Das hat sich schon überdeutlich beim Sparpaket gezeigt – das zeigt ja eine deutliche soziale Schieflage und Schlagseite –: Diejenigen, die die Krise verursacht haben, diejenigen, die die Milliardenlöcher in den Bundeshaushalt gerissen haben, werden verschont. Das sind die Banken, die Hochvermögenden, die Millionenerben; auch die gut und sehr gut Verdienenden werden geschont. Die Ärmsten, die unten stehen, haben den Hauptsparbeitrag zu leisten: mit Kürzungen des Übergangsgeldes für Arbeitslose, des Wohngeldzuschusses und der Streichung des Erziehungsgeldes. Das ist eiskalte Politik, das öffnet die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter, und es verschärft die soziale Spaltung in unserem Land.
Meine Damen und Herren, es geht im Kern um die Frage, wie wir denen, die auf der Schattenseite stehen, ein Leben in Würde und sozialer Teilhabe ermöglichen. Das ist der Auftrag.
Der Bundesregierung fällt dazu nichts anderes ein, als selbstverständlich zu unserem Leben gehörige Genussmittel wie das Bier am Abend für Hartz-IVEmpfänger zu streichen. Es fällt ihr nichts anderes ein, als bei der Gängelung der Hartz-IV-Empfänger noch mehr Zwänge und Restriktionen oben draufzusetzen.
Herr Laumann, wenn Sie sagen: „Ich bin dafür, dass jedem Hartz-IV-Empfänger das Bier ermöglicht wird“ – das haben Sie ja gestern in der Presse gesagt –, dann müssen Sie auch sagen, wie es denn zu bezahlen ist. Denn diese Summe ist im Regelsatz definitiv nicht enthalten.
Sie müssen auch sagen, wie dieses Bier aus dem knapp bemessenen Regelsatz heraus zu bezahlen sein soll.
Es ist armselig, wie wenig die Bundesregierung dafür tut, die bedrückende Kinderarmut zu lindern. Dabei gehört das doch zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen, die wir gemeinsam bewältigen müssen: die Armutsspirale in den Familien zu durchbrechen und dafür zu sorgen, dass die Armut nicht weiter vererbt wird. Aber auch hier der Kotau der Bundesregierung und von Frau von der Leyen vor dem Finanzminister: In der Summe gibt es 1 Milliarde € mehr für das Bildungspaket. Das ist – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – genauso viel, wie die Steuererleichterungen für die Hoteliers kosten.
Wir müssen feststellen, Frau von der Leyen ist in Berlin so weit im Politikbetrieb gefangen, dass sie vom Alltag ihrer Kinder offenbar überhaupt nichts mehr mitbekommt. Sonst wüsste sie nämlich, dass mit den Beiträgen, die jetzt im Bildungspaket ste
(Beifall von den GRÜNEN und von der SPD – Vereinzelt Beifall von der LINKEN – Zuruf von der CDU: Unsinn!)
10 € monatlich für Sportverein, Musikunterricht und Freizeitaktivitäten – das ist vollkommen lebensfremd. Dieses Geld reicht noch nicht einmal, um eine Musikstunde in der Woche zu finanzieren, geschweige denn andere Freizeitaktivitäten.
Herr Laumann, wir hatten in der letzten Legislatur hier den Konsens, Kinderarmut gemeinsam zu bekämpfen. Sie haben den runden Tisch eingerichtet und sich 2007 im Bundesrat für die Erhöhung der Regelsätze eingesetzt. Setzen Sie auch jetzt ein Zeichen mit uns – ein klares Zeichen gegen Armut und für Gerechtigkeit und Teilhabe. Setzen Sie sich auch jetzt mit uns für den sozialen Zusammenhalt und den sozialen Frieden in unserem Land ein!
Die Bundesregierung muss den Auftrag des Verfassungsgerichts ohne billige Rechenspielchen und ohne Taschenspielertricks erfüllen. Tut sie das nicht, so können wir Ihnen versprechen, dass sie genau dort landen wird, wo sie begonnen hat, nämlich beim Bundesverfassungsgericht. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Menschen in diesem Land, jedenfalls diejenigen, die Rente beziehen, die arbeiten gehen und bei denen am Ende des Monats vielleicht gar nicht so viel übrig bleibt, hätten sich gewundert über die drei Vorredner und diesen Vormittag hier im nordrhein-westfälischen Landtag.
Auch die Rentner klagen natürlich und sagen: „Da gibt es eine Regelsatzerhöhung um 1,4 %, und wir gehen wieder leer aus!“. Es gibt auch in diesem Land genügend Gering- und Niedrigverdiener, bei
(Hans-Willi Körfges [SPD]: Ja, klar! Mindest- lohn! – Rüdiger Sagel [LINKE]: Wo bleibt denn der Mindestlohn?)
Es geht ja auch nicht nur um den eigentlichen Regelsatz. Die staatlichen Leistungen sind ja doch deutlich höher: Bei Singles liegen die durchschnittlichen Leistungen für Hartz-IV-Empfänger bei 801 €, sagt die Bundesagentur mit Stand April 2010. Bei einem Paar mit drei Kindern sind es immerhin 2.177 €. Das ist Geld, das Menschen, die arbeiten gehen, erst mal verdienen müssen. Das sollte im Gesamtzusammenhang dieser Debatte gesehen werden.
