Einige kurze Highlights, die uns und mir wichtig sind: Erstens ist die Entwicklung in der Tat, Frau Ministerin, durch die Harmonisierung zwischen dem Länderrecht, dem Staatsvertrag, dem Jugendmedienschutz auf der einen Seite und dem Jugendschutzgesetz des Bundes auf der anderen Seite positiv. Es war dringend nötig, hier eine Harmonisierung herbeizuführen.
Zweitens freue ich mich, dass mit dem Staatsvertrag jetzt dauerhaft die Finanzierung von „jugendschutz.net“, einer wichtigen Institution, die viele gute Projekte im Bereich des Jugendmedienschutzes durchgeführt hat, gesichert worden ist.
Der dritte Punkt ist eine Baustelle für die Zukunft. Wir haben nach wie vor deutliche Jugendschutzunterschiede zwischen Offline- und Onlinemedien. Das nähert sich jetzt ein bisschen an, aber wir wissen alle, dass der Jugendschutz gerade im Internet eine riesige Baustelle ist.
Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu: Mit der freiwilligen Alterskennzeichnung, so wie man sie aus dem Offlinebereich etwa bei Spielen kennt, sind wir jetzt zwar einen Schritt weitergekommen – das ist positiv –, aber – ich glaube, da sind wir uns einig – wir können
die schönsten Kennzeichnungen und Schutzvorrichtungen machen, der wesentliche Schutz für Kinder und Jugendliche ist Medienkompetenz. Deswegen finde ich den Ansatz, den Sie gerade erwähnt haben, richtig, nämlich zu sagen: Für die Kinder, aber vor allen Dingen auch für die Eltern und Erzieher müssen wir noch viel mehr tun.
Es ist wichtig festzustellen, weil das für viele Irritationen gesorgt hat: Dieser Staatsvertrag sorgt nicht für neue Verpflichtungen bei denjenigen, die im Internet fremde Inhalte anbieten, also zum Beispiel Foren, Blogs etc. Man muss sehr deutlich machen – vielleicht kann das noch mit einer Protokollnotiz geschehen –, dass keine neuen Pflichten auferlegt werden. Dann ist diese Sache rund. In einigen anderen Bereichen bleibt es eine Baustelle.
Ich will den Ball, den Sie am Schluss gespielt haben, ausdrücklich aufgreifen: Auch ich freue mich auf die Diskussionen mit Ihnen im Hauptausschuss und dass Sie sich diesem Thema zukünftig intensiver widmen wollen. Ich wünsche Ihnen in Ihrem wichtigen Amt viel Erfolg und Glück; Sie werden es brauchen. – Danke schön.
Die nächste Rede hält auch als erste Rede – das ist ja eine Premiere nach der anderen – Herr Kollege Vogt von der SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute über die Novellierung des JugendmedienschutzStaatsvertrags als Teil des Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags, der bereits vom ehemaligen Ministerpräsidenten Herrn Rüttgers unterzeichnet wurde.
Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag hat das Ziel, einen einheitlichen Schutz für Kinder und Jugendliche vor Angeboten zu schaffen, die deren Entwicklung beeinträchtigen oder gefährden könnten. Rund 75 % aller Kinder und Jugendlichen im Alter von sechs bis 17 Jahren nutzen in unserem Land das Internet. Das Netz bietet vielfältige positive Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten. Dass den positiven Aspekten jedoch auch
negative Entwicklungen gegenüberstehen, ist unzweifelhaft. In dieser Woche hat UNICEF die Probleme von gewaltverherrlichenden und pornografischen Inhalten für Kinder deutlich gemacht. 40 % der Kinder sagen, dass sie im Netz mit Pornografie konfrontiert wurden. Es ist also richtig und notwendig, dass sich die Politik, dass sich der Landtag mit diesem Thema beschäftigt.
Hierbei haben wir die Aufgabe, zwei verfassungsmäßig verbriefte Rechte, nämlich die Meinungs- und Informationsfreiheit auf der einen Seite und das Recht von Kindern auf Schutz vor entwicklungsbeeinträchtigenden Einflüssen auf der anderen Seite, in Einklang zu bringen. Dass dies nicht leicht ist, zeigt die Novelle, über die wir derzeit diskutieren.
Anbieter von Inhalten sollen im Netz eine Möglichkeit der Altersklassifizierung vornehmen können oder entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte nur zu bestimmten Zeiten im Netz zugänglich machen. Das Herausfiltern der altersmäßig nicht angemessenen Seiten soll durch ein Jugendschutzprogramm geschehen, das die Eltern auf dem Rechner der Kinder installieren können.
Der aktuelle Entwurf zeigt in einigen Punkten schon wesentliche Verbesserungen gegenüber früheren Versionen. Dennoch wirft der Entwurf berechtigte Fragen auf, die geklärt und diskutiert werden müssen. Beispielsweise stellen sich Fragen zur technischen Umsetzbarkeit von Alterskennzeichnungen insbesondere bei vorhandenen umfangreichen Webseiten und Beiträgen, die in Echtzeit eingestellt werden.
