Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

(Zurufe von der CDU: Frage!)

Frage!

Ja, die kommt. – Wir haben überhaupt keine Vorstellungskraft mehr, wann denn diese Düngeverordnung von Ihrer Bundesregierung bzw. unserer Bundesregierung endlich in Kraft gesetzt wird.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Fragen!)

Ich hätte gerne von Ihnen gewusst, wann das Ihrer Meinung nach passieren wird.

Herr Kollege.

Nach meinem Kenntnisstand sind die Beratungen so weit, dass zum kommenden Jahr die Düngeverordnung überarbeitet sein wird. Sie müssen sich also noch ein halbes Jahr gedulden.

Wir waren beim Augenmaß, lieber Herr Rüße. Denn richtig ist auch, dass bei 85 % der 800 Messstellen in Deutschland die strengen Nitratgrenzwerte für Grundwasser eingehalten werden. Bei Ihrer Argumentation hat man mitunter den Eindruck, es sei umgekehrt. In Anbetracht dessen ist es nicht sachgerecht, mit dem sogenannten Belastungsmessnetz nur an Problemstandorten zu messen und dann allen Landwirten unzureichende Fortschritte beim Gewässerschutz anzulasten.

Als praktizierender Landwirt ist mir wichtig, dass wir die Düngeverordnung mit dem Ziel überarbeiten, das Düngen unserer Landwirtschaft und unserer Feldfrüchte weiterhin bedarfsgerecht zu ermöglichen. Nun haben Sie, Herr Rüße, vorhin in Ihrem Beitrag sehr detailliert dargestellt, weshalb und warum. Dabei bildete natürlich die Gülle den Kernpunkt Ihrer Auseinandersetzung.

Es ist sicherlich richtig, dass wir aufgrund der Entwicklung der Tierhaltung – ich meine den Umstieg von der Haltung auf Festmist hin zu Güllewirtschaftssystemen – mehr Probleme haben; darin sind wir beide uns einig. Aber Sie werden mir sicherlich auch bei der Feststellung zustimmen, dass man, wenn vernünftig damit umgegangen wird – und davon gehe ich aus –, auch mit Gülle bedarfsgerecht düngen kann, ohne den Boden zusätzlich zu belasten. Allerdings muss man dann – Sie haben es bereits gesagt – darauf achten, ob es sich um leichten oder schweren Boden handelt. Es ist also generell möglich, und insofern muss die Gülle nicht immer der Prellbock für die Nitratverseuchung sein.

Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ellerbrock zulassen?

Ja, lieber Holger.

Also doch. Bitte schön, Herr Kollege Ellerbrock.

Herr Kollege, Sie hatten gerade sehr praxisorientiert dargestellt, wie man miteinander umgeht. Würden Sie es begrüßen, wenn in dieser Düngeverordnung die in NordrheinWestfalen seit Matthiesens Zeiten doch durchaus bewährte Kooperation zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft forciert und dies abseits der staatlichen Kontrollorgane zwischen diesen beiden Partnern bewährt geregelt würde?

Herr Ellerbrock, da sage ich aus vollem Herzen Ja.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Dachte ich mir doch! – Heiterkeit von Christof Rasche [FDP] – Minister Johannes Remmel: Stütz- frage!)

Stützfrage, genau. Danke, Herr Minister.

Dass die Novellierung der Düngeverordnung unter dem Gesichtspunkt des Gewässerschutzes beispielsweise in Form einer Senkung der Nitratbelastung notwendig ist, ist uns allen klar. Wir wissen: Zu hohe Gewässerbelastungen gefährden nicht zuletzt die Volksgesundheit. Eine Novelle muss daher auch zum Schutze der Bürgerinnen und Bürger so weitgehend wie möglich erfolgen.

