Dreck um die Frage, wie diese Frauen um 24 Uhr nach Hause kommen, wenn der ÖPNV nicht mehr fährt. Es interessiert Sie überhaupt nicht, ob es für diese Frauen Kinderbetreuungsmöglichkeiten gibt. Ihnen ist das doch völlig egal. Ihrem Antrag und Ihrer Weltsicht liegt nämlich ein vulgärer Freiheitsbegriff zugrunde, der völlig unakzeptabel ist.

(Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN – Andreas Krautscheid [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Einen letzten Punkt will ich auch deutlich ansprechen. Bei den Debatten, die ich mit Vertretern des Mittelstandes geführt habe, haben diese ganz klar gesagt: Schützt uns vor dieser Landesregierung. Schützt uns vor diesen Gesetzen, die den qualifizierten Mittelstand im Einzelhandel ruinieren. Helft uns, das Gesetz wieder zu reformieren.

Genau diesen Weg werden wir gehen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und von der LINKEN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Bell. Auch an Sie geht von hier oben ein herzlicher Glückwunsch zu Ihrer Jungfernrede. – Normalerweise stellt man bei der ersten Rede ja keine Zwischenfragen, Herr Kollege Krautscheid. In diesem Fall habe ich allerdings schon gemerkt, dass es Sie gereizt hat. Der Kollege hätte sicher auch eine Antwort gewusst. Wir waren aber schon über die Zeit. Damit ist das auch erledigt.

Wir kommen zum nächsten Redner. Das ist keine Jungfrau mehr – jedenfalls am Rednerpult nicht. Herr Aggelidis, Sie sind hier gemeldet.

(Allgemeine Heiterkeit – Michael Aggelidis [LINKE]: Seien Sie unbesorgt!)

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil.

(Michael Aggelidis [LINKE]: Wir ziehen zu- rück!)

Sie wollen nicht mehr sprechen? – Okay.

Da Herr Kollege Aggelidis seine Wortmeldung zurückzieht, sind wir nun am Ende der Debatte.

(Unruhe)

Dieses Thema scheint Sie zu beschäftigen. Wir werden zu späterer Stunde noch einmal gemeinsam darauf zurückkommen, aber nicht in diesem Hohen Hause.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Vorschlag des Ältestenrates, den Antrag Drucksache 15/123 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt dem zu? – Stimmt jemand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag einstimmig so überwiesen.

Wir kommen zum letzten Tagesordnungspunkt der heutigen Sitzung, nämlich:

5 Vierzehnter Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Vierzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag)

Antrag der Landesregierung auf Zustimmung zu einem Staatsvertrag gemäß Art. 66 Satz 2 der Landesverfassung Drucksache 15/17

erste Lesung

Das ist ein Lieblingsthema der Medienpolitikerinnen und Medienpolitiker. Deshalb beginnt für die Landesregierung Frau Ministerin Schwall-Düren, unsere Medienministerin. – Bitte schön, Frau SchwallDüren.

(Beifall von der SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Vierzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag soll nach Zustimmung aller Landesparlamente am 1. Januar 2011 in Kraft treten.

Worum geht es? – Wesentlicher Inhalt ist die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages. Die Novellierung basiert auf einer umfassenden Evaluierung des Rechtsrahmens für den Jugendmedienschutz durch das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg.

Das renommierte Institut begrüßt den Ihnen vorliegenden Staatsvertragsentwurf. Das HBI betont jedoch zugleich – das will ich direkt sagen –, dass auch der novellierte Staatsvertrag nicht der Weisheit letzter Schluss sein könne, und zeigt künftigen Optimierungsbedarf auf. Dies verdeutlicht, dass es sich

beim Jugendmedienschutz um eine dynamische Regelungsmaterie handelt, die in starkem Bezug zum technologischen Fortschritt steht.

