Protokoll der Sitzung vom 17.09.2010

(Ralf Witzel [FDP]: Sprechen Sie nicht nur mit Funktionären, sondern direkt mit den betrof- fenen Menschen!)

Vernünftige Ausnahmeregelungen dürfen und sollen aus unserer Sicht sein – als Beispiel nenne ich Läden in Tankstellen und die Kioske –, nicht aber für die großen Ketten und Supermärkte, die Sie im Auge haben, denn dort arbeitet das Gros der abhängig Beschäftigten.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wiedon?

Bitte schön.

Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege Zimmermann, Berlin ist gerade angesprochen worden. Trotzdem würde ich gerne die Frage stellen, ob es richtig ist, dass dort, wo Sie Verantwortung tragen, wo Sie mitregieren – ich denke, dass dies immer wichtig ist; das gehört zur Glaubwürdigkeit –, in Berlin, die meisten Sonntage verkaufsoffen sind.

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP])

Da brauchen Sie gar nicht voreilig zu klatschen. Sie können mir zuklatschen, wenn ich sage, dass es in der Tat unterschiedliche Vorgehensweisen gibt und wir hier in Nordrhein-Westfalen diese Regelung, die es in Berlin gibt, nicht durchgehen lassen würden. Da habe ich keine Scheu.

(Beifall von der LINKEN)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Überweisung in den Ausschuss sind wir einverstanden. Wir diskutieren in der Tat gerne mit Ihnen darüber. Aber nochmals: Wir diskutieren dort nicht über das Bedürfnis von einigen wenigen, sondern wir diskutieren dort über die Arbeitssituation der abhängig Beschäftigten in diesem Bereich. – Danke schön.

(Beifall von der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Zimmermann. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Voigtsberger das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Brockes, Sie haben gesagt, Sie seien gespannt, was der Wirtschaftsminister zu dem Thema sagt. Ich muss sagen: Eigentlich ist es gar nicht so schwer.

Meiner Meinung nach kommen Ihr Antrag und damit auch die Debatte viel zu früh. Sie haben es vielleicht schon gemerkt: Ich bin ein leidenschaftlicher Anhänger der sogenannten linearen Logik, die uns seit der Aufklärung in Europa zu eigen ist. Das bedeutet Analyse, bewerten, entscheiden. Das hilft an vielen Stellen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch an dieser Stelle muss ich sagen: Das Ladenöffnungsgesetz aus dem Jahr 2006 sieht ausdrücklich vor, dass die Landesregierung spätestens bis zum 31. Dezember 2011 eine Überprüfung des Gesetzes vornimmt und dann den Landtag entsprechend unterrichtet. Das ist eine gesetzliche Vorgabe; die möchte und muss ich einhalten. Vorher wird es auch keine Vorfestlegungen geben. Denn das muss erst einmal abgewartet werden. Wenn wir ausgewertet und bewertet haben, können wir endgültige Schlussfolgerungen ziehen und dann entsprechend entscheiden.

Der vorliegende Antrag sieht vor, dass wir bereits jetzt eine endgültige Schlussfolgerung ziehen, dass also der Landtag jetzt schon aufgefordert wird, festzustellen, dass sich das alles bewährt hat. Auf welcher Basis denn? Wir haben doch überhaupt noch keine intensiven Gespräche, Evaluierungsprozesse

eingeleitet. Das heißt, das kann im Prinzip nur eine politische Meinung sein, das kann ein Bauchgefühl sein, aber eine Evaluierung ist das sicherlich nicht, außer der Bauch von verschiedenen einzelnen Personen ist die entsprechende Evaluierung. Aber so stellen wir uns das sicherlich insgesamt nicht vor.

Herr Minister, zu dem Bauch könnte ich etwas sagen. Aber Herr Brockes hat eine Zwischenfrage. Gestatten Sie diese?

Ja, gerne.

Herr Brockes, bitte schön.

Herr Minister, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass es Ihrerseits keine Vorfestlegungen gibt. Das ist auch unsere Position. Wir halten die Evaluierung so, wie wir es im Gesetz geschrieben haben, für richtig. Bedeutet dies, dass die Vorfestlegung, die Ihr Kabinettskollege Herr Schneider getroffen hat, somit nicht für die Landesregierung gilt, sondern dass dies eine persönliche Meinung war?

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das steht aber im Antrag anders!)

Das ist eine Äußerung in der Diskussion. Diese ersetzt genauso wenig die Evaluierung, die in meinem Hause durchzuführen ist. Insoweit ist das klar.

(Beifall von der SPD)

Ich gehe davon aus, dass wir – ich meine, das können wir sehr gut gemeinsam vertreten – in einen Dialog mit dem Handel, mit den Gewerkschaften und mit den Kommunen eintreten und mit ihnen gemeinsam die entsprechenden Bewertungen vornehmen. Wir haben diesen Prozess begonnen. In meinem Haus werden die Gespräche vorbereitet. Diese werden wir in Kürze starten. Mein Ziel ist es, noch vor der Sommerpause nächsten Jahres einen Bericht vorzulegen. Nach einer Auswertung ist dann auch die Zeit für entsprechende Entscheidungen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Voigtsberger. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Kamieth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute

schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Zum einen halte auch ich als neugewählter Abgeordneter meine erste Rede im Landtag.

(Allgemeiner Beifall)

Darüber freue ich mich. Ich halte sie gerne, habe Ihnen auch etwas zu sagen.