Herr Garbrecht, so laut, wie Sie hier gepoltert haben, zeigt sich, dass Ihr sozialdemokratisches Herz gerade bei diesem Thema – beim SGB II, bei Hartz IV – doch ziemlich angestochen ist und dass die Eigenverantwortung und die Fehler der Sozialdemokraten durch lautes Poltern irgendwie aus dem Saale geräumt werden sollten. Das ist aber nicht gelungen.
Die FDP-Landtagsfraktion begrüßt die Entscheidung der christlich-liberalen Koalition im Bund zur Neuregelung der Hartz-IV-Sätze ausdrücklich. Es ist ein Neuanfang, der ermöglicht, was uns auch in anderen Politikfeldern besonders am Herzen liegt,
nämlich mehr Transparenz, mehr Teilhabe und mehr Bildung für Kinder. Aus unserer Sicht ist es lebensnah und vernünftig, für den Förderbedarf der bundesweit rund 1,7 Millionen Kinder, die Hartz-IVLeistungen beziehen, auch Sachleistungen bereitzustellen – denn die Hilfen sollen beim Kind wirklich ankommen; das ist für uns besonders wichtig. Diese Kinder erhalten zusätzlich zu den bisherigen nach Alter gestaffelten Kinderregelsätzen einen entsprechenden Rechtsanspruch. In Nordrhein-Westfalen sind davon 400.000 Kinder betroffen.
Mit ihrem Bildungspaket sorgt die Bundesregierung dafür, dass die Kinder Leistungen für Schulbücher wie auch für die Mitgliedschaft in einem Sportverein bekommen können. Auch die Teilnahme am tageweisen Klassenausflug gehört dazu. Bei Bedarf sind auch Ausgaben für Schulmittagessen und Nachhilfeunterricht möglich. Dafür sind insgesamt 620 Millionen € vorgesehen. Das Gesamtpaket mit der Regelsatzerhöhung hat eine Summe von 1 Milliarde €. Ich denke, das ist eine ziemliche Masse, die trotz der schwierigen Haushaltslage aufgestockt wurde.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts war aus unserer Sicht vollkommen berechtigt, denn die Karlsruher Richter hatten die Methode zur Berechnung der Regelsätze für verfassungswidrig erklärt, weil sie eben nicht nachvollziehbar war.
Erstmalig wurde jetzt festgelegt, warum welcher Posten in der Regelleistung in welcher Höhe enthalten ist. Deshalb ist die Regelsatzerhöhung um 5 € eben nicht aus dem Bauch heraus entstanden, sondern basiert auf einem nachvollziehbaren Verfahren. Außerdem wurden die Regelsätze für Kinder und Jugendliche nicht wie bisher vom Erwachsenenregelsatz abgeleitet, sondern als eigenständiger Bedarf erfasst.
Vor diesem Hintergrund möchte ich daran erinnern, worum es im Sozialgesetzbuch II ursprünglich gehen sollte: Rot-Grün wollte mal fordern und fördern. Arbeitsfähige Langzeitarbeitslose sollten wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Dieses Ziel unterstützen wir ausdrücklich. Doch wir stehen damit mittlerweile alleine; denn SPD und Grünen haben das Prinzip „Fördern und Fordern“ abgelegt.
Seinerzeit wurde das SGB II in übergroßer Eile durch den Bundestag gepeitscht, weil der damaligen rot-grünen Bundesregierung bei diesem Thema der schnelle politische Erfolg wichtiger war als die Sorgfalt. Unsere Bundestagsfraktion hat die Bundesregierung damals, 2004, aufgefordert, das Vorhaben zu verschieben, um erkennbare Mängel zu beheben und bei den Menschen für Vertrauen zu sorgen.
Das Beispiel dafür sind doch die Kindersätze, die bisher immer noch gelten und einen Anteil für Alkohol und Nikotin enthalten. Jeder vernünftige Mensch hätte sich doch denken können, dass der vom Bundesarbeitsministerium errechnete Regelsatz für Kinder mit Anteilen für Nikotin und Alkohol schwachsinnig ist.
Dieses Ministerium war bis zum letzten Jahr, bis Herbst 2009, sozialdemokratisch geführt. Sie hatten also fünf Jahre Zeit, wenn Sie es im Gesetzgebungsverfahren nicht erkannt haben, daran irgendetwas zu ändern und nachzubessern. Das haben Sie nicht getan.
unter anderem, weil das Verfassungsgericht dies gefordert hat, aber auch, weil es einfach notwendig ist. Jetzt ist das Geschrei der SPD riesengroß. Unsere Ministerpräsidentin, die leider nicht mehr da ist, nannte die Beschlüsse skandalös.
Der Skandal ist, dass sie uns heute nicht erklärt, was daran skandalös ist. Sie hätte wirklich einmal sagen können, weshalb Sozialdemokraten die lange Zeit nicht genutzt haben, das zu renovieren, was zu renovieren ist.