Doch was ist nötig, und was ist erforderlich? Die Düngeverordnung muss mit der Zielsetzung überarbeitet werden, einerseits in Gebieten mit einer besonderen Gefährdungslage hinsichtlich der Nitratbelastung eine wirksame Reduzierung der Einträge zu erreichen und andererseits eine Überregulierung von landwirtschaftlichen Betrieben, insbesondere in Regionen ohne Nitratprobleme, zu vermeiden. Ich denke, darin sind wir uns auch einig.

Nährstoffe im landwirtschaftlichen Betrieb sollen möglichst effizient genutzt und Verluste minimiert werden, um so die Umweltleistung der Betriebe zu verbessern, ohne dabei die Praxistauglichkeit zu gefährden. Insbesondere dürfen Betriebe, die Weidehaltung oder Festmistsysteme praktizieren, nicht benachteiligt werden.

(Beifall von Norwich Rüße [GRÜNE])

Darin sind wir uns auch einig.

Im Falle einer unzumutbaren Verschärfung der Düngeverordnung bezüglich der Lagerung usw. würde sich der Rückgang gerade der landwirtschaftlichen Betriebe, die Tierhaltung betreiben, weiter fortsetzen. Dies kann nicht im Sinne einer regionalen Erzeugung sein.

Die Düngeverordnung wird aber nur dann ihre Wirkung entfalten können, wenn sie vollzogen werden kann. Um Plausibilitätsuntersuchungen ohne zusätzlichen bürokratischen Aufwand für die Landwirtschaft zu ermöglichen, sollte geprüft werden, wie Daten, die zu anderen als düngerechtlichen Zwecken erhoben werden, unter Beachtung des Datenschutzes auch für die Kontrolle der Düngeverordnung eingesetzt werden können. Ich begrüße es daher, dass die Argumente auch in Ihrem Antrag stehen.

Ihre Aussagen zum Rottemist, Festmist und Kompost sind ebenfalls praxisgerecht. Ich begrüße das, werden doch somit gerade den kleineren, häufig auslaufenden oder im Nebenerwerb geführten Betrieben nicht noch zusätzliche Belastungen auferlegt, die zudem die Nitratbelastung nicht spürbar verbessern würden.

Etwas überrascht hat mich die Tatsache, dass in Ihrem Antrag kein Wort über den ökologischen Anbau verloren wird, der Bewirtschaftungsform, die

bezüglich der Stickstoffeinträge in der Regel positiv abschneidet. Das Nichterwähnen des biologischen Anbaus zeigt mir, dass auch Ihnen bekannt ist, dass zum Beispiel nach Kleegrasumbrüchen durchaus Nitratauswaschungen vorkommen können. Das hängt auch mit den Böden zusammen. Herr Rüße, Ihnen erzähle ich damit nichts Neues. In dieser Hinsicht haben wir Biobetriebe hin und wieder auch ein Problem.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Ich wollte nicht trennen!)

Dieses Beispiel verdeutlicht die Komplexität des Themas und sollte uns vor voreiliger Schuldzuweisung warnen. Bereits jetzt wird Dünger sehr gezielt eingesetzt. Die Stickstofffracht verringert sich, doch es dauert teils bis zu 20 Jahre, bis sich dies im Grundwasser bemerkbar macht. Diese Zahl haben wir vorhin schon einmal gehört.

Im Fachausschuss können wir demnächst noch viele Detailfragen, zum Beispiel zur Lagerung von Humusdüngern oder zur Sinnhaftigkeit einer Länderöffnungsklausel, erläutern. Ich wünsche mir eine sachliche Beratung zum Nutzen aller Beteiligten und sehe der Ausschussberatung mit Interesse und Freude entgegen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Fehring. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Busen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicher gibt es ein Problem mit erhöhten Nitratwerten im Grundwasser. Sicher gibt es auch ein Problem mit Gülletransporten aus den Niederlanden in die grenznahe Region von Nordrhein-Westfalen.

Meine Heimat ist der Kreis Borken. Daher weiß ich um die Probleme der Veredelungsregionen. Ich weiß, wie weit sich diese durch die Biogasanlagen verschärft haben, die auch in unserer Region wie Pilze aus dem Boden geschossen sind.