Meine Damen und Herren, die kontrovers geführte Debatte zu diesem Staatsvertrag spiegelt ein breites öffentliches Interesse wider. Einerseits geht es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor entwicklungsbeeinträchtigenden und verstörenden Einflüssen. Andererseits geht es um Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit.

Ich meine, dass Zensurvorwürfe an der Sache vorbeigehen. Anliegen des Jugendmedienschutzes ist klar und eindeutig nicht, eine Infrastruktur für Netzsperren oder Vergleichbares aufzubauen. Der Staatsvertrag setzt vielmehr auf Nutzerautonomie und freiwillige Maßnahmen, die verantwortliche Eltern ergreifen können.

Die im Staatsvertrag aus dem Jahr 2003 umgesetzte Idee, die Regulierung so weit wie möglich Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle zu übertragen, hat sich grundsätzlich in der Praxis bewährt. Der neue Staatsvertrag setzt nun auf einen Ausbau und eine Stärkung dieses Systems.

Ein wesentlicher Fortschritt wird jetzt mit der Einführung einer einheitlichen Alterskennzeichnung erzielt. Die neuen Altersstufen gelten künftig für alle elektronischen Medien, also für den Rundfunk, für Onlineangebote und für Datenträger wie zum Beispiel DVDs.

Dieser medienübergreifende Ansatz gibt Eltern die notwendige Orientierung. Wir gehen davon aus, dass Eltern zeitnah nach Inkrafttreten des Staatsvertrags Jugendschutzprogramme zur Verfügung stehen, die die neuen Alterskennzeichnungen auslesen können. Diese Filtersoftware müssen die Zugangsprovider ihren Kunden künftig leicht auffindbar anbieten.

In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals betonen: Die Installation eines solchen Programms ist vollkommen freiwillig. Die Überlegungen, wie der Rechtsrahmen künftig weiter zu optimieren sein könnte, haben allerdings bereits begonnen. Deshalb begrüße ich die verkürzte Evaluierungsfrist im Staatsvertrag. Bereits nach drei Jahren soll dieser evaluiert werden. Damit ist jeder – auch Sie, meine Damen und Herren – schon jetzt dazu aufgerufen, an dem Prozess mitzuwirken.

Wir werden schon vor Ablauf der drei Jahre sehr genau darauf hören, wie die neuen Regelungen in die Praxis umgesetzt und aufgenommen wurden. Es ist uns wichtig, wie Bürgerinnen und Bürger, Nutzerinnen und Nutzer, die Netzgemeinde, die beteiligten Institutionen, Eltern, Kinder und Jugendliche die Anwendbarkeit der neuen Regelungen reflektieren.

Nun kenne ich auch den Einwand derer, die fordern, statt der Fortschreibung der gesetzlichen

Vorgaben solle vielmehr die Medienkompetenz von Kindern und Eltern gestärkt werden. Meine Damen und Herren, es geht nicht um ein Entweder-oder. Ich habe großes Verständnis für diese Forderung. Bei der Vermittlung von Medienkompetenz sind weitaus größere Anstrengungen als bisher zu unternehmen. Es gibt bereits jetzt viel Engagement und hervorragende Projekte. Darauf wollen wir aufbauen und Nordrhein-Westfalen zum Medienkompetenzland fortentwickeln. Wir werden mit der Einführung des Medienführerscheins an Schulen einen Schwerpunkt setzen.

Meine Damen und Herren, mir ist bewusst, dass wir es bei den besagten Spielregeln mit einer sehr komplexen Regelungsmaterie zu tun haben. Wir haben ein großes Interesse daran, offene Fragen im Haupt- und Medienausschuss zu diskutieren. Ich freue mich auf konstruktive Beratungen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Schwall-Düren. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Krautscheid.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen: Der jetzt vorliegende Staatsvertrag, den Frau Ministerin vorgestellt hat, ist ein guter Staatsvertrag; denn er ist von einer guten Landesregierung mit einem guten Minister ausgehandelt worden.

(Beifall von der CDU)