Aus diesen Gründen ist es richtig, dass wir heute nicht direkt über die Novellierung abstimmen, sondern eine Überweisung an den Haupt- und Medienausschuss vornehmen. Dort wird die SPD eine Anhörung beantragen, in der Experten – auch Kritiker – zum Entwurf Stellung nehmen können. Ich gehe davon aus, dass wir im Anschluss an die Anhörung einen Entschließungsantrag stellen werden, der die dann noch nicht gelösten Probleme aufgreift.
Meine Damen und Herren, bei allen technischen Möglichkeiten, die sich zum Jugendschutz bieten, ist eines jedoch auch klar: Technische Lösungen können, wenn sie denn funktionieren, nur einen kleinen Teil des Jugendschutzes darstellen. Wichtiger hierbei ist die Frage der Vermittlung von Medienkompetenz. Diese bei Kindern zu fördern ist notwendig.
Bei der Vermittlung von Medienkompetenz ausschließlich Kinder und Jugendliche in den Blick zu nehmen, greift aber zu kurz. Genauso müssen Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer in die Lage versetzt werden, einen vernünftigen, kritischen und sicheren Umgang mit Medien an Kinder und Jugendliche zu vermitteln.
Was nützt ein technisch funktionierendes Schutzprogramm, wenn die Eltern nicht in der Lage sind, dieses einzusetzen?
Die Aufgabe neben der weiteren kritischen Diskussion der Novellierung des JugendmedienschutzStaatsvertrages wird also sein, Konzepte zu entwickeln, die die Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen fördern. SPD und Grüne haben dieses Thema bereits im Koalitionsvertrag aufgenommen.
Eine letzte Anmerkung noch zu Herrn Krautscheid: Herr Krautscheid, ich freue mich, dass Sie die Relevanz der Medienkompetenz hier dargestellt haben. Den Tag der Medienkompetenz haben Sie hier im Landtag abgeschafft.
Aber wir sind natürlich auch in der Medienpolitik bereit, gemeinsam mit Ihnen Konzepte zu erarbeiten. Wir können dabei gerne zusammenarbeiten. –
Vielen Dank, Herr Kollege Vogt. Glückwunsch zur ersten Rede! – Jetzt kommt jemand, der schon ein paar Mal hier gesprochen hat: der Kollege Matthi Bolte für die Grünen. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der vierten Rede fühlt man sich angesichts so vieler Jungfernreden schon fast wie ein alter Hase.
Wenn wir hier zu vorgerückter Stunde über diesen Staatsvertrag debattieren, dann zeigt sich, dass wir mal wieder an einer Einzelfrage eine zentrale Zukunftsfrage für unsere Gesellschaft debattieren, nämlich die Kernfrage: Wie bringen wir die Freiheit des Internets mit begründeten öffentlichen Schutzaufträgen zusammen? Wie schaffen wir es, dass Kinder und Jugendliche geschützt sind, dass die Schutzmechanismen zum Medium Internet passen und dass nicht einfach das, was sich in der analogen Welt bewährt hat, auf den digitalen Raum übertragen wird?
Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag hat in der Netzgemeinde – das wird Ihnen allen begegnet sein – einen hohen, zum Teil auch symbolischen Stellenwert, gerade weil einige Gedanken des Staatsvertrags aus Perspektive der Netzgemeinde eben doch eher aus der analogen als aus der digitalen Welt kommen.
Wenn man sich den Verlauf der Verhandlungen anschaut, dann muss man schon sagen: Es ist gut, dass insbesondere die Länder Bremen, Hamburg und das Saarland es geschafft haben, die gröbsten Schnitzer aus den ersten Entwurfsfassungen herauszubekommen,
dass wichtige Punkte hinsichtlich der Freiwilligkeit erreicht wurden. Aber tatsächlich – das wurde eben schon ausgeführt – gibt es keine weiteren Verpflichtungen.
Nichtsdestotrotz, obwohl wir es tatsächlich nicht mehr mit den ganz großen Schnitzern zu tun haben, muss der Landtag den intensiven Dialog mit der Netzgemeinde suchen; denn Nordrhein-Westfalen darf nicht den Anschluss an den gesellschaftlichen Prozess der Digitalisierung verlieren.
Gerade weil es um einen so wichtigen gesellschaftlichen Prozess geht, ist es auch wichtig, dass wir uns mit den Kritikerinnen und Kritikern auseinandersetzen. Das werden wir im weiteren Beratungsverfahren tun. Der Kollege von der SPD hat eben schon skizziert, wie wir uns das vorstellen.
Auf der Großdemonstration „Freiheit statt Angst“ am letzten Samstag, an der ich teilgenommen habe, sagte einer der Redner, der Dialog zwischen Netzgemeinde und Politik habe sich in den letzten Jahren viel zu oft auf – Zitat – „netzpolitische Kaffeekränzchen“ beschränkt. – Diesen Begriff fand ich so wunderschön, dass ich ihn hier unbedingt nennen wollte. Der Redner hat ein Stück weit recht; denn es hat tatsächlich, wenn es Dialog gab, viel zu oft netzpolitische Kaffeekränzchen gegeben. Es brauchte die großen Debatten über die Bewahrung der Netzfreiheit, um das Thema aus der Nische herauszuholen.