Fakt ist aber auch, dass niemand mehr die Augen vor diesem Problem verschließt. Die Politik, die Landwirte und die Bauernverbände sind sensibilisiert und versuchen selbstverständlich, diese Problematik zu lösen.

Hier treffen wir wieder auf das übliche Muster rotgrüner Politik: kein Wort zu den Bemühungen und Fortschritten auf allen Ebenen, kein Wort dazu, dass der Nitratbericht des LANUV eine grundsätzliche Verbesserung der Situation bei der Nitratbelastung im Grundwasser beschreibt.

Trotzdem bleibt natürlich ein Problem, das wir lösen müssen. Aber mit Ihrer Politik stehen Sie einer Lösung doch im Weg. Warten Sie doch einmal die

Verordnung des Bundes ab, statt die Verhandlungen mit immer neuen Forderungen zu überfrachten und noch komplizierter zu machen! Dem Vernehmen nach bewegt sich der Bund doch bereits in die Richtung, die Sie hier einfordern. Entweder wollen Sie mit Ihrem Antrag am Ende Lorbeeren ernten, die Ihnen gar nicht zustehen, oder aber Sie versuchen, die Sache unnötig in die Länge zu ziehen.

(Christof Rasche [FDP]: So ist das!)

Aber dafür ist keine Zeit. Wir brauchen endlich eine vernünftige Basis für die Kontrolle der Güllemengen, und das so schnell wie möglich.

(Zuruf von der SPD: Stimmen Sie unserem Antrag zu!)

Wir sehen doch, dass sich auch grüne Landwirtschaftsminister im Bundesrat gegenseitig im Weg stehen. Die umstrittene ganzjährige Anbindehaltung, die auch von den Tierärzten abgelehnt wird und zu der ein Verbotsantrag aus Hessen vorliegt, wird von einem grünen Landwirtschaftsminister aus Niedersachsen blockiert und wurde jetzt auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben.

Das Gleiche darf mit der Gülleverordnung nicht geschehen. Daher ist es redlich, darauf zu warten, dass eine verlässliche Bewertungs- und Berechnungsgrundlage für eine Hoftorbilanz – das hatten Sie angeschnitten, Herr Rüße – entwickelt wird. Das versucht der Bund gerade.

Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, haben nämlich auch keine vernünftige Grundlage. Trotzdem fordern Sie mit Ihrem Antrag bereits ein Datum zur verbindlichen Einführung. Die Probleme beim Datenschutz erwähnen Sie nicht. Ebenso erwähnen Sie nicht, dass die Messungen einzelne Höfe gar nicht erfassen. Damit kann das Problem entstehen, dass eine Region hohe Auflagen bekommt, die einem Hof schaden, der selbst gar nicht dafür verantwortlich ist. Das geht einfach nicht.

Natürlich fordern Sie, wie immer, mehr Steuerungsmöglichkeiten auf Landesebene. Das ist grundsätzlich nicht falsch. Aber wir und die Landwirte wissen doch aus bitterer Erfahrung der letzten Jahre, was das im Endeffekt bedeutet.

(Beifall von Christof Rasche [FDP])

Sie suchen nur ein neues Steuerungselement, mit dem Sie die Landwirte in Nordrhein-Westfalen am grünen Gängelband führen können.

Herr Kollege Busen, würden Sie eine Zwischenfrage zulassen? Eigentlich hat sich Frau Beer gemeldet, aber ich vermute, Herr Rüße möchte Ihnen gerne eine Frage stellen. Lassen Sie diese zu?

Dann bitte, Herr Rüße.

Lieber Kollege Busen, vielen Dank dafür, dass Sie meine Frage zulassen. Sie sprechen vom „grünen Gängelband“. Der Umweltminister hat den sogenannten Herbsterlass erlassen, durch den die Begüllung der Flächen im Herbst verringert werden soll. Was halten Sie von dieser Initiative des Umweltministers? Wie finden Sie diesen Erlass?