Andererseits drängt die Zeit. Wir haben Freitagnachmittag und wollen nach drei anstrengenden Plenartagen gerne nach Hause oder, so wie ich, zum NRW-Tag in meine Heimatstadt nach Siegen fahren. Hierzu lade ich Sie sehr herzlich ein. Denn nicht nur heute und am Samstag wird sehr viel geboten – das dicke Programmheft haben Sie alle zur Kenntnis nehmen können –, sondern auch am Sonntag wird Siegen pulsieren. Jede Menge Aktivitäten werden Ihnen und Ihren Familien geboten. Unter anderem ist der Sonntag verkaufsoffen, womit ich beim Thema wäre.

Zwar dürfen an diesem Sonntag die Geschäfte in Siegen öffnen. Das ist aber Gott sei Dank nicht die Regel. Eine Ladenöffnung an den Sonntagen ist in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich ausgeschlossen und nur an vier Sonntagen im Jahr möglich, meist zu lokalen Festen. Das ist im Konsens mit den Gewerkschaften und vor allem mit den Kirchen vereinbart und im Gesetz festgelegt worden. Die Läden können nur außerhalb der Gottesdienstzeiten, nicht an hohen Feiertagen und auch nur an einem Adventssonntag öffnen.

Auch sonst berücksichtigt das Gesetz alle möglichen berechtigten Interessen. Einerseits haben wir die Interessen des Handels und der Kunden Rechnung getragen und die Öffnungszeiten flexibilisiert. Jeder Ladenbesitzer kann heute außerhalb der Sonn- und Feiertage selbst entscheiden, wann er seinen Laden öffnet und wann er ihn schließt. Geschäfte können heute von Montag bis Samstag rund um die Uhr öffnen. Niemand ist gezwungen, die Ladentür zu verschließen, wenn ein Kunde vor der Tür steht. Jeder Unternehmer weiß schließlich am besten, was seine Kunden wünschen und wann sie es wünschen. Aus dem Ladenschlussgesetz ist ein Ladenöffnungsgesetz geworden.

Andererseits berücksichtigt es die Interessen der Arbeitnehmer und damit der Familien. Arbeitnehmerschutz ist festgeschrieben worden. Kein Verkäufer muss rund um die Uhr arbeiten. Dieses Szenario hatte die damalige Opposition vor vier Jahren an die Wand gemalt.

Im Antrag wird zu Recht geschrieben, dass die Möglichkeit, die Geschäfte von Montag bis Samstag rund um die Uhr zu öffnen, längst nicht genutzt wird. Die Geschäfte schließen um sechs, um halb sieben oder auch um acht, einige Supermärkte vielleicht um zehn und ganz wenige um Mitternacht. Das alles ist möglich. Die Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen müssen schließlich auch noch durch die Mangel der Kommunen. Ich selbst bin im Rat der

Stadt Siegen, wo man zum Teil sehr anstrengende Diskussionen darüber führt und wo die Sonntagsöffnungszeiten sehr kritisch beäugt werden. Das ist auch gut so. Schließlich ist die Frage der Marktbezirke hier noch gar nicht thematisiert worden. Diese 60 Öffnungen in Köln sind natürlich nur damit zu erklären: Keine Arbeitnehmerin, kein Arbeitnehmer arbeitet tatsächlich an 60 Sonntagen im Jahr. Das geht gar nicht.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das hat uns Frau Thoben schriftlich gegeben!)

Umso verwunderter bin ich über die Äußerungen von Minister Schneider, der gesagt hat, er könne sich eine Beschränkung der Öffnungszeiten auf 22 Uhr vorstellen. Damit sitzt der Arbeitsminister zwischen allen Stühlen. Die Grünen – das haben wir gerade gehört – wollen ihr Wählerklientel in den Großstädten nicht verärgern und sind gegen eine solche Beschränkung. Die Linken sind natürlich für eine weitergehende Beschränkung. Herr Zimmermann hat das gerade noch einmal deutlich gemacht.

Eigentlich ist ja Ihr Ziel – das ist mein Eindruck als Neuling –, möglichst viele Gesetze der bisherigen Koalition rückgängig zu machen. Das wäre aber im Bereich des Ladenöffnungsgesetzes falsch. Es besteht überhaupt kein Handlungsbedarf. Das von CDU und FDP beschlossene Gesetz hat sich bewährt. Es ist ein gutes Gesetz. Ich bin der FDP daher außerordentlich dankbar, dass sie den vorliegenden Antrag eingebracht hat.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] und von Ralf Witzel [FDP])

Er macht noch einmal auf ein Gesetz aufmerksam, das für die Menschen in Nordrhein-Westfalen gut ist. Von diesem Gesetz profitieren Einzelhändler, Verbraucher, Arbeitnehmer und Familien, ohne andere über Gebühr zu belasten.

Ich bitte Sie, der Überweisung zuzustimmen, freue mich auf die weitere Beratung und kann mir gut vorstellen, dass wir dem Antrag zustimmen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und viel Spaß beim NRW-Tag in Siegen.

(Beifall von der CDU und von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Kamieth. – Auch vom Präsidium aus Glückwunsch zur ersten Rede. Damit wir gleich in dem Wettstreit der Jungfernreden fortfahren können, hält nun auch Herr Bell seine erste Rede. Herzlichen Willkommen, Herr Kollege.

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn

man als neuer Abgeordneter in diesem Parlament ist, dann nimmt man natürlich die Anträge, die gestellt werden, besonders ernst, und man schaut auch auf die Motive, warum Anträge aktuell gestellt werden.

Das ist nun der zweite Antrag der FDP-Fraktion, der völlig anlassunbezogen gestellt wird.

(Ralf Witzel [FDP]: Ach!)