Protokoll der Sitzung vom 29.09.2010

Der Skandal ist, dass sie uns heute nicht erklärt, was daran skandalös ist. Sie hätte wirklich einmal sagen können, weshalb Sozialdemokraten die lange Zeit nicht genutzt haben, das zu renovieren, was zu renovieren ist.

Wenn die Firma, die Pfusch am Bau begangen hat, der schon vor längerer Zeit aufgefallen ist und jetzt, nach vielen Jahren, von einer anderen Firma repariert wird, nun plötzlich sagt: „Mensch, das ist doch alles skandalös“, frage ich mich: Wo sind wir denn?

(Karl Schultheis [SPD]: Im Landtag!)

Meinen Sie wirklich, die Menschen in diesem Land nehmen Ihnen dieses Theater ab?

(Beifall von der FDP und von der CDU)

Ich kann mir schon vorstellen, wie viele darüber denken. Es wäre aber unparlamentarisch, das alles zu sagen.

(Karl Schultheis [SPD]: Geben Sie sich mal einen Ruck! – Weiterer Zuruf von der SPD: Eine Ruck-Rede!)

Es ist unehrliche Politik. Das sorgt für Politikverdrossenheit. Die ist bei dem Thema wirklich nicht förderlich.

Die Pläne der Bundesregierung, besonders die Hinzuverdienstregeln zu ändern, sind richtig. Die Aufnahme von Arbeit muss sich lohnen; das ist aus Sicht der FDP gut und notwendig. Wir wollen in diesem Bereich verstärkt den Weg in den Arbeitsmarkt und eben nicht die dauerhafte Arbeitslosigkeit unterstützen; denn das wäre schlecht.

Herr Abgeordneter.

Wir wollen keinen Sozialstaatsabbau. Es ist vielmehr der Weg zu einem vorausschauenden Sozialstaat, in dem der Bürger eben nicht verloren geht und der mit Selbstbestimmung mehr fördert als die Abhängigkeit, die bisher herrscht. Dieses Gesetz wurde dazu gemacht, Menschen zu helfen, die arbeiten können und wollen. Und diese Bundesregierung will das. Wir stützen das. Ich hoffe, die SPD ist staatstragend genug, ihr schlechtes Gesetz im Bundesrat mit zu reparieren. – Danke schön.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Post das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon frappierend: Nachdem Sie ein vom Verfassungsgericht nachweislich als schlecht bezeichnetes Gesetz gemacht haben, was nun Neuberechnungen zur Folge hat, halten Sie, die Erfinder des damaligen Gesetzes, uns hier vor, dass wir die Neuberechnung ordentlich gemacht haben.

(Beifall von der CDU und von der FDP – Hans-Willi Körfges [SPD]: Ordentlich? – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Meine Damen und Herren, Sie sollten in Ihr eigenes Gesetz schauen. Zudem habe ich festgestellt, dass eine ganze Menge von Ihnen noch gar nicht in den neuen Gesetzentwurf hineingeguckt hat.

(Beifall von der CDU)

Darin ist nämlich dezidiert aufgeführt, wie die Berechnungen vorgenommen wurden. Sich dann hier mit Krokodilstränen in den Augen hinzustellen, Frau Asch, dass ist der vollkommen falsche Weg.

(Zuruf von Günter Garbrecht [SPD])

Wir haben einen ordentlichen Weg zur Neujustierung der Berechnung der Sätze von Hartz-IVEmpfängern erhalten; wir haben ordentliche Grundlagen bekommen.

Sicherlich – das sehe ich ein – hätten sich ganz viele viel mehr gewünscht – ich vielleicht auch; das will ich gar nicht verhehlen. Nur, zwischen Wunsch und Wirklichkeit, einer rechtlich angemessenen Versorgung der Menschen, müssen wir differenzieren. Es geht nämlich auch bei nicht mit großen Pfründen versehenen Menschen, die jeden Tag ihrer Arbeit nachgehen, nicht darum, was sie sich wünschen, sondern darum, was sie sich von ihrem Arbeitseinkommen leisten können. Diese Relation müssen wir einhalten können – auch bei den Sätzen für Hartz-IV-Empfänger.

(Beifall von der CDU – Hans-Willi Körfges [SPD]: Deshalb: Mindestlohn sofort!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ein ordentlicher Weg, den Frau von der Leyen da beschritten hat. Es ist eine ordentliche Berechnung, die vor allen Dingen die Familien mit Kindern weiterführt. Wer behauptet, das sei nicht angemessen, verkennt vollkommen den Weg dorthin.

Es war kein Geringerer als Karl-Josef Laumann, der schon 2007 hat berechnen lassen, was nötig ist. Das ist jetzt endlich – jetzt endlich! –, nachdem Frau von der Leyen die Sache übernommen hat, umgesetzt und uns vorgelegt worden. Die Kinder haben jetzt die Möglichkeit, am öffentlichen Leben teilzu

haben: in Vereinen, beim Sport, bei Bildung und Kultur.

(Zuruf von der LINKEN: 10 € im Monat!)

Wenn Sie das alles mal summieren, meine Damen und Herren – Schulmaterial, Vereinszuschuss, Zuschuss für Musikschulen,

(Bärbel Beuermann [LINKE]: Was ist, wenn es keine Musikschule vor Ort gibt?)

Zuschuss für Ausflüge, Mittagessen

(Bärbel Beuermann [LINKE]: Was ist, wenn es kein warmes Mittagessen gibt?)

und die Behebung objektiver Lernschwierigkeiten –, stellen Sie fest, dass das monatlich leicht 60 € beträgt. Das müssen Sie zu diesem Satz hinzurechnen, der für die Kinder berechnet wurde, der – zugestanden – nicht fürstlich ist.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das ist ja sehr transparent!)

Hier geht es um Hilfe zum Lebensunterhalt und nicht darum, diese Leute mit Menschen, die täglich ihrer Arbeit nachgehen, vollkommen gleichzusetzen. Wenn das geschieht, geht keiner mehr seiner täglichen Arbeit nach.

(Beifall von der CDU und von der FDP – Zu- rufe von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die verfassungsrechtlichen Vorgaben sind erfüllt. Es ist ein gerechter Weg eingeschlagen worden. Die Sätze für die Grundsicherung sind transparent ermittelt worden und können nachgelesen werden; Sie müssen es nur tun. Ganz sicher steigt die Akzeptanz der Regelung der sozialen Absicherung von Arbeitslosen.

Entscheidend für mich ist, dass wir bedürftigen Kindern die Förderung von Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe – wieder – ermöglichen.

(Heike Gebhard [SPD]: Wie denn?)

Sie hatten Zeit genug, das nachzuvollziehen, haben das aber nie getan.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Verbauen Sie, meine Damen und Herren – das sei Ihnen wohl gesagt –, im Bundesrat nicht den Weg, den Kindern diese Dinge zuteil werden zu lassen. Wenn Sie das tun, versündigen Sie sich an den Kindern. – Danke schön.

(Beifall von der CDU und von der FDP – Bär- bel Beuermann [LINKE]: Das ist eine ganz platte Aussage, die überhaupt nicht belegbar ist!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die Landesregierung hat Minister Schneider das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung wird die vorliegenden Gesetzentwürfe in dieser Form nicht unterstützen, sie wird sie ablehnen.

(Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Hierfür gibt es viele Gründe. Ich will nur einige ansprechen.

Die Bemessung der Regelsätze ist teilweise nicht transparent und deshalb auch nicht nachvollziehbar.

(Zurufe von der CDU: Beispiele!)

Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Transparenz wird von der Bundesregierung nicht umgesetzt.

(Zurufe von der CDU: Beispiele!)

Die Einbeziehung der sogenannten Aufstocker ab dem ersten Euro führt zu einer verzerrten Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe.

An dieser Stelle, Herr Post, eine Bemerkung: Unterlassen Sie doch den permanenten Versuch, Empfänger von Transferleistungen gegen Arbeitende auszuspielen!